Kapitel 29

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Ich gebe mir Mühe auf meinen Latte Macchiato mit dem Schuss Mandelmilch zu starren und nicht auf Ephraim. Das habe ich in den letzten Tagen zwar perfektioniert, aber ich scheine unterschätzt zu haben, was eine Brille auf seiner Nase ausmacht. Er geistert schon sonst durch meine Gedanken, zwingt sich in meine Fantasie und erschwert mir einen erholsamen Schlaf. Aber jetzt? Jetzt scheint es nahezu unmöglich, ihn nicht anzusehen, mich nicht von seinem Anblick hinreißen und verzaubern zu lassen. Seine ebenholzfarbigen Augen begegnen meinen einige Male und mir entgeht nicht, wie er sich jedes Mal ein bisschen verspannt, wenn es geschieht. Wie er schnell wegsieht, aber sich nicht gleich wieder in die Konversation mit seinen Freunden einklinken kann, sondern auf die Tischplatte schaut und tief durchatmet, während er betont wegstarrt. Ich bringe kein Schamgefühl für mein intensives Starren auf, denn es ist nicht meine Schuld, dass er so unendlich schön ist. Alles an Ephraim scheint auf seine eigene Art perfekt zu sein.

Ich bin so von ihm abgelenkt, dass ich es nicht schaffe, rechtzeitig zu reagieren und aufzustehen, ehe sich Aidan und mein Bruder zu mir an den Tisch setzen. Ich ärgere mich im Stillen über mich selbst, zwinge aber Ruhe in mein Inneres. Ich habe seit einem Monat nicht mehr mit den beiden gesprochen. Ich kann auch noch wütend werden, sobald ich weiß, was sie hier wollen. „Guten Morgen", begrüßt mich Wes. Aidan murmelt dieselben Worte, während ich sie nicht über meine Lippen zwingen kann. Die Versuchung, die beiden hier sitzen zu lassen, ist unendlich. Höflichkeit ist das Letzte, was sie von mir erwarten sollten. Vor allem, nachdem Wes mich an Halloween verletzt hat, ohne dann wenigstens eine halbpatzige Entschuldigung auszusprechen. Immerhin sind seine Augenringe nicht mehr so tief wie sie es noch vor einem Monat gewesen sind. Denn wenn er endlich mal ein bisschen geschlafen hat, bedeutet das möglicherweise auch, dass er sich langsam wieder in den Griff kriegt. Dass er sein Leben langsam vielleicht wieder kontrollieren kann und nicht nur einen Weg finden muss, um all das hier zu überleben.

„Wie geht es dir?", fragt Aidan vorsichtig. Vielleicht will er wissen, wie ich Mathildas Tod umgehe. Vielleicht will er aber auch nur wissen, wie ich mit dem Streit und den Verletzungen umgehe, welche mir Wes zugefügt hat. „Was wird das hier?", erkundige ich mich, statt ihm zu antworten. Small-Talk zu führen ist eine massive Zeitverschwendung und wenn die beiden nur deswegen hergekommen sind, dann beginne ich ernsthaft an der Menschheit zu zweifeln. Sie haben mich ignoriert, sind mir gekonnt aus dem Weg gegangen, als ich sie gebraucht hätte. Wes ist mein Bruder, er teilt mein verdammtes Blut und er hat mich trotzdem im Stich gelassen. Und das, nachdem er mir versprochen hat, dass er mich nie wieder mit meinen Problemen allein lassen würde. Als ich begonnen habe, hier zur Schule zu gehen und er auf eine unerklärliche Art und Weise plötzlich Informationen über mich erhalten hat, hat er mir das sogar geschworen. Seither ist mein Verhältnis zu meiner Mutter noch schlechter geworden, aber dafür hatte ich wenigstens Wesley. Für eine Weile war es sogar besser, aber dann ist Wes plötzlich zu allem geworden, wovor er mich beschützen wollte. Und es tut so verdammt weh, dass es so weit gekommen ist und dass er erst einen Monat später antanzt und dann noch seinem besten Freund das Wort überlässt.

„Wir müssen reden, Helena. So kann diese Sache mit uns nicht mehr weitergehen", gesteht Wes. Er sieht gequält aus, als würden ihm diese Worte körperliche Schmerzen bereiten. Für einen kurzen Moment glaube ich sogar, dass er das verdient hat. Denn mir hat er auch körperliche Schmerzen zugefügt. Gleichzeitig wird mir allerdings auch bewusst, dass ich ihm das gar nicht wünsche. Ich hoffe nicht auf eine weitere Feindschaft, welche ich zu sättigen habe. Ich hoffe nicht auf ein weiteres Problem, etwas Weiteres, was mich so fertig macht wie die Blicke zwischen Ephraim und mir. Es war ein Fehler. Das trifft es auf den Punkt und trotzdem würde ich ihn am liebsten wieder küssen, bis seine Zähne gegen meine stoßen und ich seine Haut unter meinen Fingern spüre, während ich mich bei ihm so fallen lassen kann wie bei sonst niemandem. Was ungefähr niemals geschehen wird, also muss ich diesen Gedanken schnell aus meinem Kopf streichen. Damit mache ich mir nämlich keinen Gefallen.

„Was willst du, Wes?", frage ich betont kalt, damit er nicht schon wieder meine Zeit verschwendet oder mich verletzt, während ich beginne, mir Hoffnungen zu machen. „Es tut mir leid, Hellie. Ich hätte dich niemals so behandeln dürfen und ich hätte dich niemals schubsen dürfen. Du...du bist ohnmächtig geworden und es ist ohnehin schon eine gefährliche Situation an der Schule mit allen Regelungen und dem Fakt, dass einem immer auf die Finger gesehen wird und tausende Fragen in Bezug auf Mathilda gestellt werden und-...Gott, ich halte das alles teilweise nicht aus, aber das hättest nicht du zu spüren bekommen sollen. Das ist nicht fair und nicht richtig und es tut mir verdammt leid." Unter normalen Umständen hätten mich diese Worte gerührt. So sehr ich Entschuldigungen hasse, das ist genau das, was ich hören möchte, wenn jemand die Nerven hat, sich zu entschuldigen. Aber nicht, wenn mein eigener Bruder mir einen Monat lang aus dem Weg gegangen ist. „Woher willst du wissen, dass ich ohnmächtig geworden bin?", hake ich nach. Chadwicks Worte, dass ich auf Details versessen bin, kommen mir in den Sinn, aber ich schiebe sie aus meinen Gedanken.

Wes stößt angestrengt die Luft aus, während er die Augen schließt und mit den Fingern darüber reibt. Aidan sieht auf die Tischplatte und reibt sich über seine kurzen Haare, welche er schon seit Längerem nicht mehr frisiert hat. Ich lege den Kopf schief und starre Wes nieder, weil sie sich beide so merkwürdig benehmen. „Wes. Woher weißt du das?", frage ich noch einmal. So schwierig kann diese Frage nicht zu beantworten sein. Mein Bruder atmet tief ein und atmet ein Wort aus, welches so undeutlich ist, dass ich mit den Augen rolle. „Meinst du das gerade ernst? Das war eine einfache Fr-..." „Ephraim", unterbricht er mich. „Es war Ephraim. Deshalb sind wir auch jetzt erst hier. Er ist nach Halloween zu uns gekommen und hat uns gesagt, was passiert ist." Wes meidet schon wieder meinen Blick und nur schon der Fakt, dass ich nichts davon wusste, impliziert, dass da mehr gelaufen ist, als mein Bruder aussprechen möchte. „Aidan. Kannst du mir bitte genau schildern, was Ephraim bei euch gemacht hat und was er euch beiden gesagt hat?"

Er war tatsächlich dort. Mein Herz schlägt ein wenig schneller und ich kann nicht verhindern, dass mein Blick wieder zu den ebenholzfarbigen Augen fliegt, welche mir jedes einzelne Mal den Atem rauben. Das hier ist so viel und so viel auf einmal, dass ich gar nicht so recht weiß, was ich eigentlich mache. Ephraim hat selbst gesagt, dass es ein Fehler war, und trotzdem lasse ich mich zu heißen Blicken und einem bedeutungsvollem Nichts hinreißen, als wäre mein Herz, mein Leben davon abhängig. Sein Anblick zieht mich magisch an und ich hasse den Fakt, dass er zu dieser Uhrzeit schon hier ist, auch wenn er normalerweise nie so früh da ist. Ich hasse die Tatsache, dass ich annehme, dass er wegen mir da ist. „Helena-...das ist...also das ist eine komplizierte Sache", beginnt Aidan und kratzt sich im Nacken. Ich unterdrücke ein Schnauben. „Gut. Dann erklär es mir. Deswegen seid ihr doch da, nicht? Um unsere Probleme aus der Welt zu schaffen." Ich hatte zwar nicht vor, den beiden einfach so zu verzeihen, aber jetzt ergreift mich langsam die Neugier.

„Fein", lässt Aidan schließlich nach. „Ephraim ist zu uns gekommen, hat geklopft und so. Er wollte wissen, was am Vorabend mit dir passiert ist, weil er dich scheinbar gesehen hätte. Wes ist dann ein bisschen wütend geworden, dass du mit ihm abhängst, und hat ihn ein wenig beleidigt und dann ist er irgendwann ausgerastet und hat...naja, Wes beleidigt und gesagt, dass wir dich in Ruhe lassen sollen, sonst würde er uns kaltmachen und wenn Wes nochmal Hand an dich legt-..." Aidan stockt und reibt sich mit dem Fingernagel etwas abstehende Haut von den Fingern. „Er hat jedenfalls nicht sein höflichstes Vokabular gebraucht. Aber er hat alles irgendwie selbst kapiert und dann hat er mir noch vorgeworfen, dass ich der schlechteste Freund dieser Weltgeschichte bin, und dass ich mich schämen sollte." Aidan zuckt mit den Schultern und lacht ein wenig nervös. Er versucht die Sache herunterzuspielen, aber ich erkenne seine angespannte Haltung und die Angst, welche sich in seinen Zügen widerspiegelt. Es tut beinahe schon weh, ihm dabei zuzusehen, wie er versucht, meinen Blick zu meiden. Ich habe schon oft gesehen, dass Ephraim anderen Menschen Angst einjagt, aber noch nie so ausgeprägt wie bei Aidan und sogar Wes. Bei ihm merkt man es nicht so offensichtlich, aber ich spüre trotzdem, dass er Ephraims Blick betont meidet und auch mir nicht so recht in die Augen sehen kann. Wie er angespannt dasitzt und versucht, normal zu wirken, es aber nicht gut rüberbringt.

Ich fühle mich so dumm, weil ich nicht bemerkt habe, dass Ephraim es herausgefunden hat. Dabei hätte ich es mir ja denken können. Dieser Kerl merkt auch sonst alles, wie hätte ihm das nicht auffallen sollen? Er hat mich gesehen und er hat mich gefunden und er hat mir geholfen und ich habe noch immer geglaubt, dass er es nicht wüsste. Es ist beinahe schon tragisch, wie sinnlos diese Überlegung ist. Dass er geglaubt hat, dass etwas zwischen Aidan und mir gelaufen ist, was zu diesen Verletzungen geführt hat, war nur eine Entschuldigung – ein Vorwand, mit welchem er mir Raum gelassen hat, um ihm vom Vorfall zu erzählen oder die Sache für mich zu behalten. Er hat es die ganze Zeit gewusst und sich für mich eingesetzt und ich habe es nicht einmal realisiert, was absolut verrückt ist.

„Es tut uns leid, Helena. Wir hätten niemals so lange mit einer Entschuldigung warten und schon gar nicht hätten wir dir das antun dürfen. Es ist auch in Ordnung, wenn du uns nicht vergeben willst, denn ehrlich gesagt haben wir das möglicherweise gar nicht verdient. Es ist in Ordnung, wenn du uns wegschickst und weiterhin wütend bist, denn das haben wir uns gewissermaßen selbst eingebrockt", sagt Wes reuevoll. Er schenkt mir ein minimales Lächeln, auch wenn es wie eine Grimasse wirkt. Ich seufze. Es ist beinahe unmöglich, jetzt noch wütend zu sein. „Ich hätte dir nicht sowas an den Kopf werfen dürfen, Wes. Das war auch nicht in Ordnung", gebe ich zu. Mehr fällt mir im Moment nicht ein. Selbst wenn schon ein Großteil meiner Wut verrucht ist, finde ich es schwierig zu sagen, dass die Sache jetzt gebügelt ist. Denn was geschieht nun, wenn Wes wieder wütend wird? Erhebt er seine Hand wieder gegen mich oder war das nur eine einmalige Sache, aus welcher er etwas gelernt hat?

„Ich habe einen Vorschlag", sage ich, noch bevor ich richtig darüber nachdenke. Meine opportunistische Seite hat die Macht über mich ergriffen und jetzt ist es ohnehin zu spät, meine Worte rückgängig zu machen. „Wir vergessen die Sache und nehmen uns vor, die Dinge nicht mehr so weit kommen zu lassen. Beim nächsten Mal gehen wir lieber auseinander statt aufeinander los, ehe wir die Nerven verlieren. Ich kriege ein kleines Entschuldigungsgeschenk und die Sache ist gegessen. Sollte aber jemand von euch beiden jemals wieder auf die Idee kommen, in irgendeiner Art Gewalt gegen mich anzuwenden, werden wir gewaltige Probleme haben. Ist das für alle Parteien in Ordnung so?" Aidan nickt sofort, während mein Bruder ein bisschen klüger ist. Er kennt mich auch ein bisschen besser. Er weiß ein wenig genauer, dass man gewisse Sätze nicht überstolpern darf. „Ein Entschuldigungsgeschenk? Was darf man sich darunter vorstellen?", will er wissen, während Aidan ihm einen warnenden Blick zuwirft. Dieser will vermutlich nur noch den Frieden, während Wes es gelernt hat, zwischen den Zeilen zu lesen. „Etwas Kleines", versichere ich ihm. Etwas, was mich in letzter Zeit auf Trab gehalten und von meinen Zielen abgebracht hat. Etwas, woran ich in den vergangenen Wochen gescheitert bin, weil ich ohne Ephraim gearbeitet habe. „Wie klein?" „So wie ein Schlüssel. Klein eben", versichere ich meinem Bruder, welcher die Augen zusammenkneift. „Was für ein Schlüssel, Helena? Du bringst es doch sonst auch immer auf die Reihe, dir zu allem einen Zugang zu verschaffen." Ich lächle. Es ist süß, dass Wes so viel mitkriegt und dennoch keine Ahnung hat, was ich die ganze Zeit über mache.

„Den Schlüssel für das Archiv." Ich versuche die Worte so nonchalant wie möglich auszusprechen und trotzdem fallen Aidan und Wesley beinahe die Augen aus dem Kopf. Ich fluche innerlich, weil das wohl doch ein härterer Brocken wird als vermutet. „Was zum Teufel willst du damit, Helena?", fragt mein Bruder, diesmal viel leiser. Ihm ist klar, dass man nicht einfach so ins Archiv einbricht. Wenn man dabei erwischt wird, gibt das mächtigen Ärger. Es hat schon Schülerinnen gegeben, die deswegen von der Schule geschmissen wurden. Das macht man nicht zum Spaß, denn die Konsequenzen hier sind hart. Naja, für mich nicht so sehr, weil Moms Geld mir noch immer das Schlimmste ersparen könnte. „Ich brauche etwas aus dem Archiv. Ist auch nicht so wichtig. Besorgt mir einfach den Schlüssel. Ich werde euch schon aus der Sache raushalten, falls ich auffliegen sollte. Das ist zwar nicht vorgesehen, aber das kann ich euch versprechen."

Mein Ton ist so flehentlich, dass sich Wes' Gesichtsausdruck noch weiter verdunkelt, während Aidan seufzt. „Wir werden es machen", beschließt er. „Hast du den Verstand verloren?", schießt Wes dagegen. Er dreht sich so ruckartig zu seinem Zimmergenossen um, dass er sich beinahe den Kaffee über die Hand kippt. „Nein. Das ist unsere Chance. Du wolltest doch unbedingt die Vergebung haben. Die hast du jetzt erhalten, also kannst du deiner Schwester auch einen Gefallen tun. So schwierig kann das doch nicht werden." Aidan zuckt mit den Schultern, worauf Wes hilfesuchend zu mir sieht. „So schwierig kann es nicht werden", echoe ich Aidans Worte allerdings nur, ohne auf Wes' Blick einzugehen. Ich bin schließlich nicht verrückt. Natürlich wird das schwierig, aber das ist jetzt endlich nicht mehr mein Problem.

Sooo ich melde mich wieder einmal etwas früher mit einem Kapitel...aber ich habe nächste Woche auch Ferien und ich habe letzte Woche (?) angefangen, ein neues Buch zu schreiben und deswegen bin ich jetzt motiviert hehe 👀🤭

Habt ihr geahnt, dass Ephraim Aidan und Wes konfrontiert hat?

Was halten wir davon?

[DOPPEL-UPDATE 1/2]

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