Kapitel 31

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Das Ticken der Uhr treibt mich in den Wahnsinn. Mr. Abbot hat für dieses Gespräch einen Kaffee aufgesetzt, um nicht in einem vollkommen verschlafenen Zustand mit uns sprechen zu müssen, während Mrs. Abbot uns mit Argusaugen inspiziert. Als wären wir Schwerverbrecher. Als würden wir jeden Moment ausbüxen. Als wäre das hier für sie schmerzhaft und nicht für uns. Als wäre das hier ihre persönliche Hölle und nicht die von Ephraim und mir. Ephraim ist vollkommen in sich gekehrt. Er sitzt so reglos da, dass ich mich ehrlich frage, ob er denn überhaupt noch atmet. Ob tatsächlich Luft in seinen Lungen ist oder ob er dabei ist, ein wenig zu sterben. Ich umklammere die Lehne des Ledersitzes, auf welchem ich mich befinde. Ich kann schon erahnen, was hier geschehen wird und es gibt nichts auf diesem Planeten, was mich darauf vorbereiten könnte. Also lenke ich mich mit der Suche ab, die Ephraim und ich durchgeführt haben. Wir haben nichts gefunden und viel ist uns nicht mehr übriggeblieben. Einem logischen Aufbau zufolge hätte da auch nichts mehr sein dürfen, weil wir zu einem älteren Teil des Archivs gekommen sind. Aber dann stellt sich einmal mehr die Frage, wohin zum Teufel diese Kisten verschwunden sind. Was ist mit ihnen geschehen? Ich bin mir sicher, dass sie nicht bei Violet und Henry sind, denn dann hätte es die ganze Inszenierung mit der Überfuhr nicht gebraucht.

Ich reibe mir über die Stirn. Es bereitet mir Kopfschmerzen, ständig nachzudenken und zu keinem guten Schluss zu kommen. Es tut weh, in meinem Kopf und in meinem Herzen und diese Situation hier wird von Sekunde zu Sekunde schlimmer. Meine Haut wird langsam schwitzig und mein Herzschlag beschleunigt sich, weil alles so verdammt frustrierend ist. Es ist anstrengend, hier zu sitzen und nicht in mein Bett zu kriechen. Ich kann diese Situation nicht beherrschen und es fühlt sich wieder an wie damals, als ich dabei...ich zwinge Luft in meine Lungen. Ich verbiete mir, diese Erinnerungen zu mir zurückkommen zu lassen. Das hier ist anders, rede ich mir ein. Das hier habe ich unter Kontrolle. Mir kann nichts geschehen. Die Direktoren wollen ohnehin nur das Geld meiner Mutter, sonst wäre ihnen diese ganze Geschichte vollkommen egal.

Mrs. Abbot setzt sich auf einen Bürostuhl, der so massiv ist, dass er ein bisschen wie ein Thron wirkt. Wundervoll. Ihr Ehemann stellt eine Tasse vor ihr auf den Tisch und ich konzentriere mich auf den Dampf, der aus ihr hervorgeht. Es ist einfacher, als einem Augenpaar zu begegnen, wenn ich genau weiß, dass nicht einmal Ephraim meinen Blick aushält. Einatmen. Ausatmen. Ich richte mich noch ein bisschen mehr auf, als würde eine gute Haltung meine Ausgangslage verbessern. „Nun, das hier ist nicht, was ich erwartet habe, als ich gestern Abend zu Bett gegangen bin." Mrs. Abbot seufzt theatralisch und ich unterdrücke den Drang, mit den Augen zu rollen. Ihr ist bewusst, dass sie uns auf die Folter spannt, aber sie nutzt es zu ihrem Vorteil. Es gibt schließlich nichts Schöneres, als die eigenen Studenten leiden zu sehen. Und ich hasse sie dafür, denn neben mir verspannt sich Ephraim noch mehr. Wenn sich das hier noch verschlimmert, platzen seine Muskeln bald aus seiner Haut hervor.

„Ist Ihnen bewusst, dass Sie sich im verbotenen Teil des Archivs aufgehalten haben?" Totenstille. Ich denke nicht, dass sie wirklich eine Antwort auf diese Frage hören wollte, denn sonst wären wir nicht hier. Nun, und weil wir uns nachts ins Archiv eingeschlichen haben, obwohl es eine Ausgangssperre geben sollte. Ups? „Helena", ermahnt mich Mrs. Abbot sanft. Mein Blick schießt in die Höhe, während Mitleid auf ihrem Gesicht zu erkennen ist. Verdammt, wie kann es sein, dass sie die einzige Person auf diesem Planeten ist, die sieht, wie verdammt kaputt ich bin? Wie gebrochen mein Herz und meine Seele sind, wie irreparabel ich zerstört bin. Wie irrational ich handle, wie ignorant, einfach weil ich jeglichen Realitätsbezug verloren habe. Und es tut so unendlich weh, dass sie mich ansieht und versteht, was in mir los ist. Dass ausgerechnet sie den Sturm in mir erkennt und mich so entblößt.

„Mr. Thornbury, Ihnen ist hoffentlich bewusst, dass das für sie gravierende Folgen haben wird?", fährt sie schließlich fort. Ephraim räuspert sich und scheint nach Worten zu suchen, aber mein Hirn stellt auf Durchzug. Ich spüre nur noch seine Hände auf mir, seine Küsse und wie er zu mir gekommen ist und darum gebeten hat, dass ich nicht weitermache. Dass ich aufhöre, weil er einen Drohbrief erhalten hat. Ich habe ihm nicht gesagt, dass ich ebenfalls bedroht wurde, und das mehrmals. Ich habe ihm so viel verschwiegen und nun scheint er die schlimmeren Konsequenzen zu tragen als ich. Meine Lippen öffnen sich und die Worte stolpern aus meinem Mund, noch bevor ich darüber nachdenken kann. „Ihn betrifft keine Schuld." Wieder legt sich Stille über den Raum und Ephraim sieht mich endlich an. Aber ich blicke nur auf meine Nägel und weiche seinem Blick aus, während ich so tue, als wäre mir diese Sache gleichgültig. Langsam fange ich mich und endlich fällt es mir leichter, etwas vorzuspielen. Endlich kann ich wieder klar denken und das fühlt sich verdammt gut an.

„Helena-...", beginnt er etwas atemlos, aber ich winke nur ab. „Ihn betrifft keine Schuld", wiederhole ich. Langsamer, deutlicher, gefasster. Das Ehepaar wechselt einen verwirrten Blick und sieht mich dann fragend an. „Möchten Sie diesen Gedanken ausführen?", fordert mich Mr. Abbot auf. Ich schweige für einige Sekunden, während ich nach einer glaubwürdigen Lüge suche. Eine Ausführung ist das Letzte, was ich mir gerade wünsche, aber ich muss diese Sache beenden, noch bevor sie schlimmer wird.

„Es ist meine Schuld." Ich lege eine theatralische Pause ein und seufze dann. Als wäre das nur ein Spiel. Als hätte ich gerade ein Schachmatt gesetzt. „Nun, das ist mir jetzt ein wenig peinlich, aber ich habe schon lange mit dem Gedanken gespielt, wie es wohl wäre, ihn zu verführen. Einfach einmal etwas...auszuprobieren. Vor allem in der Weihnachtszeit wird man häufig etwas einsam, wenn ich das so sagen darf." Ich werfe Mrs. Abbot mein bestes zerknirschtes Lächeln zu, weil sie genau weiß, was meine Mutter getan hat. Wieso ich auf emotionaler Ebene nicht mit der Weihnachtszeit umgehen kann. Tatsächlich besitzt sie den Anstand, auf die Platte ihres Schreibtisches zu schauen. Gut. Genauso muss das funktionieren. Jedenfalls habe ich ihm gesagt, dass ich dafür sorgen werde, dass er aus dem Fechtkurs geworfen wird, wenn er nicht...kooperiert." Die Worte beißen auf meiner Zunge, aber es gibt keinen Weg für mich, sie zu unterdrücken. Ich ekle mich vor meiner eigenen Haut, aber das hier ist die einzige Möglichkeit, Ephraim zu retten. „Und was soll ich sagen? Ich denke nicht, dass Prudence es geschätzt hätte, wenn wir bei uns im Zimmer laut gewesen wären. Außerdem haben verbotene Plätze immer einen gewissen Reiz an sich."

Mr. Abbot hustet empört, aber ich kann nur ein durchtriebenes Lächeln auf meine Lippen zwingen. Selbst Mrs. Abbots Wangen erröten, weil sie vermutlich nicht damit gerechnet hat, dass ich ihr meine sexuellen Vorlieben auftische. Ephraim hat genug Verstand, um die Klappe zu halten und uns nicht auffliegen zu lassen. Er weiß schließlich selbst, dass er seine Koffer packen kann, wenn er sich hier einmischt. Er hat seine Hände zu Fäusten geballt, aber das ist ein gutes Bild, weil ich mir sicher bin, dass die Direktoren das als ein Zeichen seiner Scham interpretieren. Ich unterdrücke den Drang, ihn anzusehen und mich für alles zu entschuldigen. Dafür, dass ich hier eine derartig abscheuliche Geschichte auftischen muss. Aber ich halte mich zurück. Die Direktoren warten auf einen Protest von Ephraim, seufzen nach einigen Minuten allerdings. „Nun, wenn das so ist, entlassen wir Sie nun, Ephraim. Am besten legen Sie sich hin und versuchen, noch etwas Schlaf zu erhalten."

Ich sehe nicht hin, als er zögert. Als sein Stuhl dann endlich doch über den Boden scharrt und seine Schritte hinter der Tür verschwinden. Ich habe mich gerade selbst ziemlich in die Scheiße geredet und ich habe absolut keine Ahnung, wie ich mich wieder aus dieser Situation retten soll. Das Schweigen hüllt uns ein, bis Mrs. Abbot nach ihrem Telefon greift. Ich springe beinahe auf, als sie es auf Lautsprecher erklingen lässt. Oh Gott, bitte nicht. Ich verschränke meine Hände, um das Zittern zu unterdrücken. „Birkshire hier", erklingt eine glatte Stimme durch das Telefon. Mein Herz sinkt mir in die Hose. Einfach nur perfekt. Schlimmer hätte es beinahe nicht kommen können. Denn jetzt muss ich nicht nur die beiden Direktoren, sondern auch meine Mutter anlügen. Die Person, mit welcher ich unter normalen Umständen nicht einmal sprechen möchte.

„Guten Morgen", wird sie begrüßt. Dort, wo sie sich aufhält, ist es vermutlich schon Mittag, sonst hätte sie sich niemals gemeldet. Ich umklammere die Lehne so fest, dass meine Knöchel weiß hervortreten. Immerhin unterdrücke ich den Drang, meine Ohren zuzuhalten. „Was ist los?", fragt meine Mutter, statt selbst eine Begrüßung zu murmeln. Höflichkeit ist ein Fremdwort für diese Frau. „Ihre Tochter wurde dabei erwischt, dass sie sich im verbotenen Teil des Archivs aufgehalten hat – und das zu Zeiten einer Ausgangssperre. Zusätzlich dazu wurde noch ein Mitschüler beinahe sexuell von ihr belästigt." Ich verziehe das Gesicht. Frage mich, ob diese Lüge tatsächlich besser war, als wenn ich die Wahrheit nur ein wenig verformt hätte. Das Problem ist nur, dass ich die Worte jetzt nicht mehr zurücknehmen kann. Ich kann keine neue, bessere Lüge spinnen. Meine Instinkte haben versucht, die Schuld vollkommen auf mich zu ziehen und mir ist nichts anderes eingefallen. Nun sind wir hier und ich bereue es, aber immerhin ist Ephraim jetzt nicht mehr in der Gefahrenzone.

„Was hat das mit mir zu tun?", verlangt meine Mutter zu wissen. Ich atme tief ein, um die Übelkeit in mir zu verhindern. Es ist nur ein Anruf, rede ich mir ein. Es ist nur ein Anruf, sie kann mich hier nicht wirklich erreichen, sie kann mir nichts tun. „Schicken Sie mir die Rechnung", fügt sie dann hinzu. Ich ziehe scharf die Luft ein und die beiden Direktoren verziehen ihr Gesicht. Das traurige an dieser Situation ist, dass sie es tun werden, statt sich tatsächlich mit dem Problem zu befassen. Dass es ihnen egal ist, was ich hätte tun können. Sie hätten meiner Mutter die Rechnung auch geschickt, wenn diese Sache real gewesen wäre. Tränen der Hilflosigkeit treten in meine Augen, aber ich verbiete mir, hier zu weinen. „Ich schätze, dass wir noch einmal persönlich mit dem...Opfer reden müssen, um zu prüfen, ob er eine Anzeige erheben möchte." Selbst in meinen Ohren klingt das lächerlich. Meine Mutter kann sich die besten Anwälte des ganzen Kontinents leisten. Sie könnte jedes Verbrechen unter den Tisch kehren. Und das Schlimmste dabei ist, dass sie es auch tun würde. Nur schon, um eine Schlagzeile zu verhindern. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr ich diese Frau hasse.

„Dann verschwenden Sie meine Zeit hier nicht. Schicken Sie mir die Rechnung oder die Anzeige oder was auch immer es sein mag", bellt sie. Noch bevor Mrs. Abbot etwas entgegnen kann, hat sie aufgelegt. Die Direktorin sieht mich an, während Mitleid auf ihrem Gesicht zu erkennen ist. „Vielleicht sollten Sie über Sitzungen mit einer Psychologin nachdenken, Helena. Das würde Ihnen möglicherweise guttun", sagt sie. Als hätte sie eine Ahnung davon, was in mir vorgeht. Als wüsste sie, was es mit mir anstellt, mit meiner Mutter zu reden. Aber sie versteht es nicht. Nicht einmal nach diesen zwei Minuten kann sie es verstehen. Sie glaubt, dass meine Mutter grausam ist, aber sie sieht nicht, dass diese Frau meine gesamte Kindheit zerstört hat. Sie sieht nicht, warum ich kein Zuhause habe, zumindest nicht wirklich. Sie glaubt, dass meine Mutter wenigstens versucht, mich aus meinen Problemen herauszuhalten, aber das ist so viel schlimmer, als wenn sie mich endlich für etwas verantwortlich machen würde. Selbst wenn ich Ephraim nichts getan habe, bricht es mir das Herz, dass es ihr egal ist für ihn. Wenn es nach ihr ginge, hätte ich ihn auch vergewaltigen können, und sie hätte nur ein paar Gelscheine oder einen Scheck in einen Briefumschlag gepackt und wäre das Problem somit losgeworden.

„Vielleicht täte auch Ihnen etwas Schlaf gut", meint Mr. Abbot schließlich und die beiden entlassen mich. Ich unterdrücke ein sarkastisches Schnauben. Als wäre jetzt noch an Schlaf zu denken. Ich bin so aufgewühlt und mir ist so schlecht, dass ich mich erst einmal in das gemeinschaftliche Badezimmer verkrieche, um mir eine Ladung von kaltem Wasser ins Gesicht zu spritzen. Ich habe keine Ahnung, wie ich so weitermachen soll. Selbst als ich den halben Inhalt meines Magens geleert habe, findet die Übelkeit in mir kein Ende. Schließlich ist sie nicht durch das Essen oder einen Schock zu verantworten, sondern nur durch den verfaulten Charakter meiner Mutter, mit welchem ich nicht umgehen kann. Schon seit Jahren nicht mehr.


Uiii das war einmal mehr ein etwas...kompliziertes? Kapitel 😣

Hat Helena die Situation gut gelöst?

Was sagen wir zu dem kleinen Einblick in die Beziehung mit ihrer Mutter?

Vielleicht kommt gleich noch ein Kapitel, mal sehen, ob mich ablenken lasse und es irgendwie vergesse oder nicht 😂

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