Brief 3

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Manchmal sind genau die Dinge, die wir nicht ändern können, die die uns verändern.

Aliyah,
hast du es jemals bemerkt? Die Mauer, die sich langsam zwischen uns schob? Der erste Mauerstein fand in mir seinen Ursprung, doch die Mauer an sich existierte schon lange davor.
Und weißt du, wessen Hass die Mauer pflegte und immer neue, glatt geschliffene, perfekte Steine hinzufügte?

Der der Dorfbewohner.

In diesem und dem nächsten Brief erzähle ich dir von meiner Vergangenheit.

Ich wollte dir bei jedem einzelnen unser Treffen davon berichten - meine schmalen Lippen öffneten sich, doch heraus schwebten nur stumme Blasen, die verpufften, als ich den Mund wieder schloss.

Wo beginne ich am besten? Ganz am Anfang.

Zu Beginn, da war ich nur ein heranwachsendes Baby im Bauch einer Mutter, die Schlimmes erlebt hatte.

Doch schon da, im scheinbar sicheren Inneren meiner Mutter, wurde ich gepeinigt und mit den Füßen getreten. Die Bewohner spuckten ihr vor die Füße, als sie auf der Straße lief.
Die Bewohner warfen ihr Worte, mit blutigem Hass getränkt, nach, die sich wie Pfeile in ihr Herz und in mich bohrten.
Manche Bewohner griffen sie sogar in aller Öffentlichkeit an.

Ihr einziger Trost war die alte Bäckersfrau, bei der sie wohnte. Sie war ein herzensguter Mensch mit vielen Lachfalten im Gesicht und immer einem Lächeln auf den Lippen. Sie tröstete meine Mutter, wenn andere ihr nachgespuckt haben. Sie entfernte ihr sorgsam all die unsichtbaren, hassgetränkten Pfeile. Sie kümmerte sich um sie, als sie völlig geschwächt von den Angriffen zurück kam.

Sie versuchte auch, ihr so gut es ging bei meiner Geburt zu helfen.

Es war mitten in der Nacht. Ein Sturm ließ das kleine, hingeduckte Haus erzittern. Meine Mutter lag schweißgebadet zwischen zerknitterten Bettlaken, da fingen die Wehen gerade erst an.

Sie schrie. Sie schrie den Schmerz hinaus, durch die angekippten Fenster, so das der Sturm ihn herumwirbelte und an die Bewohner verteilte. Die Bewohner, die ihr den Schmerz zugefügt hatten. Sie schrie nicht nur wegen dem Geburtsschmerz. Sie schrie den ganzen Hass, der sich in ihre Seele gefressen hatte, hinaus. Sie schrie sich die Seele aus dem Leib.

Sie schrie sich in den Tod.

Meine Mutter überlebte meine Geburt nicht, aber ich. Zu früh auf die Welt gekommen, zu dünn, zu leicht, zu schwach. Immer nur zu schwach.
»Aber wunderschön«, sagte die Bäckersfrau.

Sie erzählte mir überhaupt alles, was vorher, bevor ich da war, passiert ist.

Sie ließ mich nicht aus dem Haus. Ich wuchs in der Backstube auf, ständig umgeben vom Duft frisch gebackener Brötchen, süßer Marmeladen und warmen Zimtschnecken.
Sie brachte mir das Schreiben bei. Wir schrieben uns immer gegenseitig Briefe, obwohl wir im selben Haus lebten. In den Briefen ging es ums Wetter, um neue Rezepte, frische Backwaren und um meine Mutter.

Die Bäckersfrau hat mich nie angelogen.

Sie brachte mir das Rechnen anhand ihrer Backwaren bei.
»Ein Brötchen plus drei Brötchen, wie viel ist das?«

Sie gab mir ihre alten Liebesgeschichten zu lesen, die sie als Jugendliche an einem Nachmittag durchgelesen hatte. In den Geschichten ging es immer um ein Junge und ein Mädchen, die vom Schicksal erwählt wurden und um ihre Liebe kämpfen mussten.
Ich träumte immer von dieser Liebe. Und ich sollte sie bald finden ...

Eines Sommers, der Sommer, in dem ich sechs wurde, steckte mich die Bäckersfrau in ein selbstgehäkeltes Kleid, das so blau leuchtete wie die Kornblumen draußen auf dem Feld, die ich immer durch das Fenster sah.

»Es passt perfekt. Perfekt zu deiner Hautfarbe.«

Das sagte sie, kurz bevor wir rausgingen. Raus, endlich raus! Die Aufregung verschluckte die gesagten Worte, doch Jahre später wurde mir klar, dass sie mich extra so angezogen hatte. Sie hat mich von den Bewohnern ferngehalten, in der Hoffnung, der Hass würde abklingen, und mich besonders hübsch angezogen, damit ich ihnen gefalle.

Hat es was gebracht? Ich sage noch nichts.

In Liebe, Mascha

『632 Wörter』

Cleo_and_Sana

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro