5- "Wir hassen uns."

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          „Ich bin mir trotzdem ziemlich sicher, dass es unauffälliger gewesen wäre, wenn wir nicht alle Insassen befreit hätten." Callis hauchte die vereiste Scheibe an und wunderte sich, warum nichts passierte. So kühle Temperaturen waren ungewohnt auf Clevem und lenkten ihn beinahe davon ab, dass er mit Julianna hinter einem Sofa in einem Salon saß. Auf der nicht gefrorenen Innenseite der Scheibe.

Julianna linste an dem Möbelstück vorbei. Der Diener, der sie unabsichtlich hierein getrieben hatte, war vorhin endlich damit fertig geworden, den Kaminsims zu schmücken. Es war ein Kunstwerk, sicherlich. So viele Kugeln, so viel Glitzer und Lametta. Sie konnte sowas nicht. Der Diener hatte lediglich die Zimmertür offengelassen und das hemmte ihre Bewunderung ein bisschen.

Offene Zimmertüren bedeuteten, dass jemand zurückkommen würde. Und sie wollte eigentlich zum Winterfest mit ihrer Mannschaft wieder vereint sein.
Mit einem Seufzen kehrte sie hinter das Sofa zurück.
„Das waren nicht alle Innensassen. Den, der dich ein halbvolles Milchglas genannt hat, hab ich zurückgelassen." Niemand beleidigte Callis. Das war der einzige Punkt, in dem Riden und sie sich einig waren.

Callis nickte abgelenkt. Die gefrorene Scheibe faszinierte ihn wirklich.
„Aber hat es einen Grund, warum die anderen alle zum Hühnerhaus rennen?"

Juliannas Blick folgte seinem aus dem Fenster hinaus. Vier dunkle Figuren huschten über den gefrorenen Rasen hinüber zu den Ställen. Einer von ihnen schwang seine Krücke wie ein Kriegsbeil.
Sie zuckte lieber mit den Achseln.
„Jeder mag Hühner?"

Callis runzelte die Stirn. Julianna linste hinter ihrem Sofa hervor, aber Callis hing hinterher.
„Hunde. Jeder mag Hund-..."

Irgendwo auf der Mauer wurde eine sehr große Glocke in das nächste Leben geschlagen. Ihr Ton ließ Juliannas Zähne klappern und raubte das Ende von Callis Satz. Beinahe gleichzeitig, als hätten sie nur auf diesen Moment gewartet, stürmten Soldaten in ihrem markanten Gleichschritt an dem Zimmer vorbei.

Julianna spähte aus dem Fenster und auch, wenn die Dunkelheit Details verschluckte, war sie sich sicher, dass Solda-... Die Zimmertür wurde aufgestoßen und zwei der befreiten Kriminellen kamen herein. Sie verschwendeten nicht viel Zeit auf der Suche nach Schmuck oder Kostbarkeiten. Aber als ihr Blick auf die reiche Auslage oberhalb des Kamins fiel, war es doch zu spät.

Blond, schmal und mit zwei Narben, die sich über ihrem Gesicht kreuzten, folgte ihnen Lana ins Zimmer. Callis machte einen erschrockenen Laut, doch Julianna erstickte diesen mit ihrer flachen Hand. Gerade noch rechtzeitig, ehe die oberste Hausmagd mit einem Staubwedel auf die zwei Verbrecher losging.

„Habt ihr eigentlich irgendeine Vorstellung, wie aufwendig Winterdekoration ist?", schimpfte sie, während sie auf jeden der beiden Männer abwechselnd einhieb. Sei es Schock oder generelle Neigung gegen Gewalt, beide Männer hoben instinktiv die Hände über ihre Köpfe und traten die Flucht an.

„Erinner mich daran, mich niemals über ihre Dekoration zu beschweren", hauchte Callis atemlos.

Julianna nickte ernst.
„Das ist das Zeichen."

„Dass sie unsere Flucht bemerkt haben?" Callis sah beunruhigt aus dem Fenster hinaus. Auf dem weißen Rasen rannten Soldaten in kleinen Gruppen hin und her.

„Dass du in dein Bett zurückkehren solltest", erwiderte Julianna und drehte ihn an den Schultern zu sich um, „Wenn sie uns gemeinsam erwischen, bist du fällig. Das will ich nicht riskieren."

Die Miene des blonden Jungen wurde ärgerlich. Erst verdrehte er die Augen und dann warf er die Hände in die Luft, als wolle er sichergehen, dass Julianna ihn auch verstand.
„Das ist ja mal wieder typisch! Riden würdest du nicht ins Bett schicken!"

„Riden würde mich köpfen, wenn er erfahren würde, dass ich dich in mein Chaos hineingezogen habe!"

Beide sahen nur einen Schatten. Eine dunkle Figur, die beachtlich leise das Zimmer durchquert haben musste und die letzten Armlängen über den steinernen Boden schlitterte. Seine langen Beine streckten sich aus und der Aufprall schob Julianna in Callis hinein, bis sie zu dritt hinter dem Sofa kauerten.

„Riden würde was?", fragte Riden, sichtlich begeistert von seinem eigenen Auftritt.

Julianna war weniger begeistert.
„Bei De!", knuffte sie ihn erschrocken gegen den Arm.

Riden blinzelte sie unverständig an und sah dann zu seinem besten Freund, der dreinblickte, als hätte er sich gerade in die Hose gemacht.
„Was denn? Ihr habt über mich geredet. Callis, warum bist du noch hier? Das wird langsam gefährlich."

Callis wollte bereits wieder die Arme heben, gab es auf halbem Wege jedoch auf und ließ sie neben sich auf den Boden fallen.
„Ich habe sie aus den Zellen befreit, ich gehe jetzt ganz bestimmt nicht ins Bett!"

Da steckte eine lange Geschichte von ausgelassenen Abenteuern dahinter, weil seine Freunde ihn für zu jung und zu unschuldig hielten. Riden wusste das, wurde jedoch kurzzeitig abgelenkt von Julianna, die hinter ihrem Versteck hervorhuschte.
„Ins Be-.... Julianna! Was-... verdammt!"

Noch bevor er den Mund schloss, hatte sie das Zimmer durchquert und war draußen auf dem Gang verschwunden. Riden stöhnte innerlich und setzte zur Verfolgung an.

Er kam nicht weit.

„Riden!", Lerran drehte sich gerade auf dem Gang um, als Riden aus dem Zimmer stolperte. Der vorübergehend ernannte Hauptmann sah überhaupt nicht glücklich aus, über den Lärm, den die Alarmglocke veranstaltete, „Deine Piratin ist abgehauen- der gesamte Zellentrakt ist leer. Die Wachen sind unter Drogen und ausgeschaltet. Irgendeine Vorstellung, wie das passieren konnte?"

Riden konnte es nicht verhindern, er blickte unwillkürlich zu Julianna, die außerhalb von Lerrans Sichtfeld hinter einer Statue kauerte. Was hatte sie getan? Doch schließlich wandte er sich entschieden zu Lerran um.
„Keinen blassen Schimmer. Eine Ahnung, was Lakira kurz davor da unten getan hat? Zufällig einen Schlüsselbund verloren?"

Er konnte sich irren, aber der Hauptmann sah aus, als gewinne er an Farbe. Zumindest machte er einen bedrohlichen Schritt auf den Kronprinzen zu.
„Du wirst sie da rauslassen."

Riden machte sicherheitshalber einen Schritt zurück, weg von Juliannas Versteck.
„Ich habe sie in überhaupt nichts reingezogen. Woran du schon wieder denkst! Und nur bevor du fragst: Ich war die ganze Zeit in einer Senatssitzung gefangen, also..."

Lerran kniff die Augen zusammen, wie jemand der dringend ein Rätsel lösen wollte, dessen Namen er noch nicht einmal kannte. Er ähnelte einem kurzsichtigen Spürhund, oder einer sehr aufgetakelten Viper mit Armen.
„Du hältst dich für so clever."

Riden seufzte.
„Ich halte dich nicht für besonders clever, wenn du ihr nicht zutraust sich und die anderen ganz alleine zu befreien."

„Deswegen habe ich die Palastwache alarmiert. Der Palast schwimmt vor Soldaten. Sie wird nirgendwo hinkommen." Er zog seinen Wams glatt, als wäre das der Moment, in dem er Geschichte schreiben würde und irgendwo sicher ein Maler darauf wartete, diesen festzuhalten.
„Und mit Fluchtgefahr besagen die Gesetze, dass auch jemand anderes über sie richten darf, wenn die Königin verhindert ist."

Das war schlecht. Riden fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht, unzufrieden mit dieser Wendung des Gesprächs.
„Wenn ich sie sehe, werde ich es ihr ausrichten."

Lerran schüttelte ein letztes Mal den Kopf, ehe er in die gegengesetzte Richtung davon trabte.

Riden sah ihm eine ganze Weile hinterher, De fragend, was er falsch gemacht hatte, um in die Mitte dieses Chaos hineingezogen worden zu sein. Doch letztendlich kehrte Lerran nicht zurück und er sah sich gezwungen, Julianna aus ihrem Versteck zurück zu Callis zu zerren.

Callis, so wie die meisten Bewohner Clevems, mied jede Sonne und sein Teint sprach Bände darüber. Aber als seine Freunde zurück hinter das Sofa schlitterten, schaffte er es noch weißer als der Raureif vor dem Fenster zu werden.

Riden klopfte ihm ermutigend auf die Schulter.
„Planänderung. Wir verkleid-..."

„Warum hilfst du mir?" Es war das erste Mal, das Julianna sich erlaubte den Kronprinzen offen anzusehen. Ihr Herz vibrierte von dem Adrenalin der Flucht. Sie war wach, sie war lebendig. Aber sie war nicht schlau genug, um diesen Widerspruch aufzulösen.

Riden, verärgert, dass sie ihn unterbrochen hatte, runzelte die Stirn.
„Ich will meine Ruhe wieder zurück? Du weißt, dass ich eine Verlobung vorzubereiten habe?", auch er sah die Soldaten, die draußen mehrere Paraden in den Rasen seiner Eltern stampften. Er würde einiges seinen Eltern erklären müssen. Und alles begann mit diesem einen Mäd-... Julianna hatte Augen wie eine Kuh wenns Blitzte. „Oh schau nicht so schockiert, ich verlobe mich ja nicht mit dir."

Das war keine Hilfe.
„Ich... das...", Julianna räusperte sich, bemüht um die Kontrolle über ihr Gesicht. Mit mehr Würde reckte sie das Kinn, „Wenn das der Fall wäre, hättest du einfach die Wachen vor meiner Zelle verdreifacht und mich dort unten vergessen, bis deine Mutter zurück ist."

„Soll ich dich zurückbringen?"

„Willst du wieder gebissen werden?"

„Erst, wenn ich verstanden habe, warum wir gerade diese Diskussion führen."

„Weil wir uns hassen, seit-...", sie stoppte. Erinnerungen an ihre Großmutter fluteten ihren Verstand und ertränkten alle logischen Gedanken. Unbewusst fassten ihre Finger an das Handgelenk, wo eigentlich ein Eheband warten sollte. Doch die Leere holte sie in die Wirklichkeit zurück, „...seit unserer Kindheit."

Riden zuckte zurück, als hätte sie ihn geschlagen. Sein Gesicht wurde hart, so wie sie es schon hunderte Male bei seinem Vater gesehen hatte, ehe er sich wegdrehte.
„Gut zu wissen." Er sandte Callis einen vielsagenden Blick, den sie nicht verstand. Schließlich sah er sie doch an, „Im Gegensatz zu dir, will ich aber nicht die Enttäuschung im Gesicht meiner Mutter sehen, wenn sie sich selbst die Schuld daran gibt, was aus dir geworden ist."

Sein plötzlicher Ärger griff auf sie über.
„Sie hatte damit wenig zu tun."

„Aber ich schon?"

„Du hast mir sicher den Abschied leicht gemacht."

Beide vergaßen sie, dass andere sie vielleicht hören mochten, oder dass Callis mit großen Augen den Streit verfolgte, als schimpften sie über ihn.

Riden verschränkte die Arme.
„Großartig. Das ist mal wieder typisch. Gib jedes Mal mir die Schuld, wenn etwas daneben läuft. Habe ich auch dein Schiff zum Absturz gebracht oder fin-..."

Julianna stoppte ihn mit erhobener Hand. Das war genug. Ohne darauf zu warten, dass er erneut den Mund öffnete, drehte sie sich um und huschte erneut aus dem Versteck hinaus. Sie brauchte weder ihn noch Callis. Sie würde aus dem Palast entkommen und mit ihrer Mannschaft vereint sein.

Callis seufzte. Das war typisch für die letzten zwei Jahre, wenn die Zwei länger als zwei Minuten zusammen waren. Mit müden Augen sah er zu seinem besten Freund auf.
„Du wirst es ihr irgendwann sagen müssen."

Riden brauchte einen Moment, bis er sich von Juliannas Nachbild löste.
„Was?"

„Dass du damals nichts damit zu tun hattest."

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Falls das Kapitel leicht... merkwürdig sein sollte, schiebe ich das vollkommen auf die neue Weihnachtstradition meiner Familie: 

Mein Bruder hatte heute seine letzte Prüfung und das musste gefeiert werden. 
Glühwein und Pirates of the Caribbean. xD

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