13 - Ein Zoo im Bauch

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Waverlys POV

Auf dem Rückweg ist die Stimmung im Auto angespannt. Wir alle hängen unseren eigenen Gedanken nach und versuchen, die letzten Stunden, die wir gemeinsam mit Granny verbracht haben, als Erinnerung der Ewigkeit in unseren Herzen zu speichern.

Ich weiß, dass meine Granny nicht mehr lange leben wird. Umso wertvoller war es heute für mich, ein paar schöne Momente mit ihr geteilt zu haben.

Und ja, ich werde mir Everests Rat zu Herzen nehmen und darauf achten, sie ab sofort häufiger zu besuchen.

Kaum ist dieser Gedankengang verklungen, lasse ich meine Augen aus dem dreckigen Autofenster wandern. Die Landschaft zieht rasend schnell an mir vorbei und verschwimmt zu einem bunten Farbklecks.

Abgesehen von dem Radio und Everests Versuchen, zwischendurch die Lieder mitzuträllern, ist es mucksmäuschenstill in dem Wagen.

Ich bin erleichtert, als sich irgendwann das Ortsschild von Pinecrest in mein Sichtfeld schiebt und ich die vertraute Umgebung mit den vielen Backsteinhäusern und den farbenfrohen Blumenwiesen in mich aufsaugen kann.

Da mein Dad nun auch die Geschwindigkeit des Autos drosselt, kann ich die Menschen, die am Wegesrand spazieren gehen, genauer betrachten. Es ist wirklich faszinierend, wie unterschiedlich sie alle sind.

Groß und klein. Dick und dünn. Allein oder mit Hund.

Moment mal!

Ich blinzele zweimal und kann meinen eigenen Augen kaum trauen.

Wie es das Schicksal so möchte, tauchen plötzlich Preston und sein Hund Bark Vader auf. Sie stehen etwa zweihundert Meter entfernt von mir an einer Ampel und warten darauf, dass das Ampelmännchen von rot auf grün umspringt.

Das ist meine Chance!

Ohne großartig darüber nachzudenken, was ich tue, kreische ich viel zu schrill: „Anhalten!"

Mein Dad zuckt zusammen und tritt so kräftig auf die Bremse, dass ich nach vorne geschleudert werde und beinahe mit meinem Kopf gegen den Fahrersitz krache.

„Scheiße!", flucht Everest genervt. „Bist du bescheuert?!"

Nur eine Sekunde später möchte Dad panisch von mir wissen: „Was ist los, Avie?" Seine Augen springen hektisch über die Fahrbahn. Als hätte er Angst, einen Menschen oder ein Tier erfasst zu haben.

„Ich ..." Mein Hals kratzt, weshalb ich mich kurz räuspere. „Tut mir leid, dass ich so geschrien habe, Dad, aber kannst du mich hier bitte rauslassen? Serena hat mir gerade geschrieben, dass sie in der Stadt ist und dort auf mich wartet. Sie will unbedingt heute noch mit mir reden. Mädelsprobleme und so ..."

Obwohl mich Dad mit einem misstrauischen Blick bedenkt, lenkt er das Auto an den Fahrbahnrand und hält dort an.

„Bleib nicht zu lange weg, ja?", ermahnt mich Mom streng. „Morgen ist Schule!"

„Ja ja", antworte ich ihr halbherzig, ehe ich aus dem Auto stürze und nach Preston und seinem Hund Ausschau halte. Sie überqueren gerade die Fußgängerampel und steuern einen Kiesweg an, der von mehreren, tanzenden Bäumen eingefasst wird.

Ich hole noch einmal tief Luft. Dann setze ich mich schnellen Schrittes in Bewegung und bemühe mich, die Entfernung zwischen Preston und mir zu verringern.

„Ernsthaft?!", schnaubt Everest verständnislos. „Wegen diesem Hampelmann veranstaltest du so einen Affenzirkus?"

„Jap."

Ich beschleunige mein Tempo, bis ich nur noch gute fünf Meter von Preston entfernt bin. Da sich mein Herz vor lauter Nervosität überschlägt, Schweißperlen meine Stirn säumen und mein Atem viel zu hektisch geht, folge ich ihm ein paar Minuten unauffällig, um meinen aufgeheizten Körper abzukühlen.

Das funktioniert allerdings nur so lange, bis Bark Vader an einem Mülleimer stehenbleibt und beim Pinkeln seinen Kopf in meine Richtung dreht. Als er dann plötzlich anfängt, freudig mit dem Schwanz zu wedeln, gleitet auch Prestons Blick zu mir.

Seine wasserblauen Augen weiten sich und ein überraschtes Lächeln zupft an seinen Mundwinkeln.

„Oh hey, Preston!", bemühe ich mich um einen beiläufigen Plauderton. Ich überbrücke den letzten Abstand zwischen uns und hebe die Hand, sobald ich neben ihm zum Stehen gekommen bin. „Was für eine schöne Überraschung, euch hier zu sehen." Um meine Worte zu unterstreichen, kraule ich Bark Vader kurz hinter den Ohren.

„Hey Eva", lächelt mich Preston zuckersüß an.

„Meine Fresse!", beschwert sich Everest daraufhin wütend. „Musst du dir erst ein Namensschild zulegen, damit er sich deinen Namen merken kann, oder was?!"

Obwohl es mich in gewisser Weise auch stört, dass Preston immer so unpassende Spitznamen verwendet, wechsele ich das Thema, indem ich ihn frage: „Hattest du einen schönen Tag?"

Kurz bilde ich mir ein, dass er nervös ist, doch binnen eines einzigen Herzschlages grinst er mich unbekümmert an und nickt. „Ja", säuselt er eine Spur zu fröhlich. „Bark Vader und ich waren viel spazieren und haben ein paar neue Tricks gelernt."

Automatisch muss ich an Serena und ihren Kater Schnurrbert denken.

Ob Preston und Bark Vader wohl auch einen Account auf TikTok haben? Ich bezweifele es, denn als größtes Preston-Fangirl wüsste ich schon längst davon.

„Tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber du bist echt peinlich, Avie!", schnauft Everest voller Abscheu in der Stimme. „Merkst du gar nicht, dass sich Peter überhaupt nicht für dich interessiert?"

Zwar schießen Everests Worte wie ein elektrischer Blitz durch meinen Körper, doch ich schlucke den Schmerz tapfer runter.

Zwei Sekunden später ist das unangenehme Ziehen sowieso vergessen, denn Preston fragt mich neugierig: „Und wie war dein Tag, Eden? Hast du etwas Besonderes unternommen?" Er schaut mich so aufmerksam aus seinen glänzenden Augen an, dass ich die Schutzmauern meines Herzens fallen lasse und ihm von meiner Granny und dem Pflegeheim erzähle.

Es stört mich nicht, dass mir Preston bloß zuhört und keine Kommentare abgibt. Erst als Everest behauptet „Dem geht es am Arsch vorbei, dass du ihm gerade dein Herz ausschüttest" keimen ein paar Zweifel und eine Knospe der Enttäuschung in meinem Inneren auf.

„Hörst du mir überhaupt noch zu?", erkundige ich mich verunsichert bei Preston.

„Natürlich!", beeilt er sich, zu sagen, und schenkt mir ein zuckersüßes Lächeln. Danach greift er sogar nach meiner Hand und verflechtet unsere Finger miteinander.

Tausend Zoobewohner trampeln nun durch meinen Bauch und mein ganzer Körper steht unter Strom.

„Tut mir leid mit deiner Oma", murmelt Preston einfühlsam und beweist damit, dass ich ihm nicht egal bin. „Am besten, du findest dich schon mal mit dem Gedanken ab, dass sie bald sterben wird."

Was?!

Ich verkrampfe und spüre, wie mir brennende Tränen in die Augen schießen.

„Gott, ich würde diesem Penner echt gerne Respekt und Anstand einprügeln!", faucht Everest hasserfüllt. Da sich gleichzeitig ein unangenehmes Pochen unter meiner Schädeldecke ausbreitet, gehe ich davon aus, dass er wütend durch meinen Kopf stampft. Vielleicht sogar mit einer Zitronenlimonade in der Hand.

„Ich meine es doch nur gut mit dir, Aven." Preston bleibt stehen und fängt meinen Blick auf. Mit seinem Zeigefinger wischt er die beiden Tränen weg, die sich aus meinem rechten Augenwinkel gelöst haben. „Ich möchte einfach nicht, dass du traurig bist, wenn sie geht."

Ein schwaches Lächeln kämpft sich zurück auf meine Lippen und ich nicke.

„Du glaubst ihm diesen Schwachsinn doch nicht etwa, oder?", fragt mich Everest ungläubig. „Der Kerl lügt am laufenden Band!"

Wie so oft versuche ich, Everest zu ignorieren, und richte meine ungeteilte Aufmerksamkeit einzig und allein auf Preston.

„Danke", nuschele ich leise.

„Kein Problem", erwidert er. Kurz zögert er, bis er hinzufügt: „Wenn du mich lässt, würde ich dich gerne auf andere Gedanken bringen."

„Niemals!", faucht Everest.

„G-Gerne", stammele ich überfordert.

Ein siegessicheres Grinsen umspielt Prestons Lippen, während er sich langsam zu meinem Gesicht hinunterbeugt. Seine rechte Hand platziert er an meiner Wange und seine linke Hand an meiner Taille.

„Tritt ihm in die Eier und hau ab, Waverly! Du-"

Erneut blende ich Everests nervtötende Stimme aus und fokussiere mich nur noch auf Preston. Er ist mir mittlerweile so nahe, dass ich seinen warmen Atem auf meinem Mund spüren kann.

Zweimal poltert mein Herz noch kräftig gegen meinen Brustkorb. Dann verbinden wir unsere Lippen endlich zu einem Kuss der Unschuld.

Sofort breitet sich ein warmes Gefühl in meinem Bauch aus und alles kribbelt.

Na ja, zumindest rede ich mir das ein, denn ehrlich gesagt spüre ich nichts. Absolut gar nichts. Kein warmes Gefühl, kein Kribbeln und auch sonst nichts.

Es ist merkwürdig, Preston zu küssen. Während er seine Lippen auffordernd gegen meine bewegt, habe ich keinen blassen Schimmer, was ich machen soll.

„Wie schon gesagt", nehme ich Everests aggressive Stimme wie durch Watte gedämpft wahr, „tritt ihm in die Eier und hau ab!"

Natürlich mache ich das nicht, aber ich löse mich trotzdem vorsichtig aus dem Kuss. Direkt strahlt mich Preston glücklich an und möchte von mir wissen: „Na? Bist du jetzt auf andere Gedanken gekommen?"

Ich schlucke schwer.

Sollte ich nicht eigentlich vor lauter Glücksgefühlen im siebten Himmel schweben? Immerhin habe ich gerade den Jungen geküsst, in den ich seit vier Jahren unsterblich verliebt bin.

„Unsterblich verliebt?", wiederholt Everest spöttisch. „Pah, dass ich nicht lache!"

Eine Mischung aus Nervosität und Unwohlsein braut sich wie ein Gewitter in meiner Magengrube zusammen. Um Preston nicht zu verletzen, behaupte ich lächelnd: „Ja, danke. Das war schön."

Er zwinkert mir zu. „Bei unserem nächsten Date bekommst du mehr davon, Ava. Versprochen!"

Ob ich das überhaupt noch möchte? Keine Ahnung.

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