11 - Ansage à la Luca

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Am Dienstagmorgen fängt mich Rhett vor Unterrichtsbeginn auf dem Schulhof ab.

„Luca!", ruft er meinen Namen. „Warte mal kurz!"

Innerlich habe ich die Hoffnung, dass Emery bei ihm ist, doch sobald ich mich umdrehe, muss ich enttäuscht feststellen, dass Rhett allein auf mich zugelaufen kommt.

Na ja, nicht schlimm ...

Oder?

Ich warte, bis mein bester Freund bei mir angekommen ist und wir uns mit unserem typischen Handschlag begrüßt haben, ehe ich neugierig und zugegebenermaßen auch leicht ängstlich von ihm wissen möchte: „Was ist los? Ist etwas passiert? Normalerweise sehen wir uns doch immer erst in der Mittagspause ..."

Zum Glück gibt mir Rhett Entwarnung, indem er den Kopf schüttelt. Außer Atem lobt er mich: „Ich bin sehr stolz auf dich, Alter!"

„Ach ja?" Vor lauter Überraschung wandern meine Augenbrauen in die Höhe. „Was habe ich denn gemacht? Oder sollte ich lieber fragen, was ich nicht gemacht habe?"

Rhett lacht und boxt mir dabei spielerisch gegen den Arm. Dass dieser dämliche Footballer mal wieder viel zu viel Kraft hat, checkt er natürlich nicht.

„Ich bin froh, dass du endlich diesen blöden Cameron-und-Shirin-auseinanderbringen-Plan verworfen hast. Glaub mir, Cam ist gar nicht so übel, wie du denkst. Natürlich lässt sich darüber streiten, wie er seine Freundin behandelt, aber Shirin ist ja selbst schuld, wenn sie sich das alles gefallen lässt, oder? Hoffentlich kannst du jetzt nach über fünf Jahren mit dem Kapitel Shirin McAdams abschließen ... Davon träume ich ehrlich gesagt schon seit ungefähr 260 Wochen."

Obwohl ich immer noch der Meinung bin, dass Cameron ein Arschloch ist – meine blaue Nase und die geprellten Rippen sind der beste Beweis dafür – wage ich es nicht, Rhett zu widersprechen. Vielleicht ist Cameron ja zu den Jungs aus dem Footballteam ganz anders und behandelt nur Mädchen so scheiße?! Wobei das auch nicht gerade der Optimalfall wäre ...

Ich schüttele mich kurz, um Cameron aus meinem Kopf zu verbannen. Dort hat er nämlich nichts zu suchen.

Der Platz ist aktuell schon für jemand anderen belegt.

Meine Augen wandern zurück zu Rhett und verhaken sich mit seinem Blick. Auch wenn ihn meine Worte nicht freuen werden, offenbare ich ihm ehrlich: „Ich habe zwar keine Gefühle mehr für Shirin – das glaube ich jedenfalls – aber irgendwie hat sich unser Gespräch gestern nicht nach einem Abschied angefühlt. Irgendwas fehlt noch."

Entgegen meinen Erwartungen nickt Rhett verständnisvoll. „Du solltest noch ein allerletztes Mal mit ihr reden und ihr alles sagen, was dir auf der Seele brennt, Luca", rät mir mein bester Freund.

An sich gar keine schlechte Idee, allerdings gibt es einen Haken bei seinem Plan.

„Ich soll Shirin beichten, dass ich fünf verdammte Jahre lang in sie verliebt war?! Cameron wird mich sowas von krankenhausreif prügeln ..."

Während mir vor lauter Übelkeit beinahe die Augen ausfallen, schüttelt Rhett bloß schmunzelnd seinen Kopf. „Du sollst nicht über deine Gefühle reden. Dein Problem ist sowieso ein ganz anderes, Mann."

„Und welches?"

„Du findest, dass Shirin schlecht von Cameron behandelt wird. Für dich basiert eine Beziehung auf gegenseitiger Wertschätzung und Akzeptanz, aber das erkennst du bei den beiden nicht", spielt Rhett den Hobby-Psychologen. „Sag ihr, was dich an ihrer Beziehung stört und was sie deiner Meinung nach verdient hat. Vielleicht hilft dir das dabei, um einen Schlussstrich zu ziehen."

Je länger ich Rhetts Worte auf mich wirken lasse, umso mehr freunde ich mich mit diesem Gedanken an.

Ein allerletztes Gespräch mit Shirin, in dem ich die Karten offen auf den Tisch legen werde. Danach lösche ich sie endgültig aus meinem Herzen, denn dort sind nur Menschen willkommen, die mich und meine wahre Persönlichkeit akzeptieren.

„Danke, Alter!" Ich klopfe meinem Kumpel brüderlich auf die Schulter. „Du bist der Beste!"

„Allerbeste, wenn ich bitten darf", korrigiert er mich mit einem frechen Grinsen.

„Übertreib doch nicht direkt! Der Allerbeste bist du nur, wenn es mir wirklich gelingen sollte, mit Shirin abzuschließen."

„Natürlich wird es das", behauptet Rhett. „Zur Not schicke ich dir Emery vorbei."

„Was?"

„Was?", wiederholt mein bester Freund unschuldig. „Ich muss los!"

Und weg ist er ...

***

„Hältst du das wirklich für eine gute Idee?" Emery schaut mich skeptisch aus ihren rehbraunen Augen an.

„Ja natürlich", behaupte ich, obwohl sich erste Zweifeln in meinem Inneren auftürmen.

„Du möchtest Shirin also knallhart vor den Kopf werfen, dass Cameron ein Arsch ist und dass er sie so schlecht wie einen Haufen Abfall behandelt?!"

„Na ja", druckse ich verlegen herum. „Ich werde es vermutlich ein bisschen anders formulieren, aber der Inhalt bleibt derselbe."

Emery atmet tief durch. Ich kann ihr die Verzweiflung zwar ansehen, sie aber ehrlich gesagt nicht richtig nachvollziehen. Der Plan, den Rhett und ich entworfen haben, damit ich Shirin endlich vergesse, ist doch perfekt, oder etwa nicht?

„Vielleicht hätten wir Shirin schon viel eher die Augen öffnen sollen, statt ihr immer nur Honig ums Maul zu schmieren. Wahrscheinlich erkennt sie gar nicht, was für ein Arsch Cameron in Wirklichkeit ist", überlege ich nun laut. „Wenn sie erstmal begreift, wie viele Red Flags dieser Kerl bedient, dann wird sie freiwillig mit ihm Schluss machen. Das hoffe ich jedenfalls."

Während ich zuversichtlich lächele, steht Em das Entsetzen ins Gesicht geschrieben.

„Tu, was du nicht lassen kannst, Luca", seufzt sie. „Aber halte mich da raus, okay? Ich habe schon oft genug versucht, mit Rini zu sprechen, aber es hat nie etwas gebracht."

„Einverstanden!"

Auch wenn sich mir nicht so ganz erschließt, wie die Freundschaft zwischen Emery und Shirin entstanden ist, möchte ich mich nicht zwischen sie drängen. Die beiden scheinen sich trotz ihrer verschiedenen Charakterzüge gut miteinander zu verstehen und das ist die Hauptsache.

Im Einklang mit meinen Gedanken landet mein Blick auf Emerys Oberteil. Ausnahmsweise finde ich den Spruch, der dort steht, sogar wirklich gut.

Wer nicht mit mir auskommt, muss eben noch lernen, ein bisschen an sich selbst zu arbeiten.

Die Worte passen perfekt zu Emery, denn seit ich sie kenne, zieht sie immer nur ihr eigenes Ding durch, ohne Wert auf die Meinung anderer zu legen. Dafür bewundere ich sie sehr.

Hoffentlich schaffe ich es auch irgendwann, mich von dem oberflächlichen Arschloch, das tief in mir schlummert, zu verabschieden.

„Oh, Rini hat mir schon einen Daumen nach oben geschickt", bohrt sich Emerys überraschte Stimme plötzlich durch den Nebel in meinem Kopf.

„Perfekt. Dann in der Mittagspause hinter der Sporthalle?"

„Genau."

Oh man, das kann ja was werden. Hoffentlich ziehe ich den Schlussstrich mit einem Edding und nicht nur mit einem Bleistift ...

***

Heute lässt mich Shirin nicht so lange warten, wie gestern.

Pfeifend biegt sie um die Ecke der Sporthalle und steuert mich mit zielstrebigen Schritten an. Obwohl ein Lächeln auf ihren Lippen liegt, erreicht es ihre babyblauen Augen nicht.

Em hat sie doch nicht vorgewarnt, oder?

„Hey Luca", begrüßt mich Shirin einen Atemzug später. „Du möchtest bestimmt deine Fragen fortführen, nicht wahr? Das letzte Mal habe ich heute Morgen im Auto gesungen. Na ja, grölen trifft es wohl eher ..."

Ich bin überrascht, dass sich Shirin die Frage vom Vortag gemerkt hat. Auch wenn mich ihre Antworten zu den übrigen 31 Fragen brennend interessieren, werde ich ihr diese nicht stellen. Mein Vorhaben ist ein anderes und das gilt es jetzt zu erfüllen.

Augen zu und durch, richtig? Schwanz einziehen ist keine Option!

„Ich muss dir etwas Wichtiges sagen, Shirin", beginne ich zögerlich. Mein Herz hämmert derweil unangenehm gegen meinen Brustkorb, Nervosität flutet meinen Körper und mir wird ein bisschen schwindelig. „Kannst du mir bitte erst zuhören, bevor du dich rechtfertigst?"

Automatisch wandern Shirins perfekt gezupfte Augenbrauen in die Höhe. Ich kann ihr das Misstrauen in den Augen ablesen, weshalb ich umso erleichterter bin, als sie widerwillig nickt.

Puh, Schritt Eins ist geschafft ...

„Gut." Ich atme noch einmal tief durch. „Hast du schon einmal etwas von dem Begriff Red Flags gehört?"

Wieder nickt Shirin. Offenbar weiß sie also ganz genau, dass es sich bei dieser Bezeichnung um Warnsignale in einer Beziehung handelt.

„Sei mir nicht böse, aber meiner Meinung nach ist Cameron eine wandelnde Red Flag", fahre ich fort. „Er schätzt dich als Person überhaupt nicht wert. Im Gegenteil: Er unterdrückt dich und schränkt dich in deiner Entwicklung ein. Du solltest dir das wirklich nicht gefallen lassen, Shirin! Jetzt mal ganz ehrlich: Niemand würde seinem Freund verzeihen, wenn er dreimal fremdgeht. Irgendwo ist einfach eine Grenze erreicht. Du hast es doch außerdem gar nicht nötig, dich unter deinem Wert zu verkaufen!"

Ich bin erstaunt, wie ruhig ich bleibe – und wie emotionslos mich Shirin anschaut.

Auf mich wirkt es so, als hätte sie eine Mauer um sich errichtet, an der alle negativen Worte, die Cameron und ihre Beziehung betreffen, abprallen.

„Warum lässt du dich von ihm so schlecht behandeln, hm? Du bist so ein hübsches, nettes und witziges Mädchen! Lass dich nicht verarschen!" Meine Stimme nimmt einen leicht verzweifelten Unterton an. „Ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist, aber ich habe mir in der letzten Woche echt Mühe gegeben, dir zu zeigen, dass nicht jeder Junge so ein Arsch wie Cameron ist. Es gibt auch Menschen auf diesem Planten, die dich gut behandeln würden."

„Cam ist kein A-"

„Lass mich ausreden!", grätsche ich Shirin energisch dazwischen. „Es ist okay, wenn du keine Blumen magst, aber du kannst mir nicht erzählen, dass es dir gefällt, wenn dich Cameron ignoriert, er dir Sachen verbietet oder dich mit anderen Weibern betrügt. So etwas findet kein Mensch toll. Niemand!"

In diesem Moment fühlt es sich so an, als würde eine tonnenschwere Last von meinen Schultern fallen. Wie immer hatte mein bester Freund Recht: Dieses allerletzte Gespräch, in dem ich mich von meinem Kummer freispreche, hilft mir dabei, endgültig mit Shirin abzuschließen.

„Manchmal frage ich mich wirklich, was dein Problem ist, Shirin?!"

Daraufhin verschränkt meine Gegenüber abwehrend die Arme vor der Brust. Ein wütendes Funkeln schleicht sich in ihre Augen, als sie mich angiftet: „Was mein Problem ist, Luca? Mein Problem ist, dass ich Red Flags verdammt nochmal attraktiv finde!"

Auch wenn ich das bereits wusste, schlagen ihre Worte wie eine Bombe in meinem Herzen ein.

Die vergangene Woche hat nicht nur mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt, sondern auch mein perfektes Bild von Shirin McAdams zerstört.

Mittlerweile habe ich keine Ahnung mehr, wie ich sie überhaupt mal gut finden konnte, denn wir sind so verschieden wie Feuer und Wasser. Von Anfang an waren wir zum Scheitern verurteilt, doch ich war zu blind, um das zu erkennen.

„Ich weiß, dass Cameron auf dich wie ein Arsch wirkt, aber in echt ist er nicht so. Er hat dich am Wochenende nur meinetwegen verprügelt. Weil ich das heiß finde. Cam wirft auch allgemein nur mit so vielen Red Flags um sich, weil ich mir das wünsche."

Ähm, was?!

Ich schaue Shirin entsetzt an.

Für ein paar Sekunden habe ich die Hoffnung, dass das bloß ein blöder Scherz sein soll, aber leider verrät mir ihr ernster Gesichtsausdruck, dass sie die Wahrheit sagt.

Ausgerechnet Shirin McAdams ist der einzige Mensch auf diesem Planeten, der Red Flags nicht abstoßend, sondern anziehend findet.

Heilige Scheiße ...

„Weißt du, ich mag es einfach, wenn sich Cam in der Öffentlichkeit wie ein Arsch benimmt. Das ist total sexy und männlich. Zuhause, wenn wir nur zu zweit sind, ist er anders. Fürsorglich, liebevoll und aufmerksam. Vermutlich kannst du das nicht nachvollziehen, aber für mich ist unsere Beziehung absolut perfekt. Ich brauche diese Red Flags einfach! Das ist wie ein Adrenalinkick für mich."

Oh Gott, was zum Teufel stimmt nicht mit Shirin?! Wie kann sie mit Absicht von ihrem Freund verlangen, dass er sich wie ein Arschloch verhält? Und warum spielt Cameron dieses Psychospiel mit?

Ist vielleicht Shirin diejenige, die Cameron erpresst, damit er nicht mit ihr Schluss macht?

In diesem Augenblick wird mir einmal mehr bewusst, wie dankbar ich sein kann, emotional mit Shirin abgeschlossen zu haben.

Keine Ahnung, ob sie mal einen Psychologen aufsuchen sollte, aber gesund ist ihre Vorliebe für Red Flags bestimmt nicht ...

„Ich, ähm, ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll", stammele ich nach einer Weile des Schweigens überfordert. Je länger ich in Shirins babyblaue Augen schaue, umso unwohler fühle ich mich.

Verdammt! Wäre ich nicht so ein oberflächlicher und schwanzgesteuerter Idiot gewesen, dann hätte ich auch nie gedacht, in Shirin verliebt zu sein.

Denn ganz ehrlich? Man kann einen Menschen nicht nur wegen seines guten Aussehens lieben. Es ist der Charakter, der einen vollkommen und perfekt macht, und der ist bei Shirin definitiv beschädigt.

„Sag einfach gar nichts, Luca", grinst mich Shirin nun gutgelaunt an. „Ich weiß, dass du und Em die Beziehung von Cam und mir zerstören wolltet, aber ich habe mir auch einen Plan überlegt. Und weißt du was? Der hat im Gegensatz zu eurem sogar funktioniert!"

„Einen Plan?" Ich hebe verwirrt die Augenbrauen. „Wie meinst du das?"

„Aus zwei Verbündeten werden zwei Liebende."

„Hä?" Bin ich wirklich so doof oder warum verstehe ich gerade nur Bahnhof?

Leider macht Shirin keine Anstalten, sich zu erklären. Stattdessen klopft sie mir einmal auf die Schulter, ehe sie sich mit einem „Viel Glück, Luca! Und wehe, du behandelst sie nicht gut" von mir abwendet.

Völlig verdattert schaue ich Shirin so lange hinterher, bis sie aus meinem Blickfeld verschwindet.

Alles, was sie zurücklässt, sind ihre Worte, die mein Herz komplett auf den Kopf stellen.

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