Erkenntnis

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Es war ihr schleierhaft, wie dieser in das Gericht gekommen war, wenn die Wurst aus nichts weiter als dem Blut und Fleisch eines Schweines, Speck, und Schwarte hergestellt wurde. Vor allem im Vergleich zu den anderen Speisen, die nichts weiter als das Beste waren, dass die Bäuerin je gegessen hatte.

War dem Koch ein eigener Nagel bei der Herstellung hineingefallen? Die Vorstellung daran ließ sie etwas von der Wurst wieder hochwürgen. Sie spuckte das Zerkaute auf einen Teller vor sich und legte diesen beiseite. In der Erwartung, jetzt von den anderen Überbleibseln angewidert zu sein, stellte sie fest, dass dies nicht der Fall war.

Schließlich hatten die anderen Speisen ihre Erwartungen mehr als übertroffen und der Bäuerin als Tochter eines Gerbers und einer Müllersfrau, war es normalerweise gar nicht erst gestattet, ein solches Essen überhaupt zu genießen. Jenes Erlebnis würde wahrlich einzigartig bleiben. Daher wollte sie sich nichts entgehen lassen. Verunsichert biss sie erneut in die Blutwurst. Als sie diese komplett vertilgt hatte, stellte sich ein Gefühl der Sicherheit bei ihr ein. Es musste sich um einen einzelnen Ausrutscher gehandelt haben.

Schneller als vorher aß sie mittlerweile die Reste, trank aus halbleeren Schüsseln und leckte jeden einzelnen Teller ab, bis nichts mehr übrig war. Den Nagel warf sie auf den Tisch und verzehrte sogar die wieder ausgespuckte Blutwurst. Während jenes Exzesses an den vorzüglichen Überbleibseln nahm sie konstant Geräusche aus einem anderen Raum wahr. Ihr erschloss sich nicht, wo dieser lag, jedoch wurde dort sicher ein Tier geschlachtet. Dafür sprachen zumindest die dumpfen Laute, welche bei ihr ankamen.

Irgendwann war diese Geräuschkulisse in eine andere übergegangen. Mittlerweile klang es eher nach dem Pfeifen von Kochtöpfen, dem Hacken auf einem Holzbrett, einem Löffel, der immer wieder gegen das Innere einer Schüssel schellte und allerlei Lauten, wie sie aus der Küche eines Gasthauses zu vernehmen waren. Sie wusste dies, da sie selbst in einem arbeitete.

Eines irritierte sie dabei. Es war so still. Für gewöhnlich wurde in einer Küche durch die Gegend gerufen und herumdiskutiert, doch hier war es anders. Womöglich wahrten die Köche des hohen Volkes stets ihre Manieren und flüsterten bloß, wenn sie überhaupt miteinander redeten. Es war eine sonderbare, ihr völlig unbekannte Welt, in die sie geworfen worden war. Wenn dies dem Alltag der Adligen nahekam, führten jene eine einsame Existenz.

Der Bäuerin fiel auf, dass sie wie angewurzelt sitzen geblieben war, nachdem sie den Tisch gelehrt hatte. Ihr Blick ruhte dabei erneut auf einem der Gemälde, das in der Richtung stand, in welcher sie die Kochstube vermutete. Es zeigte eine Schlacht zwischen Rittern, die in weißlich-silbernen Rüstungen gegen einen Feind marschierten, der schattenhaft über die Hügel am Horizont hereinbrach. Er war nicht klar auszumachen, doch besaßen die Schemen eine gewisse Schönheit inmitten der absonderlichen Formen, die in verschiedenen Nachttönen auf die Leinwand gebracht worden waren. Herausstechend war eine Vorhut aus kleinen Gestalten, die lange Haare hatten und auf allen vieren voran stürmten. Auf ihren kaum zu erkennenden Gesichtern zeigten sich Grimassen, welche unüblich für ihre sonstige Darstellung waren. So bedrohlich sie aussahen, die Frau konnte nichts anderes als Mitleid zu empfinden, wenn sie auf die von Tränen durchzogenen Gesichter blickte.

Liberidicti, die Kinder der Pein. Sie wusste nicht, woher sie diesen Namen kannte.

Die Tür schwang mit einem knallenden Geräusch auf. Die Bäuerin drehte sich erschrocken um und bemerkte erst jetzt, dass sie nicht mehr saß. Ohne sich daran zu erinnern, war sie aufgestanden und zu dem Bild hingelaufen.

Ihre Augen fokussierten etwas, was sie nicht direkt identifizieren konnte. Es war ein Hemnan, oder doch eher ein Schwein in dessen Form. Eine Kreatur mit dem Gesicht einer Sau, die aufrecht stand und eine blutige Kochschürze an ihrem unförmigen und breiten Leib trug. Ihre wulstige braun-rosane Haut spannte sich um den vom Küchengeruch eingefangenen Körper, der absonderlicher nicht hätte sein können. Ihr stockte der Atem. Sie blinzelte, doch mit jedem Schließen ihrer Augen kam die Kreatur nur näher und verschwand nicht.

Mit Panik und Verwirrung ins Gesicht geschrieben, stolperte sie zurück und gegen das Gemälde. Das Schweineungetüm, welches eine silberne Platte mit sich trug, begann dabei in aller Seelenruhe den Tisch abzudecken. Es beachtete sie nicht einmal. Die Frau atmete derweil so heftig, als ob ihr jeden Augenblick das Herz aus der Brust springen und das Weite suchen würde.

Ein leeres Geschirr nach dem nächsten lud die Abnormität auf die glänzende Fläche, bis diese voll war. Dann polierte es den Tisch und trotte darauf zur Tür hinaus, als wäre es nie da gewesen. Die Bäuerin, welche mittlerweile voller Angst an der Wand herabgesunken war, zitterte am ganzen Körper, wie das Laub an einem Baum, der bei der Apfelernte geschüttelt wurde.

Mit einem Mal war ihr kalt um die nackten Zehen und sie war froh über die schwarzen langen Haare, welche ihre Sicht zumindest teilweise verdeckten. Zu große Angst hatte sie davor, jenen Nachtmahr erneut zu erblicken. Was suchte die Kreatur in diesen Gemäuern? Warum war es nicht von einem tapferen Krieger erschlagen worden? Arbeitete es etwa in der Küche, als dämonische Abwandlung eines Kochs?

Sie hatte keine Zeit, länger über diese Fragen nachzudenken, denn das albtraumhafte Mischwesen kam erneut durch die Türschwelle geschritten. Diesmal transportierte es eine voll beladene Platte und mit einem Fingerspitzengefühl, wie sie es dem Monster nicht zugetraut hätte, drapierte es allerlei Speisen auf dem Tisch und trampelte dann erneut von dannen. Die Tür ließ es offen stehen.

Mit Beinen, die so wacklig waren wie Halme im Wind, erhob sich die Frau und begutachtete den Tisch. Der Anblick war ihr vertraut. Sie schritt hinter den Stuhl, um es besser zu betrachten, und stellte fest, dass es genauso aussah, wie als sie durch die Tür geschritten war. Alles war exakt so, wie bei ihrem Mahl. Sogar den Stuhl hatte der Schweinehemnan zurückgesetzt.

Am Rande ihres rechten Blickfeldes bewegte sich etwas. Gerade als sie sich umdrehen wollte, wurde sie gepackt. Eine Hand so groß wie ihr Kopf umfasste ihren Hals und schnürte ihr die Luft ab. Sie konnte weder atmen, noch sprechen oder gar um Hilfe rufen. Das Schweinemonster zog sie über den Teppich in Richtung eines der Bilder. Mit dem Gesicht presste es sie dagegen, bis sie ein Klicken vernahm und das Gemälde mitsamt der Wand nachgab und nach innen klappte.

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