Opulenz

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Die Frau atmete schwer. Ein trauriges Gesicht sah sie an und sprach zu ihr in besorgtem Ton.

„Wenn du mir nur einen Wunsch erfüllen sollst, dann diesen."

Sie reagierte nicht.

„Ich bitte dich, zwing mich nicht dazu. Du weißt, dass es der einzige Weg ist. Ich will das nicht tun."

Ein hasserfüllter Blick durchbohrte ihn und sie strafte ihn mit Schweigen.

„Mein Kind, ich bin der einzige hier, der sich für dich einsetzt. Mach es mir nicht schwerer, als es ohnehin schon ist. Es gibt keinen anderen Platz für dich und der Weg, der vor uns liegt, wird nicht weniger beschwerlich. Aber von ganzem Herzen verspreche ich dir, dass es alles vorbei ist, sobald wir unser Ziel erreicht haben."

Sie drehte sich angeekelt weg, doch das Grummeln ihres Magens verriet sie.

Er seufzte. Es war ein Geräusch, wie es enttäuschte Eltern von sich gaben.

„Dann geht es nicht anders", sprach er mit einem Kloß im Hals.

„Nein", hauchte sie, doch es war schon zu spät.

Vorsichtig betrat Sie den hell erleuchteten Raum. Ihre dürre Gestalt noch gebrechlicher als sonst. Die braun verfärbten Leinen wirkten kümmerlicher denn je, im Schein der goldglänzenden Kerzenhalter.

Vor ihr im Raum postiert, war eine Tafel, so wie die einfache Frau sie nie gesehen hatte. Diese war aus glattem Holz, so extravagant verziert, dass kein Hemnan sie hätte schnitzen können und so lang, dass eine ganze Familie daran Platz finden würde. Und dennoch stand nur ein einzelner Stuhl davor.

Er war genau zu der Mitte des Tisches platziert, ein Stück nach hinten gerückt, auffordernd. Die Tafel war übersäht mit großen und kleinen Tellern, in allen Formen, manche der Bäuerin bekannt, die meisten nicht. Besteck lag um die einzige freie Fläche, direkt vor dem pompösen Stuhl, welcher mit Leder gepolstert war. Alles schien so drapiert, wie es nur für Edelleute üblich war.

Wofür allein die zahlreichen Gabeln, Messer und Löffel in jeglichen erdenklichen Abmessungen benutzt wurden, wusste eine Frau ihres Standes nicht. Ebenso, was sie hier sollte. Nichts hatte das kümmerliche Wesen in solch wohlgeformten Hallen verloren, gesäumt von eindrucksvollen Wandgemälden, welche atemberaubende Landschaften zeigten, die ihre Augen nie erblickt hatten.

Sie sah an sich hinab, auf einen Teppich aus dem Fell eines Tieres, das sie aus keiner Sage kannte. Es war weich. Ihre nackten Zehen wagten es fast nicht, ihn zu berühren. Er umschmeichelte die raue Hornhaut ihrer Fußsohlen.

Mit kleinen vorsichtigen Schritten ging sie voran, während sich hinter ihr die Türe verschloss. Ihr Blick schweifte über die zahlreichen dampfenden Speisen, welche auf dem verschnörkelten Porzellan aufgereiht waren. Es gab Gefäße voller Soßen, Platten mit Wurst, duftende Braten, Sülzen und etliches mehr. An manchen Fleischstücken hingen noch die Knochen, während andere zu einem vollständigen Gericht weiterverarbeitet waren. So gab es Klöße, gebratene Haut, Pasteten und weit mehr als sie mit einem Blick erkennen konnte.

Die bürgerliche Frau kannte nur wenig davon aus ihrem Hause. Hals, Leber und Zunge, hatte es ab und an gegeben und selbst das nur an Feiertagen. Derart luxuriöse Speisen, waren ihr mehr aus Erzählungen bekannt, als aus dem echten Leben.

Ihr Magen grummelte. Am liebsten wäre sie über das Essen hergefallen, doch etwas hielt sie zurück. Es war ein flaues Gefühl in der Bauchgegend, bei dem es sich nicht um Hunger handelte. Womit hatte sie all das verdient?

Einerseits war sie die einzige hier und es kam auch niemand mehr. Zudem würde das Essen kalt werden, wenn sie es nicht verspeiste. Andererseits war es so viel, wie sie sonst in einer ganzen Woche aß. Sie wusste dabei nicht einmal, wie sie das Besteck zu halten hatte. Würde sie mit ihren ungeschickten Händen das Laken beschmutzen, könnte man ihr das sicher nicht verzeihen. Der Bäuerin wurde warm um die Stirn. Es war eine verzwickte Situation.

Womöglich wäre es unhöflich, das Essen gar nicht erst anzurühren, doch wenn sie es nur bis zur Hälfte verspeisen und den Rest stehen lassen würde, war dies ebenso nicht besser.

Ein Rumsen kam aus einer Richtung, die sie nicht näher zuordnen konnte und riss sie aus ihren Überlegungen. Hinter einem der Bilder hatte es einen Laut gegeben, als ob jemand gegen die Wand gehämmert hätte, jedoch von innen. Sie lauschte in die Stille, doch es war nichts mehr zu vernehmen.

Räumlich war das Geräusch nicht zuzuordnen. Es war so rasch passiert, dass sie daran zweifelte, es überhaupt gehört zu haben. Die Bäuerin verscheuchte schnell den Gedanken. Es war sicher nur eine Ratte im Gemäuer. Das passte zwar nicht zu dem prunkvollen Gebäude, indem sie sich aufhielt, doch eine bessere Erklärung fand sie nicht.

Immer noch überlegend, ob sie das Essen anrühren sollte, wanderte die Frau umher. Sie setze sich in eine Ecke und betrachtete den Speiseraum in seiner Gesamtheit. Mit schmerzendem Magen starrte sie ins Nichts. Manchmal ließ sie den Blick über eines der Gemälde schweifen und versank dabei in Erzählungen von solchen Orten, wie sie diese nur von alteingesessenen Handelsfrauen und redseligen Rittersknappen gehört hatte.

Es waren realistische und zugleich unwirkliche Darstellungen der Natur, welche deren idyllische Schönheit einfingen. Darin verstreut, umherliegende Hemnan. Sie stand auf und betrachtete eines der Kunstwerke genauer. Es waren in Rüstungen und Wämser gehüllte Leichen, versunken in ihren eigenen Blutlachen und zu Füßen von in die Erde gerammten Schwertern und Speeren. Pfeilspitzen ragten aus ihren Körpern und tiefe Wunden klafften um ihre Beine, Arme und Bäuche herum. Bei manchen von ihnen schien es so, als ob sie von wilden Tieren zerfleischt worden waren. Ein grausiger Anblick. Trotzdem konnte sie nicht bestreiten, dass sie mit einer gewissen Friedlichkeit in den frühlingshaften Wiesen lagen.

Am Himmel hinter den Wäldern und Bergen, die das Tal umringten, zogen blutrote Wolken auf, aus denen schwarze Blitze heraus zuckten. Wellenhaft brachen sie an der Gebirgskette und erhoben sich über diese hinweg, wie ein sich aufbauendes Raubtier. Sie schienen das Land zu verschlingen und jenes verschlang wiederum den Tod und das Elend der gefallenen Soldaten.

Die Frau schreckte zurück. Wie lange hatte sie diese Bilder schon angestarrt? Sie hatte es vergessen, doch ihr Körper wusste es genau. Ein tiefes Stechen schoss ihr durch den Leib und ihr Magen knurrte sie an, wie ein wild gewordener Jagdhund. Sie fühlte sich, als hätte sie seit Tagen nichts gegessen.

Als sie sich zu der gedeckten Tafel umdrehte, musste sie feststellen, dass das Essen darauf dampfte, als wäre es frisch zubereitet worden. Der Duft war mittlerweile präsenter denn je, fall sie sich dies nicht wegen ihres Hungers einbildete. Sie musste die Zeit überschätzt haben, denn nach ihrem Empfinden, sollten die Speisen längst kalt geworden sein.

Sie guckte sich um, als ob ihr jemand dabei zusehen würde und schritt vorsichtig zur Tafel. Von Nahem betrachtet, wirkte es sogar noch köstlicher. Das Wasser lief ihr im Mund zusammen und sie hielt sich nicht weiter zurück. Behutsam tauchte sie eines der saftigsten Fleischstücke, dass sie fand, tief in eine bräunliche Soße und verschlang es wie ein Schwein, welches man seit Tagen nicht gefüttert hatte. Es war zarter als alles, was sie je gegessen hatte. Überrascht von dem überwältigenden Geschmack leckte sie sich die Finger und nahm sich eine Keule mit knuspriger Haut darauf, die vor Fett nur so tropfte.

Mit dankbarer Genügsamkeit zu Anfang vertilgte sie mehr und mehr, in einem immer schneller werdenden Tempo. Sie knabberte hier, löffelte da, zerdrückte und zerriss, kaute und schluckte und löschte es, mit Soßen aller Art. Hingebungsvoll schlemmte sie sich durch das extravagante Buffet an Köstlichkeiten.

Alles waren nur die feinsten Leckerbissen, so frei von ungewollten Knorpeln und Sehnen, wie sie es nie erlebt hatte. Nichts war roh oder zu durchgebraten, denn jedes Gericht war perfekt zubereitet worden, als ob der Koch Jahrzehnte lang an all diesen Speisen geübt hatte. Sie war talentiert in der Kochkunst und konnte es daher mit Erfahrung beurteilen, selbst wenn sie für gewöhnlich nicht solch deliziöse Zutaten zu ihrer Verfügung hatte.

Erlesene Kräuter wie auf jenen Gerichten mussten aus aller Herren Länder stammen und extra für diesen Anlass beschafft worden sein. Nur beim Fleisch war sie sich nicht so sicher. Es schmeckte nicht so wie Schwein, Pferd, Rind, oder Lamm. Doch vermutlich lag es daran, dass sie nur den kümmerlichsten Teil gewohnt war und gar nicht wusste, wie vorzüglich die anderen waren.

Eben diesen Anteil hatte sie übriggelassen. Doch gesättigt war sie lange nicht, also fiel sie zuletzt über die vermeintlichen Reste her. Gerade als sie dabei war die Blutwurst zu essen, bemerkte sie etwas mit ihrer Zunge. Es war hart. Sie spuckte es auf den Teller vor sich und begutachtete es. Der ungewollte Bissen beinhaltete ein weißes, dünnes Plättchen. Es hatte sie an eine Fischgräte erinnert, doch es glich einer solchen nicht in breite und dicke.

Als sie erkannte, was es war, verzog die Bäuerin das Gesicht. Ein Nagel.

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