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Der nächste Morgen bricht unsanft über mich herein. Ich erwache in meinem alten Zimmer, das meine Eltern bis auf ein paar Kisten und ein Bügelbrett unberührt gelassen haben.
Für einen kurzen Moment muss ich mich zurechtfinden.
Sonnenlicht bricht durch die Fensterscheiben und fällt auf das Ende meines Bettes.

Das Dröhnen in meinem Kopf und das Stechen in meinen Schläfen erinnert mich an den Wein, den ich gestern konsumiert habe. Ich halte mir stöhnend den Kopf und sehe Bradyns Gesicht vor meinen Augen aufblitzen.
Ich empfinde seine kühlen Finger in meinem Nacken nach und die Spur, die sie über meinen Hals gezogen haben.
Mit einer Gänsehaut an den Armen setzte ich mich auf.

Habe ich gestern einen Fehler begangen? Ich habe mich Bradyn ein Stück weit geöffnet, meinen Schutzschild abgelegt und mich angreifbar gemacht.
Ich presse meine brennenden Augen zusammen. Sie sind keine Nebenwirkung des Alkohols, sondern sind einzig und allein den Tränen zuzuschreiben, die ich heute Morgen vergossen habe.

Ich bin verwirrt. Einfach nur verwirrt.
Und ich weiß im Moment nicht, wie ich Klarheit in meinen vernebelten Kopf bringen soll.
Bradyn hat alles komplizierter gemacht. Ich hasse ihn. Er hat mir damals wehgetan, mich erniedrigt und es gehört zu meinen Vorsetzten, die ich vor langer Zeit gemacht habe, nie wieder so einem Menschen zu verzeihen.

Er hat mich etwas fühlen lassen und mich danach weggeworfen, wie ein Stück Dreck.
Ich werde nie vergessen, als ich zum ersten Mal hörte, wie er über "Schwuchteln" herzog, kurz nachdem er mich auf dem Parkplatz hinter dem Kaufhaus von sich gestoßen hatte.
Das sind Erinnerungen, die ich nie vergessen werde.

Und doch hatten wir gestern eine wunderbare Konversation, die ich fast von Anfang bis Ende genossen habe.
Dann sind da noch seine Augen. Ihr strahlendes Grün lässt meine Sicht verschwimmen.
Sollte ich gerade wirklich dabei sein mich in einen heterosexuellen Mann zu vergucken? Mit dem ich eine derart schlechte Vergangenheit habe? Und was ist mit Emil?
Was auch immer wir haben, es ist eine Art Beziehung. Bin ich untreu?

Ich fluche und schwinge mich aus dem Bett. Schwarze Punkte tanzen vor mir in der Luft und mein Magen zieht sich zusammen.
Ich bin wirklich aus der Übung, wenn es um das Trinken geht.
Beim Aufstehen falle ich beinahe über meine Hose, die ich erst vor ein paar Stunden achtlos auf den Boden geschleudert habe.

Meine Mutter hat mir Kaffee übriggelassen und ich danke dem Himmel für mein Elixier des Lebens.
"Guten Morgen, Mica."
Meine Mutter kommt in die Küche. Unter ihrem Arm ein Bündel Tannenzweige und eine Zeitung.
"Wenn du dich frisch gemacht hast, könntest du zum alten Jo rübergehen und ihm ein paar Naschereien bringen. Ich habe mal wieder für eine ganze Eishockey-Mannschaft gebacken."

Ich reibe mir die Augen. Ich bin gerade erst aufgestanden und sie scheucht mich gleich herum? Wie alt bin ich? Fünfzehn?
"Mom ... ich ..."
"Danke, Sweetheart!"
Mit diesen Worten ist sie verschwunden.
Erneut setze ich zu einem Fluch an, entscheide mich dann aber doch lieber für einen Schluck vom schwarzen Gold.

Nach einer heißen Dusche, die meine Fantasie in alle möglichen Ecken meines Bewusstseins getrieben hat - nur nicht die Richtigen-, stehe ich im Flur und binde mir gerade die Schuhe, als mein kleiner Bruder hereinkommt.
"Morgen."
"Halt. Reden wir gar nicht drüber?", halte ich ihn auf. Gestern Abend ist es bei meinen bösen Blicken an ihn geblieben.

"Worüber? Meine Hochzeit? Hör zu Mann ... Ich wusste, du kommst dieses Weihnachten her und wollte es dir persönlich sagen. Du solltest es nicht bei Tisch erfahren, aber es hätte sich komisch angefühlt, dich einfach anzurufen und zu sagen: 'Hey Mica, rate mal wer heiratet'. Wir reden doch sonst kaum."
Mit einem Schulterzucken sieht mich Ben aus seinen blauen Augen an.
"Ich bin sprachlos. Wie dem auch sei; Glückwunsch."

Ben nickt und setzt seinen Weg fort.
Es ist nicht so, dass wir je ein enges Verhältnis hatten, doch seine Kälte mir gegenüber trifft mich.
Ich erinnere mich daran, jederzeit ins Auto steigen zu können und all das hinter mir zu lassen. Bevor das passieren würde, werde ich aber reinen Tisch machen. Das ist ein Versprechen, dass ich mir selbst gebe.

Der alte Jo wohnt nicht gerade neben an, eher am anderen Ende der Stadt. Dennoch entscheide ich mich dazu zu laufen. Ein bisschen eisige Luft räumt vielleicht meinen Kopf auf.
Ich stapfe durch ein Schenectady, vorbei an Vorgärten mit Schneemannfamilien und aufwendig dekorierten Veranden. Durch schmale Straßen über die Girlanden und Lichterketten gespannt wurden.

Die Luft riecht nach Weihnachten - aus einigen Häusern dringt Keksduft und die Noten von Zimt und Kardamom.
Den Weihnachtsmarkt umlaufe ich ganz bewusst. Dort würde ich auf mehr Touristen treffen, als Einwohner. Und ich habe keine Lust auf schreiende Kinder und ihre genervten Eltern.

Als ich mir ziemlich sicher bin, in Jos Straße angekommen zu sein, ziehe ich den kleinen Zettel aus meiner Tasche, den mir meine Mutter zugesteckt hat. Darauf steht die Hausnummer.
Es ist das letzte Haus der Straße und steht hinten in der Kurve.

Der gelbe Anstrich hat bessere Zeiten gesehen, dennoch wirkt es nicht heruntergekommen.
Die Fensterläden sind aus Holz und hinter jeder Schreibe steht ein leuchtender Weihnachtskranz. Ich verdrehe die Augen, über den nächsten Weihnachtsfanatiker.
Ich steige die Treppen der Veranda hoch und suche vergeblich nach einem Klingelknopf.

Früher haben wir Kinder hier als eine Art Mutprobe geklopft. Der alte Jo galt schon damals als ein eigenartiger Mensch, der zurückgezogen lebte und über den gruselige Geschichten kursierten.
Jetzt steht er live und in Farbe vor mir und trifft auf keine dieser Erwartungen zu.

Vor mir steht einfach nur ein alter Mann mit grauen Haaren und Bart.
Seine kleinen, dunklen Augen blitzen auf, als er mich erkennt.
"Wenn das mal nicht Mica Roger ist!"
"Hallo, Sir."

Ich räuspere mich und reiche ihm das Paket von meiner Mutter.
"Ich soll Ihnen das vorbeibringen. Mit lieben Grüßen von meiner Mutter."
Jo gibt ein grunzendes Geräusch von sich.
"Liz hat einfach nur wieder zu viel gebacken und will den Überschuss loswerden, stimmt's?"

Ich lache laut auf.
"So kann man es auch sagen."
Ich habe mich schon so gut wie umgedreht und die Hand zum Abschied gehoben, da hält mich Jo auf.
"Komm doch kurz rein, Junge."

Ich blicke ihn verwirrt an.
"Hm?", macht er darauf nur und winkt mich in den kleinen Flur.
Es riecht nach Kaminfeuer. An den Wänden hängen unzählig schwarz-weiß Fotografien, die den Raum noch kleiner wirken lassen.

"Tee?"
"Ja, gerne", erwidere ich mit einem Lächeln und verfluche mich dafür, dass ich nicht Nein sagen kann.
Wir betreten das Wohnzimmer und ich nehme Jo gegenüber auf einem kleinen Sofa Platz.
Mit einer ruhigen Bewegung gießt er mir eine Tasse bis zum Rand voll mit grünem Tee. Dankend führe ich sie an meine Lippen.

"Das mag sich jetzt seltsam anhören ...", setzt Jo an, "aber ich war wahnsinnig froh, als ich vor ein paar Jahren gehört habe, dass du die Stadt verlassen hast."
Ich stelle meine Tasse auf den wackligen Tisch vor mir und blicke den alten Mann fragend an.

"Ich hatte Bedenken, dass du denselben Fehler machst, wie ich damals. Ich bin geblieben."

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Song: All I Want For Christmas - Michael Bublé

Good day! :)
Nur eine kleine Anmerkung von mir: der alte Jo ist eine wichtige Schlüsselfigur. Seine Geschichte erzähle ich aber ein andern Mal ;) Wir werden in die Vergangenheit eintauchen!

Heute bin ich irgendwie bei allem, was ich mache, langsam. Uf. Okay. Na gut haha

All my Love, Lisa xoxo

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