21 - Anorexie - Bulimie

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Dieses Kapitel steht bereits seit drei Wochen im Rohbau. Irgendwie hab ich mich wohl nicht ran getraut. Aber ich finde es so wichtig, denn das Thema nimmt einen so großen Teil der Story ein. Fällt Dir das schwer, damit klar zu kommen, dann lass es weg - oder lies es grade. Vielleicht macht es Dir ja Mut ...

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Gleich vorweg: ich glaube nicht, dass Jimin jemals magersüchtig war oder ist. Er hat sich während der Probenzeit zu "Blood, Sweat and Tears" damals innerhalb weniger Wochen um ettliche Kilo runter gehungert und ist deshalb ein paarmal während des Trainings gepflegt zusammengeklappt. Und ich vermute, dass er auf Stress generell mit Abnehmen reagiert, da tickt jeder Körper anders. Aber im Wesentlichen hat er sich den Rest von Babyspeck weggehungert und ist dabei übers Ziel rausgeschossen. Die anderen haben das mitgekriegt und ihm geholfen. Es gibt immer noch Bilder von ihm, wo ich denke: Wer hat dem denn schon wieder den Teller weggenommen??? Aber er selbst sagt inzwischen:"Hungern ist Unsinn", und er untermalt das mit schöner Unregelmäßigkeit bei Broadcasts nach Konzerten, wo er sich alleine oder zusammen mit Jin demonstrativ den Bauch voll schlägt.

Viel bedenklicher finde ich das Selbstbild dahinter. In Süd-Korea scheint der Anspruch an den eigenen Körper, an das Aussehen völlig irrationale Züge anzunehmen. In Seoul sitzt die weltgrößte Schönheits-OP-Industrie. Junge Mädchen bekommen zum Abitur die Kosten für eine Schönheits-OP geschenkt. Wo man hier verträumt sagt:"DAS möchte ich zu gerne haben!", da stehen junge Koreaner da und seufzen:"SOOOO möchte ich zu gerne aussehen." Ich finde das Ganze so unglaublich fremd und falsch. Was ist das für eine Welt, in der wir nicht mehr in der Lage sind, Dinge als gegeben und normal hinzunehmen, uns in unserem Körper wohl zu fühlen, so wie er ist? Jimin und Hobi sind von Natur aus zierlich gebaut, Jin und Tae haben ungefragt so ein breites Kreuz, Namjoon hat sich seine Größe nicht ausgesucht und Yoongi ist auch mit noch so viel Muskeltraining der dünne, aber sehnige Typ. Keiner von denen ist - auch ohne Make Up - spuckehässlich. Und alle sieben haben tolle Charaktere, liebenswerte Macken, zauberhafte Wesen, individuelle Vorlieben, persönliche Hürden und ein ungewöhnlich hohes Maß an Sozialkompetenz. Kurz: sie sind liebenswert! Und was hat das bitte mit der Größe der Nase, der Hände, der Menschen zu tun??? Genau - nichts!

Es kann sich ja sicher lange nicht jeder so eine Operation leisten. Aber die Tatsache, dass ein bestimmtes Aussehen gefordert wird - dem kaum jemand entspricht -, muss doch eigentlich 90% der Menschen dort furchtbar unzufrieden und unglücklich machen. In dem Moment, wo ich meinem eigenen Körper, meiner Seele, meinem Wasauchimmer ... Schlechtes antue, um einem Bild von außen zu genügen, schrillen bei mir alle Alarmglocken. Und davor ist Jimin meiner Ansicht nach sicher nicht gefeiht. In dieser Falle steckt er wahrscheinlich ganz dick drin.

Darum stelle ich ihn in [DD 8.7] vor den Spiegel, lasse ihn in Rom [NM 24.1] diese Rede halten und konfrontiere ihn auf der Tournee immer wieder mit dem Problem der Selbstannahme, mit Momenten, wo ihm das Essen im Halse stecken bleibt, mit Menschen, die ihn an genau dieser "Front" herausfordern wie das Mädel in Stockholm [WU 38.2]. So richtig Frieden findet er eigentlich erst in Warschau damit, wo ihm klar (gemacht) wird, dass seine Rücksichtslosigkeit gegenüber sich selbst der Truppe letztendlich nicht nutzt sondern sogar schaden könnte.

Außerdem gönne ich mir und Dir in [NM 23] die spaßige Diskussion im Park, wo sie gemeinsam über ihre angeblichen Schönheits-OP's ablästern. Ich weiß es ja nicht - Aber ich glaube tatsächlich nicht dran. Und der Gedanke macht mich glücklich, weil ich es 1000mal schöner finde, in echte Gesichter zu kucken, die echtes Leben und echte Gefühle zeigen, auch wenn die Nasen hubbelig, die Ohren krumpelig und die Gesichtshälften unegal sind.

Eine ganz wichtige Sache verbrate ich im Grunde bei fast allen der sieben Jungs. Hoseok gerät in Panik in [DD], weil er nicht über seine Ängste redet sondern für alle anderen stark und lustig sein will. Yoongi redet in Madrid nicht über seine wieder verstärkt spürbare Soziophobie, weil er sich selbst hinter Jimin und Tae zurück stellt, bis es fast zu spät ist, bis Namjoon schaltet und ihn aus dem Verkehr zieht. Jeongguk kann in Stockholm seine alten Ängste erst in den Griff kriegen und von den Gefühlen der anderen trennen lernen, als er sich von den anderen tragen und helfen lässt. Jimin braucht bei dem Fansign in Stockholm die Hilfe von Yoongi, um nicht wieder in alte Muster zurück zu fallen. Auch die Arbeit an "Promise", das Gespräch mit Son Sung-Deuk in Warschau - wer keinem Menschen verrät, was er /sie grade für Probleme mit sich rum schleppt, verrät letzten Endes sich selbst! Nur, wer sich helfen lässt, dem kann geholfen werden.

Dummerweise gibt es da in Korea noch ein weiteres gesellschaftliches Problem, nämlich das kollektive Leugnen oder Wegschämen von seelischen Problemen. Bei Wikipedia habe ich gefunden: Laut einer Statistik der Weltgesundheitsorganisation WHO von 2012 ist Südkorea mit 36,8 auf 100.000 Einwohner das Land mit der weltweit höchsten Suizidrate. Bezogen auf K-Pop: Der Tod von Junghyun von Shinee war nicht der erste Suizid in der bunt schillernden K-Popwelt. Da waren viel zu viele vor ihm, und es werden viel zu viele folgen. In einem Interview habe ich gelesen, dass vor allem das Gefühl der Verpflichtung gegenüber der Familienehre dazu führt, dass man einfach nicht versagen darf. Der Erfolgsdruck in allen Bereichen des Bildungssystems, der Arbeitswelt, der Gesellschaft ist so enorm, dass Schlaf, Sozialkontakte und damit eben auch psychische Gesundheit sehr schnell auf der Strecke bleiben. Ich empfehle dazu: https://www.ansoko.info/suedkorea-das-problem-der-vielen-suizide/

Grade in der Zeit, als ich schreibend mit Jimin in Rom, Stockholm, Warschau beschäftigt war, habe ich in unserer Nachbarschafts-Altpapiertonne ein altes Zeitmagazin gefunden. Und darin einen Artikel, den ich Dir nicht vorenthalten will. Die deutsche Schauspielerin Jana Pallaske (Fuck ju Göte) erzählt in einem Interview von ihrer Magersucht.

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Das war meine Rettung: "Man muss einfach lernen, die Wellen zu reiten" ZEITmagazin Nr. 51/2016 4. Januar 2017 Jana Pallaske war magersüchtig, bis sie erkannte, dass sie für ihr eigenes Leben verantwortlich ist. Interview:

ZEITmagazin: Frau Pallaske, Sie haben kurz vor dem Abitur die Schule geschmissen. Warum?

Jana Pallaske: Ich bin daran zerbrochen, als ein perfektes Rädchen im Getriebe zu funktionieren. Ich war ein superpatentes Kind - exzellent in der Schule, bin nachmittags stundenlang zum Ballett-Training gegangen, habe mich um meinen kleinen Bruder gekümmert. Um mich musste sich niemand Sorgen machen. Mit 16 ging ich allein in die USA und dort ein Jahr lang zur Schule. Das hat meinen Blick aufs Leben verändert, alles war dort weiter, anders, und ich war plötzlich ein weißes Blatt Papier - ich konnte mich komplett neu entdecken und entwickeln, ausgehend von dem, was ich in diesem Moment wirklich sein wollte. Als ich zurückkam, fühlte ich mich einfach von der Enge des Systems gefangen und fragte mich: Was ist denn der Sinn von alldem? Wie geht überhaupt "leben"? Mich überrollte dieses Gefühl, und ich hatte nicht gelernt, wie ich sagen soll: Ich brauche Hilfe. So geht es vielen Jugendlichen. Erwachsenwerden ist schwer, leben ist schwer. Aber dann habe ich knallhart kapiert: Das Leben ist ein köstliches Geschenk.

ZEITmagazin: Wie kamen Sie zu der Erkenntnis?

Pallaske: Ich hatte damals aufgehört zu essen, damit doch jemand bemerken müsste, dass es mir nicht gut geht. Aber bevor du dich versiehst, wird das zur Sucht. Es kann dir niemand helfen, da rauszukommen. Das sage ich allen, die da drinstecken, denn mir schreiben oft Jugendliche und auch Eltern, und ich versuche, möglichst vielen zu helfen. Es macht Mut, wenn das Schweigen gebrochen wird, daher rede ich öffentlich darüber, dass sie nicht alleine sind und vor allem: dass man es schaffen kann, da rauszukommen. Wenn man es denn wirklich will.

ZEITmagazin: Was war Ihre Rettung?

Pallaske: Ich hatte so starkes Untergewicht, dass ich nicht mehr laufen konnte und nur noch so dahinvegetierte. Dann war da dieser Moment - ich weiß noch genau, dass ich einen schwarzen Rollkragenpullover anhatte, in dem ich damals im Grunde lebte, immer hochgezogen bis unter die Augen, versteckt vor dem Leben -, und ich merkte, wie die Lebenskraft meinen Körper verließ. Ich stand am Scheideweg, leben oder nicht leben. Und dann war die Erkenntnis mit einem "Bääääm!" plötzlich kristallklar da: Nein! Ich will nicht sterben! Ich kapierte, dass es nichts bringt, in der Opferrolle zu verweilen und darauf zu warten, gerettet zu werden. Sondern dass das Leben ein Geschenk ist, mein Geschenk, und damit eben auch ganz allein meine Verantwortung.

ZEITmagazin: Wie hat Sie dieses Erlebnis verändert?

Pallaske: Von da an war ein Schalter umgelegt. Ich habe mein Leben geändert, mich selber in eine Klinik eingewiesen und sofort mit dem Essen begonnen. Ich habe mein Glück endlich selbst in die Hand genommen. Ich weiß, dass meine Lebensfreude, Freiheitsliebe und kompromisslose Ehrlichkeit manche verstören, aber ich versuche seitdem, meine Herzenswahrheit zu leben. Für alles andere habe ich keine Zeit. Das Leben kann doch jederzeit vorbei sein. Ich spiele keine Spielchen, verkaufe und verstelle mich nicht, mache keinen Small-Talk und stehe nicht gern in der Schlange. Dafür ist das Leben zu kostbar.

ZEITmagazin: Wie lange waren Sie in der Klinik?

Pallaske: Drei Monate. Als ich entlassen wurde, hatte ich bis zum Beginn des neuen Schuljahrs noch Zeit. Ich habe gearbeitet, um Geld zu verdienen, und bin dann losgereist, zuerst mit dem Zug durch Europa, auf kleine Inseln, habe am Strand geschlafen. Als ich wieder in der Schule war, wusste ich nach drei Tagen: Hier lerne ich nichts mehr, ich will keine weitere Sekunde verschwenden. Ich wollte nicht nur aus Büchern lernen, was das Leben ist, sondern selbst sehen, fühlen, hören, schmecken, wirklich er- leben - und so eigene Wahrheiten finden. Seitdem reise ich durch die Welt, ungefähr sechs Monate im Jahr. Das Reisen ist meine Schule des Lebens.

ZEITmagazin: Sie nennen sich JEDI¥ESS seit einiger Zeit. Was bedeutet das?

Pallaske: Es steht für das, was ich auf diesem intuitiven Weg durch die Welt geworden bin. JEDI¥ESS ist die weibliche Form des Jedi-Ritters - es bedeutet einfach nur: eine gesunde, glückliche, freie Frau, die mutig ihr Leben lebt und kein Opfer der Umstände ist. Sondern die Verantwortung übernimmt für das, was sie denkt, fühlt und tut. Das kann jeder, es ist eine Lebenseinstellung: sich zu trauen, sein wahres kreatives Potenzial zu entfalten. Das manchmal herausfordernde, aber am Ende doch kostbare Geschenk des Lebens zu ehren und zu zelebrieren. Man muss einfach lernen, die Wellen zu reiten.

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Zwei Dinge in diesem Interview sind mir besonders aufgefallen: "Rede!" Und: "Du musst da selbst rauskommen wollen!" Jana Pallaske hat es geschafft. Viele andere schaffen das auch. Solltest Du da Probleme haben - Auch Du kannst das schaffen! Ich habe mal eine Seite exemplarisch rausgesucht:

https://www.bzga-essstoerungen.de/

Ich habe viel gegoogelt über Anorexie und Bulimie, damit ich das richtig darstelle. Und so sind die Symptome zu Stande gekommen, an denen Tina Jimins Problem erkennt. Was ich gefunden habe, ist: wenn man sich täglich bis zu mehrmals den Finger in den Hals steckt, um zu erbrechen, dann greift die Magensäure nach und nach die Speiseröhre, den Rachen und eben auch die Mundschleimhaut und die Haut an dem/den benutzten Fingern an. An den sichtbaren, davon betroffenen Stellen kann man also erkennen, dass etwas nicht stimmt. Trotzdem gehört zu einer ordentlichen Diagnose natürlich nicht nur "ein bisschen hinkucken, ein bisschen googeln". Ich möchte das hier auf keinen Fall vereinfachen oder sonstwie auf die leichte Schulter nehmen. Wohl aber dürfen gute Freunde bei einem Verdacht genauer hinschauen, nachfragen, freundlich treu sein und Hilfe anbieten. Solltest Du also NICHT davon betroffen sein, aber bei jemand einen Verdacht haben - mach Dich schlau, halt die Augen offen und sei da, wenn Du gebraucht wirst. Irgendjemand wird es Dir vielleicht eines Tages danken.

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10.8.2019

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