31- Berlin und Warschau ...

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

... sind ehrlich gesagt bei der Googelei ziemlich zu kurz gekommen. Zu Berlin habe ich alles so runtergeschrieben, nur ab und zu einen Straßennamen und natürlich einige Bilder gesucht. Meine Schwester in Berlin hat mir seit dem Fall der Mauer so viel gezeigt und erzählt, dass ich dazu nichts nachschlagen musste.

Berlin ist eine große Stadt und an manchen Ecken noch heute wie ein Dorf. Berlin ist wunderschön und reich und bunt - und hart und brutal. Berlin ist Kultur und Lebensart, lebendige Geschichte - und ein architektonisches Chaos. Manche Teile von Berlin muss man tatsächlich erlaufen, zusammen mit einem Einheimischen/Insider. Deshalb laufen die Jungs da mit Chris rum.

Ich war ein Jahr nach dem Fall der Mauer in Berlin. Da war die Mauer schon weg, aber man sah überall noch, wo sie stand. Da durfte jeder überall hin. Aber jeden Straßennamen gab es doppelt, die Taxifahrer kannten nur jeweils ihren Teil der Stadt, weshalb sie einen - wenn man auf die andere Seite wollte - zum nächsten Taxistand an der ehemaligen Grenze brachten und dann baten, sich doch bitte ein Ossi-/ Wessi-Taxi zu suchen, das einen weiterfahren konnte.

Berlin war 1990 ein Konstrukt aus zwei Teilen, die nicht zueinander zu passen schienen, es war ein Labor für alle Mutigen und Experimentierfreudigen - und eine einzige Baustelle. Auf jedem Flohmarkt, ja, an jeder Straßenecke konnte man Aluminium-Chips (DDR-Geld), russische u.a. Militärmützen und -Abzeichen und Bruchstücke von der Mauer kaufen.

Die Mauer verlief ja grob von Süd nach Nord. Aber auf der Höhe des Brandenburger Tores gab es eine eckige Ausbuchtung Richtung Westen, denn die Russen wollten damals gar zu gern dieses Wahrzeichen in ihrem Sektor haben. Im Grunde sieht die Ecke aus wie ein Balkon. Wir sind von Süden mit der S-Bahn an diesen ehemaligen Grenzverlauf herangefahren. Und dann sind wir gelaufen. Und gelaufen. Und gelaufen. Ich habe keine Ahnung, wie viele Kilometer das waren. Aber wir sind einmal von Süd nach Nord durch den ganzen Balkon gelaufen. Vorbei an der "Rache des Papstes", dem "ältesten Treppenhaus von Berlin", "Erichs Lampenladen" und weiter und weiter bis zur damals noch nicht sanierten Synagoge in der Oranienburger Straße ...

... und rein ins Scheunentorviertel. Ich weiß wie heute, was für eine Vollbremsung ich gemacht habe, als ich diese hunderten von Briefkästen gesehen habe. Heute geht man in die Hackeschen Höfe, die sind toll saniert und machen was her. Ich meine aber, dass wir damals durch ein anderes Hinterhof-Gewimmel gelaufen sind. Nicht saniert. Und wir waren ewig da drinnen, bevor wir ganz woanders - wiederum bei einer Unmenge Briefkästen - wieder rauskamen. Auf einmal konnte ich mir vorstellen, WIE die Arbeiter, sehr oft eben die vielen Ostjuden, gestapelt gehaust haben. In dem Moment, wo man im ersten Innenhof angekommen ist, betritt man eine andere Welt.

Und die Stolpersteine. Überall. Getreu dem Gesetz des Mose, nach dem streng gläubige Juden am Shabbat nicht mehr als 1000 Schritte gehen dürfen, wohnten sie alle um die Synagoge drumrum. Darum liegen inzwischen in all diesen Straßen vor jedem alten Haus, jeder alten Hauslücke (die es tatsächlich noch immer gibt) und auch vor den neuen Häusern viele, viele, viel zu viele Stolpersteine im Bürgersteig. So sehen die vor der Verlegung aus:

Aber Berlin hat ja noch viel mehr zu bieten. Den Schülern der Berliner Artistenschule habe ich ja schon in einem eigenen Kapitel ein Denkmal gesetzt. Aber auch zum Beispiel der Wintergarten mit Max Raabe und dem Palastorchester ist ein sehr typisches Stück Berlin. Denn zwischen dem Ende des 1. Weltkrieges 1918 und der Weltwirtschaftskrise 1928/29 war Berlin DIE Stadt. Hier tobte das Leben. Die goldenen 20er Jahre, der Charlston, selbstbewusste Frauen. Die Röcke rutschten hoch, die Musik wurde schwarz, das Kino nahm Fahrt auf, man hatte Telefon, manche ein Auto. Varieté, Tanzrevues. Und genau das wird heute noch oder wieder transportiert, nur ein bisschen modern angehaucht. Streetart, Flash Mobs, Underground sind heute Stichworte. Und jeder, wirklich jeder findet in der lebendigen Stadt seine Ecke, seine Freunde, sein Zuhause.

Die Entscheidung, die Jungs da Leute kennenlernen zu lassen, war zwar ziemlich spontan im Schreibprozess. Aber absolut passend zu dieser Stadt. 

Auch, die Jungs nochmal zu "Huxleys neuer Welt" zu schicken, wo sie 2014 aufgetreten waren, war eine relativ kurzfristige Entscheidung, die ich nach so vielen Wochen der Nabelschau, der Katastrophen, Zweifel und Rückschläge sehr passend fand. Aus dem Rückblick die Kraft gewinnen, das Jetzt zu verstehen und in die Zukunft zu blicken.

Der Tiergarten. Der "Zuckerschock" für Jimin und Tae. Und die perfekte Gelegenheit, mal Hobi und Jeongguk in den Mittelpunkt zu rücken. Was hab ich einen Spaß gehabt, nach diesen Bildern zu suchen. Die Elefanten. Die Ziege am Futterautomaten. Und das Alpaca, das aussieht wie Namjoon. Einfach der Brüller.

...............................................................

Und dann kam Warschau. Warschau war Tourstation, weil ich die Konzerte wirklich breit über ganz Europa streuen wollte. Ich hab auch die ganze Zeit gedacht, dass ich Warschau genauso abhandele wie die anderen Städte, mit Sightseeing. Aber das Bild. Dieses Bild, wo Jeongguk - offensichtlich in einer Trainingssituation - erschrocken zur Seite kuckt. Das hatte ich relativ früh gefunden und abgespeichert in meinem Hinterkopf unter "Irgendwann muss mal was Schlimmes passieren, weil ich DAS Bild unbedingt benutzen will!" Während die Jungs sich von Stadt zu Stadt und von persönlicher Katastrophe zu persönlicher Katastrophe hangelten, blieb dieses Bild immer im Ordner und wartete auf seinen Einsatz. 

Eh ichs mich versah, war nur noch Warschau dafür übrig! Also habe ich - alle lieben Polen mögen es mir verzeihen - einfach diese letzte noch freie Tourstation zum absoluten Chaos gemacht. Hotel oll. Halle total oll. Arbeitsbedingungen unter aller Sau. Und dann die abstürzenden Scheinwerfer noch obendrauf. Interessanterweise habe ich das Bild lange gehabt und dann den Auslöser - eben diese abstürzende Stange - rechtzeitig dazugeträumt. Ich war selbst auch ganz froh, dass es nicht einen der Jungs erwischt hat. Der wäre dann für London nämlich ziemlich ausgebremst worden. Und London sollte Namjoon und Yuiko, Tae und Adele und dem großen Konzert gehören.

Und so kam es, dass Du als einziges Bild von Warschau das Fußballstadion zu sehen bekommen hast. Denn Sightseeing war nach diesem G.A.U. natürlich gestrichen. Das Thema war auch irgendwie durch. Ich selbst hatte gar keine Lust mehr, noch mehr zu googeln und die Jungs durch die Gegend zu scheuchen. Und das hat sich dann auch genau richtig angefühlt. Ich habe geschrieben, was in der Realität mit Sicherheit genau so wäre: Allmählich hat sich die Konzentration auf London und auf Billboard gerichtet. Ich musste all die Probleme der Jungs - Hobi, Jeongguk, Jimin - nur noch zu einem natürlichen Ende/Ausblick führen. 

Dass der Scheinwerferabsturz nicht nur das Bild gut einbindet sondern auch zu einer absoluten Sternstunde für Jimin wird, hatte ich allerdings nicht geträumt. Das kam total spontan, denn irgendwie musste ich die Situation ja wieder auflösen. Und dafür ist niemand besser als ein empathischer Mensch, der Stimmungen aufnehmen und Atmosphäre schaffen kann. Jimin eben.

.........................................................................

27.1.2020

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro