6 | Sehen

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Ihr wolltet, dass Aiden sich traut. Aber Issac bleibt verschlossen. Werden die beiden dennoch zueinander finden?

Langsam wie eine Schnecke bewegen sich meine Finger über das Display meines Handys. Das verdammte Zeug macht mich langsam kaputt. Warum schmeißt man sich sowas freiwillig rein? Die einzige positive Wirkung bis jetzt war, dass mir die Welt sowas von egal war. Gut, so positiv war sie auch nicht, hat mich erst in diese scheiß Situation hier gebracht. Das ist jetzt leider vorbei, ersetzt durch Zittern und Bauchschmerzen. Jetzt muss ich mir eine Busverbindung suchen, den Zug kann ich vergessen. Vom Krankenhaus ist es zu gefährlich, der Weg zu lange. Ich werde kein Risiko eingehen.

Der Geruch von Erbrochenem weht zu mir, als sich eine weitere Person in den Wartebereich setzt und mir dreht es den Magen um. Mit einem letzten Blick auf die Uhr stecke ich mein Handy weg, suche nach der Quelle des Geruchs...

Scheiße, er hat mich gefunden! Wenn der Fremde mich findet, dann auch Simon. Lächelnd steht er von seinem Sitz mir gegenüber auf, und kommt auf mich zu. Hilfesuchend sehe ich zu der alten Dame, doch die ist weg. Bleib ruhig Isaac, du bist schon öfter beschimpft worden. Sie kommen immer mit einem Lächeln auf den Lippen, bevor sie loslegen. Sie wollen das ich mich sicher fühle. Ich bin kurz davor mir in die Hose zu machen, als er sich neben mich setzt.

"Hi, wie geht's dir? Du warst so schnell weg", brummt er leise und sieht auf den Boden.

Vorsichtig rücke ich ein Stück von ihm weg. Sicher ist sicher. Er wirkt ruhig, aber ich lasse mich nicht mehr täuschen. Von Simon weiß ich, dass es nicht viel bringt sich zu entschuldigen aber einen Versuch ist es wert.

„Tu...tut mir leid...alles tut mir so leid...ich..."

Augen so grau wie Fels, blicken verwundert zu mir. Gott, sein schönes Gesicht ist blutverschmiert, ein gefallener Engel, vom Teufel besudelt, von mir verraten. In seinen Augen sehe ich keinen Ärger?

"Alles okay", spricht er leise und sieht wieder auf den Boden.

Hat er gerade versucht mich zu beruhigen? Er, der überhaupt nur wegen mir jetzt hier im Krankenhaus sitzt?

Aber jetzt sehe ich nicht mehr sein Gesicht, bin mir nicht mehr sicher.

„Hast du große Schmerzen?", bringe ich ängstlich heraus.

„Meine Schuhe tun mir mehr leid als die Nase", meint er gelassen und schmunzelt sogar. War das ein Witz? Mein Blick wandert ebenfalls zu seinen Schuhen. Sie sehen nicht schlimm aus, aber riechen fürchterlich.

„Ich wollte das nicht, nichts davon, nicht dort sein, nicht, dass dir Simon weh tut, ich wollte..."

Er unterbricht mich. „Simon? Ist das das Arschloch?", fragt er knurrend und sieht weiter auf seine Schuhe. Ich lasse ihn nicht aus den Augen.

„Wenn du es so nennen möchtest?"

Der Fremde richtet sich auf, sieht mir wieder in die Augen. Seine sind so schön, so trügerisch.

„Hat er dir auch weh getan?" Wieder dieses Knurren, als ob eine Löwin ihr Junges beschützen möchte. Ja, genau das ist es, er ist tatsächlich besorgt. Aber was macht man mit besorgten Menschen?

„Nicht so wie dir", antworte ich ausweichend und beobachte, wie sich die steile Falte auf seiner Stirn tiefer gräbt. Es könnte ein Fehler sein, aber ich versuche es mit Ehrlichkeit. „Deshalb muss ich auch weg...ich kann nicht hierbleiben."

„Wo willst du hin?"

„Ich habe einen Plan...muss nur die Nacht überbrücken."

„Kann ich dir helfen? Ich weiß wir kennen uns kaum..." Er lässt den Satz unvollendet, nur sein Blick bohrt sich weiter in meinen. Selbst wenn ich wollte, könnte ich nicht wegsehen.

Völlig abwesend antworte ich: „Ich glaube erst mal sollte dir geholfen werden."

Auf seinem Gesicht macht sich das schönste Lachen breit, das ich je gesehen habe. Obwohl es ein wenig gespenstisch aussieht mit dem ganzen Blut.

„Da ist nichts mehr zu retten", gluckst er leise und stuppst damit etwas in mir an. Eine Ahnung, ein Hauch von einem Gefühl...wie heißt es doch gleich...

„Ach du meinst die Nase..." grinst er. „Vielleicht klingt das jetzt blöd, aber ich wohne nicht weit von hier."

Wenn ich mittlerweile nicht davon überzeugt wäre, dass dieser Mensch vor mir wirklich einer von den guten ist, dann würden all meine Alarmglocken jetzt angehen. Dennoch bleibt es bei einem Nein.

„Du bist wirklich ein Engel, hmm?", weiche ich der Antwort aus und sehe beschämt auf den Boden. Was macht er denn da mit mir?

„Mein Name ist Aiden, aber Engel klingt auch gut", gluckst er wieder und ich muss selbst schmunzeln. Er hört sich an wie ein Seehund. Stopp! Jetzt mal halblang Isaac, sei nicht dumm. Aber wenn er einer von den Guten ist, muss er es auch bleiben.

„Ich bin dir von Herzen dankbar, du hast mir heute Abend mehr gegeben als du dir vorstellen kannst, aber ich möchte etwas ganz anderes von dir...kannst du mir ein kleines Versprechen geben?"

Aiden sieht mich skeptisch an, wieder taucht die steile Falte auf seiner Stirn auf. „Wenn es nichts Verbotenes ist, ich bin nicht so ein Draufgänger, wie ich vielleicht aussehe."

„Hör nie auf für andere stark zu sein. Auch wenn es für dich nicht so aussieht, aber meine Welt hast du damit besser gemacht."

Aiden nickt, aber er sieht wieder nach unten auf seine versauten Schuhe. „Darf ich dich etwas fragen?"

„Hmmmm"

„Wie heißt du, mein Grübchen?"

Hat er gerade „mein" gesagt? Ein ekliger Schauer jagt mir durch den Körper. Nein, ich gehöre niemanden! Nie wieder! „Grübchen?" flüstere ich zu mir selbst.

Aiden lacht laut und ich sehe mich wieder verstohlen nach anderen um, aber da sind nur die schlafenden Mädchen.

„Ist so eine Angewohnheit, wenn ich die Namen nicht kenne. Kommt noch aus meiner Zeit als Sani. ‚Infusion für Mr. Kennt-seine-Grenze-nicht'!", scherzt er heiter und lächelt von unten zu mir herauf.

Was ist das hier, versteckte Kamera? Ein Sanitäter, der wegen mir mit einer gebrochenen Nase im Krankenhaus sitzt. Keinerlei Groll hegt und ganz im Gegenteil versucht mit mir zu scherzen? Dabei auch noch aussieht wie ein Halbgott. In mir schreit es „ihr wollt mich wohl verarschen?" aber aus meinem Mund kommt nur: „Oh... ich heiße Isaac."

„Isaac..." Er schnurrt meinen Namen, wie eine Katze, die sich genüsslich auf ein Sofa legt. Aiden stutzt als er sich aufrichtet und mir bleibt das Herz stehen, was kommt jetzt?

„Mist das Shirt kann ich vergessen, gesellt sich gleich zu den Schuhen." Mit zwei Fingern zupft er an seinem blutigen Shirt, zuckt mit den Schultern und lümmelt sich zurück in den Stuhl.

Leise atme ich aus. „Nein, das geht mit kaltem Wasser wieder raus, sorry Erfahrung", entschuldige ich meine Klugscheißerei.

Er sieht mich nur verwundert an. „War er dein...?" Aiden spricht den Satz nicht zu Ende aber ich verstehe auch so seine Frage.

„Irgendwann mal", gebe ich traurig zu. „Nenn es Dumm."

„Ich würde dich nie dumm nennen, eher liebenswert."

Nein, mach das nicht Aiden. Sei nicht nett zu mir. Hier ist nicht wonach du suchst. Besser ich warne ihn.

„Das sieht die Welt anders."

„Ich bin nicht die ganze Welt, ich bin ein Engel, schon vergessen?"

Sein warmes Lächeln, strahlt wie ein Feuer. Wärmt alles, was davon beschienen wird, aber hinter mir, ist es dunkel, die Kälte kriecht meinen Rücken rauf, um mich zu erinnern.

„Ja...heute...für mich", flüstere ich leise und genieße noch einen Moment die Wärme seines Lächelns.

Aiden klopft sich auf die Oberschenkel. „Pass auf, ich mache super Pancakes, komm heute Nacht zu mir."

Bei dem Gedanken an Essen dreht sich mir der Magen um. Mit beiden Armen umschließe ich meine Mitte. „Oh Gott, das Zeug bringt mich noch um!"

„Hey, hat sich das jemand angeschaut?" Aiden will schon Hand an mich legen, aber ich weiche zurück. Wenn er jetzt einen Arzt ruft, bin ich geliefert. Ich möchte lieber nicht wissen was Simons Behandlungen mir für eine Toxin Liste in meinem Blut beschert.

„Nein, bloß nicht!", rufe ich viel zu laut.

Aiden sieht mich bestürzt an. Bevor er auf falsche Gedanken kommt und mir wirklich einen Mediziner auf den Hals hetzt, bekommt er die nackte Wahrheit. „Simon hat mir irgendein Zeug gegeben, damit ich ihnen nicht den Abend versaue", flüstere ich ihm zu.

„Der Typ hat sie doch nicht mehr alle! Ich habe Abführmittel zu Hause...frag nicht", wispert er genau so leise zurück und ich kann mich nicht mehr halten. Unkontrolliert lache ich über sein Angebot.

„Soll ich deine Schuhe noch randvoll machen?"

Ich glaube, jetzt trifft ihn das Ausmaß seiner Worte, denn er kratzt sich verlegen am Kopf. „Ähm...so ein Kennenlernen hatte ich noch nie."

Wieder zieht ein Krampf meine Eingeweide zusammen. Mein Körper wehrt sich wie ich, mit Händen und Füßen gegen alles, was Simon zu geben hat. Unruhig rutscht Aiden auf seinem Stuhl rum.

„Ich kann das nicht mitansehen. Lass mich dir helfen!"

„Das Zeug ist schon längst im Blut, da kannst du nichts mehr ändern", keuche ich als der Krampf nachlässt.

„Hör zu, ich kenne da einen Arzt, der kann dir privat vielleicht..."

Jetzt unterbreche ich ihn, er muss aufhören mir Hoffnung zu schenken.

„Warum sitzt du dann hier? Warum willst du mir helfen? Ich bringe nur Ärger!"

Und ich habe Angst! Seine Worte, sein Blick, einfach alles an ihm ist so – so lieb. Aber zu mir ist man nicht lieb.

Sein Blick bohrt sich wieder in mich. "Helfersyndrom – Endstadium." Dabei legt er seine Hand auf mein Knie und wenn ich könnte, würde ich mich nur für einen Moment in diese Hand kuscheln. Mich ganz klein machen, damit sie mich schützend umhüllt.

„Haben Engel Angst?"

Aiden nickt lächelnd. „Ständig, besonders vorm Fallen."

„Herr Truman, bitte in Zimmer Nummer 3!"

Was passiert als Nächstes?



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