29 - Ausgeträumt

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Es fühlt sich irgendwie surreal an, durch die weißen Zuckerwattewolken zu fliegen und die Welt dabei zu beobachten, wie sie zu einem winzigen Farbklecks zusammenschrumpft. Tränen der Sehnsucht schwimmen in meinen Augen, doch an meinen Mundwinkeln zupft ein zufriedenes Lächeln.

Die zehn Tage in Sunhaven haben mir gezeigt, dass ich öfter die Dinge tun sollte, die mir wichtig sind und die mir Spaß machen. Außerdem möchte ich mich ab sofort nur noch mit Menschen umgeben, die mir auch wirklich guttun.

Dass ich jemanden wie Landon finden würde, der mein Herz berührt, ohne mich überhaupt anzufassen, habe ich nicht erwartet. Umso schöner ist es nun, ihn als meinen Freund bezeichnen zu dürfen.

Tja, wo die Liebe hinfällt, nicht wahr?

Gedanklich noch immer in Sunhaven gefangen, fische ich eine kleine Schachtel aus meinem Rucksack, die mir Landon zum Abschied gegeben hat. Darin befinden sich drei Geschenke – von Landon, Phil und zu meiner großen Überraschung auch von Joe.

Zuerst ziehe ich einen mintgrünen Briefumschlag aus der Schachtel hervor und öffne ihn vorsichtig. Mit zittrigen Fingern falte ich das Papier auseinander und lasse meine Augen dann über die krakelig geschriebenen Zeilen huschen.

Hoffentlich ist das nicht Landons Handschrift, denn sonst bekomme ich später beim Entziffern des Einkaufszettels große Probleme ...

Liebe Maila,
vielleicht war unser gemeinsamer Start etwas holprig, aber das bedeutet ja eigentlich nur, dass es besser werden kann, oder? Ich bin jedenfalls sehr froh, dass du Landon so glücklich machst. In diesen wenigen Tagen habe ich gemerkt, dass er endlich wieder aus sich herausgekommen ist und seine Lebensfreude wiedergefunden hat. Schön, dass ihr jetzt zusammen Langweiler sein könnt!
Wir sehen uns dann irgendwann in England. Und nein, meine Sprüche werde ich nicht in Sunhaven lassen!
Phil

Mit jedem Wort, das ich lese, wird mein Grinsen breiter. Es ist süß, dass mir Phil eine Art Abschiedsbrief geschrieben hat, in dem er mir nochmal dafür dankt, das Leben seines Bruders zu bereichern.

Ein schöneres Kompliment hätte mir der Macho mit den vielen Facetten nicht machen können!

Als nächstes nehme ich eine kleine Figur, die aus Elfenbein geschnitzt wurde, aus der Schachtel. Sie hat die Form einer Schildkröte und trägt den Namen Maila auf ihrem Panzer.

‚Wow!', schießt es mir fasziniert durch den Kopf. Die Figur ist nicht nur wunderschön und filigran, sondern wird mich auch immer daran erinnern, wie ich gemeinsam mit Landon eine Schildkröte zurück in die Freiheit entlassen habe.

Bei Gelegenheit muss ich mich unbedingt bei Joe bedanken, denn das wäre nicht nötig gewesen.

Nachdem ich den Brief und die Elfenbeinfigur wieder sicher in der Schachtel verstaut habe, bleibt nur noch ein kleiner Stoffbeutel übrig. Ich öffne ihn und halte fünf Sekunden später den pink leuchtenden Blumenkranz in der Hand, den mir Landon für das Lichterfest mitgebracht hat.

Erinnerungen fluten mein Herz und lassen mich unter Tränen lächeln. Das Lichterfest ist ein Ereignis, das mein Leben für immer verändert hat – positiv wohlbemerkt.

Abgesehen von dem Kranz befindet sich noch ein Foto in dem Beutel. Ich rolle es vorsichtig auseinander und erkenne die strahlenden Gesichter von Landon und mir. Wir grinsen breit in die Kamera und sehen rundum glücklich aus; vielleicht auch schon ein bisschen verliebt. Auf der Rückseite des Fotos steht in geschwungenen Buchstaben ein Spruch niedergeschrieben.

Wer im Licht der Liebe leben will, muss über den eigenen Schatten springen können – Ernst Ferstl

Mein Lächeln wird noch breiter, denn mit dieser Weisheit schafft Landon eine hervorragende Verbindung zu der Felsenschlucht. Wäre er nicht gewesen, dann wäre ich vermutlich nie über meinen Schatten gesprungen und hätte erst recht nicht meine größte Angst bezwungen.

Rückblickend ist es echt Wahnsinn, was ich alles in dieser kurzen Zeit in Sunhaven erlebt habe.

Ich habe Joe vor dem Ertrinken gerettet.

Habe Landon und Phil kennengelernt.

Habe mir mit Cocktails den Sonnenuntergang versüßt.

Habe das Tauchen gelernt.

Habe auf einem Jetski das Meer unsicher gemacht.

Habe Sunhaven in einer Kutsche erkundet.

Habe an einem Sandskulpturenwettbewerb teilgenommen.

Habe ein Lichterfest besucht.

Habe Landon geküsst.

Habe Delfine gesehen.

Habe eine Schildkröte zurück ins Meer entlassen.

Habe ein Lied gewidmet bekommen.

Habe mit Landon am Strand herumgealbert.

Habe den Ozean von Plastikmüll befreit.

Habe Sunhaven von oben gesehen.

Habe mich in Landons Gitarrenkünste verliebt.

Habe meine inneren Dämonen überwunden.

Habe „Ja" zu meiner ersten Beziehung gesagt.

Habe unter den Sternen getanzt.

Und habe vor allem viele neue unvergessliche Erfahrungen gesammelt.

Nach Sunhaven zu fliegen und meinen stressigen Alltag in England hinter mir zu lassen, war die beste Entscheidung, die ich jemals getroffen habe. Endlich habe ich das Gefühl, zu wissen, wer ich bin und wie mein Leben in der Zukunft aussehen soll.

Danke, Schicksal, dass du mir die Augen geöffnet hast!

Auf dem gesamten Rückflug schwelge ich noch in Erinnerungen und lasse meinen Urlaub Revue passieren. Währenddessen schaue ich verträumt aus dem Fenster und beobachte die Landschaft dabei, wie sie rasend schnell an mir vorbeirauscht.

Obwohl ich fast vier Stunden lang im Flugzeug sitze und mein linker Fuß permanent am Einschlafen ist, kommt es mir so vor, als würde die Zeit nicht in Stunden, sondern in Sekunden vergehen. Ehe ich mich versehe, landet der Flieger auch schon und ich bin zurück in England. Wie sollte es auch anders sein, werde ich natürlich von eisigen Windböen und dicken Regentropfen in Empfang genommen.

Na toll ... Warum bin ich nicht einfach bei Landon in der Sonne geblieben?

Ich trotte schlechtgelaunt durch den Flughafen und warte auf meinen Koffer. Sobald ich ihn von dem Gepäckband gehievt habe, mache ich mich auf den Weg zum Ausgang. Da es draußen bereits dämmert und ich keine Lust habe, mich auf die öffentlichen Verkehrsmittel verlassen zu müssen, ziehe ich mein Handy aus der Hosentasche, um mir ein Taxi zu rufen.

Gerade als ich auf den grünen Hörer drücken möchte, schwirrt plötzlich mein Spitzname durch die Luft.

„Milli?!"

Wie vom Blitz getroffen hebe ich den Kopf und suche die Menschenmenge nach meiner besten Freundin ab. Zum Glück hat Franny einen auffällig roten Haarschopf, sodass ich sie nach wenigen Sekunden entdeckt habe.

Mit schweißnasser Stirn und rosaschimmernden Wangen boxt sie sich durch die vielen Menschen, bis sie wenig später direkt vor mir zum Stehen kommt.

Unsere Blicke verhaken sich und unsere Mundwinkel verziehen sich zu einem freudestrahlenden Grinsen.

„Oh mein Gott, Milli!", fällt mir Franny kreischend in die Arme. „Da bist du ja! Ich hatte echt schon Schiss, du würdest mich allein in England versauern lassen!"

Überrumpelt und glücklich zugleich erwidere ich die Umarmung. Es tut unfassbar gut, endlich wieder meine beste Freundin in der Nähe zu haben und ihre Anwesenheit zu spüren. Auch wenn es nur zehn Tage waren, in denen wir uns nicht gesehen haben, habe ich sie sehr vermisst.

Wie gut, dass es uns von jetzt an wieder nur im Doppelpack geben wird!

Wir halten uns noch mehrere Minuten in den Armen und blockieren damit den Weg in Richtung Ausgang, bis wir uns schließlich langsam voneinander lösen.

Es gibt so viel, was ich Franny noch erzählen muss.

Mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen frage ich meine beste Freundin: „Rate mal, wer kein Single mehr ist?!"

Ihre Augen weiten sich, sodass sich eine Mischung aus Unglauben und Freude in ihren dunklen Iriden widerspiegelt. Statt allerdings meine Frage zu beantworten, erwidert sie bloß neckisch: „Rate mal, wer bei seinem Praktikum in der Tierklinik von einer Kuh angepinkelt wurde?!"

Ohne es verhindern zu können, muss ich lachen. Wie es scheint, war nicht nur mein Leben sehr aufregend und turbulent.

„Mädelsabend mit Nachos und Käsesoße?", frage ich Franny erwartungsvoll.

„Aber sowas von!"

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