3 - SOS!

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„Ganz ruhig, Maila", rede ich mit mir selbst, um meine aufwallende Panik zu lindern. „Du hast vor zwei Jahren einen Rettungsschwimmerkurs gemacht, also weißt du ganz genau, was du zu tun hast."

Leider entsprechen meine Worte nicht der Realität, denn mein Kopf ist wie leergefegt. Ich habe absolut keine Ahnung, ob ich zuerst den Notruf wählen, Passanten ansprechen oder mich in die Wellen stürzen soll.

„Verdammt!" Ich raufe mir verzweifelt die Haare.

Je mehr Zeit verstreicht, umso weniger Chancen hat der Ertrinkende, zu überleben.

Auch wenn ich gerade nicht unterscheiden kann, was richtig und was falsch ist, streife ich mir mein T-Shirt über den Kopf und schlüpfe aus meiner kurzen Hose. Ich lasse beide Kleidungsstücke achtlos in den Sand fallen und kämpfe mich dann Schritt für Schritt in den tobenden Ozean.

Das Wasser ist kalt und betäubt meine Sinne. Sofort überzieht sich mein Körper mit einer Gänsehaut, doch Umdrehen ist keine Option.

Ich schlucke meine Angst hinunter und lasse mich bäuchlings in die schäumenden Wellen gleiten. Ein kurzer Blick in die Ferne verrät mir, dass der Mensch, der unverändert mit den Armen rudert, immer weiter ins offene Meer abtreibt.

Ich muss handeln. Und zwar jetzt!

Ein letzter zittriger Atemzug verlässt meine Lippen, ehe ich mit kräftigen Arm- und Beinschlägen zu dem Ertrinkenden schwimme.

Die Wellen schlagen mir ins Gesicht, der Wind peitscht wie eine Messerklinge durch die Luft und mir wird zunehmend schwindeliger.

Mit jedem Meter, den ich vorwärtskomme, schwinden meine Kräfte mehr und mehr.

‚Reiß dich zusammen, Maila!', ermahne ich mich gedanklich, obwohl ich am liebsten aufgeben würde. ‚Dieser Mensch da draußen braucht deine Hilfe, also stell dich nicht so an!'

Trotz des Feuers, das in meinen Knochen lodert, beiße ich die Zähne zusammen und beschleunige mein Tempo.

Ich kann mir beim besten Willen nicht erklären, wie ich das schaffe, aber nach wenigen Minuten habe ich den ertrinkenden Menschen erreicht.

Es handelt sich um einen Mann im fortgeschrittenen Alter, der graue Haare und faltige Haut hat und mit Altersflecken vom Leben gezeichnet ist. Für den Bruchteil einer Sekunde schaut er mich panisch aus seinen mintgrünen Augen an, ehe sich diese verdrehen und er das Bewusstsein verliert.

„Scheiße!", fluche ich hysterisch. Wenn ich mich nicht beeile, kommt jede Hilfe zu spät.

In meinem Kopf krame ich nach den verschiedenen Transport- und Schleppgriffen, die ich damals in dem Rettungsschwimmerkurs gelernt habe, doch sie wollen mir einfach nicht einfallen. Da mir die Zeit davonläuft, improvisiere ich und lege beide Hände unter das Kinn des Mannes, damit sein Gesicht nicht von den Wellen verschluckt wird und er normal Luft holen kann.

Ich selbst drehe mich auf den Rücken, sodass der Mann nun mehr oder weniger auf meinem Oberkörper liegt.

Obwohl ich keine Energie mehr habe und mich die Wellen immer weiter ins offene Meer hinaustreiben wollen, bemühe ich mich um einen kräftigen Beinschlag. Zentimeter für Zentimeter kämpfe ich mich in Richtung Strand zurück.

Es fühlt sich so an, als wäre ich mehrere Stunden im Meer gefangen, doch irgendwann erreiche ich endlich das Ufer und werde von zwei starken Armen aufgefangen.

„Ist alles okay?", nehme ich wie durch Watte gedämpft eine Frauenstimme wahr. „Der Rettungswagen ist schon unterwegs!"

Mehr als ein schwaches Nicken bringe ich nicht zustande. Aus dem Augenwinkel kann ich beobachten, wie der bewusstlose Mann im Sand abgelegt und von zwei Ersthelfern umsorgt wird.

Mühsam setze ich mich auf und blinzele gegen die grellen Sonnenstrahlen an. Mein Herz pocht so laut, dass es das Stimmengewirr um mich herum verschluckt und selbst das Rauschen der Wellen übertönt. Schwindel und Übelkeit breiten sich in meinem Körper aus und zwingen mich dazu, mich zurück in den lauwarmen Sand zu legen.

Oh man, wenn das so weitergeht, bringe ich mich in diesem Urlaub aus Versehen noch selbst um!

„Hier! Trinken Sie etwas!", ertönt wieder die fremde Frauenstimme neben mir. Ich spüre, wie mir ein Gegenstand in die Hand gedrückt wird und öffne vorsichtig meine Augen.

Eine Wasserflasche: Genau das, was ich jetzt brauche.

Mit zittrigen Fingern drehe ich den Verschluss auf und trinke danach mehrere Schlucke.

Mein rasender Herzschlag reguliert sich und auch der Schwindel weicht langsam aus meinen Knochen. Ich merke, dass ich wieder zu Kräften komme und Stück für Stück realisiere, was gerade passiert ist.

Ich habe verdammt nochmal einen ertrinkenden Mann aus dem Meer gerettet!

Heiliger Kuhmist! So habe ich mir den Beginn meines Urlaubs definitiv nicht vorgestellt.

Die nächste Dreiviertelstunde durchlebe ich wie in einer Art Trance. Der Rettungswagen trifft ein und versorgt den älteren Herrn. Auch mir wird eine ärztliche Untersuchung angeboten, welche ich allerdings ablehne.

Nachdem alle Fragen beantwortet sind und der Mann mit dem Rettungswagen in das nächstgelegene Krankenhaus gebracht wird, löst sich die Menge aus schaulustigen Passanten endlich auf.

Statt sich ebenfalls aus dem Staub zu machen, bleibe ich im Sand sitzen und nippe ab und zu an der Wasserflasche. Auch wenn ich mich wieder beruhigt habe, bin ich zu schwach, um den Rückweg zu meinem Hotelzimmer anzutreten.

Mein Blick verliert sich im Meer und spielt Bilder vor meinem geistigen Auge ab, die zeigen, wie ich den Mann gerettet habe.

Ich bin so sehr in meinen Gedanken vertieft, dass ich erschrocken zusammenzucke, als mich plötzlich etwas Warmes an der rechten Schulter berührt.

Gefolgt von einem schrillen Schrei wirbele ich herum und stoße beinahe mit dem Kopf eines jungen Mannes zusammen.

„Oh Gott, du hast mich beinahe zu Tode erschreckt!", platzt es aus mir heraus, weshalb mein Gegenüber entschuldigend sein Gesicht verzieht.

Er hat dunkelbraune Knopfaugen, schwarze Locken, die wild um sein kantiges Gesicht tanzen, eine schiefe Nase und winzige Sommersprossen, die sich wie Farbspritzer auf seinen Wangen verteilen.

Die niedlichen Grübchen und das Funkeln in seinen Augen lassen ihn sofort sympathisch wirken.

„Tut mir leid", lächelt der fremde Mann versöhnlich. „Ich bin Landon." Im Einklang mit seinen Worten streckt er mir seine Hand entgegen, welche ich direkt ergreife und schüttele.

„Maila", antworte ich dann kurz angebunden.

Auch wenn Landon einen netten Eindruck auf mich macht, frage ich mich, warum er überhaupt mit mir spricht. Normalerweise ist Franny immer diejenige, die Männer magnetisch anzieht; ich hingegen stoße alle von mir ab.

Na ja, vielleicht sehe ich auch gerade einfach nur total bemitleidenswert aus ...

Meine Gedanken bestätigen sich, als Landon von mir wissen möchte: „Geht es dir gut, Maila?" Seine Augen huschen für ein paar Millisekunden an meinem Körper hinab und erinnern mich daran, dass ich lediglich in Unterwäsche vor ihm sitze.

Oh Gott, wie peinlich!

Wenigstens habe ich mich heute Morgen für schlichte schwarze Unterwäsche entschieden und nicht für meine gepunkteten oder geblümten Unterhosen, die ich in der Anfangszeit meiner Pubertät so gerne getragen habe.

„Äh, na ja", stammele ich verlegen und weiche Landons Blick aus. „Alles gut so weit."

„Wirklich?", hakt Landon nach. „Du bist doch diejenige, die Joe aus dem Wasser gerettet hat, oder?"

Verwirrt runzele ich die Stirn. Wer zum Kuckuck ist Joe?

Es dauert ein paar Sekunden, bis sich der Nebel in meinem Kopf lichtet und ich realisiere, dass Landon vermutlich von dem bewusstlosen Mann spricht.

Da ich nicht genau weiß, wie ich seine Frage beantworten soll, nicke ich bloß.

„Das war verdammt mutig von dir, Maila!", sagt Landon anerkennend. „Aber auch sehr leichtsinnig! Die Strömung hätte euch beide ins offene Meer reißen können und-"

„Hat sie aber nicht!", unterbreche ich Landon harsch.

Im Nachhinein ist mir natürlich auch bewusst, dass ich sehr kopflos gehandelt habe, aber wäre ich nicht einfach ins Wasser gesprungen, wäre Joe vielleicht ertrunken. Statt mir also Vorwürfe zu machen, sollte mir Landon lieber dankbar sein.

„Ich wollte dich nicht mit meinen Worten angreifen, Maila", entschuldigt er sich sofort bei mir. „Joe kann froh sein, dass du zur richtigen Zeit am richtigen Ort warst und ihn gerettet hast! Das hätte nicht jeder getan."

Landons Lippen formen sich zu einem Lächeln und lassen meine eiserne Miene bröckeln. Zum Glück scheint er keinen Streit zu suchen, denn dafür fühle ich mich aktuell noch viel zu schwach.

„Weißt du, Maila, ich würde gerne noch länger mit dir quatschen, aber ich muss gleich meine nächste Tauchstunde unterrichten", seufzt Landon. „Was hältst du davon, wenn wir heute Abend zusammen einen Cocktail im Lost trinken gehen?"

Ähm, wie bitte?! Spielen mir meine Ohren gerade einen Streich oder hat mich Landon tatsächlich auf einen Drink eingeladen?

Halleluja, dass ich so etwas nochmal erleben darf ...

„Also natürlich nur, wenn du Zeit und Lust hast", schiebt Landon verunsichert hinterher, nachdem ich ihm nicht antworte. „Ganz unverfänglich. Wie zwei Bekannte."

Es ist niedlich, dass seine Wangen von einem sanften Rotschimmer geküsst werden und er verlegen zur Seite schaut.

Obwohl ich nicht beurteilen kann, ob das eine gute Idee ist, stimme ich Landons Vorschlag zu.

„Super!", freut er sich. „Sagen wir um acht im Lost?"

Ich nicke mit einer Mischung aus Vorfreude und Nervosität im Magen.

„Perfekt. Dann bis später, Maila!"

Ich lächele Landon zum Abschied zu und spüre, wie mein Herz ein klitzekleines bisschen schneller schlägt, als er mir zuzwinkert.

„Bis später, Landon!"

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