4 - Tequila Sunrise

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Ich muss zugeben, dass ich furchtbar aufgeregt bin, als ich mich um viertel vor acht am Abend auf den Weg zum Lost mache.

Zwar hatte ich in der Vergangenheit schon ein paar Dates, allerdings nur mit irgendwelchen komischen Typen von Tinder und Co., deren einzige Mission es war, mich ins Bett zu bekommen.

Hoffentlich verfolgt Landon nicht dieselben Pläne ...

Ich schüttele kurz den Kopf, um meine negativen Gedanken zu verdrängen, und laufe dann weiter am Meeresufer entlang. Die Luft hat sich abgekühlt und wird von einer lauwarmen Brise begleitet. Der Strand ist fast leer; nur vereinzelte Menschen liegen noch auf ihren Handtüchern und lauschen dem Meeresrauschen. Die Sonne färbt sich langsam orange und fällt immer ein Stückchen tiefer am Horizont hinab.

Ich genieße es, wie der Wind mit meinen Locken spielt und die Wellen an meinen Fußknöcheln brechen. Der Geruch von Meersalz liegt in der Luft und beflügelt meine Sinne.

Schon jetzt weiß ich, dass das nicht mein letzter Urlaub in Sunhaven sein wird.

Nach etwa fünf Minuten Fußmarsch habe ich das Lost erreicht und warte unter dem Schild neben der Eingangstür auf Landon.

You're not lost. You're here.

Ich lächele wehmütig, denn in den vergangenen Wochen habe ich mich oft verloren, missverstanden und einsam gefühlt. Dass ich jetzt endlich am richtigen Ort angekommen bin, füllt mein Herz mit neuer Kraft und Energie.

Scheinbar bin ich so sehr in das weiße Schild vertieft, dass ich nicht bemerke, wie sich jemand zu mir gesellt. Erst als mich eine Männerstimme „Ein toller Spruch, nicht wahr?" fragt, erwache ich aus meiner Trance und kehre in die Realität zurück.

Neben mir steht Landon. Er trägt eine kurze Shorts und ein rotes Poloshirt, das seine gebräunte Haut hervorhebt. Seine schwarzen Locken liegen unordentlich auf seinem Kopf und verleihen ihm einen spielerischen Charme.

„Äh ja", stammele ich überfordert, nachdem ich Landon ein paar Sekunden zu lang gemustert habe. „Ein wirklich toller Spruch."

Landon grinst; als würde er genau wissen, dass mich seine plötzliche Anwesenheit aus dem Konzept gebracht hat. Dann fragt er mich: „Wollen wir reingehen?"

Da ich meiner Stimme nicht vertraue, nicke ich bloß.

Mit Landon an meiner Seite betrete ich schließlich das Lost. Im Inneren werden wir von lauter Musik, flackernden Scheinwerferlichtern und gutgelaunten Passanten empfangen. Wir lassen uns an einem Tisch im hinteren Bereich nieder, sodass wir die gesamte Strandbar im Blick haben.

„Erzähl doch mal, Maila", fordert mich Landon auf, noch bevor ich nach der Speisekarte greifen kann, „was machst du hier in Sunhaven? Eine Einheimische bist du jedenfalls nicht, denn das wüsste ich."

Ohne es kontrollieren zu können, entflieht mir ein frustrierter Seufzer. Lüge oder Wahrheit?

„Na ja", beginne ich zögerlich. „In den letzten Wochen habe ich einige Prüfungen in der Uni vergeigt und dachte deshalb, dass mir eine kleine Auszeit guttun würde."

Landon nickt verständnisvoll. Ein undefinierbarer Ausdruck legt sich über seine dunklen Knopfaugen, als er von mir wissen möchte: „Bist du denn glücklich mit deinem Studienfach?"

Bei der Antwort muss ich nicht lange überlegen und gebe sofort ein selbstbewusstes „Ja!" von mir. Seit ich denken kann, war es schon immer mein großer Traum, Journalistin zu werden. So kurz vor dem Ziel darf ich nicht scheitern!

„Okay." Wieder nickt Landon. „Ich habe vor ein paar Jahren Maschinenbau studiert. Am Anfang war alles super, doch irgendwann habe ich gemerkt, dass mich weder das Studium noch der Job mit Zufriedenheit erfüllen. Ich hatte Angst, das Studium abzubrechen und andere Menschen, insbesondere meine Familie, zu enttäuschen. Nachdem ich mich dann noch einige Monate weitergequält habe, habe ich am Ende des dritten Semesters endlich einen Schlussstrich gezogen. Ich weiß, dass es kitschig klingt, aber das Leben ist zu kurz, Maila. Du solltest das machen, was dir Spaß macht und was wichtig für dich ist. Der Rest ist unbedeutend."

Automatisch schleicht sich ein Bild von dem Tischkalender, den mir meine Oma geschenkt hat, vor mein geistiges Auge.

Life is short. Do stuff that matters.

Je öfter ich diesen Spruch höre, umso mehr verinnerliche ich ihn auch. Hoffentlich gelingt es mir schon bald, zu 100 Prozent nach diesem Motto zu leben.

„Danke, Landon", lächele ich meinen Gegenüber ehrlich an. „Vielleicht muss ich mir einfach nur ein bisschen den Druck nehmen und mir zwischendurch auch mal Pausen gönnen. Dann klappt das bestimmt mit meinen Prüfungen."

Ich kann sehen, dass Landon etwas auf meine Worte erwidern möchte, doch jemand anderes kommt ihm zuvor. „Na, wenn das nicht mein kleines Brüderherzchen ist", ertönt eine amüsierte Männerstimme neben mir.

Noch im selben Atemzug drehe ich meinen Kopf zur Seite und treffe auf dunkelbraune Knopfaugen.

‚Der Kellner von heute Morgen', erinnere ich mich an ihn zurück.

Mit einem frechen Grinsen auf den Lippen wuschelt er Landon durch die Haare und möchte dann halb spöttisch und halb ernst von ihm wissen: „Seit wann gehst du mit Frauen aus? Ich dachte schon, die Fische wären die einzigen sozialen Kontakte, die du hast."

„Haha, sehr witzig", verdreht Landon seine Augen. Er richtet seinen Blick auf mich und erklärt mir: „Das ist mein großer Bruder Phil. Eigentlich wollte er Comedian werden, aber wie du siehst, ist er nicht besonders lustig."

Um ehrlich zu sein bin ich gerade ein bisschen überfordert.

Ich lasse meinen Blick zwischen Landon und Phil hin und her schweifen und stelle fest, dass sie dieselben Augen, Haare und eine ähnliche Nasenpartie haben. Phil ist ungefähr einen halben Kopf größer als Landon und hat einen definierten Körper, den er vermutlich dem Fitnessstudio zu verdanken hat. Außerdem sieht er mit dem Dreitagebart älter und reifer aus als sein Bruder.

Bestimmt hat Phil schon das ein oder andere Frauenherz erobert, denn attraktiv ist er allemal.

„Ach Landon", seufzt Phil und wuschelt dem Angesprochenen erneut durch die Locken. „Stell mir lieber mal deine reizende Begleitung vor, statt solche Lügen über mich zu verbreiten."

Phil zwinkert mir zu und ich kann nicht verhindern, dass mein Herz kurz schneller schlägt. Natürlich fühle ich mich geschmeichelt, dass er offensichtlich mit mir flirtet, aber mit Playboys kann ich nichts anfangen.

Vielleicht klingt es spießig, doch ich habe mittlerweile ein Alter erreicht, in dem ich keine Lust auf irgendwelche Spielchen habe.

Trotz meiner Abneigung strecke ich Phil meine Hand entgegen und stelle mich kurz mit einem „Ich bin Maila" vor.

„Sehr erfreut", säuselt Phil daraufhin übertrieben freundlich. „Sollte dir mein Bruder zu langweilig werden, weißt du ja, wo du mich findest, Maila."

Oh Gott. Fand ich diesen Macho heute Morgen wirklich sympathisch? Ich schiebe das einfach mal auf den langen Flug und meine Müdigkeit.

Zum Glück übernimmt Landon das Antworten für mich, denn ich hätte nicht gewusst, was ich auf Phils Worte entgegnen soll. „Mach endlich deinen Job und frag uns nach unserer Bestellung, statt so blödes Zeug zu quatschen, Phillip!"

Keine Sekunde später salutiert Phil und zückt seinen Notizblock. „Was kann ich euch beiden denn Gutes tun?"

Ganz der Gentleman überlässt mir Landon den Vortritt. „Einen Tequila Sunrise, bitte", bestelle ich dasselbe wie heute Morgen.

„Mach zwei daraus, okay?", schiebt Landon schnell hinterher.

„Nichts lieber als das, Bruderherz", flötet Phil. Er macht eine schlecht ausgeführte Pirouette, verbeugt sich einmal vor uns und verschwindet dann endlich in Richtung Bartresen.

Halleluja! Landon hatte bestimmt keine einfache Kindheit.

Da ich das Thema ungerne auf Phil lenken möchte, schließlich interessiert er mich nicht, frage ich Landon: „Du gibst dich also lieber mit Fischen als mit Menschen ab?" Das Grinsen auf meinen Lippen verrät ihm hoffentlich, dass die Frage nicht ernst gemeint ist.

„Ich bin seit ein paar Jahren Tauchlehrer", erklärt mir Landon. „Da bleibt es nun mal nicht aus, viel Zeit mit Fischen zu verbringen."

„Ich verstehe", schmunzele ich, woraufhin sich auch Landons Mundwinkel heben.

Während wir auf unsere Cocktails warten, erfahre ich von Landon, dass er 24 Jahre alt ist und schon seit seiner Kindheit regelmäßig tauchen und schnorcheln geht. Meistens hält er sich den ganzen Tag am Strand auf und bietet verschiedene Kurse an oder erkundet auf eigene Faust das Meer. Wenn er dann ausnahmsweise mal nichts zu tun hat, fotografiert er gerne Landschaften oder versucht sich daran, das Gitarrespielen zu lernen.

Je länger ich mich mit Landon unterhalte, umso sympathischer wird er mir. Er scheint sehr bodenständig, aber gleichzeitig ehrgeizig zu sein. Er weiß genau, was er in seinem Leben erreichen möchte und tut alles, um sich seine Träume zu erfüllen.

Trotz der kurzen Zeit, in der wir uns erst kennen, ist Landon ein sehr inspirierender Mensch für mich.

Als wir endlich unsere Cocktails erhalten - zum Glück nicht von Phil - zahlt Landon die Getränke und führt mich dann nach draußen zum Strand. Wir lassen uns gemeinsam unter einer Palme im Sand nieder und beobachten die orangeleuchtende Sonnenscheibe dabei, wie sie Stück für Stück vom Meer verschluckt wird.

Ich muss zugeben, dass ich mich in diesem Moment pudelwohl fühle. Meine Zehen graben sich in den Sand, der Wind umspielt meinen Körper und über mir kreisen vereinzelte Möwen, die nach Essensresten Ausschau halten. Im Hintergrund höre ich das Rauschen der Wellen, das eine beruhigende Wirkung auf mich hat.

„Wie lange bleibst du eigentlich in Sunhaven?", möchte Landon irgendwann von mir wissen, womit er die angenehme Stille zwischen uns bricht.

„Zehn Tage", antworte ich ihm. „Mehr hat mein Konto leider nicht hergegeben."

Landon schmunzelt und ich erwidere es. „Hoffentlich hast du eine schöne Zeit hier, denn du hast es verdient, glücklich zu sein, Maila!"

Ich spüre, wie sich die Stimmung zwischen uns ändert. Das Lockere und Leichte verpufft und wird durch ein aufgeregtes Knistern ersetzt.

Landons Blick ist intensiv und feurig; als würde er mir direkt in die Seele schauen können.

Ich nehme einen großen Schluck von meinem Cocktail und löse mich von seinen dunklen Augen. Eine Gänsehaut macht sich auf meinem Körper breit und verdeutlicht mir, dass Landons Worte nicht spurlos an mir vorbeigehen.

In den nächsten Tagen werde ich glücklich sein und nur die Dinge tun, die mir Spaß machen - das schwöre ich mir in genau dieser Sekunde.

Landon und ich schauen uns noch den restlichen Sonnenuntergang an, ehe wir unsere Gläser im Lost abgeben und uns abschließend voneinander verabschieden.

„Danke für den schönen Abend, Maila", bedankt sich Landon mit einer Umarmung bei mir. „Ich bin froh, dass du unseren einheimischen Tierschützer Joe gerettet hast, denn sonst hätte ich dich vermutlich nicht angesprochen."

Hitze steigt in meinen Wangen auf und mein Magen kribbelt angenehm.

„Vielleicht sehen wir uns ja nochmal wieder?" Landon lässt seine Worte wie eine Frage klingen, sodass es nun an mir liegt, ihm eine Antwort zu geben.

Zum Glück weiß ich sofort, was ich sagen möchte.

„Sehr gerne!", grinse ich ihn vorfreudig an. „Mir hat der Abend nämlich auch gefallen."

Wir umarmen uns ein letztes Mal, bevor sich unsere Wege trennen - jedenfalls vorerst. Denn tief in meinem Herzen spüre ich, dass das erst der Anfang einer ganz wunderbaren Reise ist.

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