9 - Kutschfahrt ins Glück

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Am späten Nachmittag überrascht mich Landon mit einer Kutschfahrt, die durch ganz Sunhaven führt. Da die Kutsche nicht überdacht ist, spüre ich den Wind in meinen Haaren und die Sonnenstrahlen auf meiner Haut.

Die Fahrt startet an der Strandpromenade, sodass ich zu Beginn die vielen Surfer und Badegäste im Meer beobachte. Schon nach wenigen Minuten verlassen wir den Strand wieder und steuern stattdessen die Innenstadt an.

Da Sunhaven ein kleines Örtchen mit wenigen Einwohnern ist, ist auch die Stadt sehr minimalistisch aufgebaut. Es gibt eine Eisdiele, zwei Restaurants, einen Supermarkt und viele kleine Läden, in denen man Souvenirs und anderen Krimskrams kaufen kann.

Wie mir Landon bereits verraten hat, findet sich an jedem Gebäude ein weißes Schild mit der Aufschrift You're not lost. You're here wieder.

Und ja, ich kann bezeugen, dass dieser Spruch zu 100 Prozent zutrifft; zumindest auf mich.

Nach dem kurzen Stadtbesuch geht es weiter in Richtung Hafen. Wir fahren an bunten Blumenfeldern, plätschernden Bächen und kleinen Felsvorsprüngen vorbei. Tanzende Schmetterlinge und surrende Bienen begleiten uns auf unserem Weg und verwandeln die Luft in einen süßen Teppich aus Honig.

Ich genieße es in vollen Zügen, neben Landon zu sitzen und die Schönheit der Natur zu bewundern. So einen faszinierenden Ort werde ich bestimmt kein zweites Mal auf der Welt finden.

Am Hafen angekommen, machen wir eine kurze Pause, damit der Kutscher seine Pferde mit Wasser versorgen kann. Um die Zeit sinnvoll zu nutzen, klettern Landon und ich aus dem Fahrzeug und laufen zu den riesigen Schiffen, die hier anlegen.

„Wow!", staune ich, als wir vor einer Art Piratenschiff stehen. „Ganz schön beeindruckend, wie groß die Teile sind, oder?"

Landon lacht über meine Ausdrucksweise, bevor er mir mit einem gehobenen „In der Tat" zustimmt.

Wir spazieren für ein paar Minuten auf dem Holzsteg entlang, der sich wie ein Labyrinth zwischen den Schiffen erstreckt, bis wir uns irgendwann hinsetzen und unsere Füße im lauwarmen Wasser baumeln lassen. Der Geruch von Fischbrötchen wabert durch die Luft und vermischt sich mit den Klängen von sanfter Gitarrenmusik.

Jetzt fehlt nur noch der Sonnenuntergang, dann wäre alles perfekt.

„Darf ich dich mal etwas Persönliches fragen, Maila?" Landon klingt nervös. Seine Augen sind auf die glitzernde Wasseroberfläche gerichtet und springen aufgeregt zwischen den einzelnen Segelbooten hin und her.

„Äh, klar", zögere ich mit meiner Antwort, da ich etwas Angst vor seiner Frage habe. Hoffentlich treibt er mich nicht mit meinem Gewicht in die Enge ...

„Also na ja", stammelt Landon verunsichert. „Gibt es bei dir zuhause eigentlich jemanden, der auf deine Rückkehr wartet?"

„Natürlich!", sage ich wie aus der Pistole geschossen.

Ich drehe meinen Kopf zu Landon und stelle fest, dass sich ein enttäuschter Schleier über sein Gesicht legt.

Nanu, was ist denn jetzt los?

Bevor ich das Thema ändern kann, um die gekippte Stimmung wieder aufzulockern, möchte Landon kaum hörbar von mir wissen: „Und wie heißt der Glückliche?"

Moment mal! Denkt er etwa, ich sei in einer Beziehung? Oh Gott, dieses Missverständnis muss ganz schnell aus dem Weg geräumt werden!

Ich stupse Landon aufmunternd mit der Schulter an, ehe ich ihn mit einem „Der Glückliche heißt Franny und ist meine beste Freundin" von seinem Leid erlöse.

Es dauert keine zwei Sekunden, da hellt sich seine Miene auf und sein süßes Lächeln kehrt zurück. Mit funkelnden Augen vergewissert er sich bei mir: „Du hast also keinen Freund?"

„Nein", lache ich. „Sonst hätte ich wohl kaum so viel Zeit mit dir verbracht, oder?"

Bei meinen Worten nehmen Landons Wangen einen sanften Rotschimmer an. „Eigentlich hätte ich mir auch nicht vorstellen können, dass du ein falsches Spiel treibst, aber ich wollte lieber nochmal nachfragen", rechtfertigt er sich. „Nicht, dass ich mich plötzlich Hals über Kopf in eine vergebene Frau verliebe."

Boom! Landons Worte schlagen wie eine Bombe in meinem Körper ein und lassen ein Feuerwerk aus Millionen Raketen in meinem Herzen explodieren.

Hat er gerade wirklich von verliebt-sein gesprochen?

Halleluja! Mir wird abwechselnd heiß und kalt und ich habe das Gefühl, als würde ich unter Strom stehen. Alles kribbelt und vibriert.

Auf einmal bin ich so nervös, dass ich es nicht mehr schaffe, Landons innigem Blick standzuhalten. Stattdessen schaue ich auf meine Füße hinab, die immer wieder ins Wasser eintauchen und kreisförmige Linien auf der Oberfläche erzeugen.

„Hör zu, Maila", räuspert sich Landon verlegen, nachdem ich nichts auf seine Worte erwidere, „ich möchte dich nicht überfordern oder bedrängen, aber ich finde, du solltest wissen, dass ich dich sehr gerne mag. Wir kennen uns noch nicht lange, aber trotzdem ist da eine gewisse Spannung zwischen uns, die ich nicht ignorieren kann und möchte."

Landons Hand findet den Weg zu meiner, sodass wir langsam unsere Finger miteinander verschränken.

„Wenn du auch dazu bereit bist, würde ich mich sehr gerne auf diese Reise einlassen und einfach schauen, wohin sie uns führt."

Oh man, das ist einfacher gesagt als getan. Während mein Herz laut „Ja!" schreit, erinnert mich mein Kopf daran, dass Landon hier in Sunhaven wohnt und ich mehrere tausend Kilometer entfernt in England. Durch die Distanz sind wir doch schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt, oder?

Ohne es verhindern zu können, schiebt sich das Bild von meinem Tischkalender vor mein geistiges Auge.

Life is short. Do stuff that matters.

Vielleicht lege ich die Worte von Siqi Chen gerade anders aus, als er sie gemeint hat, aber Landon tut mir unfassbar gut. Ich genieße es, in seiner Nähe zu sein und Zeit mit ihm zu verbringen.

Warum also soll ich schon an die Zukunft denken, wenn wir doch in der Gegenwart leben?

Um glücklich zu sein, muss ich auch mal etwas riskieren, nicht wahr?

Begleitet von meinem rasenden Herzen richte ich meine Augen auf Landon, suche seinen Blick und hauche dann gedämpft: „Ich bin bereit für unsere Reise!"

Kaum sind meine Worte vom Winde verweht, zupft ein glückliches Strahlen an Landons Mundwinkeln. Für ein paar Sekunden schaut er mir einfach nur tief in die Augen, ehe er sich zu mir hinüberbeugt und mir einen federleichten Kuss auf die Wange haucht.

Direkt breiten die Schmetterlinge in meinem Magen ihre Flügel aus und erheben sich aus ihrem Dornröschen-Winterschlaf.

Ich habe keine Ahnung, ob es naiv und dumm ist, mich auf dieses Gefühlsabenteuer mit Landon einzulassen, doch mein Herz sagt mir, dass es die richtige Entscheidung ist und nur das zählt.

Landon und ich bleiben noch ungefähr fünf Minuten am Wasser sitzen, bis wir uns ein Fischbrötchen kaufen und zurück in die Kutsche steigen. Anders als noch vor unserem Zwischenstopp am Hafen halten wir nun Händchen und berühren uns mit unseren Oberarmen und Beinen.

Unsere Nähe fühlt sich gut und vertraut an; so als würden wir uns schon drei Jahre und nicht erst drei Tage kennen.

Als ich mein Fischbrötchen aufgegessen habe, lege ich meinen Kopf auf Landons Schulter ab und beobachte fasziniert die Landschaft, die an uns vorbeizieht. Wiesen, Flüsse und Wälder erstrecken sich am Wegesrand und verwandeln Sunhaven in ein unbeschreiblich schönes Paradies.

„Schau mal, Maila!", sagt Landon irgendwann aufgeregt. Mit dem Zeigefinger deutet er auf einen kleinen Hügel, auf dem die Überreste eines alten Gebäudes zu sehen sind. Im Hintergrund höre ich das Kreischen der Möwen und das Rauschen des Meeres.

„Dort findet morgen Abend das alljährliche Lichterfest von Sunhaven statt", teilt mir Landon mit. „Vor vielen vielen Jahren stand dort mal ein Schloss, doch nach einem starken Unwetter sind nur noch die Ruinen übriggeblieben."

Wahrscheinlich klingt es gemein, aber mein Interesse beschränkt sich gerade auf seine erste Aussage.

„Ein Lichterfest?", hake ich neugierig nach. „Was macht man da?"

Ich kann das Lächeln in Landons Stimme hören, als er erwidert: „Das findest du wohl nur heraus, wenn du gemeinsam mit mir dorthin gehst."

„Einverstanden!", stimme ich ohne zu zögern zu.

„Perfekt!"

Auf der restlichen Fahrt schweigen wir und lassen uns von den Wundern der Natur berieseln. Zurück am Strand genießen wir die letzten warmen Sonnenstrahlen und lauschen den Klängen des Ozeans. Obwohl wir kaum ein Wort miteinander wechseln, fühle ich mich in Landons Gegenwart geborgen und wertgeschätzt.

Man, warum konnten wir uns nicht einfach in England kennenlernen?

Als die Sonne dann irgendwann langsam vom Meer verschluckt wird, brechen wir auf. Ganz der Gentleman begleitet mich Landon noch bis zu meinem Hotel und verabschiedet sich dort mit einer innigen Umarmung von mir.

„Bis morgen, Maila. Pass auf dich auf und schlaf gut!"

„Du auch, Landon."

Tja, und so findet bereits mein dritter Tag in Sunhaven sein Ende ...

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro