bunte Mischung °✨° Do. 24.12.2020 - 16.00 Uhr

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Es ist spannend, Jimin dabei zuzusehen, wie er sich zurück in ein normales Leben tastet. Dieser Hund war ein genialer Schachzug von Patrick. Der Junge geht darin auf, sich zu informieren und zu beobachten und dem Tier ganz gerecht werden zu wollen. Und heute hat er sich von seiner Intuition leiten lassen, als er diesen großen Raum eingerichtet hat. Manche Sachen passen noch nicht so richtig, aber er darf ja auch noch in der Villa stöbern. Das Entscheidende daran ist allerdings die Freude daran, etwas zu gestalten, was Zukunft hat.

„Jimin, wann kommt eigentlich deine Tante hier an?"
„Sie hat mir geschrieben, dass sie mit dem Zug kommt und dann mit dem Bus. Sie möchte nicht am Bahnhof abgeholt werden. Sie wird in ... ui, in etwa einer halben Stunde hier sein."
„Ist ihr Zimmer denn fertig eingerichtet?"
„Ja, da ist soweit alles klar. Das Bett ist frisch bezogen, die Heizung ist an. Ah, ich wollte doch noch ..."
Weg ist er. Er humpelt inzwischen in der Wohnung ohne Krücken. Und so geht er in sein Zimmer, kommt mit etwas in ein T-Shirt gewickeltem Unförmigem wieder raus und geht zu den Jungs. Dort schließt er sorgfältig die Tür.

Na, da bin ich ja mal gespannt ...

Ich nutze die Ruhe, um meine Glotze wieder zurück zu schieben, weil sie heute nur im Weg wäre. Dann mache ich mich wieder daran, ein paar Kartons auszupacken. Mein Schlafzimmer ist damit endlich ganz fertig. Schranktür zu, normal leben. Ich bringe nur meine Handtücher ins Bad, um sie in die Regale zu packen. Da sehe ich einen Haufen Schmutzwäsche im Korb neben der Waschmaschine.

Das ist von den Jungs. Ich muss Jimin mal erklären, wie die Maschine funktioniert.
Jedenfalls werden wir die heute nicht mehr anstellen.

In meinem zweiten Zimmer finde ich an die eine Wand gelehnt die wenigen Bilder, die ich schon in meiner eigenen Wohnung an der Wand hängen hatte oder aus der Villa mitgenommen habe, weil sie mir etwas bedeuten.
Ich könnte ja auf meiner Wohnzimmer-Seite mal rumschieben, welches Bild wo am besten passt.
Ein Bild unserer Familie, als wir noch klein waren. Ein paar typisch koreanisch-traditionelle Werke. Ein paar Drucke von europäischen Malern der Moderne. Zwei ... Ich erstarre in der Bewegung und drehe mich zurück zu dem Familienfoto.
Wir??? Das ... wieso ... warum hat mir nie ... Das gibts doch gar nicht!
Mir fehlen die Worte. Sogar zum Denken ist mein Hirn grade zu blöd.

Das Foto hatte im Schlafzimmer meiner Mutter gehangen. Niemand hat den Raum nach ihrem Tod betreten oder gar verändert. Mein Vater wollte das nicht. Jetzt hatte ich es einfach gegriffen, weil meine Mutter darauf so glücklich aussieht. Aber richtig hingeschaut habe ich wohl nicht. Denn meine Mutter hat mich als Baby im Arm, neben ihr sitzt mein Vater. Und zwischen seinen Beinen hockt ein weiterer Junge, etwa zwei Jahre älter als ich. Er versucht, sich hinter Papas Beinen zu verstecken. Man muss schon genau hinsehen, um zu merken, dass da ein paar Arme und Beine zuviel sind.

Aber: wer ist das??? Wen könnte ich fragen? Mein eigenes Gedächtnis ist völlig blank, was das angeht. Dieser Junge gehörte entweder nicht zur Familie, oder er muss so früh verschwunden sein, dass ich mich nicht erinnern kann. An einen Bruder. Ich bin in dem Glauben aufgewachsen, dass ich Einzelkind bin. ...
Woosung! Der kennt Papa schon ewig. Der MUSS das wissen!
Ich fotografiere das Bild ab und sende es direkt an den väterlichen Freund. Mit der simplen Frage: wer ist der ältere Junge?
Das Klingeln an der Tür durchbricht meine rastlos suchenden Gedanken.

Ach ja – ich soll jetzt Weihachten feiern ...
Völlig verwirrt und zerstreut gehe ich in den Flur, wo Patrick bereits die Tür geöffnet hat.
„Herzlich willkommen, Frau Park! Wie schön, dass das geklappt hat."
Ich begrüße sie auch und führe sie zu ihrem eigenen Zimmer. Dann klopfe ich bei Minnie an der Tür.
„Hier ist TaeTae. Darf ich reinkommen?"

Wer weiß, was die da grade ausgekocht haben, so wie Jimin vorhin geheimnisvoll getan hat.

Statt mich reinzulassen, kommen Minnie und Chen raus.
„Da hats doch grade geklingelt. Wer ist das?"
„Deine Tante Jeri ist da."
„Ui, klasse! Komm, Chen!"
Und schon sind die beiden in den Flur gesaust.
„Äh, Minnie? Deine Tante ist in ihrem Zimmer."
Ich könnte mich kringelig lachen. Minnie macht eine Vollbremsung, und Chen dotzt in ihn rein. Dann machen beide auf dem Absatz kehrt und rasen zurück. Minnie klopft an die Tür vom Gästezimmer.
„Tante Jeri? Darf ich reinkommen?"

Gleichzeitig gehen die Türen von den Zimmern von Minnie und der Tante auf. Hier kommt Jimin mit Apeum raus, dort Frau Park, und dann gibt es erstmal ein großes Familienknuddeln.
„Ach, Jungs. Dass ich euch beide wieder habe! Ihr beide seid das allerschönste Weihnachtsgeschenk, das ich kriegen kann."
Jimin löst sich, denn Apeum steht ziemlich nervös und ratlos neben dem Menschenknäuel.
„Shhh, mein Mädchen. Alles ist gut. Das ist Tante Jeri, und sie gehört auch zu uns dazu. Mach dir keine Sorgen, mir geht es gut."
Wie immer beruhigt sich Apeum sofort, wenn sie Jimins Stimme hört und seine Hand fühlt.

Patrick war eine ganze Weile in der Küche und hat einiges vorbereitet. Jetzt kommt er mit dem Handy am Ohr zur Tür rein.
„Ja, aber selbstverständlich, Frau Lee. Sehr gerne. Chen-Le wird sich riesig freuen. Ja, gerne."
Er beendet das Gespräch.
„Chen? Das war deine Mutter. Dein Vater hat für heute Abend frei bekommen und fragt, ob er auch kommen darf. Ist das nicht schön?"
Der Rest der Frage geht in einem lauten Jubel unter. Als er sich wieder beruhigt hat, bestürmt er Patrick.
„Wann kommen sie? Wann kommen sie?"
„Sie sind schon unterwegs."
Es ist berührend. Das ganze Kind strahlt.

Jimin schnappt sich die beiden.
„Ich habe noch eine Aufgabe für euch, damit die Wartezeit schnell vergeht."
Er gibt ihnen eine Schachtel mit lauter Engelsfiguren.
„Die mit Band könnt ihr in die unteren Zweige hängen. Alle anderen stellt ihr einfach als Gruppe unter dem Baum auf. Das ist der Chor der Engel, von dem in der Weihnachtsgeschichte erzählt wird."
Begeistert stürzen sich die Jungs auf die Aufgabe.

Da brummt mein Handy in meiner Hosentasche, es klingelt an der Tür – und die Hündin ist endgültig überfordert. Sie winselt und schubst Jimin an.
„Ich geh grad mal mit ihr in mein Zimmer, damit sie sich beruhigen kann."

Das ist sicher besser so.
Ich gehe an mein Handy. Es ist Woosung.
Jetzt bin ich gespannt!
„Hast du einen Moment Ruhe, Junge?"
„Moment."
„Leute, ich bin gleich wieder da." 

Hoffentlich denken Chens Eltern nicht, dass sie uns vertrieben haben. Einer nach dem anderen verschwindet in irgendeinem Zimmer, bevor sie ganz die Treppe hoch sind ...

Kaum bin ich in meinem Schlafzimmer angekommen, halte ich mir wieder das Handy ans Ohr.
„Und? Schieß los!"
Einen Moment ist es am anderen Ende still.
„Taehyung, kannst du dich an den Tod deiner Mutter erinnern?"
„N.Nein. Papa hat mir nur erzählt, dass sie bei einem Zugunglück ums Leben kam."
„Erinnerst du dich denn inzwischen wieder, dass du dabei warst?"
„Ich ... war dabei?"
„Ja, du warst dabei. Und dein Bruder Haejoon auch."
„Ich ..."
Ich muss mich erstmal setzen.
„Hast du dich nie gefragt, woher die lange Narbe an deiner Wade kommt?"
„Nein, ich ... dachte, ..."

„Diese Narbe hast du bei diesem Zugunglück abbekommen. Deine Mutter war sofort tot. Und nachdem sich das ganze Tohuwabohu an der Unglücksstelle gelichtet hatte, ... war dein Bruder wie vom Erdboden verschluckt. Nicht bei den Toten, nicht bei den Verletzten, nicht bei den Lebenden, die da noch rumliefen, nicht schon in irgendeinem Krankenhaus. Er war einfach weg. Und er wurde nie gefunden."
„Das muss furchtbar für Papa gewesen sein. Aber ich selbst erinnere aus dieser Zeit tatsächlich gar nichts."
„Du hattest dein Gedächtnis verloren. Du hast dich schnell erholt. Aber deine Mutter war für dich bald nur noch eine nebelhafte Erinnerung. Und Haejoon war für dich nicht mehr existent. Du warst ja erst drei Jahre alt."

Es klopft an meine Zimmertür.
„Ja?"
„Ich bins, Patrick. Ich muss bald runter. Kannst du ..."
„Ich komme gleich."
Ich höre, dass Patrick zurück zu den anderen geht.
„Woosung, ich muss mich jetzt um die Meute kümmern, da sind ja auch Gäste dabei. Hast du morgen Zeit?"
„Ja, hab ich. So viel du willst. Ich mag sehen, wie du jetzt wohnst. Soll ich zu dir kommen?"
„Ja, gerne."
„Dann bis morgen."
Ich lasse den Hörer sinken und starre die Wand an.

Ich hatte einen Bruder! Wie sehr habe ich mir als Kind immer ein Geschwister gewünscht! Wie soll ich das denn jetzt verdauen? Na, fröhliche Weihnachten!

Ich erhebe mich und gehe zurück zu den anderen wie in Trance. Als mich die Eltern Lee begrüßen und mir sehr, sehr danken dafür, dass auch ich für ihren Chen da bin und dass sie heute dabei sein dürfen, schüttele ich mühsam diese seltsame Entdeckung ab und reiße mich zusammen. Ich biete Kaffee, Tee und Plätzchen an, Minnie sitzt bei seiner Tante auf dem Schoss und zeigt ihr das Nikolausbuch. Chen sitzt zwischen seinen Eltern und hält ihre Hände fest, als wollten sie ihm gleich wieder davonlaufen. Ich setze mich dazu. Eine Minute später ist Apeum bei mir, setzt sich und lehnt sich gegen mein Bein. Ich lege ihr einfach meine Hand auf den Kopf und freue mich.

„Mr. O'Brien und ich haben uns viele Gedanken gemacht über Ihre Situation. Wir würden Ihnen wirklich gerne helfen, aber wir wissen einfach zu wenig über Sie. Was würde Ihnen helfen?"
Die beiden sehen sich einen Moment lang an, dann fängt die Mutter an zu reden, während ihr Mann den Blick senkt. Es wirkt, als ob er sich schämt.
„Wir haben beide einen Beruf gelernt, mein Mann ist Schlachter, ich bin eigentlich Schneiderin. Wir haben geheiratet, dann kam Chen, wir sind in diese Wohnung gezogen. Vor gut zwei Jahren wurden wir beide innerhalb von einem halben Jahr arbeitslos. Wir haben uns Beine ausgerissen, um wieder Arbeit zu finden. Mein Mann arbeitet ja wenigstens im Schlachthof in seinem Beruf. Aber ich bin schließlich putzen gegangen, damit ich nicht nichts nach Hause bringe. Seitdem mussten wir Chen-Le immerzu alleine lassen.
Mein Mann arbeitet morgens noch auf dem Wochenmarkt, aber ich habe jetzt einen meiner beiden Putzjobs verloren, und damit ist die Miete endgültig nicht mehr drin. Ich ... ich habe so große Angst, dass wir auf der Straße landen. Mit dem Kind. Ich ..."
Ihr stehen die Tränen in den Augen, und Chen kuschelt sich an sie. So klar scheint ihm das Problem noch nie gewesen zu sein.

„Darf ich Ihnen etwas vorschlagen?"
„Ich will kein Geld! Es fühlt sich furchtbar an für mich, dass ich meine Frau und mein Kind nicht ernähren kann."
„Ich wollte Ihnen kein Geld anbieten. Ich habe nämlich selbst grade keins übrig. Aber ich habe ein bisschen Ahnung und einige Beziehungen, die ich spielen lassen könnte. Zunächst mal würde ich vorschlagen, dass Sie noch diesen Monat die Wohnung kündigen, damit Sie nicht am Ende zwei Wohnungen parallel finanzieren müssen. Sind Ihre Morgenarbeitsstellen beide hier in der Stadt?"
Die Mutter nickt.
„Dann würde ich vorschlagen, dass Sie beide heute Nacht hier bleiben. Das Gästezimmer steht für Sie schon bereit. Und morgen werde ich meine sämtlichen Theaterkontakte anschreiben. Denn sowohl im Theater als auch beim Film werden immer Schneiderinnen gebraucht, die was können."

„Das ... das können wir doch nicht annehmen. Sie haben doch schon Chen-Le aufgenommen."
„Grade deswegen können Sie das annehmen. Sie bleiben heute Abend hier, Sie können in Ruhe Ihren Sohn mal wieder selbst ins Bett bringen. Sie gehen morgen früh zur Arbeit und kommen dann wieder. Und dann sehen wir weiter. Springen Sie über Ihren Schatten. Für Ihren Sohn."
Zögernd nicken die beiden, und der Kleine strahlt.

Ein Blick zur Uhr –

wir sollten bald runter gehen ...
Ich rufe alle zusammen.
„Ich möchte kurz erklären, wie der Nachmittag weiter geht. Wir werden gleich im Restaurant unten miteinander ein bisschen feiern. Wenn einige Gäste da sind, werden wir wieder hochgehen. Hier können wir uns Geschenke geben, wenn es welche gibt. Der Koch vom Restaurant hat ein wunderbares Festessen für uns gekocht, dass wir gemeinsam genießen können. Wenn die Kinder im Bett sind, zeige ich Ihnen, Herr und Frau Lee, wo Sie heute Nacht schlafen werden. Und wir ‚Rest' können dann noch um den Baum sitzen, bis Patrick um 23.00 Uhr unten dicht macht und hoch kommt. Mit ihm lassen wir dann den Abend ausklingen. Morgen ganz früh verkrümeln sich Chens Eltern zur Arbeit und kommen später wieder. Wir anderen schlafen aus und essen gemeinsam Frühstück. Wie es dann weiter geht, sehen wir danach."

Alle sind einverstanden, und so machen wir uns gemeinsam auf den Weg nach unten, wo uns Patrick schon erwartet.

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24.12.2020  -  28.1.2021

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