Gute schlechte Stimmung

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Die Zeit mit Mika verrinnt so schnell.
"Kannst du nicht ein klitzekleines Bisschen zu spät kommen zu deinem Date? Kitty verzeiht dir das bestimmt", bettle ich.
Mein Kumpel macht sich von mir los und drückt mich zurück aufs Bett. "Du bist immer noch durch, schlaf 'ne Runde, Pari kommt eh gleich vom Sport nach Hause."
"Ja, und dann duscht sie und schminkt sich erstmal; das dauert mindestens eine Stunde. Wahrscheinlich will sie danach eh lernen", überlege ich mutlos.
"Du bist ihre beste Freundin, sie nimmt sich Zeit für dich, wenn du sie drum bittest", zeigt Mika sich zuversichtlich und irgendwie bin ich ihm dankbar dafür. Gerade nimmt der Pessimismus bei mir echt Überhand.
"Viel Spaß, grüß deine Freundin von mir", winke ich ihn aus meinem Zimmer raus.
"Mach ich." Er schenkt mir ein letztes Lächeln, dann ist er verschwunden. Und er hat Recht, meine beste Freundin lässt nicht lange auf sich warten.
"Pari!", rufe ich. Ich bin zu faul aufzustehen.
"Was gibt's?", reckt sie ihren Kopf durch die Tür.
"Leistest du mir Gesellschaft?", bitte ich sie schmollend.
Pari verdreht die Augen. "Lass mich doch erstmal ankommen."
"Ich will nur, dass du zu mir kommst, wenn du mit allem fertig bist", erkläre ich sanft.
Etwas milder gestimmt, nickt sie. "Bis gleich." Während Pari das Bad belegt, schnappe ich mir nochmal mein Handy. Diesmal rufe ich Tua an, der aber nicht abnimmt. Schade. Ich hätte gern erfahren, ob sein Abend gestern weniger katastrophal verlaufen ist. Aber da kann man wohl nichts machen. Eine Weile lenke ich mich mit sinnlosen YouTube-Videos ab, dann betritt Pari mein Zimmer und setzt sich zu mir. Sie trocknet mit einem weißen Microfaserhandtuch ihre langen schokoladenbraunen Haare. "Da bin ich", lächelt sie und ich betrachte sie eingehend. Auch ungeschminkt ist Pari ein hübsches Mädchen, stelle ich mal wieder fest. Ihre reine Haut, die leichten Augenringe, die eigentlich kaum auffallen. Das heiße Wasser hat ihre Wangen rosig gefärbt. Dag hat Recht, sie ist verdammt süß. Ach, apropos: "Wie sieht's eigentlich aus auf dem Single-Markt, hast du nette Exemplare gesichtet in letzter Zeit?", frage ich sie und wackle mit den Augenbrauen.
"Männer können mich mal", knurrt sie prompt. Ihre Stimmung schlägt sofort um, das Thema Liebe frustriert muss sie wirklich extrem frustrieren.
"Die würden auch alle gern", scherze ich.
"Danke, ich verzichte", lehnt sie ab.
"Warum?", stelle ich mich blöd.
"Mir geht's nicht gut. Ich bin das Problem, da brauche ich nicht zusätzlich noch irgendeinen, miesen Kerl."
"Erstens sind nicht alle Kerle mies und zweitens bist du nicht das Problem, wer hat dir das denn eingeredet?"
"Ich mir selbst."
"Hör lieber auf mich, ich gebe die besseren Ratschläge", grinse ich. "Was ist mit Dag? Ich weiß genau, dass da zwischen ihm und dir die Funken fliegen."
"Ja, und zwischen uns beiden fliegen gleich die Fetzen, wenn du nicht das Thema wechselst."
"Du weißt, dass sich deine negative Einstellung automatisch auf dein Liebesleben auswirkt. Nicht alle Männer sind Idioten, Pari", versuche ich ihr ins Gewissen zu reden.
Meine beste Freundin sperrt sich leider dagegen. "Iara, du hattest zwei Beziehungen und ich wünsche dir, dass die mit Tua bis ans Ende deiner Tage hält, aber das bedeutet auch, dass du überhaupt keine Ahnung davon hast, wie Männer sein können. Du bist an zwei großartige Ausnahmen geraten, aber du hast mit Männern nur einen Bruchteil von dem erlebt, was ich erlebt habe, und glaub mir: Du hättest wahrscheinlich auch keinen Bock mehr auf Beziehungen, würdest du in meiner Haut stecken. Ich bin diese romantische Farce so leid. Beziehungen sind anstrengend und Dating nervt."
"Beziehungen sind eine Herausforderung", korrigiere ich.
"Süße." Pari atmet tief durch. "Lass uns bitte nicht weiter drüber reden. Momentan ist echt der denkbar schlechteste Zeitpunkt dafür."
"Okay, aber friss deinen Ärger nicht in dich hinein, hörst du? Ich bin da für dich. Mika auch."
Sie lächelt matt und ich ziehe sie in eine lange Umarmung. Nachdem mehrere Sekunden vergangen sind, löse ich mich von ihr.
"Wie war's gestern beim Feiern?", will Pari wissen.
"Schrecklich", beschönige ich nichts. "Bastian und Tarik haben sich komplett abgeschossen."
Pari macht eine Trinker-Geste und sieht mich fragend an. Ich schüttle wehmütig den Kopf. "Speed."
"Das tut mir leid", sagt sie.
"Ist allein deren Schuld", gebe ich zurück und der Groll auf die Jungs schwingt noch immer in meiner Stimme mit. "Tariks Freundin wird sich wohl kaum von ihm trennen, sie liebt ihn sehr, aber sie war mal abhängig und er zieht sie mit seinem Konsum runter."
"Dann war das ein ziemlicher Arschloch-Move von ihm", bestätigt Pari nur, was ich sowieso schon denke.
"Bastian ist nicht besser, ich habe ein Foto von Julie in seinem Drogenversteck gefunden. Der schiebt die totale Krise wegen ihr, leugnet es aber."
"Meinst du denn, Julie hat noch Gefühle für Bastian?"
"Bestimmt, sie glaubt nur nicht daran, dass er sich ändern kann und das kann ich ihr nicht verübeln", grüble ich. "Hast du heute noch was vor?", frage ich sie.
"Ja, entschuldige, ich muss heute Abend in der Bar für einen Kollegen einspringen, mein Chef hat vorhin angerufen."
Ich stöhne auf und schlinge meine Bettdecke um mich wie ein Superhelden-Cape. "Was seid ihr denn alle so beschäftigt? Sonst bin ich doch immer die Beschäftigte", beschwere ich mich.
"Lässt dein Freund dich etwa auch hängen?", fragt Pari überrascht.
"Zumindest geht er nicht ans Telefon", grummle ich.
"Probier's nochmal", lächelt Pari mich aufmunternd an und ich schnappe mir auf ihr Geheiß hin mein Handy.
Diesmal werde ich nicht von der Mailbox begrüßt, sondern tatsächlich von Tua. "Hi." Er klingt bedrückt, sodass sich sofort tiefe Täler in meine Stirn fräsen.
"Hey", erwidere ich. "Was ist los?"
"Alles gut, bei dir?"
"Tua ..."
Ich höre ihn ausatmen und meine Finger krampfen sich um mein Smartphone.
"Ich bin im Studio, willst du vielleicht vorbeikommen und was aufnehmen? Wanja ist für die Vocals auf dem Album hier, ihr könntet euch mal kennenlernen."
Er hat mir ein paar Sachen von Wanja vorgespielt, als ich ihn gefragt habe, warum er ausgerechnet sie für das Album will und ich verstehe ihn seitdem vollkommen. Ihre Stimme ist wirklich wunderschön.
"Okay, wieso nicht?", stimme ich zu.
"Echt?"
Ich lache. "Dachtest du, ich bluffe, als ich dir die Aufnahmen im Urlaub versprochen habe?"
"Nein, ich dachte nur, du hast vielleicht noch andere Pläne heute."
"Nee, ich wollte dir eh von meiner Nacht erzählen." Mir entwischt ein Gähnen, das ihm gleich den ersten Hinweis darauf liefern dürfte, wie wenig erholsam die letzten zwölf Stunden für mich waren.
"Vergiss nicht, bis du hier bist, was los war", neckt er mich und ich muss grinsen.
"Garantiert nicht. Bis gleich, du Spinner."
"Yo, bis dann", verabschiedet er sich.

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