Je tiefer die Nacht, desto besser das Gespräch

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Je später der Abend, desto nüchterner werde ich. Nachdem ich mich mit Bastian hingesetzt und ihn bezüglich seiner On-Off-Beziehung zu Julie therapiert habe, bin ich auf Wasser ungestiegen. Das war Bastians Idee und es hat mir gut getan. Ich bin nicht mehr so wacklig auf den Beinen wie noch vor ein paar Stunden, als die Einweihungsparty in vollem Gange war.

Tua und ich räumen zusammen das Geschirr aus meinem Zimmer weg, da steht Pari plötzlich in der Tür. Sie hat die Arme vor der Brust verschränkt und wirkt nachdenklich.
"Hey Süße", begrüße ich sie. Ihr Kleid hat sie noch immer an, aber ihre langen Haare, die vorhin noch offen und gelockt waren, hat sie gebürstet, sodass sie zu ihrer ursprünglich welligen Textur zurückgekehrt sind, und sie anschließend zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengebunden. "Dein Verkupplungsversuch hat nicht gefruchtet", sagt sie.
Ich zucke bloß die Schultern. "Wart's ab, ich hatte das als Langzeit-Projekt angelegt." Im Vorbeigehen kneife ich sie in den Arm. "Du bist ja momentan sehr überzeugt davon, dass du keine Beziehung brauchst." Ich zwinkere ihr zu.
"Ich habe dich unterschätzt. Dag ist okay", gibt sie zu.
"Okay", wiederhole ich schnaubend. "Bedank dich bei mir, wenn sein Ring an deinem Finger steckt."
Pari lächelt. "Vorher bekommst du einen zur Verlobung, hab ich gehört." Sie boxt Tua leicht, der zwei Schüsseln in den Händen hält, eine mit Salatresten, die andere mit Chipskrümeln.
Mein Freund lacht. "Von wem?"
"Von dir!", ruft Pari ihm hinterher. "Wehe du verkackst das mit ihr!"
Tua zieht fragend eine Augenbraue hoch, aber ich nicke ernst zu den Worten meiner besten Freundin. "Sie kann grausam sein", warne ich ihn vor Paris Rache, sollte er mir wehtun, und will mit einem nassen Lappen zurück in mein Zimmer. Der Schreibtisch gehört gewischt. Doch Tua schlingt einen Arm um meine Hüfte und zieht mich zu sich, sodass ich mit dem Rücken gegen ihn gelehnt dastehe. Er küsst meinen Mundwinkel und ich lächle.
"Ich lasse mich von ihr beraten, wenn ich einen Ring für dich aussuche", meint er leise und mein Lächeln wird ein ganzes Stück offensichtlicher. Mir gefällt die Vorstellung in einem Brautkleid auf ihn zuzulaufen. Eines schönen Tages vielleicht ...

Als ich eine knappe Stunde später zu ihm ins Bett krieche, erwärmt der Gedanke mein kleines, hüpfendes Herz noch immer. Ich schmiege mich an ihn. Er hat die Augen längst geschlossen und atmet ruhig und regelmäßig, aber noch nicht so ruhig, wie er es tut, wenn er schläft. Ich küsse ihn auf die nackte Schulter und lege meinen Kopf auf seiner Brust ab. "Ich freu mich auf Heiligabend mit dir und meiner Familie", sage ich in die Stille hinein.
Ich höre, dass er schluckt und sehe auf, als er antwortet: "Ich mich auch."
Argwöhnisch sehe ich ihm in die Augen. "Was ist los?", frage ich.
"Weihnachten, Familientreffen. Das holt ein paar schlechte Erinnerungen hoch."
Er lügt mich nicht an, aber er verschweigt etwas und das, was er zurückhält hat - zumindest indirekt - etwas damit zu tun, dass er sich unwohl fühlt, das spüre ich. "Erinnerungen an Mascha?"
Er nickt. "Komm mal her", fordert er mich auf und ich bette meinen Kopf neben ihm auf dem grünen Kissen, während er unter der Decke mein rechtes Bein streichelt. "Der Urlaub ...", beginnt er, bricht aber ab. "Ich habe überlegt, ob ich sie mal nach Usedom mitnehme. Also Mascha. Kurz bevor sie sich von mir getrennt hat. Letzten Endes hat sie dieses Haus an der Ostsee nie zu Gesicht bekommen.
"Es weiß wirklich niemand davon, oder?", hake ich nach. "Von diesem Ort und dir."
"Nein."
Ich sehe ihm an, dass ihn etwas beschäftigt. Er liegt bloß da, regungslos, schließt die Augen - Und ein sanftes Lächeln legt sich auf seine Lippen. Ein Lächeln, das zwar echt ist, mit dem er aber etwas anderes überspielen möchte. Ich merke es daran, dass er kaum spürbar zittert.
"In einem Jahr, als ich noch klein war, durfte ich Vadim über die Ferien mitnehmen. Er weiß von mir und dem Bungalow; weiß von meiner Kindheit. Er allein. Dabei wollte ich es später immer der Frau zeigen, die ich liebe. Jeder einzelnen Freundin." Tua wirkt plötzlich müde. "Aber ich habe nochmal darüber nachgedacht und mich umentschieden. Das ist nur für dich, okay? Du bist die einzige Frau, der ich das je gezeigt haben werde, bis ich sterbe. Und du wirst die Einzige bleiben. Versprochen."
"Das bedeutet mir wahnsinnig viel", hauche ich.
"Ich könnte das mit niemanden sonst teilen", erwidert er.
Ich stemme mich ein Stück hoch, rutsche halb auf ihn rauf, stupse mit meiner Nasenspitze gegen seine. "Du klingst vielleicht cheesy", necke ich ihn, bevor ich ihn küsse.
"Schlaf, Iara. Ich bin müde", gähnt er und verfrachtet mich unsanft in die Löffelchenposition.
"Tua?", frage ich.
"Hm?", brummt er.
"Wann sagst du mir, was mit dir los ist?"
Daraufhin passiert aber nichts. Er antwortet mir nicht, streichelt bloß meinen Bauch, wie er es manchmal tut, bevor wir beide einschlafen.
Langsam drehe ich mich zu ihm um. "Du sagst es mir doch noch, oder?"
"Nicht jetzt", reagiert er abweisend und ich drehe mich wieder so, dass ich ihm den Rücken kehre.
"Gute Nacht", flüstere ich. Er platziert einen Kuss auf meiner Wange, der aber seine beruhigende Wirkung verfehlt. Mein Gedankenkarrussell ist auf die Höchstgeschwindigkeit eingestellt und in meinem Kopf kreist alles um die Frage, was er vor mir verbirgt.
"Tut mir leid", erklingt es hinter mir und ich presse die Zähne aufeinander. "Du willst nicht reden. Das ist schon okay. Ich versuche Verständnis dafür aufzubringen. Es fällt mir nur schwer, dich leiden zu sehen", erkläre ich.
"Ich weiß. Ich bin ein schlechter Mensch."
"Das stimmt nicht", widerspreche ich. "Schlechten Menschen geht's immer gut. Dir geht's meistens scheiße."
"Ich zieh dich runter."
"Na und?", murmle ich schläfrig.
Tua grinst und wickelt eine meiner Locken um seinen Finger. "Du bist tough."
"Dankeschön. Eine muss es ja sein." Ich nehme seine Hand, verschränke seine Finger mit meinen eigenen. "Sag's mir bald. Du hast Glück, dass ich totmüde bin. Ich stehe kurz davor durchzudrehen vor Sorge."
Er küsst mich. "Ich würde mir an deiner Stelle nicht allzu große Sorgen machen."
"Wieso nicht?"
"Weil die Welt nicht stehenbleiben wird. Egal, was geschieht."
Ich schaffe es nicht, mir das Lachen zu verkneifen. "Damit lässt sich absolut alles begründen."
Er lächelt und es hat etwas Melancholisches an sich. "Ja, stimmt", bestätigt er.
"Ist manchmal beschissen, dass die Erde sich immer weiter dreht; die Zeit immer weiter verrinnt", philosophiere ich.
"Nein, es ist nicht beschissen. Es ist sogar sehr gut." Er macht eine Pause, atmet durch ... "Es fühlt sich manchmal nur beschissen an."
Ich drücke seine Hand. "Du bist nicht allein mit deinen Gefühlen."
Tua sieht mir in die Augen, obwohl es ihn Überwindung kostet. "Wenn ich könnte, würde ich es dir sagen."
"Sag mir fürs Erste was anderes."
"Was soll ich dir sagen?"
"Such dir was aus."
"Ich liebe dich."
Ich grinse. "Der Klassiker." Mit einem zärtlichen Kuss verschließe ich seine Lippen. "Ich liebe dich auch", erwidere ich es schließlich.
Tua tippt gegen meine Nase. "Du hast eine romantische Ader, weißt du das?"
"Vielleicht hast du Recht. Wenn das romantisch ist, komme ich prima damit zurecht."
Er streicht mit dem Daumen über meine Wange. "Du öffnest dich immer mehr dafür", stellt er fest. "Ich vergesse oft, dass du nur eine Beziehung vor der mit mir hattest. War das zwischen dir und Harvey so unromantisch?"
"Nein, gar nicht. Er war sehr süß. Ich bin ihm dankbar für alles. Wahrscheinlich habe ich mich anfangs gegen Romantisches gesperrt, weil es mich an ihn erinnert hat", analysiere ich mein eigenes Verhalten.
"Mir gefällt, dass du deine Hemmungen ablegst."
"Du gibst mir keinen Grund, vor dir zuzumauern. Nicht mehr jedenfalls."
"Ich will dir nie Gründe liefern vor mir zuzumachen, ich mache das nicht mit Absicht."
"Hör auf dich zu rechtfertigen. Sich seine Schwächen einzugestehen tut meist weh und Schmerz auf Dauer erträgt niemand. Nicht mal du. Aber ab und an ist reden besser, als die Dinge nur totzudenken. Sobald du mit mir reden kannst, mach es einfach. Versprich es mir", bitte ich ihn.
"Ich verspreche es."

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