"Wir" gewinnt

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Wie Stean hat auch Tarik einen besonderen Platz in meinem Herzen, der nur ihm ganz allein gehört. Tarik und mich verbindet zwar nicht dieses unsichtbare Band der Seelenverwandtschaft; zwischen ihm und mir besteht "bloß" eine innige Freundschaft, aber Tarik nimmt sich immer Zeit für mich. Zu ihm kann ich gehen, wenn meine beste Freundin mal wieder zu überlastet mit ihrem eigenen Chaos ist. Das ist Pari leider häufiger, obwohl man davon im Grunde gar nichts mehr ahnt, wenn sie absolut ruhig und entspannt vor einem sitzt und einfach nur zuhört. Und zu Tarik verschlägt es mich auch dann, wenn ich Mikas überehrliche Sicht der Dinge gerade mal nicht ertrage. Mich stattdessen an Tarik zu wenden, hat außerdem den unbestrittenen Vorteil, dass Tua und er gut befreundet sind. Sie kennen sich eine halbe Ewigkeit. Am Anfang war Tariks umfangreiches Wissen rund um Tuas Persönlichkeit Gold wert. Er hat mir erklärt, dass ich viel Geduld aufbringen muss, wenn ich will, dass das mit ihm und mir funktioniert. Geduld ist nach wie vor nicht meine Stärke, aber ich denke, ich bessere mich langsam.
Eben weil ich Tarik so viel zu verdanken habe, sehe ich es als meine Pflicht an, ihm zur Seite zu stehen, wenn er sein Leben umkrempeln möchte. Er kann es schaffen, er ist stark und ich glaube an ihn.

Mit Paris selbstgebackenen Cupcakes stehe ich unten vor der Tür des hübschen Wohnhauses, in das er mit seiner Freundin gezogen ist. Ich drücke auf den Klingelknopf und werde kurz danach hochgelassen. Nur wenige Stufen später stehe ich bei ihm im Flur.
"Ich habe uns Kuchen mitgebracht", verkünde ich.
"Ich hoffe, den hast nicht du gebacken", grinst er.
"Hey", beschwere ich mich eingeschnappt. "Dann esse ich die Cupcakes halt allein." Noch immer knurrend wegen seiner Bemerkung bringe ich die Dose mit den Küchlein in die Küche, nehme zwei Tassen aus dem Schrank und schaue Tarik abwartend an, der im Türrahmen auftaucht. "Na was, Teddy?", frage ich ihn. "Kaffee oder Tee?"
"Tee. Sind die von Pari?" Tarik nimmt sich einen Schoko-Cupcake aus der Box.
"Ja", antworte ich, nehme ihm den Leckerbissen aber sofort wieder weg. "Noch nicht essen, deck lieber den Tisch." Ich reiche ihm zwei Teller aus dem Küchenschrank neben dem Ofen.
Mein bester Freund tut wie ihm befohlen und ich befülle zufrieden unsere Tassen mit heißem Wasser, in denen je ein Beutel Kräutertee baumelt.
"Erzähl mal von eurem Urlaub", bittet er mich und ich gebe seinem Wunsch nach.
"Es war schön dort oben an der Ostsee. Tua hat sich Mühe gegeben."
"Habt ihr geredet?"
"Ja, viel. Wir kennen die Vergangenheit des jeweils anderen jetzt. Weißt du doch, hatte ich dir schon erzählt." Ich rühre mir einen Löffel Honig in den Tee und schnappe mir eins von Paris Zuckercremetörtchen.
Tarik schluckt. "Meine Erinnerungen an die letzte Party sind ziemlich lückenhaft", gibt er dann zu und ich blinzle nur vorwurfsvoll. "Also, du hast wirklich was über Tuas Vergangenheit aus ihm rausbekommen?", meint er ungläubig.
"Er hat mir ein paar Dinge gesagt, die ich dir nicht mal eben weitererzählen kann, aber ums kurz zu fassen: Ich weiß über seine Ex-Freundinnen Bescheid und über die Frauengeschichten von früher. Er hat mir gebeichtet, dass er mich bis zur Trennung nie wirklich geliebt hat, weil er nicht konnte. Das war schmerzhaft, aber notwendig, schätze ich."
"Klingt, als hättet ihr euch wirklich mit eurer Beziehung auseinandergesetzt."
"Haben wir auch."
"Dann hast du ihm gesagt, dass du anfangs nur mit ihm geschlafen hast, um über Harvey hinwegzukommen?"
Ich beiße mir auf die Zunge. "War das denn so?", frage ich mehr mich selbst als Tarik.
"Natürlich war das so, der Liebeskummer hat dich zerfressen zu der Zeit", lässt er meine Launen von damals Revue passieren.
Nach der Trennung von Harvey hielt ich Beziehungen für ein überholtes Konzept, zumindest habe ich das den Leuten vorgelogen. In Wahrheit ging es mir dreckig, weil ich dachte, ich hätte es versaut und würde meine Fehler beim nächsten Kerl wiederholen. Dann lief mit Tua wirklich einiges schief, aber wir sind eben beide zu empathisch für den Rest der Welt; und zu egoistisch. Was habe ich denn damals anders gemacht als er? Ich war die bequemste Möglichkeit zur Lösung all seiner Probleme, als wir uns bei Universal kennenlernten und in gewisser Weise konnten wir uns gegenseitig helfen.
Ich hänge an Tua, das war von Anfang an so, aber wenn ich ehrlich bin, hing ich früher vor allem an der körperlichen Komponente unserer Beziehung. Egal welche tiefsinnigen Gespräche wir miteinander führten, mir war es immer wichtiger, dass wir im Bett harmoniert haben. Tua hat sich in mich verknallt, bevor ich mich in ihn verliebt habe.
"Das musst du ihm sagen", unterbricht Tarik meinen Gedankenfluss.
"Okay, mache ich noch", verspreche ich.
Mein Bester lächelt und ich erwidere es.
"Wo ist Jenn?", frage ich ihn.
"Arbeiten", erwidert er knapp.
"Habt ihr euch gezofft?", will ich wissen, denn ich kann den Ärger quasi riechen, den er mit seiner Freundin hatte.
"Sie kann so tough sein, aber manchmal ist sie so ein zartes Pflänzchen, dass ich nichts mit ihr anzufangen weiß. Ihre überwundene Suchtkrankheit macht es ihr unglaublich schwer, mir nicht mein Leben zu diktieren. Das nervt mich."
Ich nicke. "Ich bin die letzte Anti-Drogen-Advokatin, du weißt das. Dafür bin ich zu krass mit dem Scheiß aufgewachsen. Aber hast du dir mal die Frage gestellt, Tarik, warum ihr mich immer davor schützen wollt, mir Koks und Co. ins System zu pumpen?"
"Was soll ich dir sagen?" Er zuckt die Schultern. "Keiner von uns würde deinen Tod verkraften."
"Ich aber euren, oder wie?", entkräfte ich automatisch sein Argument. "Nimm ein bisschen ernster, was Jenn dir sagt. Du weißt, wie kacke das alles ist und wie böse das ausgehen kann. Mein Leben ist nicht mehr wert als deins, also schütz dich selbst, wie du mich schützen würdest", rate ich ihm.
Tarik schweigt, aber ich spüre, dass ich das Richtige gesagt habe. "Es wird weiß Gott nicht einfach", fahre ich fort. "Aber ich verspreche dir, wir können dich davon wegbringen." Um meinen Punkt noch zu unterstreichen, greife ich über den Tisch und nehme seine Hände in meine. "Du musst das nicht allein durchstehen. Bastian fühlt sich inzwischen auch zu alt dafür, er ist aus seinen Konsumgewohnheiten rausgewachsen, genau wie du."
"Bastian Krüger?", lacht Tarik. "Du verarschst mich doch."
"Ich vermute, es hängt damit zusammen, dass er bei irgendeiner Frau langsam ganz gern sesshaft werden würde. Stean tippt auf seine Ex-Freundin, aber bei der kriegt er keinen Fuß in die Tür, wenn er nicht mindestens drei Gänge runterschraubt", tratsche ich.
"Wo wär ich nur ohne dich?", murmelt Tarik.
"Im Rinnstein in der Gosse", beantworte ich ihm seine Frage trocken. Er weiß, wie ich es meine.

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