11. Kapitel

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Schweigend gehen wir nebeneinander her. Noch immer prasselt der Regen auf uns nieder, durchnässt unsere Sportkleidung und Haare. Klamm liegen sie an uns, aber uns Beiden scheint die Motivation zu fehlen, sie zu richten.

„Willst du wirklich ins Krankenzimmer?", fragt Ryder nach kurzer Zeit. Noch immer zittert seine Stimme, aber seine harte, ungleichgültige Miene liegt wieder auf seinem Gesicht.

Eilig schüttle ich meinen Kopf, bereue es aber, als sich wieder alles zu drehen anfängt. Reflexartig greife ich nach Ryders Arm und halte mich kurz fest. Scheiß Tramadol.

„Alles gut? Brauchst du Hilfe?" Sofort bleibt er stehen und wendet sich mir zu. Als er versteht, dass es nur kurz war, dreht er sich wieder weg.

Peinlich berührt senke ich meinen Blick und starre auf den Kies, welcher unter unseren Schuhen knirscht. „Es tut mir leid." Auch hier ist es nicht ausreichend.

„Was war überhaupt los? Dir ging es ja von Anfang an nicht gut, so wie es aussah." Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass er sich die Haare von der Stirn wischt. „Was ein scheiß Wetter!"

Ich zucke nur mit den Schultern. „Nichts. Was war bei dir los?"

Stille. Dann lacht er leise auf. „Lass uns einfach nicht über eins der beiden Sachen reden. Wir haben beide keinen Bock darauf, also lassen wir es. Okay?"

„Gerne." Erleichtert seufze ich. Das erspart mir einiges an Lügen.

„Ich würde kurz Vinz anrufen, ob er mich abholen kommt. Sollen wir dich irgendwohin mitnehmen?" Kurz beschleunigt er und zieht die Tür auf, durch welche ich hindurchgehe.

„Danke. Nein, ich komme so nach Hause." Und ich möchte mir erst recht jeglichen Kontakt mit Vinz ersparen. Mittlerweile habe ich ihn auf WhatsApp geblockt, nachdem er mir immer wieder geschrieben hat. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll, aber die Wahrheit kommt nicht infrage. Und wenn ich ihm jetzt begegnen würde wahrscheinlich wäre er sauer und würde mich all die Fragen fragen, welche er mir schreibt. Warum ich Tramadol nehme – er schien den Namen nicht vergessen zu haben -, was mit mir los war, warum ich ihm nicht antworte und wie es mir geht. Ich weiß nicht einmal, ob es besser ist, ihn im Ungewissen zu lassen, wenn er sich solche Sorgen macht. Macht ihn das noch mehr fertig, als wenn er die Wahrheit wüsste? Aber auch das wäre egal. Ryder würde es durch ihn erfahren und er scheint nicht damit umgehen zu können.

„Bei dem Regen?" Aus seiner Hosentasche zieht Ryder eine leicht durchweichte Zigarettenpackung, lässt sie aber schnell hinter einem Arm verschwinden, als uns unsere Musiklehrerin entgegenkommt.

„Hallo!", grüße ich nur, während ich mir das Lachen verkneifen muss. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie die Packung gesehen hat. Das bestätigt sich mir nur, als sie den Kopf schüttelt und mich zurückgrüßt.

Sobald sie vorbei ist, holt Ryder eine Zigarette aus der Packung und fischt aus der anderen Hosentasche ein Feuerzeug. „Willst du auch?", fragt er mit einer Zigarette im Mund, die Schachtel in meine Richtung gehalten.

„Bloß nicht. Die Dinger sind ekelhaft." Mit spitzen Fingern zupfe ich mein T-Shirt von meinem Körper, welches sich wie eine zweite Haut daran gelegt hat.

Mehrere Minuten gehen wir durch das Schulgebäude, ohne ein ersichtliches Ziel zu haben. Als wir das dritte Mal an der Cafeteria sind, biegt Ryder in sie ab und steuert auf eine Ecke zu. Die Stühle scharren über den Boden, als wir sie zurückziehen und uns auf sie sinken lassen. Kein anderer Schüler ist hier. Wahrscheinlich, da wir 8. Stunde haben und die Wenigsten in der Zeit Entfall und danach Unterricht haben.

„Sorry, dass ich damals so unverschämt gefragt habe, ob du mit mir schlafen möchtest. War nicht angebracht", fängt Ryder auf einmal an.

Verwirrt ziehe ich meine Augenbrauen hoch. Worauf möchte er hinaus? „War es auch nicht, aber ist okay. Musik machst du aber trotzdem alleine."

Bei der Erwähnung von unserer Ersatzleistung verzieht sich sein Gesicht. „Da wollte ich mit dir sowieso nochmal rüber reden. Ähm,  wie sage ich das am besten?" Sein Blick schweift durch die Gegend und als er merkt, dass ich ihn ansehe, weicht er mir noch mehr aus. „Die Datei ist irgendwie gelöscht. Deshalb musst du mir-"

Bevor er weiterreden kann, hebe ich meine Hand. „Die Datei ist zum einen zweimal auf deinem Computer und ich habe sie mir auch nach jedem Mal über IServ geschickt. Also keine Sorge, ich muss dir nicht helfen." Das fehlt mir noch, dass ich umsonst diesen Aufstand gemacht habe.

Ryder lässt den Kopf in den Nacken sinken und stöhnt genervt. Als er sich wieder nach vorne beugt, fällt ihm sein feuchtes Haar in die Stirn, welches er mit einer schnellen Bewegung wegwischt. „Okay, scheiß drauf. Ich krieg' das nicht hin, die Datei existiert noch und deine zweite Datei auch noch. Du solltest sie vielleicht in zwei unterschiedlichen Ordnern speichern, damit man wirklich nicht beide auf einmal löscht." Er lehnt sich nach hinten an die Stuhllehne.

„Hör mal, mir ist es wirklich egal, was du da machst. Du kannst das noch verändern oder nicht – dann geben wir es so ab. Aber für mich hat diese Ersatzleistung keinen Wert und ich möchte sie auch nicht alleine machen, da du mich dabei einfach nur nervst. Versuch mal dich dazu aufzuraffen, dann bekommst du es hin. Ich glaube da an dich." Bestätigend hebe ich meine beiden Daumen. Er soll es zumindest versuchen, der Rest ist mir egal. Auch wenn ich meine Krankheit ziemlich extrem ausnutze, aber die Meisten anderen haben einen Partner, der zumindest ansatzweise etwas von Musik versteht. Außerdem kann ich Ryder und Vinz nicht noch mehr verletzen, wenn ich sterbe. Und die Diagnose, dass ich noch bis kuz vor nächste Ostern habe, wirkt auf mich nicht mehr reell nach dem von Gerade.

„Ryder!"

Ich zucke zusammen, als ich seine Stimme höre. Automatisch drehe ich meinen Kopf zu Vinz, welcher starr im Cafeteria-Eingang steht und uns anschaut. Seinen einen Arm lässt er langsam sinken. Als ihm die blonden Haare in die Stirn fallen, wischt er sie schnell weg, hält den Blick aber stets auf uns gerichtet.

Unsicher verschränke ich meine Arme vor der Brust. Ich muss scheußlich aussehen in den nassen Klamotten und wahrscheinlich sind meine Haare so verzottelt, wie wenn ich aufstehe. Aber es kann mir egal sein, es ist nur Vinz. Und der hat mich wahrscheinlich auch schon deutlich schlimmer gesehen.

„Hey! Danke fürs Abholen!" Ryder schiebt seinen Stuhl zurück, welcher wieder scheußlich über den Boden kratzt. Dann nickt er zu mir. „Du kommst mit. Ich mag zwar herzlos herüberkommen, aber durch den Regen lasse ich dich nicht laufen." Auffordernd bleibt er stehen.

Unsicher huscht mein Blick zwischen ihnen hin und her. „Okay, danke. Also nur, wenn das keine Umstände macht!", schiebe ich in Richtung Vinz eilig hinterher.

Mittlerweile steht er lockerer dar und winkt ab. „Das ist kein Problem." Als ich aufstehe, schaut er mich noch immer an, wendet sich aber Ryder zu, als es zu einem unangenehmen Starren wird.

Kurz strecke ich mich, dann trotte ich in seine Richtung, wo wir uns sofort auf den Weg zu seinem Auto machen. Bevor ich Ryder aber durch die Tür folgen kann, werde ich am Arm gegriffen, weshalb ich sofort stehenbleibe und mich umdrehe. Sofort schwankt meine Welt, weshalb ich mich an der Türklinke festkralle. Mir geht es super. Er soll sich nur keine Sorgen machen. „Was ist?", frage ich leise und stelle mich etwas breitbeiniger hin, um einen besseren Stand zu haben. Es ist klar, was los ist. Warum ich ihn geblockt habe und danach die gesamten Fragen, welche er mir vorher mehrfach gestellt hat. Und hier kann ich nicht einfach ausweichen.

„Habe ich irgendetwas falsch gemacht? Habe ich eine Grenze übertreten, oder keine Ahnung, etwas gemacht, was dir absolut nicht gefallen hat?" Als er bemerkt, dass ich mich krampfhaft an der Tür festhalte, greift er nach meiner anderen Schulter. „Ist jetzt gerade alles okay, oder brauchst du Hilfe?", schiebt er vorsichtig hinten ran.

„Nein, mir geht es gerade gut. Mein Kreislauf ist nicht so gut wegen ..."

„Wegen deiner Tage?", vollendet er den Satz, für welchen ich noch eine passende Begründung gebraucht habe. Sofort nicke ich, auch wenn ich weiß, dass das nicht mehr bei ihm zieht. Nicht nach dem, was ich letztes Mal gebracht habe. Leise seufzt er und lässt den Kopf in den Nacken sinken. „Ich bezweifle, dass du überhaupt noch deine Tage hast", murmelt er. „Aber das ist mir gerade auch egal. Was habe ich gemacht? Ich habe was weiß ich wie oft darüber nachgedacht, aber ich denke, ich habe mich angemessen verhalten. Und ich mache mir Sorgen und fühle mich irgendwo auch vor den Kopf gestoßen, was, denke ich mal, auch verständlich ist. Weißt du, das letzte Bild, was ich von dir im Kopf hatte, war, wie du kaum atmen und nicht einmal mehr die Treppe runtergehen konntest. Das ist nichts, wonach man sich keine Sorgen macht."

Mein Kopf ist während seiner Rede nach unten gesunken. Was wäre, wenn ich es erzählen würde? Hätten sie dann mehr Ruhe und würden sich weniger Sorgen machen? Oder wären sie überfordert und wüssten nicht mehr, wie man mit mir umzugehen hat? Denn mein Plan, dass sie es nicht wissen, scheint momentan nicht sonderlich gut aufzugehen. Ein dummer Fehler, verdammt nochmal! Wäre ich an dem Abend doch bloß nach Hause gegangen, dann hätte er sich keine Sorgen gemacht und alles wäre gut. Aber ich musste natürlich dableiben und habe nicht über die Folgen nachgedacht! Aber genau diese Folgen ziehen weit größere Kreise, als ich es wollte.

„Mary?" Eine Hand legt sich an mein Kinn und sanft wird es hochgedrückt. Ohne es zu merken, sind mir Tränen in die Augen getreten, welche jetzt über meine Wangen rinnen. Scheiße! Ich hasse Gefühle.

Mit verschwommenen Sichtfeld schaue ich zu Vinz, welcher die Welt nicht mehr zu verstehen scheint. Schnell drehe ich mein Gesicht weg, damit er sich nicht noch mehr Sorgen macht. Bevor ich die Tränen aber wegwischen, oder mich entschuldigen kann, werde ich ein Stück zu ihm gezogen und liege in seinen Armen. Kurz möchte ich zurücktreten, lasse mich dann aber von meinen Gefühlen lenken, auch wenn ich sie verfluche. Sobald er merkt, dass ich mich entspanne und nicht mehr dastehe wie eine Statue, drückt er mich noch näher an sich, bis mein Gesicht an seine nasse Jacke gedrückt wird.

„Ist okay. Lass es einfach raus", murmelt er. Seine Finger streichen über meinen Rücken und meine Locken, malen sinnlose Formen hinauf.

Mehrere Sekunden stehen wir dort, ich weine weiter und unterdrücke ein Schluchzen. Nach kurzer Zeit schniefe ich: „Ich bin so eine Heulsuse."

Kurz danach vibriert seine Brust und ein leises Lachen ist zu hören. „Das ist mir so egal."

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