13. Kapitel

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Als ich das nächste Mal aufwache, kann ich atmen. Sehr gut sogar. Man könnte sogar sagen, besser als ich es je getan habe. Dafür wache ich wahrscheinlich schlechter auf, als ich es je getan habe. Gut, das bei Vinz liegt vielleicht gleich auf.

Mein Arzt steht vor meinem Bett, an meinen Seiten sitzen meine Eltern. Schon so wirkt es wie ein Sterbebett - die letzten Worte werden gesagt, ich werde in den Arm genommen und kurz darauf bin ich tot. Aber es hat noch nicht einmal geschneit!

„Guten Morgen, Mary!", grüßt mich Herr Dr. Klee. Dunkle Schatten liegen unter seinen Augen, aber trotz allem lächelt er mich an. „Wie geht es dir?"

Bevor ich ihm antworte, schaue ich mich um und stütze mich mit meinen Armen hoch. Es ist alles okay. Ich weiß, wo ich bin, ich weiß, was passiert ist und ich weiß, was passieren wird. Jetzt muss ich es bloß noch durchstehen, ohne zu weinen oder wieder Panik zu bekommen. Sicherheitshalber fasse ich mir ins Gesicht, aber es gehen nur zwei kleine Schläuche in meine Nase, sodass ich nicht beim Reden eingeschränkt bin. „Gut", antworte ich, schaue ihn kurz an und beuge mich dann über das Bett, um die Fernbedienung zu finden, mit welcher ich die Matratze ändern kann. Haben die das hier nicht?

„Hier, Schatz." In der Hand meiner Mutter liegt die Fernbedienung, welche ich dankend annehme. Schnell drücke ich auf den passenden Knopf und schiebe mir das Kopfkissen in den Rücken. Dann wende ich mich mit einem entschuldigen Lächeln wieder meinem Arzt zu, welcher sich bisher nicht weiter geäußert hat.

Er lässt sich auf dem Stuhl nieder, welchen er sich in der Zeit herangezogen hat, sodass wir alle ungefähr auf selber Höhe sind. „War irgendwas heute Nacht anders, was deine Atemfunktion eingeschränkt haben kann?"

Ich presse meine Lippen zusammen. Er weiß alles. Auch wenn mich das nicht verwundern sollte, da er mein behandelnder Arzt ist. Eilig schüttle ich meinen Kopf und bringe ein „Nein" hervor. Wobei ... „Ich bin ein wenig aufgeregt, da ich heute Abend auf einem Konzert spiele." Beim Gedanken an Anja, Torben und Robin muss ich lächeln, fasse mich aber schnell wieder. „Aber das sollte es nicht so sehr beeinflusst haben."

Bevor mein Arzt wieder anfangen kann zu reden, fängt mein Vater an. „Mary, du solltest deinen Freunden am besten jetzt schon absagen, dass du heute nicht kannst."

Entsetzen durchfährt mich und mit weit aufgerissenen Augen starre ich Papa an. „Das ... das kannst du nicht ernst meinen!", stoße ich hervor und schüttle danach heftig meinen Kopf. Sofort wird mir wieder schwindelig, weshalb ich für einen kurzen Moment meine Augen schließe. „Ich kann das nicht absagen!", empöre ich mich. „Sie brauchen mich und ... und wir haben uns so lange darauf vorbereitet! So viel geübt!"

„Mary, Schatz", seufzt Mama. Eine Hand legt sich auf meine, weshalb ich sie schnell wegziehe und meine Mutter anfunkle. „Wir wissen, wie viel es dir bedeutet, aber das ist dir in deinem jetzigen Zustand nicht möglich." 

In meinem jetzigen Zustand? Ich lebe! Und solange ich lebe, kann ich auf einer Bühne stehen und Gitarre spielen! Und wenn ich danach zusammenklappe und es das letzte ist, was ich mache! Vor allem kann ich sie nicht im Stich lassen!

Durch das Räuspern meines Arztes, wird unsere Diskussion unterbrochen, aber meinen Kopf verlässt sie trotzdem nicht. Ich weiß, dass es alles andere als sinnvoll ist, aber ich muss das machen! Wir haben so lange darauf hingearbeitet und nur, da ich jetzt nicht gut atmen konnte, kann ich ihnen das nicht versauen! Außerdem ist es unser letzter Auftritt zusammen ...

„Hast du in den Tagen davor bemerkt, dass du schlechter atmen konntest als sonst? Oder hat sich deine Atemfunktion weiter eingeschränkt?", fragt er weiter und mustert mich.

Langsam schüttle ich meinen Kopf, während ich an die Tage davor zurückdenke. Aber mir fällt nichts Ungewöhnliches ein.

„Hast du in letzter Zeit wieder Schmerzen gehabt in Oberbauch-, Rücken- oder Lungenregion?"
„Mitunter, ja." Auf den besorgten Blick meiner Eltern füge ich schnell ein „Das war aber nicht so schlimm" hinten ran. Das bei Vinz war deutlich schlimmer.

„Okay." Leicht lächelt er mich an und verkneift sich ein Gähnen. „Ich würde dich später noch einmal gerne untersuchen, da schaue ich spontan, wann es passt. Zudem werde ich einen Termin für einen CT machen, welcher heute noch stattfindet. Wir schauen dann auch, wie wir weiter vorgehen und ob wir etwas an der Medikation verändern.

Aber jetzt frühstückst du erst einmal entspannt, um überhaupt etwas im Magen zu haben." Mit diesen Worten erhebt er sich und stellt den Stuhl wieder an den Tisch, von welchem man eine Aussicht über den Außenbereich des Krankenhauses hat. Aber von meinem Bett aus, kann ich nicht viel erkennen.

„Darf ich aufstehen? Also nur langsam und vorsichtig natürlich." Ich kann nicht den gesamten Tag in diesem Bett herumliegen. Und wenn ich den gesamten Tag auf irgendeiner Bank sitze und friere, da wir draußen knappe zwei Grad haben.

Langsam nickt er. „Ja, darfst du. Achte aber wirklich auf deinen Körper und sobald er dir signalisiert, dass es nicht geht, lässt du es. Du kannst aber auch eine Krankenschwester rufen mit dem roten Knopf neben dir und dann kannst du um einen Rollstuhl bitten."

Suchend schaue ich mich um und antworte mit einem „Okay, danke", sobald ich den Knopf erblicke. Meine Güte, ich hätte niemals gedacht, dass ich einen Rollstuhl benötigen würde. Ich meine klar, es war zu erwarten, dass mein Körper irgendwann schwach ist, aber so schwach? Ich lasse den Blick an mir hinunterwandern und hebe leicht meine Decke an. Meine Oberschenkel sind dünn. Ich war immer zufrieden mit ihnen, sie waren ein gesundes Mittelmaß, aber mittlerweile sehe ich wirklich aus, als würde ich eine krankhaft ungesunde Diät machen.

„Wir sehen uns dann nachher." Herr Dr. Klee nickt mir zu und verlässt dann das Zimmer.

„Ich gehe zum Konzert heute Abend!", fange ich sofort die Diskussion an und verschränke meine Arme vor der Brust. Das ist nichts, wo ich mit mir reden lasse! So viel Zeit ist hineingeflossen und sie brauchen mich! Ich bin essenziell für die Lieder! Wobei es vielleicht auf YouTube Varianten von den Liedern nur auf einer E-Gitarre gespielt gibt, dann könnten sie das nutzen. Aber es würde trotzdem nicht dasselbe sein.

„Mary, du kannst da nicht hingehen. Wir verbieten es dir wirklich nicht aus dem Grund, dass wir es dir nicht wünschen - wir wissen, wie viel es dir bedeutet! Aber es ist in deinem jetzigen Zustand ... bei deiner Situation momentan nicht möglich." Mein Vater greift nach meiner Hand, aber sofort ziehe ich sie weg. Das können sie nicht ernst meinen.

„Wir haben so viel geübt", sage ich, während mir klar wird, dass ich keinen Protest mehr leisten werde. Sie haben recht, so ist es nicht. „Wo ist mein Handy?" Ich lasse meine Arme neben meinen Körper sinken. Es wäre unser letztes Konzert gewesen ... hätte ich es letztes Mal nur mehr genossen.

Mama steht auf und geht zu einem Koffer. Einem Koffer?

„Wie lange bleibe ich hier?", frage ich nach und versuche meinen Tonfall so ruhig wie möglich zu halten. In drei Tagen ist Heiligabend ...

Meine Mutter zurrt den Koffer auf und greift nach etwas. Dann kommt sie wieder zu mir, aber aus ihrem Gesicht kann ich keine Antwort lesen. Als ich zu meinem Vater sehe, senkt er den Kopf ein Stück. „Wie lange bleibe ich hier?"

Mama greift nach meiner Hand und tätschelt sie, als wäre ich ein Hund, welcher unbeholfen von einem kleinen Kind gestreichelt wird. „Wahrscheinlich für den Rest."

Ich kann mich nicht verabschieden von ihnen. Nicht einmal persönlich entschuldigen, dass ich heute nicht kommen kann! Stattdessen werde ich den Rest meines Lebens hier verbringen, bis ich irgendwann in diesem Bett einschlafen werde - wenn es denn ein so ruhiger Tod sein wird. Ich komme nicht mehr nach Hause, nicht mehr in mein gemütliches Bett, in welchem ich bis spät in die Nacht gelesen habe. So wie das Buch mit dem Badboy und dem Mädchen. Wäre es doch nur so gekommen. Dann wäre ich zwar mit einem arroganten Arschloch zusammen, aber ich würde leben. Und das auch noch deutlich länger - außer man geht von der anderen Geschichte aus, in welcher die Frau schwanger einen Autounfall hatte und gestorben ist.
„Aber es geht mir momentan doch ganz okay. Was spricht denn dagegen, dass ich morgen wieder nach Hause komme, zwei Wochen später oder so hier eingeliefert werde und dann eben hier sterbe?"

Beim letzten Wort zuckt meine Mutter zusammen. Dann schüttelt sie leicht den Kopf. „Du sollst hierbleiben. Die Chance, dass du heute gestorben wärst, war ziemlich hoch. Und hier kann man dir die passende Betreuung bieten." Sie drückt meine Hand wieder und als ich zu ihr sehe, spiegeln sich Tränen in ihren Augen. „Entschuldige Schatz." Mama fasst sich unter die Augen und wischt dort entlang. „Außerdem", setzt sie dann wieder an, „war es auch nicht das erste Mal, dass es passiert ist, oder? Und die Chance, dass dir etwas passiert, ist wirklich hoch."

Stimmt! Bei Vinz! „Ja, zweimal. Aber das ist nicht viel!"

„Zweimal?", ergreift mein Vater das Wort und schaut mich mahnend an. „Wir wurden von der Schule angerufen."

Ich schließe kurz meine Augen und lasse mich nach hinten sinken. Scheiße. Ich hatte es ihnen nicht gesagt, da ich nicht wollte, dass sie sich Sorgen machen. Aber anscheinend war es wirklich dämlich anzunehmen, dass Herr Jaff es hinnehmen würde, dass ich in seinem Sportunterricht beinahe umgekippt wäre. „Das war nicht so schlimm", murmle ich schließlich und begegne sofort den Blicken meiner Eltern. Mama schaut mich etwas enttäuscht an - ich wurde immer so erzogen, dass ich nicht lügen soll -, während mein Vater seinen Blick auf die Bettdecke senkt.

„Er meinte, du hättest dein Bewusstsein verloren."

Ich ziehe meine Unterlippe zwischen meine Zähne und verkneife mir ein Seufzen. „Ich wollte nicht, dass ihr euch Sorgen macht", murmle ich und verschränke wieder meine Arme vor der Brust.

Hier werde ich sterben ... Und das auch noch recht bald. So direkt damit konfrontiert zu werden, ist noch einmal etwas anderes als zu wissen, dass ich irgendwann in vielleicht einem Jahr sterben werde. Es hat etwas Beklemmendes, was mir Angst macht. Es ist komisch, zu wissen, dass man in nicht einmal einem Monat wahrscheinlich unter der Erde liegt und nie wieder die Menschen sehen wird, die man liebt. Und sie werden einen auch nicht mehr sehen und stattdessen vermissen.
Gleichzeitig ist da aber wieder dieses beruhigende Gefühl bei dem Gedanken, dass ich bald Ruhe habe und nicht mehr so leben muss, wie ich es gerade tue. Mit Schmerzen und abhängig von einer Atemmaschine, damit ich nicht sterbe. Aber ich habe Menschen, welche ich mag. Und Menschen, welche mich mögen ... 

Die nächsten Tage vergehen trotz der Monotonie wie im Rausch. Oder vielleicht war es genau die Monotonie, die dazu geführt hat. Anja, Torben und Robin waren überrascht, als ich ihnen geschrieben habe, haben es aber akzeptiert und ich habe versucht mich noch per Text so unauffällig wie es geht zu verabschieden. Keiner scheint es bemerkt zu haben.
Zudem wurde die Dosis von Tramadol erhöht, da meine Schmerzen immer stärker wurden. Und ich habe mich mit dem Tod abgefunden, irgendwo auch angefreundet. Mit Herrn Dr. Klee habe ich auch schon darüber geredet und er hat mir das Okay gegeben. Es war auch zu erwarten, denn der Krebs würde sich sonst immer weiter in meiner Lunge ausbreiten, weshalb ich immer mehr Schmerzen hätte.
Weihnachten war traurig. Mama und Papa sind zu mir gekommen und wir haben Brettspiele gespielt. Die Stimmung war grausam, aber ich kann es ihnen nicht übel nehmen. Wenn mein Kind im Sterben liegen würde, könnte ich mich auch nicht dazu motivieren, vor ihm glücklich zu sein.
Aber so langsam findet zumindest das Meiste seine Ordnung.

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