2. Kapitel

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„Hast du es gleich?" Als ich zu Ryder hochschaue, erblicke ich ihn, wie er an seinem Motorrad steht, sein Blick ist mehr als nur genervt. Was ist genervter als genervt? Kurz versinke ich in dem Gedankengang, dann wende ich mich wieder meinem Handy zu, um meinen Eltern zu schreiben, dass ich zu Ryder mitgehe. Schon jetzt weiß ich, dass Mama sich Sorgen machen wird und mich am liebsten Zuhause im Wohnzimmer hätte, um dauerhaft ein Auge auf mich zu haben. So, als hätte ich die Chance jede Sekunde umkippen zu können und nie wieder aufzustehen. Dass mein Herz aufhören würde zu schlagen. Das wäre wahrscheinlich sogar ein entspannterer Tod als der durch Krebs. Wenn meine Lunge versagen würde, würde ich dann ersticken? Nur vage erinnere ich mich an das Gespräch, wo wir darüber informiert wurden, was ich habe, wie es abläuft, in welchem Stadium ich bin und ob man mir noch helfen kann. Das Einzige, was mir noch im Gedächtnis hängengeblieben ist, ist, dass ich im dritten Stadium bin, aber man keine OP mehr durchführen kann, da der Tumor schon gewachsen ist. Glücklicherweise ist mein Gallengang  nicht betroffen, denn das könnte man mir durch Gelbsucht ansehen.

Schnell schicke ich die Nachricht ab und gehe dann zu Ryder. Kurz mustert er mich, dann hält er mir den Helm hin. „Bist du schon einmal Backpack gewesen?"

Ich greife nach dem Teil der Schutzkleidung und schüttle den Kopf. „Ne." Dann ziehe ich mir den Helm über, nur um festzustellen, dass er zu groß ist. Das ist einfach nur dämlich, bei einem Fremden mitzufahren. Ich habe keine Ahnung, ob er gut fährt, geschweige denn vorsichtig. Ich meine, im schlimmsten Fall sterbe ich.

Er verdreht nur die Augen. „Okay, setz' dich einfach hinter mich und halt dich fest."
Ich hebe das Visier und ziehe die Augenbrauen hoch. „So auf ganz kitschig, mit den Armen um dich herum geschlungen?"

Seine Mine verdüstert sich bloß und er setzt sich auf sein Motorrad. Kurz zögere ich – wahrscheinlich mein gesunder Menschenverstand – dann klettere ich hinter ihn. Wie auch immer das funktionieren soll, dass ich nicht herunterfalle. „Wohin sollen meine Beine?"
„Fußrasten", kommt es nur von vorne.

Ich lehne meinen Kopf zur Seite, um an den Reifen schauen zu können. Als ich etwas Pedal-ähnliches erblicke, positioniere ich meine Füße. Falls das falsch sein sollte, werde ich es bald merken.

„Halt dich fest."

„Und wo?"

„Ganz kitschig mit den Armen um mich herum geschlungen", gibt er wieder. „Oder am Sitz. Das ist aber unsicherer. Musst du für dich entscheiden."

Fünf Minuten später bereue ich meine Entscheidung, die zweite Option gewählt zu haben. Dauerhaft habe ich das Gefühl wegzurutschen, oder den Halt zu verlieren. Mit verkrampften Armen kralle ich mich fest und zähle jede Sekunde mit. Wie weit wohnt er von der Schule weg? In der Sekunde wird er langsamer und biegt auf eine Auffahrt. Sobald das Motorrad steht, nehme ich meine Arme nach vorne und schüttle sie aus. Ich fahre im Leben nicht mehr als Backpack mit, auch wenn es cool ist, auf einem Motorrad zu sitzen. Dann schwinge ich mein Bein rüber und steige so elegant wie es eine Lady eben tut ab. 

„Helm?" Ryder steht vor mir, die Hand in meine Richtung gestreckt.

Sofort streife ich den Kopfschutz ab und gebe ihn zu Ryder. Mit einer schnellen Bewegung wische ich meine braunen Locken weg, welche an meiner Stirn festkleben. Ich mag den Sommer nicht, da schwitzt man viel zu sehr. 

„Komm mit", meint Ryder und nickt mit dem Kopf zur Eingangstür. Sein Motorrad schiebt er neben sich und stellt es daneben ab. Dann greift er nach dem Schlüssel in seiner Hosentasche und schließt die Tür auf.

Sobald ich den Raum betrete, mustere ich ihn. Er ist schlicht gehalten, steril. Eine weiße Kommode, auf ihr ein Korb mit ein wenig Geld – für den Lieferanten? Oder bezahlt er seine Abenteuer? Zu meiner Linken ist eine Tür – ich vermute ein Badezimmer – und dahinter führt eine Treppe nach oben.

„Hey!" Mein Blick zuckt nach rechts. In der Tür steht ein Jugendlicher, nicht viel älter als ich. Seine blonden Haare fallen ihm ins Gesicht, weshalb er sie mit einer schnellen Bewegung wegwischt. In seiner Hand ist ein Kochlöffel, unter welchen er eine Hand hält, damit die Soße nicht hinuntertropft. Als er mich erblickt, zieht er die Augenbrauen zusammen und schaut wieder zu Ryder. „Wir hatten abgemacht, dass du heute keine mitbringst. Wir wollen zum-"

„Ich gehe mit dir nicht zum Friedhof!", unterbricht Ryder ihn augenblicklich. „Und sie ist eine Partnerin für ein dämliches Schulprojekt." Er zeigt kurz zu mir und streift sich dann die Schuhe ab. Dann schleudert er seinen Rucksack in die nächste Ecke und stellt sich vor den anderen Typen.

„Ryder, wir gehen zum Friedhof. Es ist mir egal, ob du noch verletzt bist oder sonst was, aber heute ist-"

„Ich weiß, verdammt nochmal! Ich bin nicht komplett dämlich!"

Unsicher, was ich machen soll und ob ich hier richtig am Platz bin, verschränke ich meine Arme und fange an, mir auf der Lippe herumzubeißen. Ich sollte nicht hier sein. Ich bin absolut nicht erwünscht, von keinem der Beiden. Und warum will er zum Friedhof? Ist eines seiner Elternteile vor geraumer Zeit verstorben?

„Wir essen erst einmal." Als der Blondhaarige sieht, dass ich ein Stück zur Tür gerückt bin, ergänzt er: „Du auch."

Verwundert zeige ich auf mich, auch wenn es keine andere Person gibt, die er meinen könnte.
Bestätigend nickt er und geht wieder zurück in die Küche und aus meinem Sichtfeld.

Perplex blinzle ich und streife langsam meine Schuhe ab, den Blick auf Ryder gerichtet. Er starrt gegen die leere Wand, seine Hände verkrampfen sich immer wieder. „Ich bin gleich da", murrt er und geht zur Treppe, welche er hinaufsteigt. 

Wie angenehm. Ich bin bei zwei fremden Jugendlichen Zuhause, beide mögen mich nicht und sie haben Streit. Ich hätte mir nichts Tolleres vorstellen können. Langsam lasse ich meine Tasche auf den Boden sinken und tapse in die Küche. „Wie heißt du?", frage ich, in der Hoffnung die Situation etwas aufzulockern.

Zu meinem Erstaunen scheint es zu funktionieren, denn er dreht sich um und lächelt leicht. „Vinz. Habt ihr wirklich ein Schulprojekt miteinander?"

„Ja, haben wir. Musik, wir sollen ein Lied komponieren. Frag' mich nicht, ich verstehe auch nicht, was es bringen soll, aber es ist eine Ersatzleistung, dementsprechend sollten wir es machen. Ich bin übrigens Mary." Kurz nicke ich ihm zu, dann schaue ich mich um. Auch hier zieht sich das Sterile weiter durch – die Arbeitsflächen sind weiß, kaum etwas steht auf ihnen. Nur eine vollgestaubte Kaffeemaschine und eine Mikrowelle.
Als ich einatme, nehme ich den Geruch von Nudelsoße wahr. Auf der Kochplatte steht eine, daneben ein Sieb mit Fussili. Darf ich das essen? Oder hat das zu viel Fett? Eigentlich nicht, oder? Ich meine, es ist Tomatensoße, das Einzige was fettig ist, ist das Fleisch in ihr. „Nur, um das klarzustellen; es ist absolut kein Problem für mich nach Hause zu gehen, wenn ich gerade störend bin. Also nicht, dass du dich jetzt unter Druck gesetzt fühlst, mich hier zu bewirtschaften."

Vinz dreht sich zu mir und zuckt mit den Schultern. „Alles super, ist kein Ding. Er hat es wahrscheinlich absichtlich so geregelt, dass du heute mitkommst, damit du eben so", er knickt seine Finger zu Anführungszeichen, „störend bist." Leise seufzt er und dreht sich wieder zur Kochplatte. Mit dem Löffel rührt er kurz in der Pfanne und macht den Herd schließlich aus. Gerade, als er wieder zum Reden ansetzen möchte, kommt Ryder wieder ins Zimmer, der Geruch des Rauches um ihn herum hat sich verstärkt. Seine Augen glänzen, aber er verzieht keine Mine.

„Wir essen oben", beschließt er, den Blick auf mich gerichtet. „Nimm dir."

Erneut schaue ich zum Essen. So lecker es auch sein mag ... aber ich werde höchstens eine kleine Schale essen können, sonst übergebe ich mich wahrscheinlich. „Ich hab' keinen Hunger, aber danke." Ich lächle Vinz entschuldigend an, aber er senkt bloß den Blick. 

„Mein Gott, achtest du etwa so sehr auf dein Gewicht?", kommt sofort ein Kommentar von Ryder.
Vinz' und mein Kopf rucken augenblicklich zu ihm. „Entschuldige bitte?", brause ich sofort auf.

„Ich bin einfach satt, da ich in der Pause erst gegessen habe. Abgesehen davon, ist es einfach nur unhöflich, so etwas zu sagen – und respektlos erst!" Ich spüre, wie in mir die Wut aufflammt. Ja, ich achte auf mein Gewicht, und zwar darauf, dass ich nicht noch mehr abnehme. Aber was fällt ihm ein?

„Klar", kommt es von Ryder zurück und er verdreht die Augen. „Mach' was du denkst." Abwehrend hebt er die Hände und geht zum Schrank, um einen Teller hinauszuholen und sich selber aufzufüllen. Dann wendet er sich ab und verlässt die Küche.

Im Augenwinkel sehe ich Vinz den Kopf in den Nacken legen. „Es tut mir leid, er-"

„Bitte entschuldige du dich doch nicht! Dann fühle ich mich wirklich schlecht." Durch ein leichtes Lachen, versuche ich die Stimmung aufzulockern. „Ich nehme mir zwischendurch einfach etwas, wenn das passt." Ich werfe einen Blick zu den Nudeln, von welchen noch mehr als eine Portion über ist. Für wen hat er noch gekocht? Oder esse ich der Person dann etwas weg?

„Klar, liebend gerne." Er lächelt zurück. „Du kannst dir auch etwas mitnehmen für Zuhause, falls du möchtest. Ich dachte, ich komme mit den Nudeln hin, aber irgendwie war es zu viel." Er drückt sich vom Küchentresen ab. „Ich wünsche dir dann viel Glück bei dem Schulprojekt. Und hauptsächlich bei der Zusammenarbeit mit Ryder. Nimm' es ihm bitte nicht übel, wenn er etwas gereizt ist, er ..." Vinz verstummt. „Nimm es ihm bitte einfach nicht übel." Schwach zieht er seine Mundwinkel nach oben, aber das Lächeln komt nicht bei seinen Augen an.

Erst jetzt fallen mir die Ringe unter ihnen auf, welche sein Gesicht prägen und ihn noch bleicher aussehen lassen. Ist alles okay? Oder ist es der Grund, weshalb er zum Friedhof geht? „Ich schau' mal."

Er nickt und geht an mir vorbei zur Tür. „Dann dir noch einen schönen Tag, ich muss jetzt weg. Hat mich gefreut, Mary." Er hebt kurz seine Hand, dann verschwindet er aus meinem Sichtfeld.
Sofort kommt mir wieder Ryders Spruch in den Kopf. Achtest du etwa so sehr auf dein Gewicht? Was hat er für ein Problem? Selbst wenn ich in der Art und Weise darauf achten würde, wie er es meint, würde es ihn herzlich wenig angehen! Wütend schnaube ich. Ich hoffe, wir kriegen die Partnerarbeit schnell durch, denn noch öfter möchte ich mir das nicht anhören müssen.

Kurz nachdem die Haustür ins Schloss gefallen ist, wage ich mich nach oben. Alle Türen sind zu, kein Zeichen, wo Ryders Zimmer ist. Warum geht er auch vor? Denkt er, ich habe einen Plan von seinem Haus? Das würde wirklich komisch herüberkommen ...

In dem Moment wird eine Tür zu meiner Rechten aufgerissen, Ryder lehnt gegen den Rahmen. Oh, das ist wie die Szene in dem Buch! Nur, dass er das Mädchen dabei zu sich gezogen und dann dagegen gepinnt hat. Und dass es in meiner Vorstellung sehr viel heißer aussah, als hier. Ich meine, er sieht nicht schlecht aus, aber wie jemand, der eine Beziehung haben könnte, wirkt er nicht. Gott, ich brauche wirklich mehr Schlaf.

„Willst du auch reinkommen?"

Ich verkneife mir den Kommentar, dass ich eigentlich nur nach Hause möchte. Das ist die nächste Szene. Ich presse meine Lippen aufeinander, um nicht zu grinsen. Er ist der perfekte Vorzeige-Badboy. 

Er verdreht die Augen und stößt sich von dem Rahmen ab, um zurück in sein Zimmer zu gehen. Mit leicht schlurfenden Schritten folge ich ihm und schlage die Tür hinter mir zu.
Das wird interessant werden.

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