8. Kapitel

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Mir ist wieder eingefallen, woher mir der Name Tess bekannt vorkommt. Nicht einmal eine Woche nach den Ferien gab es eine Durchsage, ich hatte währenddessen an der Einleitung für eine Gedichtsinterpretation gesessen. Wir wurden zu einer Schweigeminute aufgefordert, da Tess von uns gegangen war. In meiner Klasse war es ruhig - totenstill. Ich hatte nach vorne geschaut, wusste nicht einmal, für wen diese Schweigeminute war. Denn gekannt hatte ich niemanden mit dem Namen. 

Aber noch bevor die Minute um war, waren drei Leute aufgestanden und nach draußen gestürmt, das nackte Entsetzen auf ihren Gesichtern. Bill, Mo und Connor. Ich kannte sie nicht richtig, bestimmt habe ich ein paar Mal mit ihnen Partnerarbeit gemacht, aber darüber ging es nicht hinaus. Unsere Lehrerin hatte sie warnend angeblickt, aber das hatten sie nicht mehr mitbekommen, denn vorher war die Tür schon zugefallen. Die nächste Woche kamen sie nicht zum Unterricht - Erkältung hieß es. Kurz danach wechselten Mo und Bill die Schule, von Connor nahm man immer eine Alkoholfahne wahr. Was danach mit ihm passierte, weiß ich nicht.

Ich lasse mein Buch sinken und drehe mich auf die Seite. Er hat sie gesehen, wahrscheinlich blutüberströmt ... hat er einen Therapeuten? Ich hätte Vinz fragen sollen, damit ich mir nicht so viele Gedanken mache. Und wo passen Mo, Bill und Connor in das Bild?

Weshalb begeht man Suizid? Ich hebe meine Hände, um Gründe aufzuzählen, aber lasse sie sofort wieder sinken. Was sind Gründe, warum man Suizid begeht?

Ich drehe mich auf die andere Seite, greife nach meinem Handy und suche danach. "Keine Last mehr sein wollen", "Nicht mit dem Schmerz leben können". Waren das die Gründe?

Als ich weiter runterscrolle, halte ich inne. Mobbing. Ich setze mich auf, strample meine Decke von mir herunter und starre meine Wand an. Haben Connor, Mo und Bill sie gemobbt und sie sich deshalb umgebracht? Oder ist das irgendein Hirngespinst, welches ich mir ausgedacht habe und mir jetzt das passende Bild dazu male? Aber es ergibt Sinn! Ryder ist auch auf meiner Schule gewesen in der Zeit, die drei sind für eine Woche verschwunden, da sie sich geschämt haben? Ich meine, sie werden ziemlich entsetzt gewesen sein, dass Tess sich umgebracht hat, wenn sie sie gemobbt haben. Und dann konnten sie Vinz nicht mehr in die Augen sehen - oder er hätte sie zusammengeschlagen - und haben die Schule gewechselt, oder sind verschwunden. So muss es gewesen sein! Mein Gott, was waren das nur für Menschen in meiner Klasse?

Ich lasse mich wieder zurück auf mein Bett sinken und ziehe die Beine an mich heran. Vinz hat den Tod seiner Schwester noch nicht verarbeitet, stattdessen frisst er es in sich hinein ... als was sehen mich die Beiden? Denn ich werde sterben und sie im schlimmsten Fall verletzen. Ich meine, was ist das mit Vinz und mir? Immer, wenn ich bei ihnen war, war da etwas zwischen uns. Aber im besten Fall nehme nur ich das wahr und ich bin für ihn irgendeine Bekannte, bei welcher es egal ist, ob sie am Leben ist oder nicht. Aber hätte er mir dann das mit Tess anvertraut? Sagt man irgendeiner Person, welche man als Bekannte sieht, dass die eigene Schwester Suizid begangen hat? Oder war es, da er mit jemandem darüber reden musste, um nicht unter der Last zusammenbrechen, welche ihn wahrscheinlich immer weiter hinunterdrückt?

Erneut schalte ich mein Handy an, schaue auf die Uhrzeit. 23:12. Ich könnte ihm schreiben und dann festlegen, was ich machen möchte. Aber wie formuliert man das am besten? 'Hey, als was siehst du mich eigentlich?' Dann denkt er wahrscheinlich, dass ich etwas von ihm möchte. Ich entsperre mein Handy und öffne WhatsApp, damit ich mich überhaupt überwinden kann, ihm zu schreiben. 'Hey, wie geht's dir?' Und danach dann unauffällig einfädeln, als was er mich sieht? Aber wie? Ich lege mein Smartphone auf meinen Bauch. Das Gute ist, ich könnte es über Ryder einfädeln, indem ich sage, dass ich keinen Nerv mehr auf das Musikprojekt habe und wir deshalb keinen Kontakt mehr haben. Er würde wahrscheinlich auch nicht nachfragen und es einfach hinnehmen. Theoretisch könnte ich Musik trotzdem Zuhause fertigmachen, damit wir ein Endergebnis haben. Das wäre dann auch meine Begründung, weshalb ich mit Vinz keinen Kontakt mehr hätte – wir kennen uns nur durch Ryder und haben nur über ihn Kontakt.

Ich zucke zusammen, als mein Handy vibriert und einen Ton von sich gibt. Sofort hebe ich es an und schaue mit zusammengekniffenen Augen, wer mir geschrieben hat. Erst nach kurzer Zeit realisiere ich, dass eine neue Nachricht in Vinz und meinem Chat ist.

„Hey, ich habe gesehen, dass du noch wach bist und wollte dich bloß fragen, wie es dir geht? :)"
Ich schaue zu den Haken, welche blau sind. Er weiß, dass ich auf seinem Chat war! „Gut, danke dir! Wie geht es dir denn?", schreibe ich zurück, während ich merke, wie mir das Blut in den Kopf steigt. Eilig ziehe ich meine Decke ran und vergrabe meinen Kopf in ihr. Vorsichtig spähe ich hervor und erstarre, als mein Handy wieder brummt. 

„Auch ganz okay, ich möchte nicht mehr lernen ... Schule war so viel angenehmer, was das anging."

„Das empfinde ich als Lüge. Wie lange sitzt du denn schon dran?"

„Glaub mir, falls du mal studieren solltest, wirst du positiv über die Zeit denken."

Ich kann mir nicht verkneifen meine Augen zu verdrehen. Aber trotzdem bildet sich ein Lächeln auf meinem Gesicht und schnell tippe ich: „Das klingt, als wärst du über 30 und würdest mich belehren wollen, dass die Teenager-Jahre die Schönsten seien."

„Knappe vier Stunden denke ich mal. Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung. - Autsch xD Das verletzt mich jetzt mit meinen 20." Bildlich kann ich mir das Lächeln auf seinem Gesicht vorstellen, die leichten Grübchen, welche er dabei hat und die Lachfalten an den Augen. 

Auch ich kann mir nicht das Grinsen verkneifen, räuspere mich aber, als ich merke, wie kindisch ich mich benehme und versuche, eine ernste Miene zu ziehen, welche nur noch mehr dafür sorgt, dass ich aufpassen muss, nicht loszulachen. Meine Güte, so lustig ist das nicht einmal! 

„Du kommst morgen wieder zu uns, oder?", schreibt er sofort weiter.

Bei der Erinnerung daran stöhne ich genervt auf. Da war etwas. Nicht, dass ich mich nicht freue ihn zu sehen, aber das ist nicht der Grund, weshalb ich da bin. „Jap, Musikprojekt mit Ryder mal wieder."

„Wie kommt ihr da eigentlich voran?"

„Frag bloß nicht. Ich meine, wir haben schon einen Teil, aber so langsam drehe ich durch. Will jetzt aber auch nicht so schlecht über ihn reden, er ist immer noch dein Bruder."

„Alles gut. Soll ich für dich mitkochen oder nicht?"

Bevor ich seine Nachricht gelesen habe, antworte ich: „Wann soll ich überhaupt da sein?"

„Kannst gerne um 17 Uhr kommen, dann essen wir erst einmal und danach könnt ihr arbeiten."

„Was kochst du denn?"

„Gute Frage xD Wahrscheinlich etwas Einfaches wie Nudeln mit fertiger Tomatensauce."

„Oh, also was richtig Exquisites."

„Klar, bei mir immer. Du kannst aber auch gerne kochen."

„Das willst du dann aber nicht essen, glaub mir. Kochen ist keine meiner Stärken xD Aber ich bin mir sicher, dass es schmecken wird."

Ich lasse mein Handy sinken, als erst einmal nichts kommt. Dann erst realisiere ich, dass ich die gesamte Zeit über gegrinst habe, wie ein Teenager, welcher komplett besessen von jemandem ist und für den ein Licht aufgeht, sobald die Person einem schreibt. Bin ich so? 

„Ich muss jetzt leider auch wieder zurück ans Lernen und du solltest schlafen."

„Dafür ist mein Buch zu gut. Aber ich wünsche dir noch ganz viel Spaß beim Lernen."

„Danke dir, sehr freundlich. Dann viel Spaß noch beim Lesen! Wir sehen uns morgen!"

„Bis morgen!" Kurz schaue ich noch mit einem Lächeln auf mein Handy, dann schalte ich es aus und greife nach meinem Buch.


Leise seufzend lasse ich meinen Kopf in den Nacken sinken und stoße ein leises „Au!" aus, als ich gegen die Lehne vom Holzstuhl haue. Wir haben zwei Uhr nachts, Ryder liegt in seinem Bett und schreibt mit irgendwem und ich möchte bloß nach Hause. Aber ich kann nicht, denn vorher muss ich noch klären, dass ich keinen Kontakt mehr haben möchte - irgendwo auch nicht kann. Denn als ich gestern mit Vinz geschrieben habe, wurde mir klar, dass ich wahrscheinlich nicht nur eine Bekannte bin. Und heute haben wir das Gespräch weitergeführt, uns gegenseitig geneckt. Das ist nichts, was man nur mit Bekannten macht. 

„Willst du eigentlich bald nach Hause?", höre ich Ryder hinter mir, weshalb ich die Kopfhörer abnehme und mich zu ihm drehe.

Ich muss es jetzt machen, sonst ist es zu spät. Sonst verletze ich Vinz, wenn ich sterbe und das ist nichts, was ich machen möchte.

„Ich wollte eigentlich schon vor vier Stunden nach Hause", entgegne ich und lege das Headset auf den Schreibtisch. Dann atme ich tief durch, versuche meine Überwindung zu sammeln. Als ich aber ansetze, um zu äußern, dass es so nicht weitergehen kann, fängt er an zu reden.
„Warum bist du nicht vor vier Stunden nach Hause gegangen?"

„Du solltest dich freuen, dass ich Musik überhaupt mache!", gifte ich zurück und verschränke meine Arme vor der Brust. Was fällt ihm ein? „Darüber wollte ich mit dir reden. Ich habe hierauf keinen Bock mehr, wenn ich die gesamte Arbeit machen möchte. Deshalb kannst du gerne zusehen, wie du es schaffst, denn mein Problem ist es ab jetzt nicht mehr." Lügen. So viele Lügen. Musik ist immer noch mein Problem, denn ich werde es Zuhause fertig machen. Und ja, ich habe keinen Nerv mehr, dass ich die ganze Arbeit machen muss, aber so schlimm ist es nicht. Es sind pure Lügen, welche ich hier erzähle.

„Was bekomme ich dafür?" Ryder lässt sein Handy sinken und schaut mich mit hochgezogener Augenbraue an.

„Was? Wie, was bekommst du dafür? Ein halbfertiges Musikprojekt, bei dem du die andere Hälfte machen wirst!" Was denkt er, wer er ist? Ich beiße meine Zähne zusammen, um ihn nicht noch mehr anzuzicken. Eine Zicke im Raum reicht.

„Und was, wenn nicht?" Seine Lippen verziehen sich zu einem amüsierten Lächeln.

„Dann haben wir nur das halbfertige und haben eine schlechte Note."

„Und du - die Musik-Spitzenkandidatin - nimmst eine schlechte Note hin? Also komm, wenn du mich dazu zwingen möchtest, brauchst du bessere Argumente", entgegnet er mit einem belustigten Unterton.

„Hör mal, mir ist diese eine Note scheißegal. Aber soweit ich weiß, hast du schon Probleme, überhaupt fürs Abitur zugelassen zu sein, weshalb du zumindest in dem Halbjahr in Musik keinen Fehlkurs riskieren solltest, oder?"

„Unter einer Bedingung mache ich es."

„Und die wäre?"

„Du schläfst mit mir."

Ich breche in schallendes Gelächter aus und halte mir meine Hand vor den Bauch. Erst, als ich realisiere, dass wir ein Uhr haben, kann ich mich zusammenreißen und schaue ihn mit einem Grinsen an.

Aber er erwidert es nicht, schaut mich bloß todernst an.

„Das war ernst gemeint?", bringe ich hervor, während ich mir noch immer das Lachen verkneifen muss. „Scheiße, ich habe noch nie so eine schlechte Anmache gehört. Und das auch noch von dir, dem", ich lasse meine Hände einen Bogen machen, „berühmt-berüchtigten Frauenheld."
Stille. Irgendwie scheint er die Situation nicht so lustig zu finden, wie ich. „Okay, ich versuche mal ganz ernst zu sein. Nein, werde ich nicht." Ich presse meine Lippen zusammen, um nicht wieder zu grinsen. Dass er realitätsfern ist, wundert mich nicht, aber dass er so realitätsfern ist? Meine Güte. Läuft das auch in meiner Badboy-Geschichte so ab, dass er sagt „Du schläfst mit mir" und sie ihm danach verfällt, da er ja so attraktiv, sexy und was es noch für Adjektive gibt ist?

„Okay."

"Was? Hast du jetzt eine feste Meinung oder nicht?"

„Ja, habe ich. Aber ich berühmt-berüchtigter Frauenheld", er macht meine Armbewegung nach - schlechter als ich sie gemacht habe, „habe keine Lust jetzt mit dir darüber zu diskutieren, denn ich werde deine Meinung nicht übergehen."

„Was für ein Gentleman du doch bist", antworte ich augenverdrehend. „Das ist das Mindeste", schmeiße ich trocken hinterher. „Wie auch immer, ich mache Musik nicht mehr weiter, das machst du - oder auch nicht, ist dein Problem -, weshalb ich dir noch ein wunderschönes Leben wünsche und jetzt nach Hause gehen werde." Ich stehe auf und greife nach meinem Rucksack, um meine Sachen einzupacken.

„Ich werde Musik nicht machen." Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass er sich hinsetzt und sein Handy hingelegt hat. Jetzt konzentriert er sich auf mich? Ich hätte immer so einen Aufstand machen sollen.

„Okay." Gemütlich stecke ich meinen Collegeblock in den Rucksack und strecke mich. Jetzt muss ich noch zurücklaufen! Bei dieser Dunkelheit und ein paar Grad. Warum war mein altes Ich so dumm und hat sich nicht vorher dazu überwunden?

Als ich meinen Rucksack fertig gepackt habe, hebe ich meine Hand, wünsche noch kurz eine Gute Nacht. Dann mache ich die Tür hinter mir zu. Das hat besser funktioniert, als ich gedacht habe. Aber bevor ich jetzt nach Hause gehe, brauche ich dringend Kaffee.

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