20 - Spur des Schweigens

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Es war ein grauer, regnerischer Freitagabend - ein ungewohnt ungemütliches Wetter für Mainfranken zu dieser Jahreszeit. Jan Böhm fuhr durch das Gewerbegebiet Würzburg-Ost, das zu dieser späten Stunde nicht mehr die volle Geschäftigkeit zeigte. Die Straßen waren nass und glänzten im fahlen Licht der Straßenbeleuchtung.

Böhm dachte an seinen Kollegen Rose, der sich gerade als Personenschützer versuchte, mit einer bildschönen Politikertochter. Vermutlich irgendwo im Ausland bei hoffentlich besseren Wetter. Böhm erwischte sich dabei, wie das Bild von Rose und Janine Schöne, das Engelhardt erschaffen hatte, sich in seinem Kopf eingenistet hatte: Rose am Schäkern mit einer Bikini-Schönheit auf einer Sonnenliege am Sandstrand. Die Vorstellung konnte kaum überspitzter sein und dennoch stand sie im krassen Kontrast zu diesem Sauwetter hier im Gewerbegebiet. Statt eines Sonnenbades erwartete Böhm nun vermeintlich eine weitere Episode fadenscheiniger Erklärungen, wieso man sich nicht verantwortlich für den Tatort fühlte und daher die Schuld für den Mord an Jessica Meininger an das nächste Glied in der Kette weiterschob.

Böhm wurde das Gefühl nicht los, dass Engelhardt ihm die zermürbendere Seite der Ermittlung überlassen hatte.

Die Sicherheitsfirma war in einem Gebäude aus Backsteinen und Blech untergebracht, das offensichtlich bereits seine besten Jahre hinter sich hatte. Böhm parkte seinen Wagen auf dem nahezu leeren Parkplatz und stieg aus. Der Regen prasselte auf seine leichte Steppjacke, während er hastig zum Eingang schritt.

Also, auf ein Neues!, dachte er sich, als er das Gebäude durch eine Glastür betrat und sich in einer kleinen, dunklen Lobby wiederfand. Eine junge Rezeptionistin saß hinter einem großen Schreibtisch und blickte auf, als er eintrat. Sie lächelte höflich und fragte, wie sie ihm helfen könne.

„Ich bin Kommissar Böhm", sagte er und zeigte seinen Ausweis. „Ich habe einen Termin bei Herrn Fröhlich."

Die Rezeptionistin nickte und wies ihn an, einen Moment zu warten. Sie nahm den Hörer ab und wählte eine interne Nummer. Nach einem kurzen Gespräch legte sie auf und teilte Böhm mit, dass er erwartet werde.

„Nur durch diese Tür hindurch und dann am Ende des Ganges die linke Tür", wies sie ihn an.

Böhm bedankte sich und folgte ihren Anweisungen. Während er durch den Gang schritt, hatte er ein Déjà-vu, denn dies war nun schon das dritte Bürogebäude, das er binnen weniger Tage aufsuchte mit dem Ziel herauszufinden, wer Zutritt zum Gelände in der Nürnberger Straße gehabt haben könnte und wieso es niemanden aufgefallen war, dass dort eine junge Frau ermordet wurde. Die Gänge der verschiedenen Bürotrakte wirkten auf ihn wie ein endloses, wirres Labyrinth, das es ihm unmöglich machte, den Mordfall aufzuklären.

Als er die beschriebene Tür erreichte, erwartete ihn schon Herr Fröhlich, der Vorarbeiter der Sicherheitsfirma.

„Hallo Herr Kommissar! Es tut mir aufrichtig leid, dass ich nicht schon eher Zeit gefunden habe!"

„Ich grüße Sie, Herr Fröhlich. Wir hatten bereits telefoniert, nicht wahr?"

„Das ist richtig."

„Dann wissen Sie ja bereits, dass ich hier bin um einige Ermittlungen anzustellen."

„Ja, genau. Auf welchem Gelände sagten Sie nochmal, ist der Mord geschehen?"

„In der Nürnberger Straße. Auf dem alten Gelände der Firma Wuschnik Glas."

Wuschnik Glas? Ich kenne das Gelände, aber da sind wir gar nicht zuständig!" Der Vorarbeiter schüttelte den Kopf, als ob er die Absurdität der Situation selbst nicht fassen konnte.

„Wie Sie sind nicht zuständig? Sie arbeiten doch für Bobrow, oder etwa nicht?" Böhm konnte seine Ungläubigkeit kaum verbergen. Er hatte fest damit gerechnet, dass die Sicherheitsfirma, die für Bobrow arbeitete und ihm auch von ihm persönlich genannt worden war, auch dieses Gelände überwachte.

„Ja, sicher arbeiten wir für Bobrow. Wir sichern Objekte in Kitzingen, Marktbreit, Werneck und Rimpar. Aber hier in Würzburg haben wir nichts, dass Bobrow gehört." Der Wachmann zuckte mit den Schultern, als ob dies die einfachste Erklärung der Welt wäre.

Diese Aussage passte nicht zur Aussage von Eugen Bobrow. Böhm wusste nicht, was er nun glauben sollte. War Bobrow nicht ehrlich zu ihm gewesen? Oder wusste der Sicherheitschef einfach nicht Bescheid?

„Unfassbar!", stieß Kommissar Böhm fassungslos hervor. „Sie wollen mir also erzählen, dass das Gelände der Wuschnik Glasfabrik, wo kürzlich ein Mensch ermordet wurde, komplett unbewacht war?"

Der Wachmann der privaten Sicherheitsfirma zuckte erneut mit den Schultern. „Wie ich Ihnen schon sagte, Herr Kommissar. Wir sind dort nicht im Einsatz. Für die Objekte in Würzburg muss eine andere Sicherheitsfirma unserer Firmengruppe zuständig sein."

Böhm kämpfte mit seinem Ärger. „Aber Bobrow hat mir versichert, dass Sie sein Firmengelände bewachen."

„Das stimmt wohl, Herr Kommissar," erwiderte Herr Fröhlich geduldig. „Aber das Firmengelände in der Nürnberger Straße gehört nicht dazu. Da hatten wir noch keinen Auftrag."

Böhm lief die Stirn glühend rot an. „Also hätte der Mörder freie Bahn gehabt, weil niemand für die Sicherheit des Geländes verantwortlich war? Einfach unglaublich!"

Der Wachmann schwieg bedrückt. Ihm war die missliche Situation sichtlich unangenehm. Böhm hingegen versuchte, seinen Frust zu kanalisieren. „Wo finde ich denn jetzt die Kollegen, die für dieses Objekt zuständig sind?"

„Das kann ich Ihnen leider nicht sagen," bedauerte der Sicherheitschef. „Unsere Zentrale in Nürnberg könnte das wissen. Aber die haben jetzt schon Feierabend."

Böhm stieß einen tiefen Seufzer aus. „Na toll. Dann muss ich wohl bis Montag früh warten."

Er bedankte sich bei Herrn Fröhlich und verließ das Gelände der Sicherheitsfirma mit einem mulmigen Gefühl im Bauch. So viele offene Fragen und keine zufriedenstellenden Antworten. Er hatte erneut seine Zeit völlig verschwendet! Was war hier nur los?

Zunächst einmal musste er Bobrow kontaktieren. Der hatte ihm offensichtlich etwas verschwiegen. Böhm holte sein Handy raus und wählte Bobrows Nummer. Doch anstatt anzuspringen, meldete sich die Mailbox. Böhm versuchte es mehrmals, aber ohne Erfolg.

Frustriert steckte er sein Handy wieder ein. Er musste etwas unternehmen, er konnte doch nicht bis zum nächsten Montagmorgen warten.

Er überlegte fieberhaft, was er als nächstes tun sollte. Vielleicht könnte er die Zentrale in Nürnberg direkt anfahren und dort jemanden erreichen. Oder er könnte versuchen, andere Kontakte innerhalb der Sicherheitsfirma aufzuspüren. Irgendetwas musste er tun, um diese Sackgasse zu überwinden.

Böhm entschied sich, zurück ins Präsidium zu fahren und dort weitere Nachforschungen anzustellen. Vielleicht gab es in den Akten Hinweise auf die zuständige Sicherheitsfirma oder andere relevante Informationen. Er startete den Motor seines Wagens und fuhr los, die Gedanken rasten in seinem Kopf. Die Nacht würde lang werden, aber er war entschlossen, Antworten zu finden.

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