7 - Willkommen zuhause

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Nur wenige Kilometer südlich von der Polizeiinspektion fuhr ein weißer Audi Q3 von der A3 über die Abfahrt Heidingsfeld in Richtung Stadtzentrum. Am Steuer saß Janine Schöne, eine bildhübsche, junge Frau mit langen, blonden Haaren. Neben ihr auf dem Beifahrersitz saß Jörg Zimmermann, einem befreundeten Fotografen, der sie zu einem zweitägigen Event nach Frankfurt am Main begleitet hatte. Als sie etwa auf Höhe des Kickers-Stadion waren, bot sich ihnen ein herrlicher Blick auf die Silhouette der Stadt: Vor ihnen am Horizont windeten sich die vielen Mehrfamilienhäuser des Frauenlands den Neuberg hinauf, nur ein paar Kirchtürme stachen aus dem Meer an Hausdächern hervor. Ganz im Hintergrund konnten sie noch den 1915 erbauten Kamin des Universitätsklinikums ausmachen, der mit seiner grünen Krone und seiner stattlichen Höhe von 64 Metern das Stadtbild maßgebend prägte.

Beim Anblick ihrer Heimatstadt huschte Janine ein Lächeln über das hübsche Gesicht. Sie war zwar viel in der Welt unterwegs, aber nach Hause zu kommen, war immer wieder etwas schönes und fühlte sich gut an. Würzburg war für sie die perfekte Stadt: Groß genug, um eine gute Infrastruktur und ein vielfältiges Kulturangebot zu bieten, aber noch klein genug um entspannt zu leben. Dazu kam noch viel Natur und die malerische Landschaft. Die Bevölkerung war vielschichtig, aber niemals eine anonyme Masse. Man konnte hier noch durchaus zufällig seine Bekannten und Freunde beim Stadtbummel treffen und spontan ein Pläuschchen halten. Würzburg sei ein großes Dorf, sagten viele und dem konnte sie nur zustimmen.

Andere Social-Media-Stars waren längst abgewandert nach Berlin oder Köln. Sie selbst war hier geblieben, einerseits wegen der Nähe zu ihrer Familie und andererseits weil die Lage in der Mitte von Deutschland und vor allem die Nähe zu den Autobahnen A3 und A7 ihr ermöglichten sehr schnell zu allerhand Events reisen zu können. Die Einladungen zu solchen Events hatten sich in den letzten Monaten gehäuft - eine Bestätigung, dass Janine auf der Erfolgsspur war und ihre Karriere in die gewünschte Richtung verlief.

Janine strich sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht, während sie überlegte, was sie heute noch alles erledigen musste.

Erst müsste sie Jörg absetzen, dann zuhause ihre Koffer auspacken, ein Video vom Fashion-Event schneiden, dann noch eine Yoga-Session drehen. Ganz schön viel zu tun, aber wer hatte denn gesagt, dass das Leben einer Influencerin einfach sei? Und für den Abend brauchte sie auch noch etwas Besonderes. Janine überlegte fieberhaft, was sie ihren Followern am Abend noch aufbieten konnte. Heute war das Wetter gut - strahlender Sonnenschein! Sie könnte die Gelegenheit nutzen und kurz auf der alten Mainbrücke vorbeischauen und einen Brückenschoppen trinken. Das kam eigentlich immer gut an!

Auch die Wahl ihrer Outfits für alle Tätigkeiten musste sie noch treffen. Für gewöhnlich war sie besser organisiert, aber das Fashion Event, zu dem sie sehr kurzfristig eingeladen worden war, hatte einiges durcheinander geworfen. Es war allerdings auch eine tolle Gelegenheit, viel Content zu produzieren und sich daher sichtlich gelohnt! So musste sie nun eben auf eine ihrer großen Stärken zurückgreifen - Spontanität. Sie war die Königin der Spontanität!

„Ich bin echt froh, dass diese Sache mit JessMess auf dem Event kein Thema war. Wird ja derzeit schon soviel darüber geredet, ohne dass jemand wirklich etwas darüber weiß."

Janine erschrak regelrecht, als sie von Jörg aus ihren Gedanken gerissen wurde und hätte beinahe das Lenkrad verrissen. Fast wären sie von der Straße abgekommen.

„Na, wo warst du denn mit deinen Gedanken?"

„Bei der Arbeit natürlich!"

„Natürlich. Ist klar." Jörg lachte.

„Ja, ich bin auch froh, dass niemand über Jess Mess gesprochen hat. Das hätte die gute Stimmung voll runtergezogen. Alle machen sich gerade voll die Sorgen um sie! Aber ich hab gehört, dass die Polizei jetzt wohl Ermittlungen durchführt in der Sache."

„Was, echt?! Wer sagt denn überhaupt, dass das Video echt ist? Heutzutage kann man doch alles fälschen? CGI-Technik, Deepfake, künstliche Intelligenz... Da weiß man doch gar nicht, ob man glauben kann, was man da sieht. Vielleicht ist das alles ja nur ein Fake um PR zu machen? Auf jeden Fall ist sie jetzt ein gutes Stück bekannter. Sie ist in aller Munde."

„Ein Fake, der sofort auffliegen würde, wenn Jess Mess irgendwo lebendig auftauchen würde! Dass sie sowas tun würde für Aufmerksamkeit, das traue ich ihr nicht zu. Und seit dem Vorfall hat sie auch keinen Content mehr gepostet. Irgendwie ist das schon sehr seltsam."

„Woher will man denn wissen, dass das in dem Livestream wirklich sie war? Das war doch kaum zu erkennen bei den miesen Lichtverhältnissen! Vielleicht war das ja auch nur eine Puppe."

„Das Mädchen sah ihr schon verdammt ähnlich..."

„Vielleicht war das ja ein Deep-Fake! Ich hab mal Eva Green in so einem Film gesehen, das sah auch voll echt aus, als wäre sie das wirklich..."

„Was?! Eva Green ist eine Schauspielerin! Natürlich sieht man die in Filmen!" Janine blickte irritiert hinüber zu Jörg.

„Nicht in SO einem Film! Da würde sie sicher nicht mitspielen."

„Achso... Du meinst diese Art von Filmen! Du bist ja widerlich! Naja, die Echte ist schon auch oft genug in ihren Filmen nackt zu sehen."

Beide lachten.

Dann erreichten sie Janines Wohnung im Steinbachtal. Janine stellte ihren Wagen in der Einfahrt ab. Sie stieg aus dem Auto  und verabschiedete sich Jörg, der in sein Auto am Straßenrand stieg und ihr noch einmal beim Davonfahren zuwinkte. Sie ging zur Haustür, schloss auf und trat ein. Kräftezehrend schleppte sie ihren schweren Reisekoffer das Treppenhaus hinauf in ihre Dachgeschosswohnung. Sie war froh, dass sie endlich zu Hause war. Sie war müde von der langen Fahrt und den vielen Eindrücken des Events. Erschöpft stellte sie ihren Koffer im Hausflur ab und zog ihre Schuhe aus. Plötzlich spürte sie, wie sie von hinten gepackt wurde. Erschrocken drehte sie ihren Kopf zur Seite und erkannte einen großen und kräftigen Mann, der einen schwarzen Kapuzenpulli und eine ebenso schwarze Sturmmaske trug. Er presste Janine gegen die Wand und hielt ihr ein riesiges Messer an die Kehle.

Janine war geschockt! Sie wusste nicht, was sie tun sollte, doch dann stieß sie instinktiv mit voller Wucht ihr Knie in die Magengrube des Angreifers.

Der Mann schrie vor Schmerzen und lockerte seinen Griff. Janine gelang es sich loszureißen. Panisch rannte sie in den Nachbarraum und von dort ins Badezimmer. Schnell verschloss sie die Tür und holte ihr Handy heraus um den Notruf zu wählen.
Währenddessen wurde von außen heftig auf die Badezimmertür eingeschlagen. Jeder Schlag löste Splitter von der Tür. Der Angreifer schien mit einem Beil ausgestattet zu sein und war im Begriff sich schon bald durch die Tür zu arbeiten. Janinens Herz pochte wie wild und ihr Atem ging stockend! Sie bekam kaum Luft vor Panik.

Mit dem Handy am Ohr öffnete Janine das Fenster. Verzweifelt blickte sie hinaus. Es war zu hoch um herunterzuspringen.
Als sich die Leitstelle meldete rief Janine in ihr Telefon: „Mein Name ist Janine Schöne. Ein fremder Mann ist in meiner Wohnung und bedroht mich mit einem Messer. Dirk-Nowitzki-Straße 41! Bitte kommen Sie sofort! Er wird mich umbringen!"

Janine wurde in dem Moment klar, dass der Angreifer in wenigen Augenblicken durch die Tür brechen würde. Ihr Fluchtweg über das Fenster auf das Dach war gefährlich. Sollte sie es dennoch wagen? Ihr kam noch eine andere Idee. Sie stellte das Handy auf Lautsprecher und warf es aus dem Fenster in die Regenrinne. Ob das klug gewesen war, fragte sie sich noch im selben Augenblick, dann kletterte sie in die Badewanne und zog den Duschvorhang vor sich. Janine atmete tief durch. Sie musste ruhig bleiben. Sie wusste, dass sie sich nicht bewegen durfte, wenn sie entkommen wollte, dennoch zuckte sie bei jedem weiteren Schlag gegen die Zimmertür heftig zusammen.
Nach fünf weiteren Schlägen, brach der Angreifer durch die zerstörte Türe.

„Eine Streife ist auf dem Weg zu Ihnen! Sind Sie noch da?", klang es von der Regenrinne durch das Fenster in das Badezimmer.
Janine stockte der Atem, als sie von ihrem Versteck aus beobachtete wie der schwarz gekleidete Mann zum Fenster eilte und hinaus blickte. Das war der Moment, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Jetzt oder nie!

Sie nahm all ihren Mut zusammen, sprang aus ihrem Versteck hervor, rannte aus dem Bad und stürmte aus der Wohnung durch das Treppenhaus hinaus auf die Straße. Sie wollte einfach nur weg von hier. Sie rannte immer weiter und hörte nicht mehr auf, selbst als ihre Lunge fürchterlich brannte und sie eigentlich nicht mehr konnte. Sie konnte jetzt nicht anhalten, denn sie rannte um ihr Leben.

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