Kapitel 32 Teil II

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»Ich dachte du machst gar nicht mehr auf«, stöhnte Bastien auf und drängte sich mit einem Koffer an mir vorbei ins Anwesen. Ich folgte ihm und sofort fiel mir sein Koffer auf. »Warte, warum hast du einen Koffer?«

Er blieb abrupt stehen und drehte sich zu mir um. Ich wäre beinahe gegen ihn und den grauen Koffer gelaufen. »Du hast mich angerufen, Aella. Du warst gestern wirklich übel drauf. Genauso schlimm wie du aussiehst. Was hast du alles hier getrieben?«, staunte Bastien und ließ seinen Blick durch die Gegend schweifen. Ich folgte seiner Reaktion und erst dann bemerkte ich das Durcheinander.

Überall herrschte Chaos. Zerbrochenes Glas, Bücher und Zettel lagen verstreut, als hätte ich versucht, etwas zu ordnen. Kissenfedern lagen verstreut herum und einige schwebten sogar durch die Luft, weil das Fenster geöffnet war. Die Wand war beschmiert, als hätte ich sie wie eine Tafel benutzt, um meine Gedanken zu sortieren, wie ich es sonst immer versuchte, um einen klaren und rationalen Verstand zu behalten. Nur so konnte man vorankommen. Aber das hier wirkte emotional, etwas, was es nicht sein sollte.

»War das wirklich ich?«, stieß ich ungläubig aus. Mein Mund stand offen und am liebsten hätte ich mir die Haare gerauft. »Ja, du hast eine wirklich schlimme Trinkgewohnheit. Du verursachst Chaos und hast den Drang, dummes Zeug anzustellen«, bemerkte Bastien halb belustigt und halb besorgt. Trotzdem funkelte ich ihn böse an.

»Wie ist das passiert?«, keuchte ich verzweifelt. Bastien ließ seinen Koffer los. »Warte, kannst du dich nicht erinnern?« Ich verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. Lachend krümmte er sich und ich stieß ihn an, damit er aufhört. Er hielt entschuldigend die Hand hoch.

»Okay, bitte erkläre mir, warum ich hier bin. Das schaffst du doch bestimmt«, japste Bastien amüsiert. Ich warf meine Arme in die Höhe. »Schön! Okay! Ich habe keinen Schimmer. Bist du zufrieden?«

Ich verzog mein Gesicht, weil mein Kopf dröhnte. Es schien mir schon furchtbar, meine eigene Stimme zu hören.

Bastien grinste breit und neigte den Kopf. »Also echt, ich habe solange auf einen Anruf von dir gewartet und du machst es betrunken. Du steckst voller Überraschungen, Aella«, seufzte er grinsend. Mein Handy klingelte, aber ich ignorierte es, weil ich verstehen wollte, was vorgefallen war. »Bitte erzähl mir alles, was ich angestellt habe.«

Mein grünäugiger Kumpel nickte und rieb sich nachdenklich das Kinn. »Mmh vielleicht. Ah ja süß siehst du morgens nach dem Kater aus. Nicht so einschüchternd. Dir hängt da Rotze an der Wange«, wies es mich hin und ich schaute das erste Mal in einen Spiegel.

Als ich mich sah, wurde ich ganz blass. Meine Haare standen in alle Richtungen. In meinem Gesicht waren Farbflecken von Stiften. Bitte seid wasserlöslich. Ich trug ein klebriges, weites T-Shirt. Ich hatte etwas über mich verschüttet. Der Geruch deutete auf Whiskey hin.

Fluchend sagte ich ihm, dass er im Wohnzimmer warten solle und rannte in mein Zimmer, um halbwegs wie ein Mensch auszusehen. Als ich zurückkam, sammelte Bastien Bücher vom Boden auf. Ich nahm sie ihm ab.

»Was ist das alles? Du hast gestern auch irgendetwas Unverständliches gebrabbelt. Irgendetwas mit ›Knopfauge‹. Es steht sogar an der Wand«, gab er mir die erste mir fehlende Information und zeigte mit dem Finger auf die beschmierte Wand. Ich schaute in die Richtung. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich hin und ließ die Bücher in meiner Hand fallen. In fetten Buchstaben stand Haydens Spitzname an der Wand geschrieben.

Schnell lief ich zu der Stelle und versuchte mit meinen flachen Händen, die Schrift von der Wand unleserlich zu machen. Ich versuchte, mein eigenes Durcheinander unkenntlich zu machen. Warum habe ich das getan?

»Ich nehme an, dass das nicht so sein soll«, bemerkte Bastien neben mir und betrachtete mein Durcheinander, als wäre es ein Kunstwerk. »Ich brauche Farbe zum Streichen und muss dringend aufräumen. Ich habe keine Zeit für Späße«, brummte ich total angespannt.

Bastien zog sein schwarz-graues Karohemd aus und warf es über den schwarzen Sessel. »Also echt, deine Angewohnheit ist mit Abstand eine der schlimmsten. Aber du hast echt Glück. Meine Ferien waren bisher langweilig und hier wird es unterhaltsamer. Schön, dass du mich eingeladen hast, auch wenn ich mir nie im Leben vorgestellt hätte, meinen kleinen Urlaub auf diese Weise zu verbringen. Aber es gibt für alles ein erstes Mal, nicht wahr du Wahnsinnige?«, gluckste er erfreut und machte sich schon an die Arbeit.

»Ich habe dich eingeladen?«, stieß ich beim erneuten Aufsammeln der Bücher aus. Er nickte nur und meinte, dass wir nach dem groben Aufräumen die Farbe besorgen könnten.

Wir gingen danach, um sie zu kaufen und strichen dann. Während die Farbe trocknete, machten wir weiter sauber. Als Entschädigung für seine Hilfe musste ich versprechen, die Einladung, die ich ihm gegeben hatte, nicht zurückzuziehen. Es stellte sich heraus, dass er den Rest der Ferien bei mir verbringen würde. Mir blieb keine Wahl, denn in der Zeit würde er mir alles erzählen, was ich als Betrunkene angestellt hatte. Selbst den Anruf hatte er größtenteils aufgenommen.

Ich nahm also das Angebot an, denn ich brach nie einen Handel ab. Er konnte aus seiner Eintönigkeit als Einzelkind entkommen und ich erhielt Antworten. Es hätte nicht fairer sein können und ich hoffte inständig, dass ich durch die letzten Stunden wirklich schlauer geworden war, weil ich so vieles an die Wand geschrieben hatte.

›Bemitleidenswertes Monster‹ – das gehörte auch dazu.

Es stellte sich heraus, dass ich wahllos vor mich hinplapperte, wenn ich betrunken war. Bastien meinte, dass er die meiste Zeit nicht verstanden hatte, worüber ich redete, da es zusammenhangslos war. Ich soll ihn mit einigen Erinnerungen zugequatscht haben. Einiges davon sei durcheinander geraten, weil ich hin und wieder den Faden verloren hatte. Zum Beispiel, weil ich einer schwebenden Feder nachgejagt hätte. Das fand er besonders lustig.

Das Einzige, woran sich Bastien erinnern konnte, war, dass Brea und ich eine Modenschau machen wollten, aber Treyton uns die Show gestohlen hat. Dabei habe ich ihm gleichzeitig eine Tour durch das Anwesen gegeben. Die Wand und die Papiere sollte ich gleichzeitig beschrieben haben, weil ich versucht habe, etwas zu erklären. Ich wäre die reinste Verschwörungstheoretikerin.

Er hat aber nichts verstanden. Zum Glück. Denn mir wurde bereits beim Wort ›Knopfauge‹ klar, um was oder eher um wen es in meinem Wandbild ging.

Aus Sorge, dass ich etwas angestellt haben könnte, weil ich alleine war, kam Bastien sofort mit einem Privatjet zu mir. Besonders, weil ich während des Gesprächs mein Handy fallen gelassen hatte, was dazu führte, dass ich die Kissen überall hinwarf und zerfetzte, um es zu suchen.

In dem Prozess soll ich ›Geht aus meinem Kopf‹ gerufen haben. Ich hätte mich am liebsten über die Klippe geworfen. Bastien sah das ganz locker. Ich hatte dagegen so einige Schwierigkeiten. Mächtige Probleme.

Mein spontaner Gast hatte sich anfangs nicht ganz getraut zu kommen, aber da ich Verrückte halbwegs lebensmüde Dinge anstellte, kam er dann doch. Natürlich ermutigte ihn seine Mutter dabei. Und so stand Bastien schließlich vor meiner Tür. Eine schöne Anekdote, die er an meinem Grab erzählen konnte. Denn ich war drauf und dran, mir eins zu schaufeln.

Total erschöpft saßen wir dann beim Essen, das wir uns liefern ließen. Meine Muskeln und mein Nacken schmerzten.

»Um ehrlich zu sein, bin ich froh, dass ich nichts auf das Sofa verschüttet habe«, lachte ich und spürte immer noch die Hektik. Bastien hüstelte neben mir und trank von seinem Wasser. »Ja, das bin ich auch. Du hättest schwierig einen Ersatz für ein Designermodell bekommen.

Ich schaute auf die Uhr. Es war bereits spätnachmittags.

»Du hast wegen mir den ganzen Tag verschwendet und konntest dich nicht einmal ausruhen«, sagte ich und zeigte auf den Koffer, der immer noch im Wohnzimmer stand. Er rappelte sich auf und schlurfte darauf zu.

»Ich kann eins der Gästezimmer beziehen. Ich habe bereits eine Tour bekommen, also musst du es mir nicht zeigen«, spottete Bastien und verschwand die Treppe hinauf. Zur gleichen Zeit klingelte es an der Tür. Schon wieder. Wie viele Personen habe ich noch angerufen?

Mit schmerzenden Beinen stand ich auf und schlurfte zur Tür. Als ich sie öffnete, stand Hayden keuchend davor. Es schien, als wäre er die Treppen hochgerannt. Plötzlich begannen meine Hände zu schwitzen und mein Herz raste erneut in meiner Brust. Selbst als ich in seine dunkelbraunen Augen blickte, wurde es nicht besser und ich suchte Halt am Türrahmen.

»Hayden, was machst du hier?«, hörte ich mich fragen, auch wenn meine Stimme kaum mehr als ein Krächzen war. Sein Blick war fest auf mich gerichtet und es schien so viel in seinen Augen mitzuschwingen. Sorge, Aufregung, Freude und ein wenig Angst. Ich öffnete die Tür weiter, damit er eintreten konnte.

»Ich muss dir dringend etwas sagen, Aella. Ich...«, fing Hayden schwer an, doch sein Blick wich hinter mich. Seine Mundwinkel sanken und Bestürzung machte sich breit. »Hey Aella, hast du etwas bestellt... oh, hey Hayden«, rief Bastien erst aus der Entfernung und kam näher zu uns.

Meine Aufmerksamkeit blieb weiterhin auf Hayden gerichtet, und irgendwie bekam ich ein mulmiges Gefühl im Bauch. Mir war richtig schlecht. Seine braunen Augen verfinsterten sich. Hayden schien, als wäre er von einem Auto überfahren worden. Das tat mir weh und ich wollte ihn fragen, was los war, aber er trat einen Schritt zurück. Kurz danach drehte er sich um und ging hastig mit langen Schritten davon.

Meine Beine brannten, doch ich wollte zu ihm. Ich wollte wissen, was los war. Also sprintete ich ihm hinterher. Noch immer nicht nüchtern pochte mein Schädel, und mein Würgereflex meldete sich. Mir tat alles weh, doch ich hielt tapfer den Schmerz in mir aus.

»Hayden, was ist los?«, fragte ich flehend und stolperte in meinen Socken hinterher. Was geht in ihm vor? Was denkt er jetzt von mir? »Es ist nicht so, wie es aussieht«, fügte ich hinzu. Der Geschmack in meinem Mund war bitter.

Mit versagender Stimme versuchte ich aufzuholen und mich zu erklären. Meine Lunge brannte, aber es war mir so wichtig ihm deutlich zu machen, dass das, was er vermeintlich gesehen hatte, ein Missverständnis war. Das zwischen Bastien und mir wird sowieso nie so sein... Warum überhaupt? Warum ist es mir so wichtig, das klarzustellen?

Vor dem Wagen blieb Hayden stehen, und ich bremste keuchend ab. Ein leises Murmeln war von ihm zu hören. Ich verstand nicht, was er sagte. Er schluckte schwer.

»Nicht so wichtig...scheinbar bist du in guten Händen«, hörte ich dann verbittert aus seinem Mund. Haydens Stimme versagte. Sein Gesicht blieb von mir abgeschirmt. Er wollte mich nicht ansehen. Dann stieg er auch ein und die Türen des Wagens wurden vom Fahrer verriegelt.

Ich zerrte am Türgriff und wollte verzweifelt, dass er hielt. Alles in mir fing an, sich selbstständig zu machen. Ich hämmerte gegen die Autoscheibe.

»Bitte hör mir zu. Es ist nicht so, wie du denkst. Bitte öffne die Tür. Hayden... «, rief ich gegen das abgedunkelte Autofenster.

Lass mich nicht alleine. Bitte bleib bei mir.

Aber es kam nichts zurück. Hayden fuhr weg. Und ich starrte dem Wagen nach.

›Niemand will dich.‹ ›Du bist und bleibst allein, du Dreckstück.‹ ›Das ist, was Monster verdienen: Einsamkeit.‹

Mir wurde schwindelig und meine Hände begannen zu zittern.

Und da war es wieder. Das Einzige, was ich wollte, wonach ich mich sehnte, war die Leere.


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