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Rotze taucht nicht einmal zu Deutsch auf, auch nicht zu Mathe. Paule beginnt sich allmählich zu sorgen. Er muss dringend mit Luna sprechen. Vielleicht haben die Leibgardisten ihres Vaters Rotze gestern Abend doch den Garaus gemacht. Tief im Wald, ohne Zeugen, haben ein tiefes Grab gegraben und tschüss auf Nimmerwiedersehen gesagt. Fragt ja keiner nach den Randexistenzen. Einer mehr oder weniger, kümmert keine Sau in Dunkelfurt, aber ihn, Paule Schwarzrock, kümmerts schon, auch wenn Rotze nicht der hellste und reinlichste ist. Er ist 'n Kumpel und Kumpel sind füreinander da.

Bei Sascha gibts heute keinen Kräutertee, nur Sprudel und Salzstangen. Auch gut, Hauptsache er rückt endlich mal damit raus, wo Paule sein Praktikum absolvieren kann, das ja demnächst ansteht. Selbst hat Paule bisher nämlich nichts aufgetan.
Bei Meiers Supermarkt, Werbespruch „Keine Feier ohne Meier"? In der Blubber-Bar, obwohl da seine Mutter immer rumtingelt? Vielleicht auch im Kino, als Kartenabreißer, Popcorn-Verkäufer oder sogar als Filmvorführer? Würde ihm alles gefallen. Hach, er ist so gespannt, was Sascha ihm heute präsentiert!

„Na Paule, alles fit im Schritt? Alles knurke in der Gurke?"
Sascha scheint gut drauf zu sein. Schon der zweite heute, der Paule mit diesem Nervsprech auf die Eier geht. Erst Herr Höffner, jetzt Sascha. Was ist bloß los mit denen? Liegt das am Alter oder denken die, dass Paule das cool findet?
Paule weiß schon, die wollen sich alle gut mit ihm stellen, denn wenn er hier erstmal der Chef ist, dann wollen sie auf der richtigen Seite stehen.

Paule fletzt sich in einen der kirschroten Lümmelsessel legt die Beine übereinander und verschränkt die Arme hinter dem Kopf.

„Und Meister, was liegt an?"

Sascha verzieht das Gesicht. Es wird länger und länger, wie Marshmallows  überm Lagerfeuer.

„Wir müssen über dein Praktikum reden ..."

„Müssen wir nicht bloß, wollen wir!"

Paule hält es kaum noch aus. Er ist supergut drauf.

„Und?"

„Tut mir leid, Paule. Habe nichts, was dich interessiert. Hat alles nicht geklappt. Die wollen keinen von den Wolfsleuten. Ist ihnen zu riskant. Haben zu viele schlechte Erfahrungen gemacht."

Dass Paule schwer schlucken muss, wäre stark untertrieben. Er kann überhaupt nicht schlucken. Salzstangenmatsche und Sprudelwasser sind ihm im Hals steckengeblieben. das ist bestimmt alles nur ein Versehen! So schlimm kanns gar nicht sein!

„Im Kino?"

Sascha schüttelt den Kopf.

„Leider nichts."

„Supermarkt Meier?"

„Nur Müllentsorgung, und da haben sie schon jemanden."

„Friedhof?"

Sascha winkt mit einem schiefen Grinsen ab.

„Vergiss es! Der Pfarrer denkt, ihr Wolfsleute buddelt ihm die Toten aus!"

Hat er nicht ganz unrecht, denkt Paule.

„Krankenhaus? Polizei? Feuerwehr? Kindergarten?"

„Nee Paule, sorry. Alles Essig. Tausendmal angerufen, alles versucht!"

So hat Paule sich das nicht vorgestellt. Er schluckt. Nur noch eine Woche, dann gings los. Wenn er den Klassengerüchten glauben durfte, dann war er der einzige, der noch keinen Platz hatte. Saupeinlich! Geht für eine geborenen Anführer gar nicht! Hinterhertragen müssten sie ihm die Stellen, auf goldenen Tellern, hübsch angerichtet, er müsste nur noch zugreifen.

„Kannst mir die vier Wochen zur Hand gehen. Was sagste?"

Paule glaubt, seinen Ohren nicht zu trauen. Hat Sascha ihm gerade angeboten, das Praktikum bei ihm abzureißen? Wie abartig ist das denn? Reicht Paule doch schon, dass er jede Woche hier rumlungern und sich Saschas schlaues Gequake anhören muss. Wenn er das jeden Tag hat, kann er sich ja gleich einweisen lassen. Nee, nee, guter Freund, daraus wird nichts! Da springe ich lieber mal über meinen herrschaftlichen Schatten und suche mir selber einen Platz, einen, der einem Paule Schwarzrock würdig ist. Best Praktikumsplatz of all! Soll er mal sehen, der Sascha, was ein Schwarzrock vermag!

„Sonst alles klar, Paule? Liegt irgendwas an? Siehst so nachdenklich aus!"

Nachdenklich? Paule weiß überhaupt nicht, was das ist. Wenn er was will, dann setzt er es in die Tat um. Nachdenken hält auf. Ein Wolf, eine Tat! Wenn er sich auf Saschas Psychogequatsche einlässt, das weiß Paule ganz genau, dann landen sie am Ende bei seiner verkorksten Familie, der verlorenen Schwarzrock-Ehre, seinem verschwundenen Vater, bei Luna und wohlmöglich noch bei den Falterpillen und der Rosa-Wolken-Vision.

Das will Paule nicht.

„Alles prima für heute. Nächste Woche vielleicht."

Sascha lässt ihn in Ruhe, das rechnet Paule ihm hoch an. Er trinkt sein Glas leer, nimmt noch eine Handvoll Salzstangen und verlässt den Beratungsraum. Da hat er sich was vorgenommen. Noch eine Woche bis zum Praktikum. Wie will er da einen Platz finden? Ist doch schon für die Stinknormalos ein Riesenproblem, wie soll er es dann gebacken kriegen? Hach, Paule Schwarzrock, die Schnauze wieder zu voll genommen und jetzt stehste bei Sascha im Wort. Paule kennt die letzte Option, welche ihm schon seit Wochen angedroht wird: Kläranlage Dunkelfurt. Vier Wochen von Hand die Siebe reinigen. Allein schon, um diesen Horror zu vermeiden, muss er sich reinknien. Hat vielleicht Luna eine zündende Idee? Sie will vor dem Schulgebäude auf ihn warten, hatten sie heute Vormittag so besprochen.

Paule schielt zur Uhr in der Pausenhalle hinauf. Er ist schon über zwanzig Minuten zu spät dran. Und jetzt schlenzt auch noch Herr Höffner auf ihn zu. Was will denn der noch von ihm? Höffner kaut an einer riesigen Karotte, was ihn aussehen lässt wie ein Kaninchen mit Brille und Lockenfrisur. Müssen Lehrer eigentlich immer so peinlich sein?

„Nochmal großes Lob für deine tolle Zeichnung, Paule! Weiter so, immer weiter so! Aus dir könnte nochmal 'n richtiger Künstler werden! Üben, üben, immer dran bleiben, niemals nachlassen und dann wird das auch!"

Er drückt Paule einen Prospekt in die Hand, auf dem kunterbunte Pinselstriche und alte Fotografien wild durcheinanderpurzeln.

„Habe ich gerade aus meinem Fach gezogen. Könnte dich interessieren! Telemark Assbjörnsen, ein nordischer Künstler. Ausstellungseröffnung ist schon heute Abend, 18:00 Uhr, Kemenate hinter der Schlosskirche. Was zwar nicht, wie der sich hierher verlaufen konnte, klingt aber vielversprechend. Ich bin wahrscheinlich auch da, mit meiner Frau!"

Die wollte Paule schon immer mal kennenlernen. Frau Höffner. Wie hält die bloß den Gammelatem ihres Mannes aus? Spielt Mitleid eine Rolle? Hat sie es auf sein Geld abgesehen? Schon allein um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, müsste Paule heute Abend in dieser Kemenate auftauchen.

Herr Höffner blickt ihn über seine Brille hinweg an.

„Musst aber auch dein No-Wer nehmen, sonst kommste da nicht rein!"

Weiß Paule ja. Weiß er ja.

An der Eingangstür steht Luna und wartet auf ihn. Das hätte er niemals gedacht, sondern fest damit gerechnet, dass sie vorher abdüst, weil er so spät dran ist. Sie zieht sein Gesicht an ihres heran und gibt ihm einen schmackigen Kuss. Dann noch einen und noch einen.

„Und, wie machen wir heute Dunkelfurt unsicher, Paule Schwarzrock?"



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