Kapitel 4 - Menschliche Hülle

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,,Mila bitte. Nun iss doch wenigstens etwas. Dein Körper braucht Nahrung.''

Mom klang besorgt um mich und ich konnte es ihr nicht mal verübeln. Seit dem Unfall und meinem Aufenthalt im Krankenhaus war Essen eines der Dinge, an die ich so gut wie kaum dachte. Ich hatte mich in Trauer verloren und existierte nur als etwas, dass man als eine menschliche Hülle bezeichnen konnte. Es war der einzige Zustand, der meinen Verlust etwas erträglicher machte.

Murrend gab ich nach, da ich sowieso wusste, dass es keinen Sinn machte, mich ihr zu widersetzen und griff nach meiner Gabel. Es gab mein Lieblingsessen, Chilli con Carne. Moms Essen war wie immer absolut köstlich, doch ich konnte mich keineswegs darüber freuen.

Der Unfall hatte mich verändert und ich würde nie mehr die Person sein, die ich davor gewesen war. Glücklich mit meinem Freund, meinem Halt, wenn die Welt um mich herum zusammenbrach. All die Zukunftsträume waren mit ihm verschwunden und ich wusste absolut nicht, wer ich denn ohne ihn war. Ich weinte, wenn mir danach war, aber selbst das machte es nicht besser. Ob ich jemals wieder einen schönen Tag erleben würde, bezweifelte ich. Ich war nur noch Regen, weil die Sonne an einen Ort gegangen war, den ich nicht kannte.

Was geschah, wenn ein Mensch starb?

Verließ die Seele den Körper und machte sich auf den Weg in den Himmel?

Wurde mir als ein anderer Mensch oder Tier wiedergeboren?

Gab es überhaupt etwas im Universum, das von einem blieb oder löste sich alles von uns auf wie bei Sternenstaub in unendlich viele Einzelteile?

Ich wusste es nicht. Aber ich hoffte vom ganzen Herzen, dass es irgendwo noch etwas von Matteo gab, auch wenn ich ihn nicht sehen konnte. Es hatte etwas tröstliches, mir vorzustellen, wie er unsichtbar meine Hand hielt und mich in seine Arme schloss, während ich hilflos an diesem Verlust zerbrach.

,,Das hast du gut gemacht. Ich bin stolz auf dich, Schatz'', lobte mich Mom, als ich die Hälfte von meinem Teller zumindest runterbrachte. Mir tat es unglaublich leid, dass sie mitansehen musste, was aus ihrer einstigen lebendigen Tochter geworden war. ,,Ich weiß, gerade fühlt sich alles einfach nur schrecklich an. Aber wir werden es gemeinsam überstehen. Matteo hätte gewollt, dass du für euch beide weiterlebst. Er war ein wundervoller Mensch und ich fand die Rede, die du heute bei seiner Trauerfeier gehalten hast, einfach wundervoll. Du bist stark und wird sind immer ein deiner Seite.''

Meine Eltern waren einfach die besten. Für sie war es okay, dass ich gerade einfach nicht okay war. Sie liebten ihre Tochter dennoch und zeigten mir auf diese Weise, dass ich nicht allein war. Ich würde es überstehen. Selbst wenn das bedeutete, dass ich Matteo nie mehr sehen würde. Ich wusste noch nicht, wie das gehen sollte, aber ich würde es schaffen.

Nach dem Essen ging ich in mein Zimmer und entschied, dass ich einen von Matteos Pullis anziehen würde. Seit wir zusammen waren, hatte er mir drei dagelassen, damit ich etwas hatte, dass mich an ihn erinnern würde, wenn wir uns mal für eine Weile nicht sahen. Ich war ihm dankbar, dass er das gemacht hatte, denn nun hatte ich etwas, an das mich an ihn erinnern würde, wenn der Schmerz bei mir zu groß und kaum zu ertragen war. Es mochte sonderbar klingen, doch er roch nach wie vor nach ihm.

Müde warf ich mich auf mein Bett und zog die Decke über mich. Mir war bereits bewusst, dass es eine Zeit brauchen würde, bis ich einschlief. Meine nicht verstummenden Gedanken führten mich an den Abend, wo wir uns das erste Mal begegnet waren. Wie er mir lächelnd einen Drink hinhielt und wir uns ins Gras legten und die Sterne beobachteten. Wie sich dabei unsere Hände unabsichtlich gestreift hatten und ich daran dachte, wie es sich anfühlen würde, von ihm geküsst zu werden. In unserem ersten Gespräch hatte er mir bereits gezeigt, dass es sehr sich so viele Gedanken zu seinem Leben gemacht hatte und nun war ihm das von einem Tag auf den anderen einfach weggenommen worden. Er würde für immer ein 18 jähriger Junge bleiben, der diese Welt viel zu früh verlassen musste. Er hatte nicht einmal die Chance gehabt, richtig zu leben und daran würde mich jeder seiner kommenden Geburtstage schmerzlich erinnern.

Wie war eine Welt ohne Matteo?

Warum drehte sich die ganze Welt weiter, als wäre nie etwas passiert und bloß mein Leben blieb stehen, weil ich jemand wichtigen verloren hatte?

Es würden Tage, Wochen und Jahre ohne ihn kommen und ich hatte Angst davor. Angst davor, dass ich sie nicht überstehen würde und der letzte Augenblick mit ihm so verschwommen war, da ich mein Bewusstsein beim Unfall verloren hatte. Bei dem Bild, wie er tot neben mir auf dem Beifahrersitz lag, sorgte dafür, dass es mir die Kehle zuschnürte. Ich blickte auf meine Hände und sah sein Blut auf ihnen kleben. Dicke Tränen kamen mir und ich dachte, ich würde an ihnen ersticken. Ein Schluchzen drang aus meinem Mund und ich ließ es zu.

Gefühle sollte man nicht unterdrücken, sondern zulassen. Sie waren der Ausdruck deines Herzens und damit alle berechtigt. Ganz gleich wie groß oder beängstigend sie sich anfühlten. Ich gab mir selbst die Erlaubnis, fühlen zu dürfen, weil ich nun mal ein Mensch war, der etwas schlimmes erlebt hatte, was mich für immer prägend sein würde. Meinen Freund gab es nicht mehr und ich hatte es bis jetzt noch nicht akzeptiert.

Es mussten einige Zeit vergangen sein, bis ich mich wieder beruhigte und die Augen schloss. In meinen Gedanke sah ich ganz viele Momente mit Matteo zusammen. Wir beide, ausgelassen tanzend am Abiball. Er und ich am Strand, wie wir auf Meer blicken oder uns den Sonnenuntergang aussahen. Im Wald, wie wir entlangliefen und für eine gewisse Zeit vom Alltag abschalteten. Die mit schönste Erinnerung mit ihm war, als er mich das erste Mal geküsst hatte. Es war so unspektakulär und bedeute mir zugleich so viel. Ich hatte uns ein paar Reste warmgemacht und wir hatten uns gemeinsam einen Film angeschaut. Matteo hatte mich einfach so mir nichts dir nichts geküsst und mir damit gezeigt, dass ich für ihn so viel mehr war als eine gute Freundin. Bis heute konnte ich mich darin erinnern, wie berauschend es war, ihm auf diese Weise nahe sein zu dürfen.

Irgendwann war ich so tief in Erinnerung abgetaucht, dass ich gar nicht richtig bewusst bemerkte, wie etwas Warmes meine Hand hielt. Fast wie ein Windhauch spürte ich etwas an meiner Wange und wurde innerlich ruhig. Es war, als ob sich gerade jemand über mich gebeugt hatte und mir die Ruhe gab, nach der ich seit Matteos Tod suchte.

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