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Dag verlor jegliches Zeitgefühl, während der Wagen durch die Stadt brauste. Zumindest vermutete er, dass sie noch in Berlin waren. Reklamelichter, Ampeln, hin und wieder Kurven; und er war auch der Meinung, dass der Van nicht allzu schnell unterwegs war. Keine Autobahn also.

Das war ein gutes Zeichen. Wenigstens wurde er nicht nach Kuala Lumpur verschifft. Vielleicht erkannte er das Gelände, auf dem man ihn nachher rauslassen würde. Immerhin hatte ihm bisher noch niemand die Augen verbunden. Wäre er nicht mit Panzertape gefesselt gewesen, hätte Dag sich jetzt verschwörerisch die Hände gerieben. Er kannte sich gut in seiner Heimatstadt aus. Tagsüber oder nachts, das machte kaum einen Unterschied für ihn. Früher war er stundenlang ziellos durch die Straßen gestromert. Den Weg zurück nach Hause hatte er trotzdem immer gefunden. Sein internes Navigationssystem funktionierte prima.

Er schöpfte Hoffnung. Bloß nicht die Nerven verlieren. Komme, was wolle.

Neben ihm winselte das Hündchen, das mit ihm zusammen in den Van gesperrt worden war. "Schh", machte Dag. "Reiß dich mal zusammen, Fiffi. Dein Gejammer nützt uns gar nichts", ermahnte er die Promenadenmischung. "Außerdem machst du mich nur nervös damit, ich versuche hier gerade einen Fluchtplan zu entwickeln. Falls du also keine sinnvollen Vorschläge beizusteuern hast, einfach mal Maul halten." Er seufzte, als der Hund nur noch höher und nervtötender fiepte. "Wenn ich rauskomme, dann zeige ich die Typen sofort an und die müssen dich freilassen." Der Hund kläffte. "Dich und den Rest." Dags Blick glitt an den gestapelten Käfigen gegenüber entlang. Er fühlte sich als einziger Mensch auf der Ladefläche des Transporters schrecklich fehl am Platz. Zwar versank er gerade vollständig im matschigen Sumpf aus Selbstmitleid, aber um die unschuldigen Tiere war es ihm noch ein ganzes Stück mehr schade. "Ich versprech's", fügte er noch hinzu.

Seine Worte verhallten im Raum und er lehnte seinen Hinterkopf an die Wand. Ein brüllender Schmerz durchzuckte ihn und er presste fest die Zähne aufeinander. Die Wunde, die der Baseballschläger dort hinterlassen hatte, hatte er ganz vergessen. "Autsch", kommentierte er leise. Doch gerade als er sich so hinsetzen wollte, dass er gar nicht erst in Versuchung geraten würde, sich ein zweites Mal anzulehnen, ratterte der Wagen über eine Bodenschwelle und sein Kopf knallte wieder heftig gegen die Wand. Dag wurde schwummerig. Seine Sicht trübte sich.

Ihm war zum Heulen zumute, als das Auto endgültig hielt, die Tür des Transporters nun aufging und der Mann, der ihn niedergeschlagen hatte, den Innenraum betrat. Er versuchte sich selbst dazu zu zwingen, bei Bewusstsein zu bleiben, aber als der Typ ihm ein in Chloroform getränktes Taschentuch unter die Nase hielt, driftete er doch in die verdammte Ohnmacht ab ...

Dag blinzelte. Er war nicht mehr im Van, so viel stand fest. Neonröhren tauchten den Raum in ein gespenstisches bläulich weißes Licht. Ein grünes Exitschild flackerte gegenüber von ihm über einer massiven Stahltür, auf der in riesigen, schwarzen Lettern das Wort Notausgang prangte. Sofort kam Leben in Dags geschundenen Körper, er richtete sich auf und stellte zu seiner Verwunderung fest, dass man ihm die Fesseln aus Panzertape abgenommen hatte. "Wie unprofessionell", lästerte er leise, verstummte allerdings sofort, als er die Gitterstäbe direkt vor seinen Augen endlich wahrnahm. Er saß in einem Käfig, der ausreichend Platz für einen Menschen seiner Größe bot. "Was für eine Art Psycho-Thriller ist das hier bitte?", fluchte er verzweifelt und rüttelte an der Gittertür. Vergebens.

Er konnte nicht sagen, ob nur Minuten oder schon ein paar Stunden vergangen waren, als plötzlich die Tür zu dem Raum aufgestoßen wurde und der Mann hindurchtrat, der ihn niedergeschlagen hatte. Dag spannte jeden einzelnen Muskel an und ging in Hab-acht-Stellung. "Hey!", rief er dem riesigen, grobschlächtigen Kerl zu, dessen vernarbtes Gesicht in etwa so reizend wirkte wie das einer verwesenden Leiche. "Was wollt ihr denn von mir?", stellte er ihm die Frage, die ihm jetzt seitdem man ihn hinten in den Van geschleudert hatte im Kopf herumgeisterte. "Ich bin ein Mensch, so wie du, falls das niemanden aufgefallen sein sollte."
"Ist mir aufgefallen." Der Schlägertyp hatte einen osteuropäischen Akzent und eine Stimme, die kaputt vom Rauchen klang. "Wir kriegen gute Bezahlung für dich. Ist alles mit Boss abgesprochen." Als der Mann grinste, entdeckte Dag eine Lücke in der oberen Zahnreihe, dort, wo eigentlich der rechte Schneidezahn sitzen müsst. Die klirrende Kälte in den Augen seines Entführers, ließ ihn erschaudern. Gute Bezahlung? Was hatte das zu bedeuten? Dag versuchte sich seine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen und entgegnete entschlossen: "Das hier ist illegal, ich melde das der Polizei."
Der namenlose Kriminelle schnalzte mitleidig mit der Zunge. "Du glaubst, du kommst hier raus."
Dag traute sich nicht einmal zu blinzeln, möglichst furchtlos starrte er seinem Gegenüber in die hellen Augen.
"Du bringst gute Geld, wir passen auf, dass du nicht abhaust. Mach kein Ärger", riet der Typ ihm, dann begann er die Tiere zu füttern.
Dag beobachtete ihn. Er versuchte anhand seiner Bewegungsabläufe zu erkennen, ob er einen Faustkampf mit diesem Hünen überstehen würde. Gänzlich unbeschadet wahrscheinlich nicht, der Mann lag immerhin mindestens eine, wenn nicht zwei Gewichtsklassen über ihm. Aber er lief leicht gebückt, als hätte er einen milden Hexenschuss. Ein Tritt in die Wirbelsäule könnte ihm vielleicht die Chance auf einen Fluchtversuch verschaffen. Während er sich auf die Körpersprache des Feindes konzentrierte, dachte er gleichzeitig darüber nach, was er jetzt wusste. Der Hillbilly hatte von "wir" gesprochen. Es waren also mindestens zwei an dem Überfall auf ihn beteiligt gewesen, und das ergab ja auch Sinn - der Fahrer des Vans. Vermutlich lauerte der in einem anderen Teil des Gebäudes. Diese beiden schweren Jungs wiederum hatten einen Auftraggeber, den Boss, der bereit war für Dag angemessen zu blechen, was auch nur heißen konnte, dass er wenigstens bis zur Wareninspektion nachher nicht um sein Leben zu bangen brauchte. Wer immer ihn haben wollte, wollte ihn anscheinend lebend. Zumindest hoffte Dag das inständig.

Der Mann mit dem vernarbten Gesicht machte Halt vor dem Zwinger, in dem Dag zusammengekauert hockte. Er hatte das rohe Fleisch aus dem weißen Eimer an alle möglichen Tiere verteilt, nun ging er vor ihm auf die Knie und beugte sich vor, bis sein Gesicht nah vor dem Gitter schwebte. Aus zusammengekniffenen Augen inspizierte er Dag.
"Kein Futter für dich", informierte er ihn.
Dag setzte einen verzweifelten Gesichtsausdruck auf. Er hatte eine Idee. "Bitte, ich habe seit zwölf Stunden nichts gegessen, mein Kreislauf macht gleich schlapp", wisperte er leise.
"Was?" Und tatsächlich - Dag konnte sein Glück kaum fassen - lehnte sich sein Entführer noch weiter vor.
Mit der Präzision und Schnelligkeit einer Königskobra schoss Dags Hand in die Höhe und er stach dem Verbrecher so derbe in die Augen, dass dieser wütend aufschrie und zu Boden ging. Das Adrenalin pumpte durch Dags Körper als er mit den Fingern den Schlüsselbund des benommenen Kerls von dessen Hosenbund abpfriemelte. Gott sei Dank war der Zwinger so gebaut, dass man ihn auch von innen aufschließen konnte. Allgemein schien es ein altes Modell zu sein und Dag war dementsprechend wenig verwundert, als er den altmodischsten der vielen Schlüssel in das Schloss steckte und er passte. Beim Umdrehen entstand ein quietschendes Geräusch. Panisch kickte Dag die Gittertür auf und rollte sich über die Schulter ins Freie.  

Kurz blieb er stehen. War der Mann jetzt vielleicht seinetwegen für den Rest seines Lebens blind? Dag wusste, dass das eigentlich nicht die ideale Zeit war, um aufrichtig zu bereuen, auf welch perfide Art und Weise er seinen Gegner ausgeschaltet hatte. Der Drang zu fliehen war auch nicht abgeklungen, sondern wenn-dann eher nur noch stärker geworden. Trotzdem sollte er den Schlüsselbund wohl noch aus seinem Käfig holen und mitnehmen. Eventuell kam er so durch die restlichen Türen nach draußen.

Dag stieg über den Körper des Typen, er musste sich beeilen, bevor er aufwachte und ihn verfolgen konnte. Er wollte nicht brutal weiter auf ihn einprügeln. Doch als er den Schlüssel aus dem dunklen Verschlag errettete, regte der Rambo sich unter ihm. Seine Lippen formten Worte. "Er bricht aus." Dag starrte auf das Handy, dass der Kerl sich ans Ohr presste und entriss es ihm sofort. Er legte auf und setzte sich mit erhobener Faust auf ihn, damit er nicht aufstehen konnte. "Du hast die Wahl. Entweder ich trete dir so lange aufs Rückgrat, bis deine Wirbel bloß noch Kleinholz sind, weil du versucht hast, dich zu wehren, oder ich schlage dich einfach nur K.O. und tue dir weiter nichts", drohte er ihm.

Der Entführer knurrte kehlig, aktivierte seine gesamte verbliebene Kraft und stieß ihn von sich runter. Dag glitt von ihm ab und rollte sich wieder über die Schulter, diesmal rückwärts, um  Abstand zwischen sich und den Rowdy zu bringen. Dann stürmte er vorwärts und pfefferte ihm ordentlich eins auf die Nuss. Er rang ihn wieder zu Boden, drehte ihn auf den Bauch und drückte ihm das Knie in den Rücken. Die Gelenke knackten und der Mann schrie auf.
Dag holte aus und traf seine Schläfe von oben mit einem Schwinger. Sein Rivale verlor das Bewusstsein.
Dag atmete erleichtert aus, dann ließ ein Winseln ihn aufhorchen. Er stand auf, klopfte sich den Dreck von den Jeans und testete mit raschem Erfolg ein paar Schlüssel an dem modernen Käfig, über dem alten, in den er eingesperrt gewesen war. "Komm Fiffi", hob er die Promenadenmischung aus dem Zwinger. "Wir müssen uns beeilen, der andere ist bestimmt schon unterwegs zu uns."

...

Vincent hockte auf seiner Couch und starrte aus dem Fenster statt auf den Bildschirm seines Fernsehers. Cora wollte Germany's Next Topmodel gucken, aber er war in Gedanken noch bei seinem Streit mit Dag vorhin im Studio, da konnte er sich nicht auf das Gezicke der Larissas, Lisas und Lenas konzentrieren. Seine Freundin griff munter in die Tüte Gummibärchen, die zwischen ihnen lag. Vincent musterte ihr schmales Gesicht aus dem Profil, dann schnappte er sich die Fernbedienung und stellte den Ton aus.
"Hey", maulte sie. "Ich will das sehen."
"Und ich will mit dir reden."
"Worüber denn?" Sie schob schmollend die Unterlippe vor, sichtlich unbegeistert.
Vincent seufzte. "Dag und ich haben heute im Studio gestritten."
Cora verdrehte die Augen. "Streitet ihr nicht dauernd? Er meckert doch eh immer."
"Das war meine Schuld. Ich habe mich tierisch aufgeregt, obwohl's nur 'ne Kleinigkeit war, um die es ging. Er hat unsere Kopfhörer miteinander verwechselt und meine mitgenommen, als er raus ist zum Späti."
"Ih", machte Cora. "Ich hoffe, die hast du danach desinfiziert, ist ja voll unhygienisch."
Vincent hatte die Kopfhörer nicht desinfiziert und er fand es auch nicht zwingend unhygienisch, dass sein bester Freund ein einziges Mal zehn Minuten seine Kopfhörer getragen hatte. "Da hat jetzt kein Ohrenschmalz drangeklebt oder so", murmelte er, doch Cora rümpfte lediglich die Nase.
"Ich glaube, ich vernachlässige unsere Freundschaft zurzeit", überlegte er weiter und seine Freundin wandte ihm den Kopf zu.
"Wir haben dafür aber mehr Zeit, das ist doch schön", lächelte sie, aber er konnte es kaum erwidern.
"Ja, klar", sagte er, kein Stück enthusiastisch. Der Clinch mit seinem besten Freund zog ihn runter. Bemerkte Cora das denn gar nicht?
Sie klaute ihm die Fernbedienung und schaltete den Ton wieder an.

Vincent schob ihre Beine von seinem Schoß runter und erhob sich. Er wählte Dags Nummer, aber der ging nicht ran. Typisch. Wahrscheinlich war er noch beleidigt. Also tippte Vincent eine SMS, dass es ihm leidtat und bat Dag darin, ihn anzurufen, damit sie sich vertragen konnten. Das würde ja wohl hoffentlich reichen.

"Schatz!", rief Cora ihn.
"Ich komme gleich!", meinte er und schloss sich im Bad ein. Seufzend sammelte er ihr Make Up vom Waschbeckenrand und stellte es zurück in das Fach, das er ihr im Schrank dafür freigeräumt hatte. So kam man doch gar nicht mehr an die Seife ran, er hatte es ihr jetzt schon mehrfach gesagt.
Müde fuhr er sich durch das braune Haar und betrachtete sich im Spiegel.
Es ging ihm auf die Nerven, dass Cora sich verhielt, als wäre sie schon bei ihm eingezogen, dabei waren sie gerade erst drei Monate zusammen. Das musste er wirklich dringend mal ansprechen, aber nachdem er ihr monatliches Jubiläum letzte Woche verpennt und sie ihn zwei Tage lang mit eisernem Schweigen gestraft hatte, verkniff er sich kritische Kommentare bewusst, auch wenn Dag ihn deswegen tadelte. Er meinte, das würde später nur zu Problemen führen. Vincent hatte sich nicht an den Ratschlag seines Kumpels gehalten, er hatte Cora einfach nicht verletzen wollen. Aber inzwischen zweifelte er, ob das eine kluge Entscheidung gewesen war oder ob er sich die Worte seines besten Freunds nur aus Gründen des albernen Stolzes nicht zu Herzen genommen hatte.

"Komm her, die Werbepause ist gerade vorbei." Cora klopfte neben sich auf die Couch und Vincent gesellte sich zu ihr, schlang einen Arm um ihre Schultern und strich ihr eine kurze, blonde Haarsträhne hinters Ohr. Er ahnte zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass dieser Abend der letzte sein sollte, an dem er so mit ihr im Arm auf dem Sofa lag ...

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