Dienstag - 21.4 - Vergebung ist ein großes Wort

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Don't forget  -  it's fiction!

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Und damit ist Dr. Serrano aus der Suite verschwunden. Stille. Langsam dreht PD sich um, ist immer noch (oder wieder?) käseweiß im Gesicht, schluckt. Holt tief Luft und geht – noch langsamer - auf Jimin zu, der inzwischen den Kopf aus der Decke gestreckt hat. Er versteift sich, schmiegt sich wieder stumm an mich. Grade rechtzeitig kommen alle anderen aus ihren „Rettungslöchern" gekrochen, um mitzukriegen, wie PD sich vor Jimin auf den Boden kniet. Er will offensichtlich mit ihm auf Augenhöhe sein. Alle Albernheit ist verflogen, die Luft knistert vor Spannung. Tae rutscht sofort wieder an Jimins Seite. Ich an PD's Stelle wüsste in dem Moment wohl nicht, ob ich eher vor dem gequälten, verängstigten Gesicht von Jimin oder vor dem finsteren Blick von Taehyung flüchten wollte.

Bang Si-Hyuk ringt sichtlich um Worte. Dann gibt er sich einen Ruck.
„Jimin, ..."
Der zuckt zusammen. Tae ballt angriffsbereit die Hände zu Fäusten. Schnell greife ich nach seinen Händen.
Bloß nicht!
„Bitte, Jimin. Ich weiß nicht, ob ich jemals in meinem Leben etwas so furchtbar falsch gemacht habe."
Ein winziges Bisschen löst sich Jimins Anspannung in meinen Armen, aber noch traut er dem Braten nicht. Zu sehr ist er verletzt worden.
„Ich habe höchstens die Hälfte von dem Redeschwall dieses Arztes verstanden, aber eines ist hängen geblieben: ich hätte euch glauben, euch mehr vertrauen sollen. Stattdessen habe ich vielleicht für immer euer Vertrauen verspielt auf ganz furchtbare Weise. Ich kann dich nur um Vergebung bitten, auch wenn ich sie nicht verdient habe."

Jimin hebt den Blick, schaut ihm direkt in die Augen.
"Ich habe mir sooo eine Mühe gegeben ..."
Er flüstert nur. Schamesröte steigt PD ins Gesicht.
„Das weiß ich jetzt auch. Ich habe seit Sonntag Abend nichts anderes gemacht, als immer und immer wieder die letzten Monate vor meinem geistigen Auge ablaufen zu lassen, nach Anzeichen zu suchen, die ich übersehen habe. Und ich habe so viele gefunden! Habe eure Broadcasts aus Deutschland angeschaut, und so viel zwischen den Zeilen gelesen. Die vier Konzerte in Paris und Madrid, die Fotos von dort, sprechen Bände. Immer und immer wieder: Ich frage mich, wie ich so blind sein konnte. Ich kann mich selbst nicht mehr verstehen. Das war und ist einfach unverzeihlich."
Er senkt den Kopf.
„Es tut mir so unendlich leid. Aber was ich dir angetan habe, kann ich nicht wieder gut machen."

Noch immer schaut Jimin ihn unsicher und mit großen Augen an. Doch allmählich spürt er, dass PD ihm nun endlich zuhören wird.
„Es war keine Absicht. Ich wollte doch essen. Aber mir ist seit einem halben Jahr wirklich ununterbrochen übel. Ich konnte nicht!"
PD nickt.
„Sowas ist unvorstellbar. Ich konnte mir das einfach nicht vorstellen. Dabei kenne ich dich so gut. Du lügst nie! Ich hätte dir glauben müssen."

Unerbittlich macht Jimin weiter, nun muss alles raus.
„Ich wollte es immer allen Recht machen. Obwohl das gar nicht geht!"
PD windet sich.
„Ich habe es gesehen. Du hast so sehr um mich gekämpft. Und für dich gekämpft. Die vier Konzerte – du hast wirklich alles aus dir rausgeholt, um mir zu beweisen, dass ich dir vertrauen kann. Aber ich habe dir stattdessen jedes Wort im Mund rumgedreht und dich in meinem blinden Zorn immer weiter von mir gestoßen."

„Ich konnte nicht begreifen, warum mich jemand so hasst, dass er mich umbringen will. Ich habe so Angst bekommen, auf die Bühne zu gehen."
PD sackt in sich zusammen.
„Das war der Moment, in dem ich zum ersten Mal gezweifelt habe, ob man diesen Job machen und ein guter Mensch bleiben kann. Aber statt dir zu zeigen, wie wertvoll und wichtig du in meinen Augen bist, habe ich die Polizei alarmiert, die Hotels sichern lassen – und deine Angst ignoriert."

Jimin spricht weiter, und es ist qualvoll für alle Beteiligten. Aber er will es zu Ende bringen.
„Ich habe so sehr an mir selbst gezweifelt."
PD schluckt.
„Und ich habe dir diese furchbaren Worte um die Ohren gedonnert, als wärst du ein Stück Dreck. - Und nicht das Stück Gold in unserer Mitte."

„Am Sonntag habe ich einfach aufgegeben. Ich habe beschlossen, BTS zu verlassen. Ich bin nicht mehr gut genug. War es vielleicht nie."
Sehr lange ist es absolut still im Raum. Die berühmte fallende Stecknadel würde im Moment wahrscheinlich mit Donnergetöse auf dem Boden detonieren und unsere Trommelfelle zum Platzen bringen. Entsetzt starren alle auf Jimin, der PD sehr ruhig und stabil in die flackernden Augen schaut. Dem weicht wieder alle Farbe aus dem Gesicht, langsam schüttelt er den Kopf, den Blick flehendlich auf Jimin gerichtet. Aber er hat keine Macht mehr über ihn. Er hat mit seinem Verhalten jede Autorität verspielt. Er versucht nicht, sich zu rechtfertigen oder sich zu entschuldigen. Er kann nur den Kopf senken, bittend die Hände heben und abwarten.

Allmählich löst sich Jimins Spannung. Er richtet sich etwas auf und schaut mich an.
Irgendwas will er jetzt von mir. Aber was?
Dann schaut er auf den Tisch. Dort steht nur noch der Teller mit dem Rest vom Käsekuchen. Ich bin verblüfft. Was hat er vor? Wieder dieser auffordernde Blick auf den Tisch. Ich versuchs einfach, beuge mich vor und reiche ihm den Teller mit den Kuchenstückchen. Sein Lächeln zeigt mir, dass ich richtig geraten habe.
Dann holt er tief Luft. Dreht sich zu PD um. Berührt ihn sachte an der Schulter. Der schaut auf – und erstarrt verblüfft. Ich halte den Atem an und kann nicht fassen, was ich sehe. Denn Jimin hält ihm stumm den Teller mit dem Kuchen entgegen. Erst nach und nach realisieren wir, was er da eigentlich tut. Dieser Kuchen ist den Jungs kostbar, denn er kommt von uns und ist sowas wie ein Erinnerungsstück an (überwiegend) gute zehn Tage. Das zu teilen, ist schon ein großes Geschenk. Darüber hinaus ist es aber auch das Teilen ansich, was mich so sehr beeindruckt. Man setzt sich nicht mit seinem Feind an einen Tisch! Jimin bietet Bang Si-Hyuk Vergebung an.

Son Sung-Deuk schnappt nach Luft. Yoongi knurrt.
O.K., mein Lieber - da arbeiten wir noch dran ...
Taehyung lässt sich mit einem tonlosen „oh!" zurück ins Sofa fallen. Hoseok kommen die Tränen, Jeongguk macht größere Kulleraugen als jemals in seinem Leben zuvor. Namjoon fängt an zu grinsen, Jin wirft Jimin ein paar Fingerherzchen zu. PD's Lippen formen ein stummes „Wie...?"
Er greift ganz langsam und zögerlich nach dem Kuchen. Er nimmt sich ein Stück, reicht Jimin den Teller zurück. Der bedient sich auch. Beide essen und sehen sich dabei an. So viel innere Größe ist fast unglaublich. Da ist es, das Wunder, das ich mir für heute sehnlichst erfleht habe! Und der kleine, so große, schwache, so starke Jimin hat es selbst möglich gemacht.

Ich spüre eine Veränderung in Jimins Haltung, schaue ihm ins Gesicht und nehme ihm schnell den Teller ab. Er ist wieder ganz blass geworden, kämpft sichtlich gegen einen Würgereiz an. Mein Blick geht zu Tae, der reagiert sofort.
„Schnell, der Ständer!"
Tae greift sich Jimin und läuft mit ihm zum Fenster, während Guk aufspringt und den Infusionsständer nebenher trägt.
„Schsch. Einatmen. Ausatmen. Bleib bei mir, Jimin. Gaaanz ruhig. So ist es gut! Einatmen. Ausatmen. Immer weiter. Du schaffst das!"
Jimin lehnt sich gegen Tae, total erschöpft von dem inneren Marathon, den er grade „gelaufen" ist. Aber er atmet, immer weiter, wird ruhiger. Er hat es wieder geschafft. Abgekämpft sackt Jimin in sich zusammen. Tae wiegt ihn hin und her, flüstert leise beruhigende Worte, gibt ihm Halt und Trost.

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Yoongi den Raum verlässt. Die Tür seines Zimmers schließt sich ein bisschen zu laut. Soviel zum Knurren...  Ein Blick auf meine Uhr sagt mir, dass uns nur noch wenige Stunden bleiben, um die Spannungen möglichst ganz aufzulösen. Dann müssen Kwon und ich wieder los. Aber bis dahin muss ich auch Yoongi wieder rausgelockt haben.

PD hat die Luft angehalten, entsetzt zu den drei Maknaes rübergeschaut und atmet nun wieder aus.
„Geht das schon seit einem halben Jahr so?"
Sein Blick hängt an den Dreien am Fenster, als er die Frage, sichtlich geschockt, in den Raum wirft.
Jin antwortet für uns alle.
„Nein, das ist erst seit drei Wochen so. Seit unsere Herzensmutter Tina herausgefunden hat, dass Jimin es so schaffen kann, sich nicht zu übergeben. Die Monate vorher ist er entweder dem Essen ganz ausgewichen und hat gehungert. Oder er hat nur gegessen, um uns zu beruhigen, und ist dann zur Toilette gerannt, weil er es doch nicht bei sich behalten konnte. Und irgendwann war das Kotzen dann wohl obligatorisch, und er hat gar nichts mehr bei sich behalten. Seine Angst zu versagen und seine Angst vor der Bühne haben ihn dann immer weiter in die Isolation getrieben."

„Jetzt wird es spannend."
Ich flüstere mit Kwon. Bisher habe ich mich völlig raus gehalten, habe reagiert, aber kein Wort gesagt. Doch nun bin ich erwähnt worden. Nun wird sich das Gespräch wohl zu mir wenden. Ich sehe Namjoon an und nicke zu Yoongis Tür. Der versteht mal wieder wortlos und geht hinterher.

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1.1.2019    -    2.4.2019    -    17.11.2019
2.4.2020

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