Don't forget  -  it's fiction!

Nicht so richtig 'ne Triggerwarnung. Aber hier gehts um die Auseinandersetzung mit alten Triggern und Traumata ...

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Nun ist es Sonntag Morgen. Alle haben genussvoll ausgeschlafen. Jimin hat schon vor dem Frühstück seine erste Massage bekommen, um die Muskeln wieder zu lockern. Won-Ho macht still seine Arbeit solange, bis Jimin sich wieder richtig locker und entspannt anfühlt. Beim Frühstück lassen sie sich alle Zeit der Welt. Und zum Nachtisch gibt's gemeinsam ergoogelte Reaktionen aus dem Netz. Das Echo ist durchwachsen, denn neben den zauberhaften Bildern der von ARMY-Bombs beleuchteten Halle, den vielen Fancams von Jimins frechem Mikro-rauf-und-runter und der wilden Verfolgungsjagd mit Jeongguk tauchen natürlich auch die Bilder und besorgten Stimmen zu dem in der Mitte liegenden Jimin auf, dem offensichtlich die Kraft zum Sitzen fehlte. Sie geben sich alle Mühe, noch mehr gute Stimmung zu verbreiten. Jimin postet ein Selfie von sich beim Essen. Aber so richtig deckeln können sie die besorgten Stimmen nicht.

Jimin selbst ist zwar unglaublich erschöpft, aber nach wie vor guter Dinge, glaubt sich auf der sicheren Seite, vielleicht verdrängt er auch, dass PD ihm für heute ein „ernstes Wörtchen" angekündigt hat. Er ist sich keiner Schuld bewusst, er hat doch alles gegeben! Er hatte endlich mal wieder ganz unbeschwert Spaß mit den anderen auf der Bühne. Das hat ihm so gefehlt!

Den anderen ist es dafür um so präsenter. Es hängt wie ein Damoklesschwert über ihren Köpfen und Gemütern. Sie sprechen es aber nicht an. Vielleicht wird es ja doch nicht so schlimm, warum also Jimin Sorgen bereiten. Seine Zuversicht soll ihm so lange wie möglich erhalten bleiben. Den ganzen Vormittag umsorgen sie ihn, machen Quatsch mit ihm, bange wartend, ob und wann PD wohl auf der Matte stehen wird. Doch der macht es spannend.

Guk beschwert sich spaßeshalber nochmal, dass Jimin ihn bei den Schlussreden so vorgeführt hat. Doch Jin unterbricht ihn.
"Jammerlappen! Wie oft hast du Jimin schon hoch genommen bei solchen Gelegenheiten?! Das war einfach ausgleichende Gerechtigkeit. Und saukomisch! Aber was anderes. Ich glaube, wir sollten uns jetzt die Zeit mit was Schönem vertreiben. Wollt ihr lieber für euch sein oder eher was gemeinsam machen?"
Jimin antwortet sofort.
"Ich würde gerne was mit euch zusammen machen. Oder mit ein paar von euch."

Yoongi horcht in sich hinein. Was Jimin sich grade wünscht, und was jetzt für ihn selbst sinnvoll und wichtig wäre, ist leider eindeutig zweierlei.
„Ich glaube, ich fände es schön, wenn wir ein bisschen durch die Hotelanlage streifen würden. Und dabei können wir spontan sehen, ob wir zusammen bleiben oder uns aufsplitten."
Die Idee wird gerne aufgegriffen. Guk schnappt sich seine Kamera, und sie greifen sich nach dem Zähneputzen ihre Badeklamotten, weil sie einen Pool gesehen haben. Dann bummeln sie los.

Auf dem Weg zum Lift findet Namjoon die Gelegenheit, mit Yoongi zu flüstern.
"Du kommst grade wider besseres Wissen mit, richtig? Seil dich doch ein bisschen ab und suche dir ein ruhiges Plätzchen zum Entspannen. Bitte."
Yoongi schaut ihn an.
"Ich bin total hin und her gerissen. Eigentlich habe ich so den Rand voll, dass ich am liebsten die Tour abbrechen und nach Hause fliegen würde. Das geht aber nicht. Dann würden BigHit und BTS so gründlich auffliegen, dass wir uns vielleicht nie wieder davon erholen würden. Ich hätte jetzt im Zimmer bleiben können. Aber falls dann PD aufgetaucht wäre, hätte er ausgerechnet mich erwischt, und das wäre genauso beschissen gewesen. Deshalb komme ich mit und hoffe auf genau das – ein ruhiges Plätzchen zum Abhängen. Mehr ist für mich grade wohl nicht drin."
Namjoon nickt.
„Du hast so zum Kotzen recht mit deiner Einschätzung. Keiner von uns sollte jetzt alleine PD in die Arme laufen. Und ich zweifle nicht daran, dass er noch auftauchen und den Larry machen wird. Wir müssen gut aufpassen, dass er es nicht schafft, Jimin von uns zu trennen."

Dann schaltet er um.
"Ich mache mir nur langsam echt Sorgen um dich. Du stehst so sehr unter Strom wie wir anderen alle zusammen. Und das will was heißen! Wenn ich dir doch nur helfen und irgendwie Entlastung verschaffen könnte!"
Yoongi seufzt nur und hofft einfach, dass bald die ersehnte Entspannung eintritt. Inzwischen steht echt alles auf dem Spiel. Aber das Wissen, dass Namjoon ihn sieht, über ihn wacht, hilft schon mal ein gutes Stück weiter.

Guk schlägt vor, dass sie eine Weile gemeinsam rum streifen und er dabei ein paar Fotos macht. Und dass sie sich dann aufteilen und ihren Neigungen nachgehen. In dem riesigen Foyer des Hotels bleibt Hobi vor einem Mosaik im Boden stehen. Er betrachtet das Muster und wird plötzlich philosophisch.
„Könnt ihr euch noch erinnern, wie wir 2014 in Berlin waren? Die Pension neben der Spielothek, deren Beleuchtung so grell war, dass wir die ganze Nacht nicht schlafen konnten? Zu siebt in drei Mini-Zimmern mit dazu gestellten Betten – wie in unserem allerersten Dorm? Das kleine Konzert in der altertümlich-abgewrackten Halle?"
Alle nicken und versinken in Erinnerungen.

„Stimmt. Das ... Huxley's?"
Taehyung gräbt in seinem Gedächtnis.
„Da haben grade mal 1600 Leute reingepasst. Schon verrückt. Heute sind es ziemlich genau zehnmal so viele in unseren Konzerten ..."
Jin schwärmt.
„Ich fand das aber gemütlich dort. Vielleicht sollten wir in Berlin versuchen, uns die Zeit zu nehmen, dass wir da nochmal hingehen und reinschnuppern. Back to the roots sozusagen."

Hobis Blick schweift nun durch die Halle.
„Und jetzt schaut euch hier mal um. Wo wir inzwischen gelandet sind. Ehrlich, ich glaube, man würde das komplette Huxleys in dieser Eingangshalle unterbringen können! Und die Pension passt in den Speisesaal. Aber ohne diese Fans von damals wären wir heute nicht hier."

Sie verlassen die luxuriös eingerichtete Halle und streifen nun draußen unter schattigen Bäumen durch die Anlage. Bald finden sie den Pool.
„Auf, setzt euch mal nebeneinander, ich suche jemand für ein Gruppenfoto."
Nach dieser Aufforderung richtet sich Jeongguk an den Barmann hinter dem Tresen beim Pool.
„Könnten sie ein paarmal abdrücken, damit wir alle auf dem Bild sind?"
Der nickt, lässt sich die Kamera reichen und ein paar Knöpfe erklären. Dann flitzt Guk zu den anderen für das Bild. 

Jimin, Jeongguk und Taehyung bleiben gleich am Wasser, ziehen sich um und fangen in gewohnter Manier an, rumzublödeln. 

Nach kurzer Zeit kehren auch Hobi und Jin umgezogen zum Pool zurück und toben sich mit einem Ball aus.

Die anderen beiden schlendern weiter. Schließlich finden sie etwas abseits auf dem Gelände des ehemaligen Palastes einen angelegten Garten, in dem sich sonst niemand befindet. Namjoon schaut Yoongi an.
„Passt das? Dann lasse ich dich hier jetzt alleine. Sollte PD auftauchen oder es Zeit fürs Mittagessen sein, sammele ich dich wieder ein. Ich bleibe aber in der Nähe und habe das Phone an. Ich nehme mir einfach auch Zeit fürs Relaxen, bin aber erreichbar für dich. O.K.?"
Yoongi hopst auf eine Mauer und schaut sich um.
„Jepp. Hier kann mans aushalten." 

Namjoon legt sich gemütlich auf die nächste Bank, stopft sich sein Handtuch unter den Kopf und steckt sich die In-Ears rein, sucht nach einer chilligen Playlist und klappt die Augen zu.

Yoongi seufzt. Das würde er jetzt auch zu gerne können. So von 100 einfach auf 0 umschalten. Im Laufe der Jahre hat er genau zu dieser gelassenen Haltung gefunden. Und es ist ihm gut gegangen damit. Aber davon ist im Moment überhaupt nichts zu merken. Außen und innen steht alles Kopf, sein schwer erarbeiteter innerer Frieden ist auf dieser Tournee einem heillosen Chaos gewichen. Schon lange hat ihn nichts mehr so gefordert wie dieser Dauerstreit mit PD und die Dauersorge um Jimin. Sogar die Enge bei Tina war dagegen leicht auszuhalten! Jeder einzelne Tag fordert seine ganze Kraft und Selbstbeherrschung.

Yoongi geht weiter durch den Garten. In einer versteckten Ecke findet er eine kleine natürliche Felsgrotte. Kurzerhand legt er dort sein Handtuch hin und klappt auch die Augen zu. Aber irgendwas drückt in seiner Hosentasche. Er steckt die Hand rein. Und findet die kleine, geöffnete Achatknolle vom Abschiedsabend. Seine Gedanken wandern zurück zu den Tagen in Deutschland. Was stand in dem Abschiedsbrief?

„Es tut mir unendlich leid, dass Du durch die Enge bei uns, durch die unbeabsichtigt geknallte Tür und durch das elende Sirenengeheul so sehr getriggert worden bist, dass es Dich re-traumatisiert hat. Ich wünsche Dir von ganzem Herzen, dass Du die alten und die neuen Lasten auf Deiner Seele mit Mut anschauen und in Frieden abgeben kannst, damit in Deiner Seele Platz wird für Neues. Vielleicht hast Du das damals nicht genug getan, weil Du Angst vor den beruflichen Folgen des Unfalls hattest? Bloß schnell verdrängen? Hör auf damit! Nimm Dir die Zeit und die Freiheit, Deine gebrochene Schulter, die Geräusche dieses Unfalls, das Rad direkt neben Deinem Kopf und die Angst um Deinen Job in den Winkeln Deiner Seele aufzustöbern und ganz bewusst fortzuschicken.

Yoongi erschauert. Noch einmal alles aufwühlen? Wie ausgeruht, stabil und in Sicherheit müsste er sein, um da jemals wieder ranzukönnen??? Diese Situation muss erst noch erfunden werden! Andererseits: es war nur eine knallende Tür - und es hat ihn völlig von den Beinen gerissen. Dann ist noch das Geräusch der Sirene dazu gekommen. Will er für den Rest seines Lebens weitere Trigger sammeln, die ihn immer mehr einschränken und ihm schließlich ein normales Leben unmöglich machen werden? Ganz leise, ganz hinten in seinem Kopf keimt der Mut, sich doch noch einmal den Dämonen seiner Vergangenheit zu stellen. Nicht heute. Der heutige Tag hat Belastung genug. Aber bald. Bevor ihn der Mut wieder verlässt. Bei diesem Entschluss fühlt er sich plötzlich seltsam erleichtert. Als hätte er den Schritt bereits getan. Zum ersten Mal seit damals fühlt es sich richtig an. Er will diese Last loswerden! Mit diesem Gedanken kann er allmählich entspannen und schläft endlich ein.

Irgendwann mal hat Yoongi die Stimmen aller Member aufgenommen und kurze Sätze als Klingelton für die jeweiligen Personen in seinem Handy eingerichtet. Und so weckt ihn einige Zeit später die Stimme von Namjoon. Verschlafen geht er ans Phone.
„Yoongi? Wo bist du? Das muss ja ein echt lauschiges Plätzchen sein. Ich kann dich jedenfalls nicht finden."
Yoongi muss grinsen.
„Jepp. Aber kein Problem. Ich komme gleich vor. Alles klar bei den anderen?"
„Jaja, alles klar. Jimin hat ein bisschen in einem Liegestuhl gepennt. Aber es ist Zeit fürs Mittag. Und die anderen verschrumpeln allmählich im Pool. Lass uns hochgehen."

Während Yoongi sich reckt, aufsteht und sein Handtuch vom Boden klaubt, spürt er, dass dieses Schläfchen tatsächlich richtig erholsam war. Oder der Entschluss, an den er sich noch wage erinnert? Er lässt die halbe Achatknolle in seiner Hand hin und her rollen und freut sich an dem Funkeln der Kristalle im Licht. Dass Tina ihn so sieht, hat ihn erstaunt, verzaubert und reich beschenkt. Zufrieden steckt er seinen Schatz zurück in die Hosentasche.

Er hat keine Eile. Allmählich schlendert er zum Ausgang des kleinen, abgeteilten Areals. Da sieht er schon Namjoon um eine Hecke im Garten kommen. Gemeinsam stoßen sie zu den anderen und fahren nach oben zu ihrer Suite.
„Du siehst echt besser aus als vorhin. Das erleichtert mich grade sehr"
Namjoon winkert Yoongi zu.

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25.12.2018    -    2.4.2019    -    17.11.2019
2.4.2020