Prolog

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Mit einem guten Buch in der Hand ist alles möglich., das hatte mir meine Mutter stets eingeprägt und sie behielt bis heute recht.
Gemächlich schlenderte ich durch den mit Rosen übersähten Garten, welcher das kleine wundervolle Fachwerkhaus meiner Familie umrahmte. In meinen Händen hatte ich selbstredend ein Buch. Ich war auf dem Weg zu meinem Lieblingsplatz zum Lesen. Die Lichtung im Wald hinter dem Haus.
Das Buch zu der Neuerzählung Brüderchen und Schwesterchen hatte ich schon tausendmal gelesen und doch packte es mich jedesmal aufs Neue. Das von mir bevorzugte Buchgenre hierbei war Romantik, wie auch das meiner Mutter. Jedoch muss ich gestehen, dass ich die allzu bekannte Buchreihe Harry Potter aus der Außenwelt, der Welt der normalen Menschen, ebenso verschlungen hatte.
Ein schreckliches Geräusch, welches klang, als würde man auf ein Tier schießen, riss mich aus meinen Gedanken. Meine Nackenhaare stellten sich auf.
Hinter mir knackte irgendein Zweig. Ich drehte mich in die Richtung und erstarrte.
"Vorsicht!", ich sah einen Schatten auf mich zukommen. Ab da ging es sehr schnell.
Der Schatten sprang auf mich zu, riss mich zu Boden und blieb auf mir liegen.
Nach dem plötzlichen Schreck blinzelte ich gegen die Sonne an und schaute in sonderbar lilafarbende Augen.
Auf mir lagen haarige Arme und bevor ich überlegen konnte, warum die dazu gehörigen Hände nach einem Tier aussahen, war das dichte Fell verschwunden.
Die Gestalt zog mich zurück auf die Füße. Ich nutzte die Gelegenheit, die Gestalt zu begutachten. Es war kein haariges Tier, wie ich zu meinem Überraschen feststellte. Im Gegenteil, es war ein hübscher Junge mit besonderen Augen, braunen, fast schwarzen Haaren und einem muskulösen Körper zum Dahinschmelzen. Auf seinem Kinn wuchsen einige Bartstoppeln.
Sein Blick lag abwartend auf mir. Er durchdachte seinen nächsten Schritt, wartete auf meine Reaktion.
"Was ist passiert?", fragte ich ihn.
"Hast du den Schuss nicht gehört? Jemand zielte auf dich. Ich sah es und wollte dir helfen.", beantwortete er.
"Jemand hat auf mich geschossen?", ich drehte und wendete mich in die verschiedenen Himmelsrichtungen, doch konnte niemanden entdecken.
"Nicht absichtlich, vermute ich, dennoch."
"Es darf keiner in dieser Lichtung jagen...", murmelte ich. "Jedenfalls, wie kann ich mich bei dir vernünftig bedanken?"
"Damit"
Ich wollte gerade mit einem Womit? ansetzen, als seine eher rauen Lippen sich sanft auf meine legten. Sein bärtiges Kinn kitzelte mich. Damit hatte ich nicht gerechnet, doch um ehrlich zu sein, gefiel es mir.
Mich überkam das Gefühl, mich an etwas festhalten zu müssen, deswegen klammerte ich mich an seinen männlichen Körper.
Urplötzlich löste er sich von mir. Auf seinen Lippen lag ein Grinsen. Verstohlen schaute ich ihm in sein Gesicht.
"Du, du hast mir meinen ersten K-Kuss gestohlen.", stammelte ich. Um nicht zu schüchtern zu wirken, verschränkte ich die Arme vor der Brust.
"Habe ich das? Dafür, dass es dein erster Kuss war, scheinst du aber ganz schön erfahren, meine Schöne.", erwiderte er.
Meine Wangen färbten sich rot. Meine Schöne. Er hatte mich meine Schöne genannt.
"Danke.", stotterte ich leise.
"Danke? Wofür? Hätte es bereut, hätte ich dich nicht gerettet. So eine gute, unerfahrene, schöne Küsserin."
Flirtete er mit mir? Musste ich zurück flirten? Wie ging das?
"Wie heißt du eigentlich?", stellte er eine Frage.
"Bellina. Du?"
"Bellina, hm? Passt zu dir, meine Schöne. Ich heiße Connor."
"Freut mich dich kennenzulernen, Connor.", ich reichte ihm meine Hand.
"Die Ehre ist ganz meinerseits. Verrätst du mir auch, woher du kommst? Du kommst mir nämlich bekannt vor."
Ich schüttelte den Kopf. "Lieber nicht. Jedem, dem ich davon erzähle, nimmt seine Beine in die Hand und läuft geschwind davon."
"Gehe ich somit recht in der Annahme, dass du meine Gegenwart schätzt?"
"Oh, ja.", stimmte ich verlegen zu.
"Keine Sorge, Schätzchen. Ich laufe dir nicht davon. Dafür sind deine Küsse viel zu verlockend. Die, die dich zurück ließen, sind absolut dämlich. Warum sollte ich so ein schönes Mädchen wie dich gehen lassen?"
Ich atme tief ein. Wenn er weg ist, sobald ich es ihm sage, ist er nicht der Richtige. Außerdem will ich mich nicht für meine Familie schämen müssen.
"Ich bin die Tochter von Belle und Adam.", half ich ihm auf die Sprünge.
"Siehst du, ich nehme meine Beine nicht in die Hand, Prinzessin.", schmunzelnd verbeugte er sich vor mir und küsste zärtlich meine Hand. "Jedoch muss ich mich für heute von Euch verabschieden. Meine Mutter braucht meine helfende Hand. Wie wär's, wir sehen uns morgen an dieser Stelle?"
Ich ließ mir die Enttäuschung nicht anmerken, nickte bloß.
Behutsam küsste er meine Nasenspitze. "Mach dir keinen Kopf, Prinzesschen. Ich komme wieder, versprochen."
Mit diesen Worten ließ er mich stehen.
Niedergeschlagen setzte ich meinen eigentlichen Weg zu der Lichtung fort.
An diesem Tag konnte ich mich egal, wie sehr ich es versuchte, nicht auf diese tolle Geschichte in meinen Händen konzentrieren. Immer und immer wieder schweiften meine Gedanken von der Handlung ab.
Maman und Papa waren in das abgeschiedene Dorf ihres Landes gezogen, hatten den Palast hinter sich gelassen, damit wir ein angenehmeres Leben führen konnten. Papa wollte somit mehr auf die wahren Dinge im Leben achten. Seine Leute hatte er zum Abschied hin ausreichend bezahlt. Ihnen war frei, ob sie bei uns blieben oder in die große, weite Welt hinaus gehen wollten. Der Großteil blieb.
Mich wollten sie nicht auf Das Internat des Goldes schicken. Ich sollte auf die Dorfschule gehen. So wäre der Weg nicht weit und ich hätte die Möglichkeit, Freunde in unmittelbarer Nähe kennenzulernen. Obendrein müsste ich nicht von meiner Familie wegziehen, was ich keinesfalls gewollt hätte. In diesem Dorf wohnten Großpapa Maurice, Maman und Papa. Fleur - die sture alte Dackeldame, Lola - der freche Boykin Spaniel, Artus und Noir - die bissigen, doch lieben Schäferhundzwillinge, Drôle der tollpatschige Beagle und zu guter Letzt Lucile, beziehungsweise Lulu, der kleine Affe. Genauer gesagt: Die fünf Hunde gehörten meiner Familie und das Äffchen mir.
Auch möchte ich ungerne die Bibliothek meiner Mutter hinter mir lassen und über das Internat habe ich überwiegend schlechtes vernommen. Andererseits habe ich an der Dorfschule keine Freunde, da jeder weiß, wer ich bin.
Das war der Grund, warum ich Connor nichts über meine Herkunft erzählen wollte. Hätte ich es Mal gelassen, wär er noch hier. Ich bezweifle, dass er morgen zurück kommt.
Es wurde dunkel und ich trat den Rückweg an.
Zuhause begrüßten mich die Hunde stürmisch. Fleur trottete langsam zu mir, ich streichelte sachte ihren Kopf.
"Coucou, wo ist meine Lulu?"
Als hätte sie nur auf den richtigen Zeitpunkt, den Ruf ihres Namens, gewartet, springt mir der kleine Affe in die Arme. Ich lache.
"Bonjour, Äffchen. Wie war das Buch? Hast du es durch?", eröffnete Papa.
"Bestimmt hat sie das Buch bereits durch.", kam es von Großpapa.
Ich schüttelte den Kopf, was überraschte Blicke einbrachte.
Scherzhaft fasste mir Maman an die Stirn. "Kein Fieber."
"Mir geht es gut, ehrlich. Ich wollte mir das Buch heute nur Mal einteilen."
Erneut überraschte Blicke. "Bist du verliebt?", riet Maman.
"Nein, es ist nichts. Mon dieu. Da liest man einmal sein Buch nicht zu Ende und sogleich spielt jedermann verrückt."
"Okay, okay, Äffchen. Dir geht es gut, wir haben es verstanden. Wir werden es schließlich gleich beim Essen sehen. Rührst du die Speisen nicht an, bist du krank.", stellte Großpapa fest.
"Ich bin kurz oben, ich muss unbedingt aus den Klamotten raus."
Gefolgt von Lucile erklomm ich die Treppen.
Oben angekommen zog ich ein grünes Nachthemd aus dem Schrank.
Meine langen roten Haare band ich mir zu einem Zopf zusammen.
"Lulu, hilfst du mir bitte aus dem Kleid?"
Der Affe öffnete den Reißverschluss des Kleides. Das Tier war überaus intelligent. Ständig bewunderte ich dieses Tier. Es war schlauer als manch anderer.
Das Kleid fiel zu Boden und sie machte sich mit den zierlichen Händchen an meiner Korsage zu schaffen. Daran verzweifelten wir immer aufs Neue. Diesmal war es anders. Nach kürzester Zeit spürte ich die Lockerungen und dass ich wieder ausatmen konnte.
"Guten Abend, Prinzessin."
Ich schreckte auf. Das war nicht Lucile. Lucile war ein Affe, welcher nicht sprechen konnte.
Deswegen ging das mit dem Korsett so schnell.
Mit Schamesröte im Gesicht hielt ich mir das Nachthemd in meiner Hand vor meine Oberweite. Leider nützte es nicht viel. Der Brustkorb war zu groß.
"Connor"
"Ich konnte nicht aufhören, an dich zu denken, Prinzesschen. Dazu fühlte ich mich schlecht. Du wolltest es mir nicht erzählen, weil du Angst hattest, dass ich dann gehen würde und was macht dieser Idiot?", er deutete auf sich selbst. "Er geht. Es tut mir furchtbar leid. Ich wollte dich damit nicht kränken."
"Du hättest auch Klingeln können..."
"Ich weiß, aber dann hätte ich dich nicht so gesehen."
Meine Wangen würden bei ihm wohl dauerhaft rot glühen.
"Und wer weiß, vielleicht hätten mich deine Eltern nicht zu dir gelassen."
"Jetzt bist du ja da.", flüsterte ich.
"Genau. Soll ich gehen?"
"Nein!!!"
Connor schmunzelte. "Gut. Dann kann ich nämlich das hier machen."
Gerade wollte ich ansetzen, etwas zu sagen, da lagen seine Lippen schon auf meinen. Seine Zunge tänzelte kurz mit meiner. So abrupt wie der Kuss begonnen hatte, endete dieser auch.
Ich senkte den Blick und da wurde mir bewusst, mein Kleid war hinunter gerutscht und ich stand fast nackt, nur in einem Schlüpfer, vor ihm.
Wie rot konnte ein Mensch werden?
Behutsam hob Connor mein Gesicht an, in dem seine Finger mein Kinn berührten.
In seinen Augen loderte ein leidenschaftliches Feuer. "Keine Sorge, meine schöne Prinzessin. Obwohl ich es zu gerne täte, werde ich dich nicht auf dieses Bett da werfen und dich lieben. Außer du möchtest."
Lieben... Ich fühlte mich wie in einem Traum. Er hatte es auf diese besondere Art und Weise gesagt, bei der Frauen in seinen Händen davon fließen würden. Nicht durch die härteren
Wörter wie das F-Wort ausgetauscht.
Vorsichtig schüttelte ich den Kopf. "Ich bin noch nicht soweit."
"Das habe ich mir gedacht."
"Bist du mir böse?"
"Nein, auf gar keinen Fall. Wir machen es, wie du es möchtest. Wenn du jetzt Sex möchtest, können wir es tun. Wenn nicht, ist es nicht schlimm. Ich gebe dir den Freiraum. Den einzigen Freiraum, den ich dir nicht geben werde, ist der, wenn du gar nichts mit mir zu tun haben willst. Das fände ich Jammerschade und würde es nicht zulassen.", lautete seine Erwiderung.
"Ich möchte etwas mit dir zu tun haben!"
"Da bin ich aber beruhigt. Du solltest dir besser etwas überziehen, sonst wird das mit dem Zurückhalten meinerseits um einiges schwieriger."
Um mir zu beweisen, welchen Freiraum er mir gab, drehte er sich weg. Schleunigst zog ich mir das Nachthemd und eine Fleecejacke über. "Du kannst dich umdrehen."
Connor gehorchte und begutachtete meine Kleidung eingehend.
"Du würdest selbst in Lumpen gut aussehen."
Zweifelnd sah ich ihn an. "Wirklich?"
"Das ist mein voller Ernst.", er strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. "Wieso kannst du das Kompliment nicht annehmen?"
"Weil..."
"Weil du dich nicht mit meinen Augen sehen kannst. Schade eigentlich. Du bist wunderschön."
"Aber nur, wenn ich ein Korsett trage. Ohne das Ding sieht man mein Übergewicht."
Der Junge in meinem Zimmer verdrehte die Augen. "Du bist verrückt." Seine Hände fanden meine Taille. "Du bist nicht so ekelhaft dürr wie die anderen. Das gefällt mir. Wusstest du, dass die meisten Jungs nicht auf diese dürren Klappergestelle stehen? Sie stehen mehr auf große Brüste, einen knackigen Hintern und die perfekten Kurven. Das soll nicht bedeuten, dass du dick bist. Das bist du nicht. Nur nicht dürr und das ist genial.", schmeichelte er mir.
"Hast du Erfahrungen in Sachen Frauen, Liebe und...?"
"Sozusagen. Ich... Okay, Vorsicht, hier kommt meine Offenbarung: Trommelwirbel. Ich bin der Sohn von Rotkäppchen und dem bösen Wolf. Mein erstes Mal hatte ich mit einer Wölfin, bitte verzeih."
Es war irgendwie süß, wie er mit sich rang. Er wollte mich mit seinen Worten nicht verletzen, dabei tat er es nicht Mal im geringsten.
"Der böse Wolf und Rotkäppchen also? So, so...", ich kicherte. "Keine Sorge, Wölfchen, ich werde dir ebenso nicht davon laufen. Irgendwie hatte ich es vermutet. Als ich die Augen öffnete, nach dem du mich zu Boden gerissen hast, waren da keine Hände, sondern Pfoten."
"Außenseiter müssen doch zusammen halten, stimmt's?"
"Das ist nicht der Grund, warum ich dich nicht rauswerfe.", wandte ich ein.
"Nicht? Was dann? Meine Küsse?", schlug er vor.
"Mitunter. Du scheinst mir einer der Guten zu sein und ich mag dich.", gestand ich.
"Nach noch nicht einmal einem Tag? Wow, das ist meine persönliche Bestleistung.", verspielt zwinkerte er mir zu.
Ich versuchte mich ebenfalls an seinem Zwinkern.
Auf einmal schlug die Stimmung von lustig in undurchschaubar. Connors Magen fing an zu grummeln.
"Hat da jemand Hunger?", zog ich ihn auf.
Seine lilanen Augen wurden ganz dunkel. Ich fror.
Die Adern an seinem Körper wurden sichtbar. Erschrocken zuckte ich zurück. Seine Hände hatte er zu Fäusten zusammen geballt.
"Prinzessin, würdest du mir bitte etwas zu Essen holen?"
Ich sah wie er sich abquälte. Zu dem Zeitpunkt hatte ich die Ernsthaftigkeit nicht verstanden. Die Nachsicht kam erst später.
"Bitte?", flehte er.
Ich nickte. Seine Qualen machten mich fertig. War das normal?
Ich stieg die Treppen hinab. Maman kam mir entgegen. "Äffchen, ich wollte gerade nach dir sehen. Wir haben dich beim Speisen vermisst."
Ich wollte Maman nicht verraten, dass ein Junge in meinem Zimmer auf mich wartete. So herzensgut sie auch war, würde sie dieser Gedanke nicht gerade erfreuen. Jedenfalls nicht ohne eine lange Vorbereitung. Papa konnte ich es schon gar nicht erzählen. Dieser würde komplett ausrasten. Manchmal kamen halt die Handlungsstränge eines gefährlichen Biestes bei ihm durch. Womöglich war das bei dem Sohn des Wolfes auch gerade der Fall.
"Ich esse oben, ja?"
"Mach das. Hoffentlich geht es dir morgen besser.", sie bedachte mich mit einem sorgenvollen Blick.
"Warum?"
"Morgen hast du einen Schulausflug ins Grimmland.", erinnerte sie mich.
Ich stöhnte. "Stimmt."
"Du kannst dich davor nicht drücken, Äffchen. Ich bin mir sicher, irgendwann werden sie erkennen, was für ein schönes Mädchen du bist."
Ergeben ließ ich mich von ihr in die Arme schließen. Ich drückte ihr einen Kuss auf die Wange, nahm das mir von der Köchin gereichte Tablet mit duftenden Essen entgegen und verschwand über die Treppe in meinem Zimmer.
Frustriert stellte ich fest, dass er ohne ein Wort gegangen war.
Ich ließ Lucile ins Zimmer huschen, schloss hinter mir ab und setzte mich an den Schreibtisch. Neben dem Tablet lag das angefangene Buch. Während ich die lauwarme Nahrung aß, las ich weiter.
Lulu kreischte und hielt mir kurzerhand einen Schmierzettel unter die Nase.
"Was soll ich damit?"
Auf den ersten Blick fiel es nicht auf, erst beim zweiten. Die Schrift gehörte nicht zu mir. Diese war unordentlich dahin gekritzelt.
Mit Verwunderung sowie Anstrengung, wer es geschrieben haben könnte und von wem der Zettel stammte, versuchte ich zu entziffern, was drauf stand.
"Liebe Bellina,
Zu gerne wäre ich geblieben, aber ein hungriger Wolf ist gefährlich. Bestes Beispiel sind mein Vater in Der Wolf und die sieben jungen Geißlein, als auch in Rotkäppchen.
Wenn wir uns das nächste Mal sehen - ich hoffe, das wird morgen bei der Lichtung sein; dort werde ich auf dich warten und Wurzeln schlagen, sofern du nicht kommst - werde ich nur Zeit für dich haben. Meine Mutter wird bescheid wissen, mich also in keiner Hinsicht benötigen. Der Hunger auf Nahrung wird gestillt sein. Der Hunger auf dich wird es nicht.
Sehr poetisch, ich weiß.
Gute Nacht.
Bis hoffentlich ganz bald, dein Wolf.", las ich. "Lulu, hast du das gehört? Dieser geniale Küsser möchte mich weiterhin treffen! Ist das nicht der Wahnsinn? Hach, mein Traummann."
Was redete ich da bloß für ein Zeug?
Mit einem Lächeln kletterte ich ins Bett, sobald ich aufgegessen hatte. Lucile kletterte in ihr eigenes Bett. Ihr Bettchen war ein Korb ähnlich einer Schaukel, welche von der Decke hing.
"Gute Nacht, träum süß, hab dich unbeschreiblich dolle lieb."

Traurig fiel ich ihm in die Arme.
Es war unglaublich. Seit zwei Jahren waren wir nun zusammen. Heute hieß es Abschied nehmen von Connor, meinem allerbesten Freund.
Vor nicht allzu langer Zeit hatten wir uns getrennt, weil wir bemerkt haben, dass wir nichts anderes als Freundschaft für den jeweils anderen empfanden. Ich hatte es schon länger gewusst, mich nur nicht getraut, es auszusprechen, weil ich ihn mochte und ihn nicht verletzen wollte. Ihm ging es nicht anders.
Ganz Märchenland dachte, der böse Wolf und Rotkäppchen hätten nur ein Kind. In Märchenland zählte das zu etwas besonderem. Über die Zeit hinweg kam ich hinter das Familiengeheimnis. Die Familie hatte Connors kleine Schwester Ylvie vor der Außenwelt beschützen wollen. Das kleine Mädchen war schwer krank und man wusste nicht, wie die Überlebenschancen um sie standen. Gutesgehend hatten meine Familie und ich sie unterstützt. Unsere Familien waren zu guten Freunden geworden. Zu gerne hätte meine Familie Connor als Schwiegersohn angenommen.
"Bellina!", die zierliche Ylvie klammerte sich an mein Bein.
Das Mädchen hatte sich gut aufgepeppelt. Um die Nase war sie nicht mehr sonderlich blass, sie war auf dem Weg der Besserung. Ihre braunen zerzausten Locken nahmen ebenso an Kraft und Farbe auf. Der Körper der Kleinen war zwar noch immer ziemlich mager, aber ihr Zustand verbesserte sich von Tag zu Tag.
"Ich will nicht weg.", beharrte sie weinerlich.
Die Familie zog aus dem Wald in die Siedlung. Cinderella, eine gute Freundin meiner Mutter, hatte sich angeboten, diese Menschen bei sich aufzunehmen. Die Königin und ihr Mann hätten gerne eigene Kinder, doch das hatte bisher angeblich nicht funktioniert, weshalb sie sich umso mehr auf das kleine Wolfsmädchen freuten.
Ich nahm Ylvie auf meine Arme und drückte sie ganz fest an mich. "Dir wird es im Schloss gefallen, das verspreche ich dir."
"Versprichst du mir auch, uns besuchen zu kommen?"
"Ich verspreche es hoch und heilig."
"Rosenprinzessinehrenwort?", hakte sie nach.
"Rosenprinzessinehrenwort.", versprach ich.
Connor tippte mir auf die Schulter. Ich nahm seinen männlichen, nach Wald riechenden Geruch wahr.
Er hielt mir seinen kleinen Finger hin, den ich mit meinem umklammerte. "Wir werden uns wiedersehen."
"Wir werden uns wiedersehen.", wiederholte ich schweren Herzens.
Connor drückte mich an seine Brust und küsste meinen Scheitel.
Aus dem Augenwinkel konnte ich den Abschied meiner Eltern und seiner Eltern verfolgen. Den Frauen standen die Tränen in den Augen. Mir erging es nicht anders.
Die beiden Klammeräffchen alias Ylvie und Lucile klammerten sich aneinander.
"Die auseinander zu bekommen wird schwierig.", grinsend lag Connors Blick auf seiner Schwester. "Hey, Prinzesschen, weine nicht."
Damit meinte er mich. Er strich mir die Tränen aus dem Gesicht.
Ein letztes Mal nahm ich ihn in den Arm. "Jetzt geh, bevor ich dich nicht loslassen kann."
Der Wolf nickte traurig, zog seine Schwester auf die Beine und setzte sie seinem Vater auf den Rücken. Hinter Ylvie stieg Rotkäppchen auf. Die drei begaben sich auf den Weg, während Connor noch eine Weile verweilte. Der Abschied zu meiner Familie fehlte noch.
Papa klopfte dem Wolf auf den Rücken. Beide versuchten die Frustration zu verbergen. Ob es der Frust über die Trennung von Connor und mir war oder die Trennung unserer Familien, konnte ich nicht sagen.
Zu guter Letzt umarmte mein bester Freund mich noch einmal. "Du wirst mir fehlen, Prinzessin. Unsere gemeinsame Zeit wird mir fehlen."
Vor meinem Auge verwandelte er sich in das haarige Tier und folgte seiner Familie.
Mama streichelte mir über den Arm. Großpapa gesellte sich zu uns, Papa ging ins Haus.
Wir drei verblieben mit Lulu und den Hunden vor dem Haus, schauten lange in den Wald hinein. Der Tränenfluss hörte bei mir gar nicht mehr auf. Mein bester Freund war fort. Derjenige, der mir meinen ersten Kuss beschert hatte, war weg.

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