🖤 03

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Angestrengt schaut er weg und holt endlich den Teller aus der Mikrowelle. "Du hättest nicht kommen sollen", murmelt er.

"Tut mir leid."

"Nein, mir." Mit versteinertem Gesicht teilt er den Auflauf in zwei Portionen und drückt mir den einen Teller samt Besteck in die Hand. "Du kannst dich gern zu Momo ins Wohnzimmer setzen, falls du magst. Aber ich schaff das gerade nicht." Inho fängt an zu essen und sieht von außen wie ein normaler, eventuell etwas von der Arbeit gestresster Mann. Doch ich weiß nun, wie es in Wahrheit in ihm aussieht.

In seiner Lage würde ich vermutlich auch ständig heulen. Den Partner verlieren, aber sich dann noch um den stressigen Job und die Kinder kümmern müssen, die ebenso traurig sind wie man selbst.

Inho schafft nur ein paar Bissen, dann stellt er den Teller weg und verschränkt die Arme vor der Brust, als ob ihm kalt wäre. Hier drin ist es warm. "Manchmal denke ich, ich schaff das alles nicht. Aber wenn ich aufgeben würde, wo sollen die beiden dann hin? Zu meinen Eltern? Das will ich ihnen auch nicht antun", erzählt er mir und gerät dann ins Stottern. "Äh, n-nicht falsch verstehen!! Meine Eltern sind toll. Nur sehr konservativ und sie leben auf dem Land, und das Jugendamt fand, dass es besser wäre, wenn die Kinder nicht aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen werden, also ihrem bisherigen Kindergarten... und sie kennen meine Eltern kaum."

"Was ist mit seinen Eltern?"

"Sein Vater ist wohl schon lange tot, und seine Mutter habe ich auch nie kennengelernt. Und die Geschwister sind alles geldgeile Arschlöcher und auch unverheiratet, so wie ich. Deswegen sind die Kleinen bei mir."

"Ist sicher hart. Für sie. Und für dich."

"Ich komme schon irgendwie klar. Muss ja."

"Das seh ich." Ich stelle meinen Teller weg und trete näher an ihn heran. "Ich bin wahrscheinlich die völlig falsche Person in dieser Situation, aber wenn ich irgendwas tun kann, sag Bescheid."

Inho reagiert patzig. Das ist der Inho, den ich aus dem Büro kenne. "Vergiss es. Kümmer dich um deinen eigenen Kram." Wütend funkelt er mich an. Ich kann ja gar nichts dafür. Naja, dass ich hergekommen bin, war schon ungünstig. Wie soll er den Kindern erklären, dass ich nicht ihr Vater bin, der immer noch tot ist, und ich nicht bleiben kann? Da hab ich große Sche¡ße gebaut. Er hat ja irgendwie versucht mir zu sagen, dass ich es lassen soll, und für Streit oder Diskussionen hat man manchmal einfach keine Kraft.

"Es tut mir leid."

"Lass gut sein. Ich bin einfach nur müde. Von allem." Genauso sieht er auch aus. Müde vom Leben. Irgendwann kann man einfach nicht mehr.

"Bitte hol dir Hilfe", will ich ihm sagen, weiß aber nicht wie, aus Angst, dass er ablehnt. Man muss nicht immer stark sein. Aber es ist schwer, Schwäche zuzulassen oder zuzugeben. Gerade für ihn. Von anderen Kollegen habe ich gehört, dass er früher tatkräftig und lebensfroh und immer für andere da war, doch jetzt, da er jemanden braucht, scheint er niemanden an sich ranzulassen. Wir alle erleben Verluste im Leben. Doch niemand muss allein damit kämpfen.

Ich kann mir vorstellen, dass sein Schmerz ein Vielfaches davon ist, was ich damals gefühlt habe, als mein liebster Opi von uns gegangen ist. Für mich waren damals meine Geschwister da, die immer meine Hand gehalten haben, wenn es mir schlecht ging. Inho würde das nicht zulassen, nicht von mir und vielleicht auch bei sonst niemandem. Wieder sieht er mich so an, als wäre ich die Verkörperung all seines Schmerzes.

Langsam lässt er den Kopf sinken und landet schließlich mit der Stirn auf meiner Schulter. Er weint. Und ich stehe hier und fühle mich so hilflos wie noch nie im Leben. Seine Hände klammern sich in mein Shirt. Nun lege ich vorsichtig die Arme um ihn.

"Ich ertrag es nicht, wenn du so nahe bist... aber ich will auch nicht, dass du loslässt", schluchzt Inho. Ich drücke ihn noch fester an mich. Er weint noch eine ganze Weile, eh er den Kopf hebt, zur Seite tritt und sein Gesicht abwischt. "Seit... seit sie... seitdem hab ich nicht mehr geweint. Es ging einfach nicht. Das bricht jetzt alles auf einmal aus mir raus, tut mir sehr leid, dass du das abbekommst."

"Es ist okay." Meine Mutter hat nach Opas Tod auch ewig nicht geweint. Sie war wie paralysiert, hat im Alltag zwar funktioniert, wie eine Maschine, aber war nicht wirklich am Leben, weil diese Sache sie so mitgenommen hat.

Kurz bin ich versucht, Inho die restlichen Tränen von den Wangen zu wischen, doch aus Richtung der Tür dringt vorsichtiges Klopfen. Gut so, das wäre eine besch¡ssene Idee gewesen.

"Ja?", fragt Inho und Momo steckt seinen Kopf ins Zimmer. Mit großen Rehaugen schaut er mich an.

"Ähm, ich wollt nur fragen, wie lange du bleiben kannst."

"Eine Weile noch."

"Müsst ihr noch lange reden?"

"Ähm, vielleicht ein bisschen noch."

"Ja gut." Er schließt die Tür wieder und macht sie eine halbe Sekunde später wieder auf. "Ähm, äh, Mama kommt nicht, oder?"

"Nein", sagt Inho leise. Momo nickt und verkrümelt sich. Ich stehe unschlüssig rum und frage mich, wer wohl ihre Mutter ist.

"Meine Schwester", meint Inho, ohne dass ich nachfrage, und verwirrt mich etwas.

"Äh?" In meinem Kopf rattert es, aber ich bin zu verwirrt um zu schnallen, was los ist.

"Die beiden sind die Kinder meiner Schwester und ihres Mannes."

"Ah. Oh. Ich dachte, du wärst..." Die Familienverhältnisse sind wohl völlig anders als ich es mir zusammengereimt habe.

"Was dachtest du?", fragt er herausfordernd und kommt langsam näher, bis er wieder direkt vor mir steht.

"Ähm. Äh. I-ich weiß nicht..." Ich kann ihm unmöglich sagen, dass ich ihn für schwul gehalten habe. Nach seinen Reaktionen war ich mir so sicher, dass der Vater der Kinder und er ein Paar waren, aber im Nachhinein kommt es mir albern vor. Wieso hätte er dann die anderen Geschwister erwähnen sollen, die die Kinder hätten aufnehmen können? Oh Mann, was für dumme Fragen ich gestellt habe!

"Dachtest du, ich wäre schwul?", fragt er und sieht mich mit großen Augen an.

"I-ich weiß nicht... t-tut mir leid...", stammele ich und hebe abwehrend die Hände. Inhos Mundwinkel zucken nach oben, dann wendet er sich ab.

"Isst du das noch?" Er deutet auf meinen Teller.

"Äh..." Unmerklich schüttele ich den Kopf. Ich esse viel und gerne, aber mir ist das gerade so peinlich, dass ich keinen Bissen mehr runterkriege.

Inho sieht sich beide Teller an, zuckt dann die Schultern und entscheidet sich für meine Portion. Vielleicht, weil sie kleiner ist, seine hat er kaum angerührt. "Wenn man Kinder hat, wird man relativ schmerzfrei, was das Thema 'Reste anderer Leute aufessen' angeht", erklärt er, obwohl ich nichts dazu gesagt habe.

"Schon gut."

Stumm isst er auf und räumt dann seinen noch vollen Teller in den Kühlschrank. Leise seufzt er und starrt aus dem Fenster. Ich will ihn schon ansprechen, da löst er sich endlich. Sein Blick ist wieder so traurig. Sicher vermisst er seine Schwester sehr, und unerwartet zwei Kleinkinder aufzunehmen stelle ich mir auch schwierig vor.

Und ich will nicht zurück ins Wohnzimmer. Als Inho an mir vorbeigeht und nach der Klinke greift, halte ich ihn auf und fasse seinen Arm. Unsicher blicke ich ihn an. "Ich weiß nicht, wie ich mit Momo umgehen soll", flüstere ich.

"Du musst dich nicht darum kümmern."

"Aber ich hab dir das eingebrockt."

"Bewundere einfach kurz sein Auto, dann kannst du dich verabschieden. Teddy schläft eh, das ist auch kein Problem. Ich überleg mir schon was."

Er ist bestimmt sehr traurig, wenn ich weg bin. Und wenn Inho ihm dann sagen muss, dass sein Vater wirklich nicht mehr herkommen kann... Große Sche¡ße. Ich will ihm nicht solche Schwierigkeiten bereiten.

"Papa, kommst du jetzt?", fragt eine leise Stimme von der anderen Seite der Tür. "Ihr redet schon so lange! Ich mag doch auch ein bisschen Zeit mit dir!"

Knacks.

Das war mein Herz.

Meine Hand zittert leicht, als ich Inho loslasse und er seine Hand auf die Türklinke legt. "Hast du Angst?", flüstert er. "Er ist nur ein kleiner Junge, der mal Feuerwehrmann werden will. Sag ihm, dass Feuerwehrautos cool sind, dann kannst du nach Hause."

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