15. Bad Day

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Coran war nicht erfreut.

Lance musste sich immer wieder zusammenreißen, um nicht loszulachen, während der schnauzbärtige Dirigent in seinen Flip-Flops und seinem Hawaiihemd auf der Bühne auf und ab lief und sauer vor sich hin murmelte, immer wieder Worte des Unglaubens an Axca richtend, die leicht verzweifelt am Rand der Bühne stand und die er als die nächste Person in der Autoritätskette ansah.

"Wie konnten sie nur so verantwortungslos sein?!", wollte er zum wiederholten Mal von der Neunzehnjährigen wissen, die erneut ihre Schultern hob, wie um zu sagen, dass sie es selber nicht nachvollziehen konnte. Dabei schätze Lance, dass sie es vielleicht sogar sehr gut verstand.

Es war viertel vor acht, sie hätten ihre erste Probe im Joan Sutherland Theater eigentlich schon vor fünfzehn Minuten beginnen sollen, doch mehr als die Hälfte des Orchesters fehlte noch. Nachdem sich zuerst Verwirrung breit gemacht und Romelle überlegt hatte, ob sie vielleicht alle entführt worden waren, hatte Axca Telefonterror bei verschiedensten Mitgliedern gemacht, während der Rest der Musiker verdächtig still gewesen war.

Als endlich nach fünf Versuchen James abgenommen hatte, hatte die Komponistin leicht angesäuert gefragt, was denn los sei und wo sie alle blieben. Aus James' darauffolgender Panik und seinem wilden Gerede war zu schließen gewesen, dass ein Großteil vom Orchester am Vortag erst nach drei schlafen gegangen war und manche sogar noch um fünf wach gewesen waren. Die logische Schlussfolgerung daraus war selbstverständlich, dass keiner einen Wecker gestellt hatte und sie alle noch am Schlafen waren.

Mit einem Augenverdrehen und unterdrücktem Lächeln hatte Axca aufgelegt und sich dann daran gemacht, Coran die ganze Sache so schonend wie möglich beizubringen, was nicht wirklich gut geklappt hatte.

Lance würde sich nicht wundern, wenn der Dirigent seinen Schnauzer ausfahren und die Orchestermitglieder damit erwürgen könnte.

Das lustige an der Situation war, dass Keith, so hatte Ezor sie in einem zusammenfassenden Bericht über den Gruppenchat informiert, genauso wie Lotor, erst noch nach Hause fahren musste, um sein Instrument zu holen, was beide am Vorabend komplett vergessen hatten.
Somit würden die zwei noch später kommen, was eigentlich keinen großen Unterschied machen sollte, da Coran aktuell zu sehr damit beschäftigt war, auf die Missetäter sauer zu sein, und später zu sehr damit beschäftigt sein würde, besagte Missetäter zu schimpfen, als dass er überhaupt noch ansatzweise pünktlich mit der Probe beginnen können würde.

Während Romelle sich wünschte, den Abend mit den anderen verbracht zu haben, und Allura nicht wirklich zu wissen schien, was sie von dem Ganzen halten sollte, freute Lance sich schon, die anderen so richtig auslachen zu können. Er wusste nicht, wieso, aber vor allem Keith, eine der verantwortungsbewusstesten und verlässlichsten Personen, die er kannte, wollte er damit aufziehen, Corans Zorn auf sich gezogen zu haben.

Somit war er, im Gegensatz zum Dirigenten, bester Laune, als die übrigen Mitglieder des Orchesters mit einer Dreiviertelstunde Verspätung, und ohne Lotor und Keith, einer nach dem anderen in den Publikumssaal kamen, schon jetzt die Köpfe gesenkt wie geprügelte Hunde.

Es war schon lustig, da der Großteil von ihnen bereits volljährig war und sich vom Dirigenten eigentlich nichts mehr sagen lassen müsste, doch Coran strahlte, wenn er sauer war, trotz seiner merkwürdigen Art eine solche Autorität aus und bekam auch aufgrund seiner Stellung in dem Projekt einen solchen Respekt von den Künstlern, dass es überhaupt kein Problem für ihn war, die jungen Erwachsenen ordentlich zusammenzufalten.

Der Tänzer grinste in sich hinein, während Coran jeden Soundcheck übertraf, den sie am Vortag durchgeführt hatten, da seine Stimme im gesamten Saal widerhallte und es war, als würden einhundert Corans von allen Seiten auf einmal schimpfen.

"Warum steht ihr eigentlich auf der Zuschauerseite? Ihr seid die Musiker, also ab mit euch in den Graben, wo ihr hingehört!", rief er als Abschluss, es den Musiker überlassend, ihren Weg in den Orchestergraben zu finden, und Lance konnte sich sein Kichern nicht mehr verkneifen, weshalb er sich schnell die Hand vor den Mund hielt und so auch Romelle zum Lachen brachte.

Wie ein Haufen begossener Pudel trotteten die anderen wieder hinaus und da man erstaunlich schnell unter der Bühne ihre Geräusche hören konnte, vermutete Lance, dass eines der anderen Orchestermitglieder ihnen eine schnelle, rettende Nachricht geschrieben hatte, wo genau sie nochmal langgehen mussten.

Doch kaum hatte Coran ein paar Mal durchgeatmet und die Probe endlich beginnen wollen, stolperten Lotor und Keith nun in den Saal, letzterer sich sogar aus einer langjährigen Gewohnheit heraus automatisch als Entschuldigung tief verbeugend.
Ihr Erscheinen hatte wohl den letzten Rest Zorn im Dirigenten neu entfacht, da sie sich eine verkürzte, aber nicht weniger heftige Form der Gardinenpredigt von vorhin anhören mussten, dann ebenfalls in den Graben geschickt wurden und Coran danach weitaus entspannter aussah.
Er schien sogar zu seinem fröhlichen Selbst zurückzukehren, als hätte man alle Wut wie aus einer Farbtube aus ihm herausgequetscht und nichts sei mehr übriggeblieben, sodass das Lächeln wieder regieren konnte.

Mit einer ganzen Stunde Verspätung begannen sie um halb neun mit ihrer ersten gemeinsamen Bühnenprobe.

Doch bevor Lance auch nur einen Schritt tanzen konnte, fingen sie ganz von vorne bei Allura Solo an. Und das begann damit, dass sie auf einer Aufzugähnlichen Plattform nach oben gefahren werden sollte. Bis sie es geschafft hatten, einen Techniker zu besorgen, der die Plattform bedienen konnte, waren erneut zehn Minuten vergangen und bis sie die richtige Geschwindigkeit bestimmt hatten, weitere zehn.

Inzwischen saßen Romelle und Lance zusammengesunken an der Rückwand der Bühne, die bei der Aufführung nicht zu sehen sein würde, da das Bühnenbild davorstehen und der Bereich also zur Backstage gehören würde, während Allura mit perfekter Fußstellung wie eine echte Ballerina auf der Platte blieb und geduldig sich immer wieder auf und ab fahren ließ, und das Orchester immer wieder die ersten vier Takte spielen sollte.
Die zwei langeweilten sich zu Tode und machten sich einen Spaß daraus, leise zu überlegen, was für Superkräfte ein wütender Coran entwickeln könnte.

Doch endlich nach einer weiteren dreiviertel Stunde hatte Allura ihre Tanzbewegungen genügend an Corans und Axcas Kritik, die Musik des Orchesters und die sich aufwärts bewegende Platte angepasst, sodass sie ihren Vorstellungspart durchtanzen konnte und Romelle in Position ging, um gleich weiter zu machen.

Was die junge Tänzerin vergessen hatte, war, dass sie zuerst hinter einem Schirm tanzen sollte, sodass eine Art Schattenspiel entstehen würde, weshalb sie sich ganz umsonst bereitgestellt hatte, da Coran augenblicklich abwinkte, sobald ihr Teil anfing. Sogleich begann großes Herumdiskutieren, warum der Schirm noch nicht da war und ein langes Hin- und Herüberlegen von Axca und Coran, wie sie ihn, wäre er da, herunterlassen sollten, da die zwei sich anscheinend doch noch nicht mit dieser Frage auseinandergesetzt hatten.

Mit einem leisen Stöhnen lehnte Lance seinen Kopf an die Wand hinter ihm und ließ seine Gedanken schweifen, während er mit halbem Ohr den Überlegungen der Organisatoren zuhörte. Er wünschte sich, einfach in den Orchestergraben hinuntergehen und sich etwas mit Shay oder Keith unterhalten zu können, oder James, mit dem er einen ähnlichen Humor teilte. Doch stattdessen saß er hier auf der Bühne fest und langweilte sich bis zum Umfallen.

"Komm schon", hörte er Alluras Stimme, als die Tänzerin sich neben ihn setzte, "Bühnenproben sind lang und anstrengend, aber wichtig. Sie bereiten uns auf den Ernstfall vor, wie keine andere Probe es könnte."

"Jaja, ich weiß schon", murrte er frustriert und hörte ihr leises Lachen neben sich.

Während sie sich leise weiter unterhielten, gingen auf der Bühne nun endlich die Proben weiter, wobei diesmal das Ganze anscheinend vom Orchester aufgehalten wurde, da eine Melodiestimme auf dem Klo war und jemand ein Vorzeichen vergessen hatte.

Inmitten eines leicht entnervten Schweigens fragte plötzlich Ezor:

"Was ist ein Bratscher in Salzsäure?"

"Bitte was?", kam von irgendwo unter ihnen gedämpft James' Stimme.

"Ein Bratscher in Salzsäure", wiederholte sie, als sei es das natürlichste der Welt.

"Keine Ahnung? Tot vielleicht? Was weiß ich?", meinte er leicht verwirrt, während manch andere schon begannen, leise zu kichern.

"Nein, James, nicht tot", seufzte Ezor, "Er ist ein gelöstes Problem!"

Der Trompeter stieß eine Mischung aus Schnauben, Lachen und Grunzen aus und auch das Lachen der anderen war nun etwas lauter.

"Oh Gott, Ezor", man konnte das Grinsen in seiner Stimme hören, "Sei froh, dass wir keine Bratsche haben!"

Eine freudige Unruhe breitete sich im Orchestergraben aus, während Lance Allura leicht verwirrt-fragend ansah.

"Orchesterwitze", meinte die nur mit einem Schulterzucken, "Wie es scheint haben Musiker einen merkwürdigen Humor."

"Nein, ihr versteht sie einfach nicht!", rief Nadia aus dem Graben, die sie gehört zu haben schien, "Sie sind klasse!"

Auch Coran und Axca begannen, zu schmunzeln, ersterer seine vom leichten Stress zuvor verschränkten Arme lösend.

Nachdem sie einen Blick gewechselt hatten, standen die zwei Tänzer auf und liefen an den Rand der Bühne, um sich dort hinzusetzten und ihre Beine in den Graben baumeln zu lassen, was vor allem bei Keith, der unter Lance saß, ein entnervtes Zungenschnalzen auslöste.
Romelle gesellten sich zu ihnen und wie von alleine schien eine inoffizielle Pause ausgerufen worden zu sein, was den jungen Pianisten verwirrte, der von seinem Toilettengang wiedergekommen war.

"Okay, ich hab noch einen!", rief ihre Oboenspielerin nach ein paar weiteren Witzen und alle wandten ihre Aufmerksamkeit Nadia zu, "Also: Ein Dirigent steht vor dem Orchester. Einige Bläser irren, die Noten in Händen, ratlos umher. Sagt der Dirigent: "Wer von euch noch keinen Ständer hat, geht hoch in die Garderobe und holt sich einen runter.""

Johlen und Gelächter folgten auf den Witz, der eindeutig bisher der zweideutigste von allen und definitiv Lance' Humor war.

"Was ist der Unterschied zwischen einer Oboe und einem Fagott?", fragte Isaak, der sich gerade das erste Mal von seinem Lachanfall, der schon etliche Witze lang gegangen war, erholt hatte, leicht außer Atem.

Doch bevor irgendwer Vermutungen abgeben konnte, stieß er schon "Das Fagott brennt länger!" hervor und begann zu prusten, genauso wie ein paar andere, während empörte Laute von Nadia und Shay zu hören waren, gefolgt von einem Aufjaulen Isaaks, als die Oboistin ihn kurz und schmerzhaft gegen die Schulter boxte.
Das schien James den Rest zu geben, der sich vorher schon hatte zusammenreißen müssen, doch nun haltlos zu lachen begann und den Geräuschen nach sogar von seinem Stuhl rutschte, atemlos nach Luft schnappend. Sein Notenständer kippte um und er konnte gerade noch seine Trompete nahe an seinem Körper halten, sonst wäre die wahrscheinlich auch zu Schaden gekommen.

Ein paar beleidigte Laute kamen von Isaak, der nicht ausgelacht werden wollte, doch Nadia brummte nur ein "das geschieht dir recht", was einen weiteren Kicheranfall von James provozierte, der inzwischen gar nicht mehr aufstehen konnte.

"Ein Dirigent fordert vom Hornisten, leiser und immer leiser zu spielen, bis der aus Trotz gar nicht mehr spielt", begann Keith nun unter Lance, einen neuen Witz zu erzählen, "Da sagte der Dirigent: "Jetzt war es schon fast gut, aber morgen in der Aufführung bitte noch etwas leiser.""

Vor allem die Streicher giggelten bei dem in sich hinein, wobei der Witz nicht nur auf Hornspieler, sondern generell auf alle Blechbläser übertragen werden konnte, was die auch zu merken schienen, da sie etwas beleidigt vor sich hin brummten.

"Mama, warum droht der Mann da vorne auf der Bühne mit dem Stock?", begann Ezor dann mit kindlicher Stimme und Nadia antwortete: "Er droht nicht, er dirigiert."

Mit einem leicht verlegenen Grinsen zu Coran fragte die Querflötistin darauf hin: "Und warum schreit er dann so?", was nun wieder das gesamte Orchester lachen ließ, wobei viele erst ihrem Dirigenten einen vorsichtigen Blick zuwarfen, um zu sehen, wie er den Scherz aufnehmen würde.

Doch Corans Groll schien ganz begraben zu sein, da er ebenfalls lachte und sich etliche Fältchen an seinen Augen bildeten, während Axca neben ihm ebenfalls mit einer Hand vor dem Mund leise kicherte.

"Gut", meinte der rothaarige Mann dann jedoch nach ein paar Augenblicken, als alle sich wieder einigermaßen beruhigt hatten, "Genug der guten Witze, wir müssen auch Proben, wenn wir unserem Publikum etwas tolles präsentieren wollen! Also hoch die Instrumente und auf eure Plätze liebe Tänzer, wir beginnen mit Teil C!"

Als nach kurzen Erläuterungen klar war, dass Teil C in der Orchesterpartitur dem Teil entsprach, in dem Lance das erste Mal gemeinsam mit Allura tanzte, nahmen sie die Proben wieder auf.

Es bescherte Lance regelmäßig Gänsehaut, den Klang des Orchesters im Theatersaal widerhallen hören zu können, hervorragend verstärkt durch die besondere Konstruktion des Orchestergrabens und weit durch den Zuschauerraum getragen.

Wie würde es erst klingen, wenn das Publikum die Reihen voll besetzen und den Saal füllen würde?

Wirklich fließend konnte man ihre Bühnenprobe nicht nennen, ständig wurde unterbrochen, Instrumente wurden neu gestimmt, Rohrblättchen ausgetauscht, Teile in Dauerschleife gespielt, bis Coran mit dem Ergebnis von der Vereinigung von Musik und Tanz zufrieden war, und regelmäßig wurden ihre Tanzschritte verbessert.

Wo sie am besten hinsehen sollten, wohin ihr Oberkörper gerichtet sein sollte, und in wie weit sie die Hebung des Beines etwas zurücknehmen konnten - fast überall gab es Verbesserungspotential. Erstaunlicher Weise schien weder Coran noch Axca wirklich viel an den Contemporary Teilen zu missfallen, alles, was sie da wollten, waren Synchronität und Emotionen.

Sie kamen bis zum Ende von Teil D in der Orchesterpartitur, als Coran verkündete, dass sie eine halbe Stunde Pause machen und dann nochmal alles von vorne durchgehen würden, möglichst in einem Durchgang.

Rascheln und Stühlerücken ertönte vom Bereich unter der Gühne gemeinsam mit Gesprächsfetzen, die mal laut, mal leise, zu den Tänzern nach oben drangen, als die Orchestermitglieder einer nach dem anderen ihre Sachen so gut wie möglich zusammenräumten, ihre Instrumente verstauten und durch die Tür in den Gang dahinter verschwanden.

Romelle schlug den anderen beiden vor, ebenfalls hinunter in besagten Gang zu gehen, der durch eine Treppe mit dem Backstage Bereich der Bühne verbunden war, und Allura und Lance nickten. Es war langweilig genug gewesen, Ewigkeiten zu warten, bis man endlich drankam, da konnten sie alle etwas Abwechslung gebrauchen.

Als die drei am Ende der Treppe ankamen, hallten die Stimmen der Musiker schon von den weiß gestrichenen Wänden, obwohl der Großteil von ihnen noch unglaublich müde und nicht ganz beisammen schien.

Kaum zu übersehen war Keith, dessen Haare zu allen Seiten hin abstanden, was in der Dunkelheit des Zuschauerraumes vorhin gar nicht so gut zu sehen gewesen war. Schweigend lehnte er mit dem Rücken an der Wand und hielt wahrscheinlich einen Steh-Schlaf. Dunkle Ringe zierten seine Augen, es klebte sogar noch etwas Zahnpasta an seinem Mundwinkel und das dunkle T-Shirt, das er trug, war auf links gedreht.

Sich ein Lachen verkneifend schlich Lance auf Zehenspitzen näher, während Allura mit besorgtem Gesichtsausdruck zu Lotor lief und Romelle sich bei Ezor beschwerte, dass sie nicht eingeladen worden war.

Doch bevor der Tänzer bei Keith ankam, murrte dieser schon:

"Sag bloß nichts."

Verdutzt blieb Lance stehen, doch Keith machte sich noch nicht einmal die Mühe, die Augen zu öffnen. Anscheinend wusste er genau, wen er vor sich hatte.

"Ich weiß, dass ich mies aussehe, Lance, das musst du mir nicht sagen. Und wage es bloß nicht, mich auszulachen."

Doch das Lachen konnte der Tänzer sich nun wirklich nicht mehr verkneifen und begann, gemein vor sich hin zu kichern, während er sich neben Keith an die Wand lehnte, der genervt den Mund verzog.

"Na, du Missetäter?", giggelte der Tänzer, "Eine schöne Nacht gehabt? Du musst ja sehr in Eile gewesen sein, wenn du noch nicht einmal dein Gesicht waschen konntest, die Zahnpasta steht dir hervorragend, muss ich sagen."

Keith schnalzte mit der Zunge und begann, sichtlich genervt, seinen Kopf immer wieder gegen die Wand hinter sich zu stoßen.

"Im Ernst, hätte nicht gedacht, dass du so heftig drauf bist, einfach mal fast die ganze Nacht durchzumachen und am nächsten Tag zur Probe zu spät zu kommen", stichelte Lance weiter, "Mit deinen Haaren und deinem Gesichtsausdruck könntest du glatt Beethovens Doppelgänger sein, oder hast du doch eher Einstein im Kopf gehabt?"

"Boah, Lance, halt einfach die Klappe, ich hab Kopfschmerzen und du machst es nicht besser", murrte der Musiker, auch, wenn ein leicht hilflos-genervtes Lächeln an seinem Mundwinkel zuckte.

"Wirklich, ist das ein Geheimrezept? Nehmen deine Haare so besondere Genie-Wellen auf sodass du noch besser spielen kannst? Oder flüstern dir dann die Aliens aus dem All ihre Geheimnisse ein?"

Lance stützte sich mit dem Ellenbogen an der Wand neben dem Musiker ab und fuhr zu ihm gewandt fröhlich mit seinen Überlegungen fort, während Keith versuchte, weiterhin möglichst griesgrämig auszusehen.

"Oder vielleicht willst du diese Haare versteifen lassen und sie dann Vögeln spenden? Ist das so eine Idee die dir um drei Uhr in der Nacht kommt, wenn du unerlaubter Weise nicht zahlend in einem Hotel übernachtest?
Vielleicht willst du aber wirklich in Beethovens Fußstapfen treten. Das würde doch dem Projekt noch mal einen Schubs nach oben geben, wenn wir dich so abfotografieren und dann ganz groß auf das Plakat packen.
Überschrift: Er kehrt zurück! Wilder und griesgrämiger als je zuvor!"

Bei der Idee von seinem ungewaschenen, mit Augenringen gezierten und verschlafenen Gesicht auf einem großen Werbeplakat für ihr Projekt, schien Keith sich nicht mehr zusammenreißen zu können, da er das Gesicht in den Händen vergrub und kopfschüttelnd etwas verzweifelt zu lachen anfing.

Lance sah ihm grinsend dabei zu und sein Lächeln fiel auch nicht, als Keith ihn etwas nach hinten schubste.

"Ich bin müde, verdammt!", jammerte der Musiker mit einer lustigen Mischung aus Amüsement und Genervtheit, "Was hab ich dir getan, dass du mich vollquatschen musst?"

"Ich habe dich zum Lachen gebracht", verbesserte Lance nicht ohne Stolz, "Das ist was anderes als Vollquatschen. Ich hätte dir auch von der Katze meiner Tante in Kuba erzählen können. Die ist nämlich-"

"Verschone mich damit!", unterbrach ihn der andere, ehe er tatsächlich von der Katze seiner Tante erzählen konnte, und sackte mit einer Mischung aus Lachen und Schnaufen an der Wand entlang auf den Boden. "Und grins mich nicht so an", schob er hinterher, da Lance immer noch strahlte wie ein Honigkuchenpferd.

"Naw", machte der Tänzer und hockte sich neben ihn. Merkwürdiger Weise schien er durch Keiths Trägheit nur noch energiegeladener zu sein.

Dieser sah ihn aus halb geöffneten Augen an, einen frustrierten Zug um den Mund. Seine Haare klebten teilweise aufgeladen an der Wand hinter ihm, der Rest hing ihm in den Augen und stand nach allen Seiten ab.

"Ist es ein neuer Trend, von dem ich noch nicht gehört habe? Seine Kleidung auf Links zu tragen?", begann Lance erneut, "Oder hat Beethoven das so gemacht?"

Ein grunzendes Auflachen entkam dem Musiker und er sah verzweifelt an die Decke, als wolle er Kontakt zu Beethoven - oder den Aliens? - aufnehmen, um sie zu bitten, ihm zu helfen.

"Da verschläft man ein Mal", stöhnte er, "Und was bekommt man? Die größte Strafe von allen."

"Nah", widersprach Lance und setzte sich in einen Schneidersitz, "Die schönste Strafe von allen."

Er klopfte auf seinen Oberschenkel und sah Keith auffordernd an.

"Wir haben noch mindestens zwanzig Minuten Pause, wenn Coran sich einen Kaffee holen geht, wahrscheinlich sogar fünfundvierzig. Lust, eine Runde zu schlafen?"

Der Schwarzhaarige schien sich noch nicht einmal wirklich zu zieren, er schnaufte nur leise und kippte zur Seite, seinen Kopf auf Lance' Bein platzierend eine Hand unter die Wange geschoben.

"Wehe du weckst mich nicht auf, wenn dir die Beine weh tun", drohte er noch leise, ehe ihm auch schon die Augen zuklappten und sich seine Atmung langsam begann, zu verlangsamen.

Lance schüttelte nur mit einem leisen Schnauben den Kopf und rutschte noch etwas an die Wand, sodass er sich anlehnen konnte, ehe er sanft begann, die Haare des anderen Stück für Stück zu entwirren, während Keith anscheinend schon tief und fest schlief.

Allura sah mit einem leisen Lächeln zu, wie die beiden Jungen etwas abseits von den anderen saßen, wie in ihrer eigenen Blubberblase.

"Es ist wirklich erstaunlich, dass noch keiner von beiden irgendetwas gesagt hat", bemerkte Lotor, der neben ihr stand, doch sie zuckte mit den Schultern.

"Ich glaube, es ist schon etwas passiert", meinte sie, "Vor etwas mehr als einer Woche waren wir bei einer Feier mit Freunden am Strand. Seitdem ist die Luft zwischen ihnen anders. Ich glaube, sie haben beide Angst und sind unglaublich vorsichtig."

"Hm", machte der Cellist und nickte.

Es war wirklich lustig, zu sehen, wie Lance seine volle Zuneigung für den anderen nur zeigte, wenn dieser schlief, überlegte die Tänzerin. Wenn Keith wach war, dann ärgerte der Braunhaarige ihn meistens oder verhielt sich ihm gegenüber überwiegend so, wie bei all seinen anderen Freunden. Natürlich konnte sie nicht sagen, wie es war, wenn die beiden jungen Männer unter sich waren, doch bisher hatte sie diesen Gesichtsausdruck in Lance' Gesicht nur gesehen, wenn Keith tief und fest in seinem Schoß schlief.

Der Tänzer hatte dann immer ein kleines Lächeln auf den Lippen, eines der wärmsten, die sie kannte, und nie konnte er seine Finger aus den Haaren des Musikers lassen.
Es schien immer, als würde er eines der seltensten und faszinierendsten Wunder der Welt beobachten, während Keiths Gesichtszüge immer lockerer wurden und er irgendwann diesen entspannten, unschuldigen Ausdruck trug, der ihn um fünf Jahr jünger erscheinen ließ.

Allura könnte ihren Freund wegen seiner, in diesen Augenblicken offen getragenen, Verletzlichkeit jedes Mal aufziehen, doch hielt sie sich meistens zurück. Es war einfach zu schön, zu sehen, wie Lance von einem anderen Menschen so verzaubert sein konnte.

Auf jeden Fall war sie neugierig, wie seine Ausrede lauten würde, wenn Keith aufwachte und sah, dass die Hälfte seiner Haare grob gekämmt und fettiger, und seine Zahnpastaflecken weg waren.

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"Läuse?", wiederholte Allura ungläubig.

"Ja, Läuse", bestätigte Lance und lächelte schräg, "Er glaubt mir zwar kein Wort, aber mehr bekommt er nie aus mir heraus."

"Jedes Mal, wenn er aufwacht, sieht er schlimmer aus, als zuvor und du sagst, du würdest seine Läuse entfernen?", schloss Romelle und lachte, "Oh Gott, du bist echt hoffnungslos."

Doch der Tänzer zuckte nur mit den Schultern, ein Grinsen seine Lippen zierend.

Keith hatte klasse ausgesehen, als er aufgewacht war. Die eine Hälfte seiner Haare war vom Liegen plattgedrückt worden und stand teilweise nach oben ab. Und die andere Hälfte war zwar irgendwie gekämmter als zuvor und dennoch fettig und unordentlich. Zudem hatte er einen Abdruck von der Textur von Lance' Leggings an seiner Wange gehabt und auch, wenn die Zahnpasta auf merkwürdige Weise verschwunden war, hatte er so ausgesehen, als würde er dringend Wasser und etwas Seife brauchen.

Lance hatte nicht gewusst, ob er lachen oder vor überbrodelnder Wärme sterben sollte, und hatte sich letztendlich für ein Zwischending entschieden, da es zu lustig gewesen war, Keith wieder die Geschichte mit der Entlausung zu erzählen.

Nun war es halb zwei Uhr mittags und er machte sich gemeinsam mit Allura und Romelle auf den Weg zur Schneiderei, wo ihre Kostüme hergestellt werden sollten.

Am Abend war ihm tatsächlich eine Idee für ein Oberteil gekommen, die er den verantwortlichen Schneiderinnen und Schneidern mitteilen wollte, in der Hoffnung, dass sie gut war und ihnen helfen würde.

Bei diesem Treffen ging es hauptsächlich darum, dass die Mädchen ihre Mieder anprobierten und sich nochmal auf eine Stoffauswahl für die Röcke festigten. Außerdem mussten Lance' Maße noch genommen werden, damit auch die Näharbeiten für sein Kostüm beginnen konnten.

Die Schneiderei war groß, wahrscheinlich sogar größer, als sie aussah, da die Wände gefüllt waren mit Deckenhohen Schränken, in denen sich Kisten mit Reißverschlüssen, Knöpfen und Garnsorten gemeinsam mit Stoffen aller Art und etlichen Nähmaschinen tummelten. Drei große Tische beherrschten den Raum, auf denen es nicht weniger bunt zuging und Kleiderständer reihten sich in der hinteren Ecke aneinander, befüllt mit etlichen Kostümen, die noch in Bearbeitung waren.

Aus einem kleinen Radio dudelte etwas Musik und sobald die drei Tänzer in den Raum kamen, eilte auch schon ein kleiner Herr auf sie zu, ein Nadelkissen an seinem Handgelenk tragend.

"Ah, die jungen Damen, schön sie wieder zu sehen!", begrüßte er Romelle und Allura, ehe er sich an Lance wandte.
"Sie sind dann Paris?", fragte er und strahlte bei Lance' Nicken.

Sofort führte er die zwei Frauen in ein kleines Hinterzimmer, wo eine Kollegin ihnen die Funktionsweise ihrer Mieder zeigen und ihnen beim Anziehen helfen würde, und bedeutete Lance, mit ihm in einen anderen Nebenraum zu kommen, in dem sie die Maße für seine Kostüme nehmen würden.

Der Schneider war ein charmanter Mann, der sogar noch mehr redete, als Lance es tat, was etwas heißen musste.
Mit flinken Fingern nahm er Maß von den Armen des Tänzers, genauso wie von seinen Beinen, Hüften, dem Brustkorb - so gut wie alles, was vermessen werden konnte, wurde vermessen und mit einer Nummer versehen.

In einer kleinen Redepause nahm Lance seine Chance beim Schopf und fragte:

"Haben Sie inzwischen eine Idee, was Sie mit dem Oberteil machen werden?"

Der Schneider schüttelte leicht den Kopf.

"Leider nein. Also, das heißt- wir haben Ideen, aber keine spricht so ganz für sich und nichts scheint zu passen. Haben Sie denn einen kleinen Denkanstoß für uns?"

"Mir ist tatsächlich etwas eingefallen", begann der Tänzer also und weihte den Mann in seine Überlegungen mit ein, der immer wieder nickte und sich nachdenklich das Kinn rieb.

"So hätten wir sowohl Contemporary als auch Ballett in dem Kostüm vereint. Es hätte etwas Schwereloses und Dramatisches, und wäre so leise wie ein Hauch. Ich finde es ziemlich passend. Außerdem müsste ich mir auch nicht allzu viele Sorgen um Schweißflecke machen", schloss Lance mit einem schiefen Grinsen und sein Gegenüber lachte leise.

"Es ist tatsächlich eine gute Idee", stimmte der Schneider ihm zu, "Wir werden zwar erst einmal unser ganzes Material nach so einem Stoff durchsuchen müssen und dann nochmal mit Ihnen absprechen, ob es das ist, was Sie sich vorgestellt haben. Aber Sie haben Recht - der Entwurf spricht mir ebenfalls zu."

Immer noch überlegend leise vor sich hin murmelnd nahm er die letzten Maße und stand dann kurz mit weit entferntem Blick vor Lance, ehe er fröhlich in die Hände klatschte und den Tänzer anstrahlte.

"Machen wir es so! Ich habe die Nummer von Ihrer Komponistin und Ihrem Dirigenten, über sie kann ich Sie noch sicher erreichen, nicht?"

Lance nickte.

"Gut, dann sehen wir uns wahrscheinlich schon in wenigen Tagen wieder!", schloss der Schneider und führte ihn wieder in den Hauptraum, in dem Allura schon stand und auf sie wartete.

"Romelle braucht noch ein paar Abänderungen am Mieder, da besprechen sie sich gerade", informierte die Tänzerin sie und der Herr machte sich sofort auf den Weg in das Hinterzimmer, um zu helfen, während Lance sich zu ihr gesellte, um zu warten.

"Schon heftig, wie viel Arbeit dahintersteckt", bemerkte er und sie nickte ehrfürchtig.

Tatsächlich würden ihre Kostüme jeweils sechs bis acht Mal geschneidert werden, schließlich würden sie nach jeder Aufführung mit Farbpulver verunstaltet sein und Reserveausgaben würden auch benötigt werden für Bühnenproben und eventuelle Notfälle.

Da die Änderungen an ihrem Mieder noch dauern würden, richtete Romelle den beiden aus, dass sie schon früher gehen durften, sodass Allura und Lance schon lange vor dem Abendessen zu Hause sein würden, was beide freute.

Aus einer Laune heraus nahmen sie nicht die U-Bahn, sondern liefen gemeinsam durch das inzwischen nachmittagliche Sydney, wie sie es lange nicht mehr zu zweit getan hatten.
Und es musste auch nicht viel Zeit vergehen, als sie sich auch schon gegenseitig von den Musikern erzählten, die ihre Herz gestohlen hatten, und sich in schillerndsten Farben ihre Tagträume beschrieben und lauthals lachten, wie sehr gute Freunde es eben tun, wenn sie lange keine Zeit mehr unter sich gehabt hatten.


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