21. I Hate U, I Love U

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Die Wade seines linken auf dem vorderen und das Schienbein seines rechten Beines auf dem hinteren Stuhl schwebte Lance beinahe schon etwa einen halben Meter über dem Boden. Ein wenig hing der Spagat sogar durch, was wohl daran lag, dass er sich nicht die Mühe machte, so extrem angespannt zu sein, dass der Winkel bei korrekten 180° blieb. Doch das war in Ordnung, schließlich ging es ihm hier nur um das Dehnen seiner Beine und nicht um die perfekte Form.

Während er also die beiden Stühle, die er aus dem Wohnzimmer in sein Zimmer getragen hatte, für seine Übungen nutzte, schrieb er mit Hunk.

Wobei, eher gesagt, beschwerte er sich bei seinem besten Freund, dass heute Valentinstag war und er niemanden hatte, mit dem er ihn verbringen könnte.

Es war Nachmittag, da weder eine Bühnenprobe anstand, noch sonstige Proben und seine Kurse heute nicht so zahlreich waren, wie an anderen Tagen, war er schon wieder zu Hause und hatte damit genügend Zeit, eine große Show aus seinem Selbstmitleid zu machen.

Oder, zumindest versuchte er, sich selber theatralisch zu bemitleiden und nicht stattdessen unter seiner Bettdecke zu verschwinden, um die Welt und all ihre Probleme zu vergessen, einsam für sich Schokolade zu essen und zu versuchen, nicht zu weinen, da er sonst nicht wieder aufhören können würde.

Seine Freunde waren auch nach seiner Erzählung über sein Gespräch mit Keith nicht von seiner Vermutung überzeugt gewesen, dass jemand anderes das Herz des Musikers gestohlen hatte. Dennoch hatte er ihnen gesagt, dass er es sich noch einmal überlegen würde, ob er Keith überhaupt etwas sagen würde.
Und wenn er das trotz der Umstände tun würde, dann erst ganz am Ende.

Anscheinend hatte er fest genug geklungen, sodass sie genickt und ihm den Rücken gerieben hatten mit dem Versprechen, nicht mehr Druck auszuüben und die Dinge seinem Urteil zu überlassen. Trotzdem glaubten sie ihm nicht. Alleine an dem Blick, den Romelle und Allura sich zugeworfen hatten, war zu sehen gewesen, dass sie eigentlich etwas sagen wollten, es jedoch aus Respekt vor seinen Wünschen nicht taten. Und Hunk hatte einen so zweifelnden Gesichtsausdruck getragen, dass seine Stirn ganz kraus geworden war.

Letztendlich versuchte Lance, das alles so gut wie möglich zu ignorieren. Das würde es bei weitem leichter machen, da war er sich sicher.

Also war er zu seiner alljährlichen Gewohnheit übergegangen, Hunk mit Nachrichten zu nerven, dass er kein Date am Valentinstag hatte. Und dies war schon erstaunlich oft vorgekommen, dafür, dass Lance eine Zeit lang aktiv mit dem Daten von Leuten beschäftigt gewesen war.

Doch anscheinend wollte es das Schicksal, dass er so gut wie jedes Jahr niemanden am Valentinstag hatte.

Warum ihn das so kümmerte, wusste er nicht, schließlich war es eigentlich nur ein Tag wie jeder andere auch, doch die ganze Stimmung mit den roten Herzen und Pralinen und Luftballons steckte ihn jedes Mal auf's Neue an. Wahrscheinlich war er einfach nur süchtig nach klischeehaftem Kitsch.

Hunk, der gute Freund, der er war, erwähnte nicht ein einziges Mal, dass er einfach Keith um ein Date bitten könnte. Er schrieb nicht entnervt zurück, dass Lance sich nicht so anstellen und es trotz seiner Zweifel einfach versuchen sollte- und dafür war der Tänzer ihm unglaublich dankbar.

Doch das hieß nicht, dass der Koch Keith vollkommen aus dem Spiel ließ.

"Wenn du Essen gehen möchtest, können wir zusammen gehen, ich hab heute auch frei", blinkte auf seinem Bildschirm auf, gefolgt von: "Und ... wir könnten Keith einladen und zu dritt gehen. Es hat doch letztes Mal auch geklappt. Ich könnte ihm ein wenig auf den Zahn fühlen, wenn du willst."

Frustriert hätte der Braunhaarige beinahe sein Telefon auf sein Bett geworfen.

"Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist", tippte er, nachdem er sich zusammengerissen hatte, und schickte die Nachricht mit einem Seufzen ab.

Er wollte Keith nicht sehen, auch, wenn er es eigentlich schon wollte.

Gott, eigentlich lechzte er fast schon nach dem Anblick des Schwarzhaarigen, doch es war definitiv keine gute Idee, sich mit ihm in ein Restaurant zu setzen. Außerdem schien der andere etwas knapp bei Kasse zu sein, auch, wenn er wohl seinen Erzählungen nach wieder oft auf der Straße gespielt hatte.

"Komm schon, Lance", leuchtete eine neue Nachricht auf, "Ich hab ihn seit der Übernachtung nicht mehr gesehen und du wirst ihm so oder so früher oder später begegnen. Du hast ihn doch schon mehrmals in dieser einen Woche gesehen, warum dann heute nicht auch?"

Kurz herrschte Pause, dann:

"Dein Ziel war es, keinen Keil zwischen euch zu treiben, aber genau das machst du gerade."

Genervt schnalzte Lance mit der Zunge. Natürlich hatte Hunk genau das aussprechen müssen, was er schon wusste.

"Kein „Aber"", kam von seinem besten Freund, ehe er auch nur etwas in die Richtung tippen konnte, "Du weißt ja noch nicht einmal, ob er Zeit hat. Also schreib ihn doch einfach an."

"Ha ha", schickte Lance zurück. Natürlich würde er einfach Keith anschreiben und ihn am Valentinstag fragen, ob er abends schon etwas vorhatte.

Mit einem frustrierten Stöhnen - schließlich war es einfacher, frustriert zu sein, als sich in eine kleine Kugel zusammen zu rollen und in der Leere in seiner Brust zu versinken - stützte er sich mit seinen Händen auf dem Boden ab, um langsam seine Beine von den Stühlen hinunter zu nehmen. Kurz saß er einfach auf dem Parkettboden seines Zimmers, ehe er aufstand und sich daran machte, die Möbelstücke wieder hinunter zu tragen, nachdem er sein Handy auf das Bett geworfen hatte, in der Hoffnung, Hunk würde einfach ins Leere schreiben.

Als er wieder zurück war, war genau das passiert. Eine Reihe an einsamen, aber aufmunternden Nachrichten blinkte auf dem Bildschirm.

Ergeben ließ Lance sich mit dem Rücken voran auf seine Matratze plumpsen und rieb sich das Gesicht, sodass es bestimmt ganz rot wurde.

Was tat er hier eigentlich?

Mit einem Seufzen griff er blind nach seinem Telefon, auf dem er kurz Hunks Nachrichten überflog, ehe er Keiths Kontakt aufrief und ihm vorschlug, am Abend gemeinsam mit Hunk Essen zu gehen, sofern der Schwarzhaarige Zeit hatte.

Erstaunlich schnell kam eine Zusage zurück, gefolgt von der Frage, ob sie denn schon ein Lokal ins Auge gefasst hätten.

Kurzer Hand packte er sie drei in eine neue Gruppe, sodass er nicht immer zwischen den Kontakten wechseln musste und sie diskutierten tatsächlich eine halbe Stunde lang darüber, wo sie essen sollten.

Halbherzig gab Lance seinen Senf dazu, wenn er gebraucht wurde, und fuhr fort, sich ausgiebig zu dehnen, wie er es so gut wie jeden Tag tat. Es war über die Jahre hinweg zu einer Routine geworden, die ihm vor allem am Morgen half, seinen Körper wieder zu spüren, aufzuwachen und seine Gedanken zu sammeln, bevor er sich dem Tag stellte.

Und nun tat er es, weil er sonst nichts anderes zu tun hatte und irgendwie in Bewegung bleiben musste, da er sonst wahnsinnig werden würde. Schon seit Tagen war er in diesem Zustand gefangen, immer mit dem Bedürfnis, in Bewegung zu bleiben, um mit den Gedanken in seinem Kopf mitzukommen, die durchgängig am Rennen waren. Es war erschöpfend, es brachte ihn aus seiner inneren Ruhe und machte seinen Schlaf weniger erholsam.

Veronica hatte nicht viel aus ihm herausbekommen, egal, wie mitfühlen, drängend oder entnervt sie gefragt hatte, irgendwann hatte sie es mit einem Seufzen aufgegeben und ihn in Ruhe gelassen.
Marco hatte ein wenig mehr verstanden, dass er nicht darüber reden wollte. Es war erstaunlich, aber vor allem in solchen Momenten merkte man, dass der Fünfzehnjährige sie doch alle mochte und sich um sie sorgte. Stumm hatte er sich in Lance' Zimmer geschlichen, sich neben seinen Bruder auf's Bett gesetzt und ihm einen seiner Ohrstöpsel angeboten, um mit ihm schweigend Musik zu hören.

Rachel hatte nur ernst genickt, als er gesagt hatte, dass er nicht darüber reden wollte. Dann hatte sie ihm etwas auf ihrer Geige vorgespielt, um ihn aufzumuntern, auch, wenn ihm das nicht wirklich geholfen hatte.

Seine Eltern hatten wohl zuerst bei seinen Geschwistern nachgeforscht, was geschehen war, da sie ihn nicht darauf ansprachen, jedoch besorgte Blicke tauschten und vor allem seine Mutter vielleicht ein wenig zu sehr auf seine bemühten Scherze einging.

Es war besser geworden im Verlauf der Woche, leichter. Und sowieso hatte er bei den ständigen Proben lernen müssen, mit Keiths Anwesenheit umzugehen. Letztendlich hatte er sich immer dazu gezwungen, einfach zu vergessen, dass der Violinist im Orchestergraben saß. Und in den Pausen war er entweder auf der Toilette gewesen, hatte mit Coran über ihr weiteres Vorgehen gesprochen oder war in ein Gespräch mit einem der anderen Orchestermitglieder vertieft gewesen als dass er viel mit Keith hätte reden können.

Er rannte vor dem Violinisten davon, das wusste er, und ihm war auch bewusst, dass dies keine gute Idee war, doch die kleine Stimme in ihm, die ihn vor weiteren Komplikationen schützen wollte, war lauter als jede Vernunft.

In dieser Woche wollten sie beginnen, das Solo zu üben und dabei ihren Wunsch, Keith dafür auf die Bühne zu bringen, berücksichtigen, so gut es ging. Da würde die Taktik, nicht in den Orchestergraben zu schauen, nicht mehr funktionieren, doch darüber würde er sich sorgen, wenn es soweit war.

Für heute stand wohl zuerst ein Essen an, das er überleben musste.

Wahrscheinlich war er in Wirklichkeit ein Sadist. Ein Sadist, der es mochte, sich selber leiden zu sehen.

Denn trotz der vielen Dinge, die an ihm knabberten, die ihn innerlich ertrinken ließen, bis er von Taubheit eingenommen war, freute er sich auch. Obwohl, nein, Freude konnte man es nicht nennen. Es war eher wie eine Aufregung, die in seinem Magen flatterte, seine Organe verquirlte und ein Gefühl, das Übelkeit nicht ganz unähnlich war, in ihm aufsteigen ließ.

Dieser Tumult teilte seinen Platz mit dem Tropfen der Traurigkeit, der die Scherben benetzte, die von dem zerschlagenen Turm aus Hoffnung übriggeblieben waren.

Er war tatsächlich ein Sadist.

Und er verfluchte sich dafür, dass er das Flattern in seinem Magen nicht unterdrücken konnte, dass er die kleinen Vögel, die aufgeregt mit ihren Flügeln schlugen, nicht einfach ersticken konnte.

Es erschöpfte ihn so sehr, dass er teilweise wie nach einer Nacht ohne Schlaf durch den Tag taumelte und sich den Bauch hielt, in dem es zu ging, wie auf hoher See bei einem Sturm.
Eigentlich wollte er schreien, bloß, um diesen Druck loszuwerden, der sich in ihm aufbaute.

Seit wann war das simple Existieren so unglaublich schwer?
Seit wann war es so anstrengend, einfach nur zu fühlen?

Doch er war sich bewusst, dass er jetzt keinen Rückzieher mehr machen konnte, nicht, wenn Keith und Hunk schon eine Uhrzeit ausgemacht hatten und ihn nun fragten, ob er zu dem Zeitpunkt auch konnte. Nicht, wenn ein Teil von ihm schon am Überlegen war, was er tragen könnte.

Denn auch, wenn alles verloren schien- er konnte nicht den Wunsch unterdrücken, von Keith gesehen zu werden. Er wollte gut aussehen, er wollte, dass sich zumindest noch ein kleiner Teil von ihm an die Scherben der Hoffnung klammern konnte, in dem Versuch, sie wieder aufzubauen, in der Hoffnung, dass seine Freunde doch mehr sahen, als er es tat.

Also tippte er: "Passt für mich", zurück, schickte noch einen Smiley nach und warf das Telefon zur Seite, um sich aufzurichten und langsam zu Veronica hinüberzutappen.

Leise klopfte er an und öffnete bei einem leisen Grunzen, das von der anderen Seite zurückkam, die Tür seines Nachbarzimmers.

Zwei seiner jüngeren Geschwister blickten ihm entgegen, Marco wie immer auf seinem Bett zusammengesunken, die Nägel dem Geruch nach, der im Raum lag, frisch lackiert und Veronica an ihrem Laptop, an dem sie etwas schrieb.

"Könntest du mir später vielleicht helfen?", wandte er sich an seine Schwester, die erstaunt eine Augenbraue nach oben zog, "Ich gehe heute Abend aus."

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Die abendliche Luft strich lauwarm, nur durch ihren Hauch spürbar, über Keiths Unterarme und schickte eine Gänsehaut über ihn hinweg, die die ganzen feinen Härchen sich aufstellen ließ und kleine Hügelchen auf seinem Körper bildete.

Lance' Nachricht war überraschend gekommen, wenn auch nicht unwillkommen. Der Musiker konnte sich sehr gut vorstellen, wie Hunk irgendwann seinen Beschwerden nachgegeben und sich bereiterklärt hatte, aus zu gehen.
Dass sie ihn dabeihaben wollten, erfreute ihn zugegebenermaßen mehr, als es sollte.

Und wahrscheinlich hatte er sich auch mehr um das gekümmert, was er trug, als er sollte.

Seitdem er Lance auf die ganze Sache mit den Gefühlen und so angesprochen hatte, schien sich die Atmosphäre zwischen ihnen leicht verschoben zu haben. Unmerklich, doch es war da.

Es war etwas in Lance' Blick, etwas, das er nicht ganz deuten konnte, in der Art, wie er ein wenig leiser sprach als sonst.

Deshalb hatte Keith sich vorgenommen, alle Missverständnisse, sofern es welche gab, heute aus dem Weg zu räumen. Sonst würden die Schuldgefühle ihn noch so sehr unter sich zerdrücken, dass er irgendwann platt wie eine Flunder auf dem Boden lag. Denn er hatte das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben, auch, wenn Lance auf seine immer wieder gestellte Frage, ob alles okay war, genickt hatte.

Gerade, als er wieder auf seine Uhr sehen wollte, kamen Hunk und der Tänzer um die Ecke gebogen, die Laute ihres Gesprächs unverständlich, doch vertraut an seine Ohren dringen.

Wenige Meter von ihm entfernt, hob der Koch seinen Kopf und entdeckte ihn, wie er mit verschränkten Armen an der Wand lehnte, einen Fuß leicht aufgestellt. Ein Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des gutmütigen jungen Mannes aus und er hob die Hand zum Gruß, was auch Lance dazu brachte, aufzusehen.

Ein feines Lächeln schlich sich bei Keiths Anblick auf seine Lippen und das leise Flattern im Magen des Musikers, das ihm von seiner inneren Aufregung erzählt hatte, seufzte leise auf. Er konnte nicht anders, als zurück zu lächeln, es war zu ansteckend.

Mit ein wenig Schwung drückte er sich von der Mauer ab und löste seine Arme, während er die zwei Freunde beim Näherkommen beobachtete.

Hunk strahlte wie immer eine warme und behagliche Atmosphäre aus, genau wie Keith hatte er die Ärmel seines Hemdes hochgekrempelt, sodass sie seine festen Unterarme betonten, die vom ständigen Kochen und Rühren von Teigen zeugten. Er sah aus, als hätte er genauso wie Keith ein wenig mehr Bedacht in die Auswahl seiner Garderobe gesteckt. Dennoch strahlte er immer noch dieses gewisse etwas aus, was Keith nur mit "Bestimmt-ein-guter-Umarmer"-Aura betiteln konnte.

Und Lance?

Würde es nach Keith gehen, würde der Tänzer schon längst auf einem Laufsteg stehen.

Er trug eine dunkle, marineblaue Hose, die seine langen Beine betonte und den Musiker auch dann atemlos zurücklassen würde, wenn er nur diese Beine und sonst nichts von Lance sehen würde. Doch dies war nicht der Fall. Kombiniert hatte der Braunhaarige die Hosen zu einem rein weißen Hemd, das einen wunderschönen Kontrast zu seiner gebräunten Haut darstellte, und sie beinahe schon im Abendlicht strahlen ließ.
Es sah locker und dennoch edel aus, willkürlich ohne viel Überlegen zusammengeworfen und trotzdem klassisch.

Und Keith versank beinahe schon in dem Anblick.

Das Hemd spannte sich an den passenden Stellen, doch klebte nicht an ihm, sodass es noch genügend Spielraum für Vermutungen und Fantasien übrigließ, die ihm heute Abend sicherlich nicht weiterhelfen würden.

Seine Haare trug Lance nicht viel anders als sonst, doch sie sahen frisch gewaschen aus. Das kleine bisschen Nässe und Feuchtigkeit klebte noch in den Strähnen, die sich zu leichten Locken kringelten und den Musiker fast schon anzubetteln schienen, durch sie zu streichen, an ihnen zu zupfen, sie um seine Finger zu wickeln und leicht an ihnen zu ziehen.
Doch das war nur das Wunschdenken, das zu ihm sprach, weshalb er kurz die Augen schloss und durchatmete, um sich ein letztes Mal zu sammeln, bevor er sie wieder öffnete und die zwei bei ihm angekommen waren.

"Hallo", grüßte Hunk fröhlich auf seine lockere Art und Weise und ehe Keith sich versah, war er in dessen Bärenumarmung gefangen und der Koch drückte ihn an sich. Mit einem leisen Auflachen drückte er vorsichtig zurück, ehe sie sich wieder losließen.

"Hey", wandte er sich nun an Lance und hoffte, dass er in dessen Ohren nicht so atemlos geklungen hatte, wie gerade in seinen eigenen. Doch das hatte wohl, da ein amüsiertes Schmunzeln am Mundwinkel des anderen zuckte, ehe auch sie sich kurz umarmten.

Lance hatte es zu einer Art Pflicht zwischen ihnen gemacht, dass sie sich zur Begrüßung und zum Abschied umarmten, wenn es ging, um Keith "an den Körperkontakt anderer Menschen" zu gewöhnen und ihn aus seiner "Emo-Blubberblase" herauszuholen.
Diese Tatsache trug nur noch mehr zu Keiths Schuldgefühlen bei, da der Tänzer sich nach ihrem Essen vor einer Woche nicht mit einer Umarmung verabschiedet hatte.
Und danach war etwas anders gewesen, sodass er selber sich auch nicht wirklich getraut hatte, mit einer Umarmung anzufangen.

Nun, nach mehreren Tagen Entzug, sog er fast schon gierig den Geruch des Tänzers ein, diese Mischung aus Zitrusfrüchten, etwas Süßem und dieser einen Note, die er selber nicht wirklich benennen konnte, die aber definitiv einfach Lance war. Es war wie etwas, dass ihn lebendig riechen ließ.

Der Körperkontakt war viel zu schnell jedoch wieder zu Ende und er versuchte so gut wie möglich, seinen Unmut darüber zu verbergen und die Arme nicht doch wieder zu verschränken.

"Ihr seid gerade noch pünktlich", bemerkte er stattdessen mit leicht amüsiertem Unterton und Hunk lachte verlegen.

"Weißt du, wir wären eigentlich nach meiner Planung auch pünktlich gewesen, doch unsere Madonna hier musste noch auf den letzten Drücker das Hemd wechseln", grinste er und stieß Lance leicht mit dem Ellenbogen in die Seite, der entrüstet die Hand aufs Herz legte.

Bei seinem gespielt beleidigten Gesichtsausdruck seufzte Keith beinahe schon erleichtert auf. Zumindest verhielt der andere sich ein wenig normaler als vor zwei Tagen.

"Entschuldige bitte, aber ich muss doch gut aussehen!", verteidigte der Tänzer sich, "Und außerdem sind wir doch pünktlich, also weiß ich nicht, wo dein Problem liegt!"

Hunk schmunzelte nur und zog eine Augenbraue hoch.

"Und für wen musst du dich so herausputzen, wenn ich fragen darf?", wollte er wissen und verlagerte sein Gewicht auf ein Bein, seinen Freund belustigt beäugend.

"Für wen denn sonst, als für dich, Kumpel?", entgegnete Lance galant und zwinkerte den Koch charmant zu, der kicherte, sich imaginäre Strähnen hinters Ohr schob und von unten nach oben zu Lance aufsah.
Dass er dafür erst einmal in die Knie gehen musste, machte das Ganze nur komischer und Keith konnte sein Lachen nur schwer unterdrücken. Schnell grinsten auch die zwei Schauspieler, da keiner von ihnen lange ernst bleiben konnte, und in einer Wolke aus ihrem Giggeln machten sie sich zu dritt auf den Weg zum Lokal, auf das sie sich geeinigt hatten.

Es war ein indisches Restaurant, nah an der Kings Cross Station, sodass alle wieder bequem nach Hause kommen würden. Hunk hatte es vorgeschlagen, da er zum einen seine Geschmacksknospen auf verschiedene Gewürze testen wollte und zum anderen anscheinend lange nicht mehr indisch gegessen hatte und es eine seiner liebsten Küchen war.
Keith selber hatte nicht viel einzuwenden gehabt und da Lance nur geschrieben hatte, dass er bei so gut wie allem ohne Pilze dabei war, war es schnell beschlossen gewesen.

Auf ihrem Weg durch die Straßen unterhielten sie sich vor allem darüber, dass Veronica wohl Lance bei seiner Kleidung geholfen hatte und Hunk zog seinen besten Freund freudestrahlend mit einem warmen Lächeln über diese Tatsache auf, mit genau der richtigen Menge an Gemeinheit, dass es trotz seiner Sanftheit immer noch Necken war, ohne wirklich zu nerven.

Er war ein Meister darin, die vielen kleinen Nuancen in seiner Mimik und Stimme anzupassen und Keith war beinahe schon neidisch darauf, mit welch einer Leichtigkeit der Koch das zu schaffen schien. Anscheinend war Hunk nicht nur gut darin, Gewürze und dergleichen abzuschmecken.

Das Restaurant selber war voll und im Stillen dankte der Dunkelhaarige Hunk noch einmal dafür, darauf bestanden zu haben, einen Tisch zu reservieren, da sie wahrscheinlich sonst hätten warten oder woanders hingehen müssen.

Ein Kellner, ein wenig älter als sie, stand mit dunkler Schürze und rotem Hemd schon in der Nähe des Eingangs, begrüßte sie freundlich mit einem Kopfnicken und einem Lächeln, ehe er nach ihrem Reservierungsnamen fragte.

Es war beinahe schon ein Parkurlauf, sich durch den großen Raum zu schlängeln, auch, wenn zwischen den Tischen genügend Abstand zu sein schien. Immer wieder war eine Stuhllehne oder eine Handtasche im Weg, ein Kellner kam ihnen entgegen oder die Beine eines Kinderstuhles hatten es sich zur Aufgabe gemacht, als todbringende Hindernisse in den Gang zu ragen.
Doch sie schafften es alle bis zu einem Tisch in einer hinteren Ecke, der genauso wie alle anderen mit einem strahlend weißen Tischtuch bedeckt war, auf dem nicht der kleinste Fleck zu sehen war. Wahrscheinlich musste das Restaurant jede Woche neue Tischdecken kaufen.

Während sie sich setzten, ließ Keith sich von den verschiedensten Gerüchen einlullen, die in der Luft lagen und alle würziges, warmes Essen versprachen. Die Laufstärke war hier, nicht mittendrin im Geschehen, angenehm. Genau richtig, um sich miteinander zu unterhalten, ohne schreien oder sich jedoch alleine fühlen zu müssen.

Nachdem der Kellner schnell ihre Getränkewünsche notiert hatte, verschwand er wieder und ließ ihnen somit genügend Zeit, sich durch die Speisekarte zu arbeiten.

"Ich bin dafür, dass wir jeder so einen Dosai probieren", verkündete Hunk, der sofort den Überblick gefunden zu haben schien, wo was stand, "Das ist eine indische Spezialität, die vor dem eigentlichen Essen gegessen wird."

Neugierig blätterten auch Lance und Keith zu der Seite und überflogen die verschiedenen Ausführungen.
Bei den Preisen zogen sich die Augenbrauen des Musikers leicht zusammen- wenn Vorspeisen schon so viel kosteten, was war dann mit den eigentlichen Malzeiten?

"Äh", setzte er an, während er ein weiteres Mal die Angebote betrachtete und sah dann auf, "Ich glaube das Vergnügen überlass ich euch, die sind mir etwas zu teuer, wenn ich später noch einen ganzen Teller bezahlen will. Außerdem werde ich von indischem Essen immer schnell satt, deshalb würde es sich wahrscheinlich nicht lohnen."

Hunk sah leicht enttäuscht aus, doch nickte, genauso wie Lance, der nachdenklich auf seine Karte sah.

"Und wenn wir uns einen teilen?", fragte er dann und sah über das Menü hinweg beinahe schon vorsichtig zu Keith hinüber, "Wir könnten den Preis aufteilen und jeder probieren."

Der Musiker überlegte kurz, doch entschied sich dann, dass eine Ablehnung vielleicht seinem Plan, alle Missverständnisse heute aus dem Weg zu räumen, entgegenwirken würde, weshalb er letztendlich zögerlich nickte.

"Das könnten wir machen", meinte er, "Auf was hast du denn Lust?"

Bald darauf kam der Kellner wieder, ihre Getränke auf einem runden Tablett dabei. Sobald er jedem das seine hingestellt hatte, zückte er erneut seinen Notizblock und fragte lächelnd, ob sie denn schon wüssten, was sie essen wollten.

Hunk übernahm freudestrahlend das Reden, nannte Lance' und Keiths Bestellung und ließ sich ausgiebig von dem Herren beraten, welcher Dosai die beste Wahl war.

Nachdem sowohl Lance als auch Keith unfreiwillig gelernt hatten, was für eine Technik bei der Zubereitung der Spezialitäten angewandt wird, war der Kellner wieder verschwunden und Hunk machte sich immer noch strahlend Notizen auf seinem Handy, um auch ja keine Einzelheit zu vergessen.
Die zwei anderen tauschten zwei schnelle Blicke, ehe Keith fragte:

"Ist das immer so, wenn man mit dir Essen geht, Hunk?"

Der Koch lachte leicht auf und hob die Hände in die Luft, wie um zu sagen, dass er nichts dagegen tun konnte.

"Ich versuche, überall alle Informationen zu bekommen, die ich kriegen kann", erklärte er beinahe entschuldigend, "Alles wichtig für meine Karriere."

Der Musiker nickte verstehend, auch, wenn er sich nun sicher war, dass der Abend anstrengend werden könnte.

"Hast du so hohe Ziele?", wollte er wissen und das schien einen Schalter in dem jungen Mann umzulegen, da dieser sofort begann, von seinen Zukunftsplänen zu erzählen, die tatsächlich groß waren.

Die Zeit verging schnell, Hunks gute Laune war ansteckend und bald unterhielten sie sich alle drei über Leute, für die der angehende Koch eines Tages arbeiten könnte.

Ihre Vorspeisen kamen und Keith war letztendlich doch froh, etwas zu probieren, da die Dosai wirklich gut waren, und seinen Magen doch nicht so sehr füllten, wie er es erwartet hätte.
Bald hatten sie sich auch jeder entschieden, was er als Hauptspeise essen würde, nachdem Hunk dafür wieder den Kellner in einem ausführlichen Gespräch zu Rate gezogen hatte.
Gefühlte Ewigkeiten hatten sie versucht, abzuwägen, ob Lamm oder Huhn besser wäre und, ob Hunk etwas Scharfes probieren sollte, auch, wenn seine Toleranz nicht wirklich hoch zu sein schien.

Lance und Keith hatten sich gegenseitig nur leicht genervte oder belustigte Blicke zugeworfen und geschwiegen.

Der Schwarzhaarige hatte noch keine Idee, wie er den Tänzer auf dieses Etwas, was auch immer es war, das zwischen ihnen zu stehen schien, ansprechen sollte.
Dass er nicht Hunk hineinziehen wollte, war ihm klar, doch wie sollte er den Koch loswerden, ohne unhöflich rüber zu kommen?
Und was würde er tun, falls Lance nicht darüber reden wollte?
Oder was wäre, wenn sie sich streiten würden?
Oder es war gar nichts und er machte sich umsonst Sorgen, dass etwas sein könnte.

Es gab eine kleine Pause in der sie nichts aßen, da ihre Vorspeisen schon weg waren und es noch eine Zeit lang dauern würde, bis ihre Bestellungen fertig sein würden, da das alles frisch gekocht wurde.

In der kleinen Stille, die sich kurz zwischen sie gesetzt hatte, schob Lance seinen Stuhl zurück und stand auf.

"Ich bin mal auf dem Klo", meinte er und ein leises Grinsen zuckte um seine Lippen, "Meine Systeme entleeren, bevor es losgeht."

Keith schnaubte und Hunk grinste, einen Daumen in die Höhe gereckt.

"Wir werden nicht wegrennen", versprach er und nickte seinem Freund mit einer versteckten Ernsthaftigkeit zu, die für Keith ein wenig ungewöhnlich war, dafür, dass Lance nur auf die Toilette ging.

Der Tänzer nickte und verschwand dann in der Menge der Tische, auf der Suche nach dem Klo.

Sobald Keith sich wieder Hunk zuwandte, wurde ihm klar, dass es tatsächlich etwas mit diesen schweren Blicken auf sich gehabt hatte- der Koch sah ihn an, als würde er ein Verhör beginnen wollen.

"Äh, hab ich etwas falsch gemacht?", fragte er und leichte Nervosität regte sich in seinem Magen, "Ich habe nämlich das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben, aber Lance will irgendwie nicht darüber reden."

Hunks Gesichtszüge entspannten sich ein wenig und er seufzte leise.

"Ich würde nicht wirklich sagen, dass du etwas falsch gemacht hast", meinte er leise, fast schon, als würde er ihn beruhigen wollen, "Auf jeden Fall nicht absichtlich."

Obwohl Keith nicht wirklich wusste, was er mit dieser Antwort anfangen sollte, schloss er seinen Mund wieder und starrte auf die Tischdecke, da er nicht wirklich wusste, wohin er sonst sehen sollte. Hunk schien nicht wirklich darauf erpicht zu sein, über Lance' Stimmung zu reden, also würde er ihn auch nicht dazu zwingen.

Eine kleine Weile schwiegen sie, doch in Hunks Augen schimmerten Neugierde und der Wunsch etwas zu sagen, was er auch kurz darauf tat.

"Also, Keith, wir haben uns zwar schon ein paar Mal gesehen, aber so viel weiß ich noch gar nicht über dich, muss ich sagen", begann er und der Musiker konnte nicht verhindern, dass sich eine seiner Augenbrauen hob. Hunk lächelte entschuldigend. "Ich wollte nur wissen, wie es so ist, in Tokio zu leben. Vermisst du deine Familie? Irgendwelche wichtigen Leute, die du zurückgelassen hast?"

"Äh", Keith wusste nicht wirklich, was er von dem Ganzen halten sollte, das Verhör ging nun in eine Richtung, mit der er überhaupt nicht gerechnet hatte, "Meine Familie wohnt halt da. Also meine Eltern eher gesagt und ein paar Verwandte von der Seite meiner Mutter. Mein Bruder ist in Amerika."

Sein Gegenüber nickte, als wären diese Informationen höchst interessant und unter seinem intensiven Blick fühlte Keith sich beinahe schon genötigt, mehr zu sagen.

"Ich vermisse sie schon ein wenig, vor allem meine Eltern und Shiro, weil ich sie nun natürlich seit einer Weile schon nicht mehr gesehen habe. Aber wir telefonieren, also ist das in Ordnung."

"Und ist sonst noch jemand besonderes in Japan?", hakte der angehende Koch nach, als würde ihn das sogar mehr interessieren als Heimweh oder dergleichen.

Um ehrlich zu sein, nervte es den Violinisten ein wenig, dass der Größere nicht einfach ausspucken konnte, worauf er hinauswollte, sondern vielmehr darauf aus zu sein schien, dass Keith selber darauf kam. Er verdrehte die Augen.

"Wenn du etwas beziehungsmäßiges meinst, nein", erwiderte er und wahrscheinlich klang seine Stimme nun abweisend genug, dass der andere verstand, dass seine Vorgehensweise nicht die beste war. Denn Hunks Augen wurden leicht groß und er lehnte sich wieder zurück, Gewissensbisse über sein Gesicht zuckend.

"Tut mir leid", murmelte er und Keith war doch ein wenig erstaunt, wie schnell es gegangen war, ihm den Weg abzuschneiden, "Ich war wohl etwas unhöflich."

Mit einem Schulterzucken überließ der Schwarzhaarige dieses Urteil dem anderen.

Das Gespräch gefiel ihm nicht.

Er hatte nichts gegen Hunk, der Koch war bisher immer eine angenehme Gesellschaft gewesen, doch etwas an dem Ganzen behagte ihm nicht. Er fühlte sich ein wenig in die Enge getrieben und beobachtet, als wäre er eine Kuriosität unter dem Mikroskop.

"Also", begann Hunk erneut, das Wort in die Länge ziehend, und mit einem inneren Seufzen erkannte Keith, dass er doch nicht so schnell aufgab, wie er gedacht hatte, "bist du Single?"

"Ja", meinte er schlicht und konnte nicht verhindern, dass sein Blick leicht grimmig war, als er zu seinem Gegenüber sah, "genauso einsam und alleine wie zu dem Zeitpunkt, als ich hier aus dem Flieger gestiegen bin, danke, dass du mich daran erinnert hast."

Er biss sich leicht frustriert auf die Innenseite der Wange und schnitt dem Koch prompt das Wort ab, als Hunk wieder ansetzte.

"Was willst du? Ich sehe keinen Grund, der dich dazu bewegen könnte, mich über meinen Beziehungsstatus auszufragen. Ich weiß, es ist kein Drama, nicht in einer Beziehung zu sein, aber bitte, Hunk, ich will nicht darüber reden, nicht jetzt. Also ... lass es einfach dabei bleiben, okay?"

Auch, wenn er vorgehabt hatte, resolut und fest zu klingen, musste er zugeben, dass das nicht ganz geklappt hatte. Seine Stimme war zum Ende hin immer leiser geworden und der andere sah ihn nun mit vor Mitleid triefenden Augen an.
Es würde Keith nicht wundern, wenn er seine Hand nehmen würde, um ihm seine Teilnahme näherzubringen.

Um ihm zu vermitteln, dass er wirklich nicht darüber reden wollte, schüttelte er leicht den Kopf und zu seiner Erleichterung nickte der Größere daraufhin. Wahrscheinlich war er doch so feinfühlig, wie Keith ihn zuvor eingeschätzt hatte.

Doch der Musiker hatte sich wohl erneut zu früh gefreut, da Hunks gesenkte Stimme nach ein paar Sekunden leise meinte:

"Du klingst so, als wärst du alleine, ohne es zu wollen, auch, wenn du gesagt hast, dass es eigentlich keine große Sache ist. Gibt es jemanden, wegen dem du nicht mehr alleine sein willst?"

Mit einem entnervten Seufzen ließ Keith sich im Stuhl zurückfallen und vergrub das Gesicht in den Händen, um zwischen seinen Fingern hindurch Hunk mit seinem Blick zu fixieren.

"Warum?", fragte er lediglich verzweifelt und wäre bei dem weichen Ausdruck auf dem Gesicht seines Gegenüber beinahe geflohen.

"Weil Freunde dazu da sind, zu helfen", meinte Hunk schlicht, verschränkte die Hände auf dem Tisch und beugte sich wieder ein wenig zu Keith vor, "Und weil du so aussiehst, als müsstest du etwas loswerden. Und auch, wenn ich vielleicht gerade nicht so rüberkomme, bin ich ein besserer Zuhörer als Lance, also lass uns die Zeit nutzen, in der er weg ist." Er zwinkerte leicht und Keith musste ein Schnauben unterdrücken.

Auch, wenn er eigentlich auf Hunk sauer war, weil er ihn in die Enge trieb und versuchte, ihn zu etwas zu bringen, was er nicht mochte, konnte er nicht anders, als sich ihm anvertrauen zu wollen. Es war, als würde der andere eine Aura ausstrahlen, die ihn so fühlen ließ, als wäre alles in Ordnung und würde in Ordnung werden, sofern es das noch nicht war.

Abermals seufzte Keith leise und rieb sich über das Gesicht.

"Du hast Recht", murmelte er leise, "Es gibt jemanden, wegen dem ich nicht mehr alleine sein möchte."

Diesmal war Hunks Nicken aufmerksam und von wahrem Interesse, und forderte ihn sanft auf, weiter zu reden, sich aber dennoch so viel Zeit zu lassen, wie er brauchte.

"Und ich weiß einfach nicht, was ich tun soll", fuhr er also fort und konnte selber gar nicht glauben, das er nun tatsächlich damit anfing, "Ich hatte so gut wie noch keine Beziehung, geküsst habe ich auch nur sehr wenige Leute, wenn überhaupt, und mal ganz abgesehen davon weiß ich auch nicht, ob es ihm ähnlich geht! Was, wenn das alles nur einseitig ist und ich meine Energie für etwas verschwende, was nie geschehen wird?"

Frustriert grummelte er vor sich hin.

"Und sowieso, Hunk, der Typ ist einzigartig, hast du schon mal sein Lächeln gesehen? Als würde die Sonne wiedergeboren werden, jedes verdammte Mal. Und sein Lachen erst, wenn er lacht, bliebt mir die Luft weg und alles dreht sich und-"

Er brach ab und schnaufte, die Hände in seinen Haaren vergrabend.

"Bitte sag mir, dass das wieder aufhört", seufzte er und Hunk lachte leise.

"Das wird es, glaub mir", grinst er, "Aber nicht auf die schlechte Weise. Das was du jetzt noch hast ist das typische Verknallt-Sein. Wenn er, sagen wir mal so, der richtige ist, und sich etwas wie richtige Liebe daraus entwickelt, dann wird es tiefer werden, verwurzelter. Du wirst nicht jedes Mal Angst haben müssen, zu sterben, wenn du ihn siehst."

"Gott sei Dank", murrte der Violinist und brummte bei Hunks erneutem Lachen.

"Also, ich nehme einfach mal an, dass dieser grandiose Kerl niemand anderes als unsere herzallerliebste Ballerina ist-", er grinste bei der Röte, die in Keiths Gesicht aufstieg, "was hast du vor?"

Der Musiker schwieg und sah zur Seite auf die Tischdecke, ehe sein Blick wieder vorsichtig zum Koch hinüber wanderte.

"Ich weiß es nicht", murmelte er ergeben, "Was sollte ich auch tun?"

"Naja", meinte der Koch mit einem leisen Lachen, "du könntest mit ihm darüber reden, weißt du?" Bei Keiths entnervtem Blick grinste er nur noch mehr.

"Könntest du", setzte der Violinist an und stockte kurz, ehe er seinen Gedankengang zu Ende brachte, "mir irgendwie sagen, ob Lance irgendwas ... über mich gesagt hat oder so? Damit ich wenigstens weiß, ob Hoffnung besteht oder nicht."

"Du klingst, als ginge es um einen Todesfall", schmunzelte der Koch, doch seine Augenbrauen waren schon entschuldigend zusammengezogen, sodass Keith noch vor seiner Antwort wusste, wie diese ausfallen würde. "Ich helfe dir gerne, Kumpel, das darfst du nicht falsch verstehen. Aber Lance und mich verbindet eine jahrelange Freundschaft und wenn er sich mir anvertraut, egal, um was es geht, dann macht er das mit dem Wissen, dass ich schweige wie ein Grab. Also, ob da etwas ist oder nicht, musst du leider selber herausfinden."

Keiths Schultern sackten ein wenig ein, doch er nickte.

Natürlich. Hunk war ein toller Kerl, ein guter Freund, und es war klar, dass er immer zu Lance halten und seine Geheimnisse hüten würde.

"Danke trotzdem", meinte er also mit einem leichten Lächeln, das von seinem Gegenüber warm erwidert wurde.

"Du musst wissen, Keith", begann Hunk zu erklären, "Lance ist eine der Personen, die nicht sonderlich schwer zu lesen sind, wenn man sie eine Weile kennt. Er ist so vertrauensvoll der Welt gegenüber, dass er sein Herz die meiste Zeit über fett aufgemalt auf seinem Oberteil trägt. Ich glaube, wenn du für dich selber herausfinden willst, wie es um ihn steht, dann solltest du ihn einfach beobachten, wie auch die meisten anderen Leute.
Menschen zeigen normalerweise, wenn sie jemanden mögen."

Er lächelte Keith erneut beruhigend zu und der Musiker wollte schon etwas erwidern, als sein Gegenüber sich zur Seite wandte und jemandem zuwinkte, der durchs Restaurant auf sie zu kam.

Lance war wieder da.

---

Das Essen war fantastisch gewesen, zumindest, wenn man nach Keiths Meinung fragen würde.

Lance schien es auch geschmeckt zu haben, doch Hunk murmelte immer wieder etwas über zu teure Preise, dafür, dass die Gewürze nicht frisch gewesen waren und das Huhn manchmal nicht ganz durch schien.

Amüsiert grinsten die zwei sich ab und zu über die Tischecke hinweg zu, an der sie saßen, während der junge Koch nun zum fünften Mal diesen Abend den Inhalt seines Löffels kritisch inspizierte.

Der Kellner, der sie zuvor bedient hatte, traute sich schon gar nicht mehr in die Nähe ihrer Ecke, aus Angst, Hunks Fragen nur ungenügend beantworten zu können und sich dessen Kritik anhören zu müssen. Zwar beteuerte der junge Mann immer wieder, dass das Essen nicht schlecht war, sogar ziemlich gut, doch seine sonstigen Aussagen ließen dieses Lob schnell wieder verschwinden.
Mitleidig sah Keith zu der Bedienung hinüber, die vorsichtig in ihre Richtung sah und schnell ihren Blick abwandte, als sie seinen Blick auffing, aus Angst, an den Tisch geholt werden zu müssen.

"Ich glaube, ich geh mal kurz für kleine Köche und schau dann nochmal bei der Küche vorbei, um zu fragen, wie lange sie die Soße gekocht haben", seufzte Hunk nach einer Weile und erhob sich. Lance und Keith sahen ihm mit einer Mischung aus Amüsement und Besorgnis nach, während er sich seinen Weg zwischen den Tischen hindurch bahnte.

"Hoffentlich werden wir nicht noch wegen seinem Benehmen rausgeworfen", bemerkte der Musiker dumpf und Lance schnaubte mit einem Grinsen.

"Das wird schon nicht passieren, solange er nicht unhöflich ist. Vielleicht wissen sie seine Tipps auch Wert zu schätzen. Aber mach dir keine Sorgen, wir werden schon nicht aufgefordert werden, zu gehen", leicht gedankenverloren fuhr er mit seiner Fingerspitze am Rand seines Glases entlang, "Ihr Job ist es, ihren Gästen einen bestmöglichen Aufenthalt zu garantieren. Solange er nicht anfängt, herumzuschreien, wird schon nichts passieren."

Mit einem vorsichtigen Lächeln in den Augen fing er Keiths Blick auf.

"Du magst es?"

Der Musiker nickte.

"Es ist echt gut, wenn auch ein wenig teuer", meinte er und lehnte sich im Stuhl zurück, "Aber langsam bin ich voll."

"Ich auch", lachte der andere leise und besah sich seinen Teller, auf dem noch ein Viertel der Portion darauf wartete, gegessen zu werden.

In der kleinen Stille, die kurz zwischen ihnen saß und vom einen zum anderen sah, entschied Keith, dass es nun an der Zeit war, mit seiner Entschuldigung herauszurücken.

"Lance", begann er langsam und wartete darauf, dass der Tänzer zu ihm aufsah, "ich hab dich schon ein paar Mal gefragt, was los ist. Und ich weiß, dass etwas nicht stimmt, also verneine es bloß nicht." Er seufzte leise, als der Braunhaarige seinen Blick wieder abwandte und mit schmalen Lippen seinen Teller betrachtete.

"Lance, sieh mich an", bat er und war froh, dass dieser das tatsächlich auf seine Aufforderung hin auch wieder tat, "Ich will und kann dich nicht zu etwas drängen, das du nicht willst. Ich kann dich nicht zwingen, zu sagen, was ich getan habe, dass du so drauf bist. Aber, wenn ich etwas falsch gemacht habe, dann tut es mir leid, ja?"

Nach Worten suchend ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen, über die vielen Tische mit anderen Gästen hinweg, bis er wieder beim Tänzer ankam, der ihn mit unergründlichen Augen ansah. Soviel zu Hunks Worten, man könne ihn lesen wie ein offenes Buch.

Er biss sich kurz zögerlich auf die Unterlippe, ehe er fortfuhr:

"Egal, was ich getan oder gesagt habe, es tut mir leid. Mein Ziel war es nicht, dich zu verletzen oder was auch immer mit dir los ist.
Aber, bitte, schau mich nicht mehr so an, als hätte ich dir etwas weggenommen, das dir was bedeutet hat und du müsstest durch den Schmerz lächeln. Es macht mich krank, dich so zu sehen", er holte tief Luft, in der Hoffnung, es würde nicht mehr so viel emotionales Zeug aus seinem Mund kommen. Doch viel gebracht hatte es anscheinend nicht. "Wenn ich es irgendwie wieder gut machen kann, sag mir bitte, wie, denn die ganze Zeit über rolle ich diese Gedanken in meinem Kopf herum und frage mich, was ich getan habe.
Und- einfach- keine Ahnung", er seufzte, "Es tut mir leid."

Nun war er derjenige, der unter dem Blick des anderen zusammensackte und wegsah. Lance' Augen strahlten etwas so Intensives aus, dass er Angst hatte, der Tänzer könnte ihm bis auf den Grund seiner Seele sehen.

"Weißt du", murmelte der Braunhaarige nach einer Weile und erleichtert, dass keine Stille mehr herrschte, hob Keith seinen Blick wieder, "es ist okay."

Er setzte sich ein wenig schräger auf seinen Stuhl, sodass er Keith besser ansehen konnte, und fuhr fort:

"Ich weiß selber nicht genau, warum mich das so runtergezogen hat, wenn es eigentlich was Gutes für dich ist. Also frag lieber nicht nach, das Ganze zu erklären wäre zu schwer. Aber, es ist okay", er lächelte warm, doch immer noch lag etwas Trauriges in seinen meerblauen Augen, "Du hast nichts falsch gemacht."

Keith war nicht überzeugt, doch er nickte. Entgegen seiner Pläne hatte er nun nicht mehr das Bedürfnis, den Tänzer in die Ecke zu drängen und auszufragen. Lance schien viel zu ... fragil als dass er sich das erlauben würde.
Stattdessen nickte er leicht.

"Okay ... dann überlass ich es dir, das nächste Gesprächsthema auszuwählen", meinte er und bedeutete dem anderen mit einer Handbewegung, sich einfach etwas auszusuchen.
Diesem huschte ein leises Lächeln übers Gesicht, ehe er sich wieder im Stuhl zurücklehnte und die Hände auf den Tisch legte, um auf eine abwesende Art und Weise mit den Fingerkuppen über den Tellerrand zu streichen.

"Was ich mich gefragt habe", setzte er an und sah kurz zu Keith hoch, ehe er beinahe schon scheu wieder zu seinem Teller sah, "Hast du etwas mit meinen Tipps anfangen können?"

Es war, als würde man Keith eine Brille abnehmen, die immer an einer bestimmten Stelle einen blinden Punkt gehabt hatte, weshalb er eine Sache nie klar hatte sehen können, obwohl sie immer direkt vor seiner Nase gewesen war.

"Ähm", machte er, um nicht so auszusehen, als hätte er nicht zugehört, doch seine Gedanken rasten.

Lance, wie er nach ihrem Cafébesuch gewirkt hatte, als wäre ihm übel. Er hatte sich nicht mit seiner üblichen Umarmung verabschiedet, war stiller gewesen und abwesend.

Lance hatte sich seit diesem Essen, seitdem er ihn um einen Rat gebeten hatte, so merkwürdig benommen. Und was waren seine eigenen Worte vorher gewesen?

„Als hätte ich dir etwas weggenommen, das dir was bedeutet hat und du müsstest durch den Schmerz lächeln".

War der andere etwa eifersüchtig? Verletzt, weil er dachte, Keith würde jemand anderen mögen?

Denn das müsste schließlich heißen, dass-

"Also, äh", begann er erneut und atmete tief ein, ehe er weitersprach, "um ehrlich zu sein, habe ich das Ganze wieder verworfen."

Diese Aussage schien Lance' Neugierde geweckt zu haben, da er mit einer leicht gehobenen Augenbraue wieder aufsah und den Musiker schweigend dazu aufforderte, sich zu erklären.

Und etwas in Keith sagte ihm, dass er dies auch machen sollte, dass er alles dafür tun sollte, dem anderen zu vermitteln, dass es niemand anderen gab. Denn, wenn er mit seinem Bauchgefühl richtig lag, würde das Lance' Laune mehr heben als alle Entschuldigungen der Welt zusammen.

"Du kennst das doch sicher", fuhr er also fort, "Man sieht Leute und lernt sie ein wenig kennen und denkt sich, dass sie fantastisch sind und perfekt und all das. Doch oft hält das einfach nicht wirklich an und du erkennst, dass ihr vielleicht nur eine Gemeinsamkeit habt und nicht wirklich kompatibel wärt.
Und, naja", schloss er und seine Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln, "die Gefühle, die man als ganz groß kategorisiert hat, verschwinden einfach wieder."

Wärme ergoss sich in seinem Magen, als sein Gegenüber mit leichtem Erstaunen die Augenbrauen hob und sich weiter im Stuhl aufrichtete, als würde ihn etwas aus seinem Sarg zum Leben auferstehen lassen. Auch, wenn etwas wie Bestürzung und Verwirrung aus seinem Blick sprach, war es unmöglich, das gewisse Funkeln in seinen Augen zu sehen, das eine ganze Woche lang verschwunden gewesen war.

Und Keith hätte ihm um den Hals fallen können.

Denn Lance saß wieder da wie Lance, viel gerader als zuvor und seine Augen suchten Keiths Blick, anstatt ihm auszuweichen, als wäre er etwas verbotenes.

"Aber mit dir ist allen in Ordnung, oder? Er hat nichts Schlimmes getan, was dich zum Umdenken gebracht hat?", wollte er wissen und der Musiker musste sein Grinsen unterdrücken, das sich breit und dick und glücklich auf seinem Gesicht platzieren wollte.

Es gab niemanden. Hatte nie jemanden gegeben, der ihm etwas hätte antun können. Zumindest, aus Lance' Perspektive.

Denn alleine wegen ihm hatte Keith ihm diese Fragen gestellt, alleine, um herauszufinden, was der Tänzer selber vorschlagen würde. Und damit war er in ein Fettnäpfchen getreten, mit dem er natürlich überhaupt nicht gerechnet hatte.

"Nein, hat er nicht", spann er die Geschichte des nicht existierenden Konkurrenten weiter und biss sich auf die Lippe, um sein Gesicht unter Kontrolle zu halten. Denn Lance sah für die Situation viel zu glücklich aus.

Eigentlich könnte Keith nun alles riskieren. Seine Beobachtungen hatten gezeigt, dass Hunk doch Recht gehabt hatte und Lance ziemlich leicht zu lesen war. Und alles deutete darauf hin, dass er nicht viel zu verlieren hatte.

Warum also warten?

"Okay, vielleicht will ich es nun doch wissen", riss Lance' Stimme ihn aus seinen Gedanken.

"Was wissen?"

"Naja", meinte er und bei seinem Grinsen flatterte alles in Keiths Magen auf, als wäre Frühling und der Wind würde leicht durch die Äste der Bäume wehen, "wer war es?"

Und das war es. Das war der Grund, warum Keith noch nicht mit der Sprache rausrückte.
Dieser Blick in den Augen des Tänzers, die Bemühung darin, nicht zu offen alles zu zeigen und es dadurch nur noch offensichtlicher werden zu lassen. Dieses Versteckspiel.

Wahrscheinlich war Keith in Wirklichkeit ein Sadist. Bestimmt.

Doch er wollte es auskosten diese Sitiuation, in der sie nun waren, wollte sehen, beobachten, wie Lance auf ihn reagierte, wollte sich in seiner Vermutung bestätigt sehen, immer und immer wieder. Nun, da er sich sicher fühlte, würde er sich auch mehr trauen und er wollte sehen, wie der Braunhaarige darauf reagierte.

Er war ein Sadist. Bestimmt. Es konnte nicht anders sein. Warum sonst würde er dem anderen die volle Wahrheit mit Absicht verschweigen, bloß um selber in dem Gefühl baden zu können?

Er war ein Sadist. Doch die Verlockung war zu groß.

"Sag ich nicht", antwortete er also, anstatt zuzugeben, dass er nie jemanden gegeben hatte, wie Lance es aufgefasst hatte.

Und er warf dem Größeren ein kleines Lächeln zu, verschmitzt und leicht provozierend, das den Tänzer dazu brachte, mehrmals hintereinander zu blinzeln, ehe ihm ebenfalls ein Grinsen um die Mundwinkel zuckte.

Er wusste, was los war. Schließlich hatte Lance schon bei weitem öfter in seinem Leben geflirtet.

"Achso", war alles, was er mit einem Schmunzeln erwiderte, bevor er sich wieder zurücklehnte, nun weitaus entspannter und sich jeder seiner Bewegungen bewusst. "Dann bist wohl du diesmal dran, das Gesprächsthema auszusuchen. Ich weiß schließlich nicht, wie lange Hunk noch gedenkt, dieses Lokal auf den Kopf zu stellen."





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