23. Blueberry Eyes

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Lance' Augen hatten die Farbe der tiefen See und sahen Keith unverwandt an, während er sprach.

„Deine Wimpern sind länger als sie aussehen, weil du blonde Spitzen hast, die man nur sieht, wenn die Sonne richtig drauffällt. Und wenn du im Wasser warst, werden die dunkler.
Generell strahlen deine Augen, wenn du im Wasser bist, als würden sie sich freuen, bei ihresgleichen zu sein."

Er war beim Reden immer langsamer und leiser geworden, zu sehr davon eingenommen, die Schönheit von Lance' Augen zu bewundern.

Diese Nähe zum Tänzer ließ alles in ihm neblig werden, jeder Gedanke war aus seinem Kopf gefegt worden und alles, was übriggeblieben war, war der Wunsch, die Lippen des anderen auf den seinen zu spüren. Der Wunsch, ihn zu berühren.

Fast schon registrierte er gar nicht mehr, dass Lance ihre Finger miteinander verschränkte, als der Tänzer wieder zu ihm aufsah, gab es nur noch zwei Worte, die in Keiths Kopf widerhallten: Küss mich.

Alles zog ihn zum Braunhaarigen, wie von alleine beugte er sich noch näher zu ihm, zu seinen Lippen, die fast schon darauf zu warten schienen, geküsst zu werden.

Federleicht legte er seine Lippen auf diese Perfektion eines Mundes.

Es war, als würde die Berührung, so leicht sie auch war, Leben in Lance' Körper rufen. Gerade, als Keith sich wieder zurückziehen wollte, erwiderte der andere den Kuss, schnell und sanft, als wolle er gerade noch des Musikers Lippen erwischen wollen.
Nur Millimeter voneinander entfernt hielten sie inne und spürten den Atem des anderen auf ihrer Haut. Kurz bevor Keith etwas sagen wollte und schon mit Lance' Namen ansetzte, huschte diesem jedoch ein Grinsen über die Lippen und er schob ihm die andere Hand in den Nacken und küsste ihn stürmisch.

Als würde all seine Energie auf einmal entladen werden, zog Keith ihn nicht weniger dringlich am Pulli näher zu sich und keuchte erleichtert in den Kuss hinein.

Obwohl er liebend gern weiterhin Lance' Hand gehalten hätte, löste er ihre Finger voneinander, um seine Hände in den warmen, kurzen Locken seines Gegenüber zu vergraben, die sich fröhlich vom Meerwasser kringelten.

Der Tänzer ließ währenddessen seine nun freie Hand unter Keiths Pullover wandern und zupfte ihm mit der anderen die Kapuze vom Kopf, sodass seine Haare oben zu allen Seiten hin abstanden. Keith konnte Lance' Berührungen auf seiner Haut spüren, konnte spüren, wie seine langgliedrige Hand über seinen Oberkörper wanderte.

Lange bleiben sie nicht so auf den Steinbrocken sitzen, denn nach kurzer Zeit entknotete Keith seine Beine und rutschte auf Lance' Schoß, der bei dem plötzlichen Gewicht leicht aufkeuchte, den Kuss jedoch nicht löste. Die Chance nutzend, fuhr der Schwarzhaarige ihm mit der Zunge über die Innenseite der Unterlippe und entfachte einen hitzigen Zungenkuss, bei dem Lance ihn immer fester an sich drückte und leise stöhnte.

Der Kuss schmeckte nach angerösteten Marshmallows und Salzwasser.

Tatsächlich war dies auch das Wort, das Lance immer wieder leise murmelte. Wasser.

Etwas widerwillig löste Keith sich vom Tänzer und machte leise "hm?"

"Wasser", wiederholte der andere, leicht benommen, "Lass uns ins Wasser gehen."

Auch, wenn er nicht ganz verstand, warum das plötzlich Lance' Wunsch war, nickte Keith und rappelte sich auf, um dem Tänzer mehr Bewegungsmöglichkeit zu geben und sich den Hoodie auszuziehen.

Er hatte das Kleidungsstück noch nicht einmal über den Kopf gestreift, als schon ein Platschen ertönte und Lance ins Wasser eintauchte.

So schnell wie möglich folgte er ihm und bemerkte, dass das Wasser hier am äußersten Rand der Bucht sehr viel schneller tiefer wurde.

Gerade, als er sich wunderte, warum er Lance' Schemen nicht ausfindig machen konnte, tauchte dieser direkt vor ihm auf, nass von Kopf bis Fuß.
Alleine seine physische Präsenz, so wenige Centimeter von ihm entfernt, ließ eine Gänsehaut über Keiths Rücken rieseln.

"Brauchtest du ausgerechnet jetzt eine Erfrischung?", konnte er jedoch nicht umhin, zu fragen, schließlich war das Wasser nun bei weitem kälter als tagsüber.

"Naja", murmelte Lance und fasste nach Keiths Händen, "anscheinend warst du zu heiß für mich."

Und bevor Keith dazu einen Kommentar abgeben konnte, verband der Tänzer ihre Lippen wieder miteinander, die Hände über Keiths Handgelenke und Unterarme nach oben bis zu seinen Schultern streichen lassend. Überall hinterließ er Gänsehaut mit seinen vom Wasser gekühlten Fingern und der Musiker erschauderte in seinen Armen, als er ihm in einer federleichten Bewegung über den Nacken strich.

Doch kühl war Keith nicht lange. Wie zuvor schon schienen ihre Körper sich mit Hitze aufzuladen, bis sie sich gegenseitig wärmten, auch, wenn keiner von ihnen wirklich Wärme gebraucht hätte.

Der Tänzer entfachte einen weiteren Zungenkuss, doch fuhr bald fort, seine Lippen weiter über den Kiefer des Musikers wandern zu lassen. Doch, anstatt sich seinen Hals hinunter zu arbeiten, hielt der Braunhaarige kurz inne, als hätte er eine Idee gehabt, und nahm wieder Keiths Hand - die linke diesmal - und hob sie bis auf die Höhe ihrer Gesichter. Mit einem leisen Grinsen begann er, weitere Küsse auf ihr zu verteilen, über den Handrücken hinweg, jeden Finger entlang.
Dann brachte er den leicht verwirrten Violinisten dazu, die Hand zu öffnen und hielt sie sanft von hinten mit der Seinen umschlossen, während er mit seinen Lippen Spuren von kleinsten Küssen die Finger entlang zog.

Auch, wenn er nicht die geringste Ahnung hatte, wie Lance darauf gekommen war, musste Keith jedoch zugeben, dass es ihm gefiel. Und das anscheinend sogar mehr als nur ein wenig, denn als der andere am Ende seines Daumens angekommen war und die Handfläche begann, mit seinem Mund zu erobern, musste er sich auf die Lippen beißen, um ein Aufkeuchen zu unterdrücken, und seine Finger zuckten.

Bei dieser kleinen Bewegung hielt Lance sofort inne und sein Blick ging zur Seite, zu Keith.

Dieser sah ihm entgegen und tat so, als sei nichts geschehen.

Doch ein wissendes Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Tänzers aus und er ließ ihn kein einziges Mal aus den Augen, als er sich millimeterweise an dessen Handfläche entlangarbeitete.

Auch, wenn der Schwarzhaarige versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, entkam ihm ein leises Stöhnen, als Lance an der Stelle ein wenig unterhalb der Lücke zwischen Ring- und kleinem Finger ankam. Seine Atmung hatte sich beschleunigt und er konnte spüren, dass sein Gesicht rot angelaufen war.

Warum musste er auch von allen Stellen, die es am Körper gab, an den Händen am empfindlichsten sein?

Alleine schon Lance' triumphierendes und zufriedenes Grinsen könnte ihn in den Wahnsinn treiben, doch der Tänzer stoppte noch nicht einmal dort. Auf derselben Höhe arbeitete er sich Stückchen für Stückchen weiter nach links vor und mit jedem Kuss verschnellerte sich Keiths Atem.

Ohne es bemerkt zu haben, hatte er sich mit der Rechten in Lance' Schulter gekrallt und hielt sich am Größeren fest, dessen andere Hand an Keiths Hüfte lag, zwei Finger auf eine neckende Art und Weise in den Bund seiner Badehose geschoben.

Und so sehr der Schwarzhaarige sich auch bemühte, Haltung zu bewahren, als Lance bei dem Stückchen Haut ankam, das in etwa zwei Centimeter unter Keiths Zeigefinger lag, ließ dieser seinen Kopf nach vorne fallen, auf die Schulter, an der er sich schon festgehalten hatte, sackte ein wenig gegen den anderen und atmete rasselnd aus.

Und als wäre dies ein ausgemachtes Zeichen oder dergleichen gewesen, bedeckte Lance nicht mehr den Rest der Hand mit Küssen, sondern bleib dort.

Keith waren die Augen zugefallen - in der Dunkelheit konnte man sowieso nicht mehr viel sehen - doch er spürte alles, was der andere tat, Lippen, Zunge, Zähne, Saugen- alles.

Und es ließ ihn erzittern, wie er es nie für möglich gehalten hätte.

Sein Brustkorb hob und senkte sich ruckartig, Hitzewellen strömten durch seinen Körper und er war froh, dass Lance so standfest war und er sich an ihm festhalten konnte- sonst hätten ihm schon längst die Knie versagt.

Keuchend presste er die Stirn an Lance' Schulter, dann in die wunderschöne Kurve, die der Übergang von Hals zum Nacken beschrieb, und als das leise Stöhnen seinen Lippen entschlüpfte, kümmerte es ihn nicht mehr, dass es eventuell gehört werden könnte, oder, dass die Situation ihm eigentlich peinlich war.

Es gab nur noch dieses Schaudern, die Hitze, die ihn flutete und die warme, fast schon heiße Feuchtigkeit von Lance' Mund an seiner Hand.

Und das tiefe Verlangen nach mehr.

Sie mussten aus dem Wasser heraus, dachte Keith, leicht neblig im Kopf. Im Wasser konnte man so gut wie gar nichts machen, sie mussten zurück an Land, irgendwohin, wo Gras, Sand oder so war, irgendwo hin, wo Lance alles mit ihm machen konnte was er wollte, egal was, Hauptsache, es ließ dieses Feuerwerk, das sich in ihm anstaute, explodieren.

Er wollte etwas sagen, als das Gefühl von Lance' Zungenspitze ihn erneut aufstöhnen und zittern ließ.

Er brauchte mehr, er wollte Lance Lippen nicht nur an seiner Hand spüren, er wollte sie überall haben, er brauchte sie überall und zwar jetzt-

Ein weiteres Stöhnen ließ ihn seinen Kopf noch tiefer in der Halsbeuge des Tänzers vergraben und das Zittern hatte nun auch seine Finger eingenommen, als der andere-

Der Wecker klingelte und Keith schlug abrupt die Augen auf, den Geruch von Meer in der Nase und Hitze durch seinen Körper wallend.

Er war mitten aus dem Traum gerissen worden.

In Tropfen verschwanden die Eindrücke, die Szene schien sich aufzulösen, Stück für Stück.

Schwer atmend schaltete er den bimmelnden Reisewecker aus und setzte sich auf.

Seine Kleidung klebte verschwitzt an seinem Körper und ein Schaudern durchfuhr ihn, als er kurz glaubte, das Gefühl von Lance' Mund an seiner Hand zu spüren.

Mit einer Mischung aus Entsetzen und Unglauben hob er seine Hände und besah sich im Dämmerlicht seines Zimmers ihre Flächen.

Was zur Hölle war das gewesen?

---

"Hallo?"

"Guten Tag, alter Mann", grüßte Keith mit einem Grinsen und er konnte Shiro am anderen Ende der Leitung lachen hören.

"So alt bin ich nun auch nicht", murrte sein älterer Bruder leise. Der Musiker grinste.

"Du hast schon weiße Haare, als zählst du zu den Alten", belehrte er ihn, "Jedenfalls, alles Gute zum Geburtstag."

"Danke, danke", erwiderte der andere mit einem Lächeln in der Stimme, "Du bist bloß einen Tag zu früh."

Keith schnaubte.

"Wen kümmern schon verschiedene Zeitzonen? Bei mir ist gerade der Morgen des 29. Februar, also werde ich dir gratulieren! Und, wie ist es so, endlich mal wieder nach vier Jahren an deinem eigenen Geburtstag feiern zu können?"

"Also, mal abgesehen davon, dass er für mich erst morgen ist", grinste sein Bruder, "ganz gut. Es fühlt sich immer an, als würde ich anderen ihren rechtmäßigen Geburtstag klauen, wenn ich am 28. oder 1. feiere."

Das war schon immer Shiro gewesen. Zu oft hatte er sich bei ihren Eltern beschwert, warum sie seine Geburt nicht einfach hatten herauszögern können, damit er an einem Tag geboren werden würde, der nicht immer "drei Jahre lang verschwindet".

Früher hatte Keith ihn immer dafür ausgelacht, dass er jedem erklären musste, wie er seinen Geburtstag feierte und, dass er nicht anders alterte als die anderen Kinder in ihrem Alter.

Wobei, vielleicht war an merkwürdigen Alterungsprozessen doch etwas dran, wenn man bedachte, dass Shiro nun schon in seinen Zwanzigern weißes Haar bekam. Alle sagten immer, dass das stressbedingt war, doch wer konnte das schon bestätigen?

Gemeinsam mit seinem besten Freund, Matt Holt, den er in einem Online Forum kennen gelernt hatte, studierte Shiro nun an der Garrison University im Westen Amerikas.
Und so, wie er seinen Bruder kannte, klang dieser gerade nur so wach, weil er etliche Tassen Kaffee und den ein oder anderen Energydrink intus hatte. Bestimmt zierten Augenringe sein Gesicht und er hatte tagelang nicht mehr geduscht.

"Also, was machst du heute so?", wollte er wissen und ein leises Seufzen kam vom anderen Ende der Leitung.

"Weiß ich noch nicht, aber ich glaube, dass du sowieso morgen meinst", immer musste Shiro darauf rumhacken, dass er im Recht war. Keith verdrehte seine Augen. "Wir werden wahrscheinlich mit Freunden ausgehen, auch, weil wir jetzt die Prüfungen für dieses Jahr geschafft haben und einfach mal abschalten müssen."

"Klingt doch gut", meinte Keith und er wusste, dass sein Bruder am anderen Ende nickte, da er immer vergas, dass man das beim Telefonieren nicht sehen konnte.

"Wie läuft dein Projekt eigentlich?", fragte der andere neugierig. Er mochte es nicht, wenn man über ihn redete, das hatte er noch nie gemocht.

Eigentlich, würde Shiro sich nicht so unglaublich sehr für das Weltall und die Raumfahrt interessieren, würde er einen guten Therapeuten abgeben.
Schon oft hatte er Keith bei Problemen geholfen. Wie auch immer er es tat, jedes Mal schaffte er es, den Dingen auf den Grund zu gehen und Keith sich besser fühlen zu lassen. Außerdem war er ein unglaublich guter Zuhörer.

Vielleicht war auch das der Grund, warum Keith sich ihm am schnellsten von allen anderen Leuten anvertraute. Er wusste, dass sein Bruder ihn für nichts verurteilen würde.

„Naja", meinte er also und legte sich auf den Rücken, sodass die Matratze seines Gästebettes leise quietschte, „Es läuft gut, würde ich sagen. Übermorgen ist unser erster Auftritt, deshalb sind alle natürlich nervös, aber ich würde sagen, dass es gut wird. Welche Karten hast du nochmal?"

„Die für die zweite Aufführung."

Shiro hatte sehen wollen, was sie auf die Beine gestellt hatten, weshalb er nach Tokio zurück fliegen würde, um ihre Eltern zu besuchen und dann gemeinsam mit ihnen zum zweiten Konzert zu kommen. Keith wusste nicht wirklich, was er davon halten sollte, da er sich zwar einerseits unglaublich darauf freute, wieder seine Familie zu sehen, aber andererseits ihnen wohl oder übel ein paar Leute würde vorstellen müssen.
Und, egal um wen es ging, er mochte es nicht, Personen miteinander bekannt zu machen. So gut wie immer breitete sich bei solchen Situationen eine peinliche Stille aus und er wusste nie, ob seine Familie, er selber oder seine neue Bekanntschaft etwas Merkwürdiges tun würde.

Vielleicht hatte er einfach zu wenig Vertrauen in die Menschheit.

Doch vor allem seine Mutter konnte ihm alles von der Nasenspitze ablesen, sodass insbesondere ein Gespräch mit Lance brenzlig werden könnte.

Also sollte er vielleicht zumindest eine Person aus seiner Familie einweihen, damit Shiro im Notfall das Gespräch in eine andere Richtung lenken oder ihre Mutter wegziehen konnte.

„Wenn wir schon von dem Auftritt sprechen", begann er also, „ich werde euch wahrscheinlich jemanden vorstellen, da sich das nicht vermeiden lassen wird, und du musst mir versprechen, dass du dafür sorgst, dass weder Mama noch Papa etwas peinliches machen."

„Aha?", er konnte Shiros allwissendes Grinsen schon durch den Hörer in sein Ohr kriechen spüren. „Gibt es etwas, das ich wissen sollte?"

Auch, wenn er sich Shiro am liebsten von allen Leuten anvertraute, hieß das nicht, dass sein Bruder es ihm immer leicht machte. Doch anstatt, wie er es früher oft getan hatte, das Gesicht zu verziehen oder sogar einfach aufzulegen, weil es ihm zu unangenehm wurde, seufzte er lediglich leise.

„Ja, Shiro, vielleicht gibt es da etwas, das du wissen wolltest", entgegnete er ernst und genoss es, was für eine Auswirkung das Ändern seines Tonfalls hatte. Sein Bruder pfiff leise.

„Du scheinst es tatsächlich ernst zu meinen", meinte er beinahe schon erstaunt. Doch Keith hatte sein Ziel erreicht, er würde ihm ernsthaft und aufmerksam zuhören, ohne sich über ihn lustig zu machen.

„Sein Name ist Lance und wenn ich ihn euch vorstelle, bitte ich dich einfach darum, dafür zu sorgen, dass vor allem Mama keine krummen Sachen abzieht", seufzte er und konnte seinen Bruder am anderen Ende der Leitung leise kichern hören.

„Du weißt, dass sie dich durchschauten kann wie ein Fenster", grinste er und Keith musste ebenfalls leicht lachen.

„Ja, leider. Deshalb brauche ich dich auf meiner Seite. Tu, was du tun musst, damit sie keine Andeutungen oder so macht, ich weiß nicht, was in den nächsten Tagen passieren wird, aber ich kann nicht versichern, dass das zwischen uns schon geklärt ist, wenn ich euch wieder sehe. Deshalb, ja, egal was du tust, bitte sorg einfach dafür, dass-"

„-dass du nicht im Erdboden versinken musst", beendete Shiro für ihn mit seinem Großer-Bruder-Tonfall, den er schon so oft angewandt hatte, dass Keith lächeln musste.

„Genau", nickte er.

„Du kannst auf mich zählen", kam aus dem Hörer, „doch ich will wissen, um wen es sich handelt. Damit ich ein Bild vor Augen habe."

Das war so typisch für ihn, dass Keith leise lachen musste. Natürlich. Shiro würde sich nie auf etwas einlassen, ohne ganz zu wissen, worum es ging.

„Okay", grinste er seine Zimmerdecke an, „okay, was willst du wissen?"

„Das offensichtliche natürlich. Wie sieht er aus, was macht er in dem Projekt, was für einen Kontakt habt ihr zueinander. Sowas." Shiro klang tatsächlich neugierig und zugegebener Maßen hatte Keith tatsächlich Lust, ihm etwas über Lance zu erzählen.

„Also, du weißt ja, dass wir sozusagen als Orchester eine Art Ballettstück begleiten", begann er also und erklärte, dass es sich also um den männlichen Tänzer der Hauptrolle handelte. Er erzählte, wie sie gemeinsam begonnen hatten, für das Solo zu proben, und wie sie sich schon vor dem ersten Kennenlernen der Gruppe am Hafen gesehen hatten.

„Er mag mein Geigenspiel und sagt mir immer wieder bei bestimmten Liedern, dass ich sie nochmal für ihn spielen soll, damit er dazu tanzen kann", fuhr er fort und konnte sich gut vorstellen, wie Shiro sich, während er erzählte, einen weiteren Kaffee machte und sich grinsend ans Fenster setzte, „Vor allem zu Beginn wussten wir noch nicht so ganz, wie wir miteinander umgehen sollten und hatten ein paar ... Meinungsverschiedenheiten, aber jetzt", er musste Lächeln, als es ihm überhaupt erst so richtig klar wurde, „jetzt streiten wir uns so gut wie gar nicht mehr. Also, wir diskutieren schon noch über alles Mögliche, aber irgendwie kommen wir inzwischen voll gut miteinander klar."

Er konnte Shiros leicht amüsiertes, aber dennoch zufriedenes Schnauben am anderen Ende der Leitung hören.

„Und wie sieht er denn nun aus, dein Prinz?", stichelte er ein wenig, doch Keith ignorierte es gekonnt. Stattdessen versuchte er ihm den Tänzer so detailliert wie möglich zu beschreiben, um ihm das bestmögliche Bild zu vermitteln.

Letztendlich hatte er es wahrscheinlich ein wenig übertrieben, da Shiro an einer Stelle begann, zu lachen und sich gar nicht mehr stoppen konnte. Zwar versicherte er ihm immer wieder, dass alles gut war, und es nicht an ihm lag, doch Keith vermutete schwer, dass er einfach zu verknallt geklungen hatte und sein älterer Bruder sich nun doch über ihn lustig machte.

„Okay", japste es dann nach einer Weile in Keiths Ohr, „Und ihr seid jetzt sowas wie Freunde, oder wie?"

„Das ist die Sache", seufzte der Schwarzhaarige leicht und streckte sein Bein in die Luft, um zu beobachten, wie seine Zehen wackelten, wenn er sie bewegte, „wir haben uns nie gegenseitig als Freunde betitelt. Und manchmal verhalten wir uns auch nicht wirklich wie Freunde würde ich sagen. Und nachdem ich ein wenig meine Augen geöffnet habe, glaube ich, dass es sein könnte, dass er ... das er mich auch mag."

„Aha?", machte sein Bruder erneut und bat ihn dann, sich etwas näher zu erklären.
Also erzählte Keith ihm von ihrem Essen am Valentinstag und musste dann zugeben, dass sie sonst auch schon ein paar Mal gemeinsam etwas essen gewesen waren.

„Und warum gehst du dann nicht gleich zu ihm?", wollte Shiro dann verständlicher Weise wissen und der Musiker seufzte leise.

„Das frage ich mich auch manchmal", gab er zu, „Und ich kann es auch nur schwer erklären. Aber es ist irgendwie ... keine Ahnung, ich will sehen, wie er auf mein Verhalten reagiert. Weil, keine Ahnung-"

„-du willst ... ihn ärgern? Oder versteh ich das falsch? Denn, um ehrlich zu sein, Keith, klingst du ein wenig wie eine Katze, die mit ihrem Essen spielt und das sieht dir eigentlich nicht sonderlich ähnlich. Deshalb weiß ich auch nicht, was ich davon halten soll."

„Es ist nicht wie-", er seufzte, „Es ist nicht wie eine Katze, ich bin keine Katze, es soll auch nicht so sein, das klingt gemein-"

„-es geht aber nicht darum, wie es klingt, sondern wie es ist", belehrte Shiro ihn, „Ich bin mir sicher, dass du nichts Unmoralisches machen willst, aber vielleicht solltest du ihm dein Wissen nicht so vorenthalten. Es könnte so rüberkommen, als würdest du seine Gefühle nicht ernst nehmen."

Das saß.

Und, wie immer, hatte Shiro Recht.

„Shiro, ich", setzte er an und fuhr sich seufzend durch die Haare, „ich möchte mich locker mit ihm unterhalten können. Ich möchte ihm versteckte Komplimente machen und sehen, wie es ihn aus der Bahn wirft, ich möchte sehen, wie er reagiert, wenn ich flirte. Lach nicht, ich weiß, dass ich das so gut wie nie mache und eigentlich nicht wirklich der Typ dafür bin. Aber, weißt du, es ist ein schönes Gefühl, zu sehen, wie er versucht, es nicht offensichtlich zu machen und wie seine Augen trotzdem leuchten. Ich fühle mich toll dabei."

Eine Weile herrschte Stille.

Dann:

„Keith, ich kann leicht verstehen, was du meinst, es muss schließlich einen Reiz haben, sonst würdest du nicht so handeln. Aber ich will nicht tiefer in die Materie steigen, warum du es anscheinend magst, in der Machtposition zu sein und ihn am langen Arm verhungern zu lassen-", beinahe augenblicklich begann dem Violinisten, die Röte in den Kopf zu schießen, „-aber ich will nur sagen: bau keinen Mist, ja? Du klingst so, als würde er dich wirklich mögen, also kümmer dich darum, dass das Ganze nicht den Bach runter geht."

„Ich- warum sollte ich es mögen- also-", setzte der Dunkelhaarige schon an, doch sein Bruder fuhr einfach über ihn hinweg fort:

„Was du nicht beachtest ist, dass er dich nicht weniger so ansehen würde, wenn du endlich etwas tun würdest. Wenn du es schon magst, mit versteckten Gefühlen angesehen zu werden, werde ich wahrscheinlich deine Reste von der Straße aufsammeln müssen, wenn ihr das geklärt habt und es kein Versteckspiel mehr gibt."

Da hatte er Recht. Mal wieder.

Keith seufzte innerlich- hatten das alle älteren Brüder so an sich?

Wahrscheinlich würde es bald an der Zeit sein, das Gespräch zu beenden, damit Shiro zurück in sein Studentenleben gehen konnte und genügend Fehler machte, damit ihm sein Rechtgehabe nicht noch zu Kopf steigen würde.

Anscheinend hatte er zu lange geschwiegen, da der andere sich nun besorgt am anderen Ende der Leitung danach erkundigte, ob er noch da war.

„Ja, ich bin noch dran", ließ er verlauten und drehte sich zur Seite, um die Wand betrachten zu können, „Ich- ich weiß, was du meinst. Du hast mein Wort, dass ich mir Mühe geben werde, das Richtige zu tun-", ein Schnauben vom anderen Ende. Wahrscheinlich hatte Shiro an die Tatsache denken müssen, dass Keith oft zuerst handelte und sich erst im Nachhinein überlegte, was die Folgen sein könnten, „-und es nicht zu versemmeln. Aber ich werde trotzdem warten, weil- es kann immer etwas schief gehen. Und ich kann es den anderen nicht antun, dass etwas unsere Auftritte versaut, bloß, weil etwas zwischen uns passiert ist."

„Okay", kam es von Shiro und Keith wusste, dass sein Bruder nickte, die Kaffeetasse in der Hand, „Ich verlass mich auf dich. Und du kannst dich auf mich verlassen, dass ich unsere Eltern im Zaum halte."

Sie lachten beide. Schon zu oft hatten sie sich gemeinsam gegen ihre Eltern verbündet.

„Klingt gut", grinste der Musiker, „Dann wünsche ich dir noch einen schönen Geburtstag, denk dran, zu schlafen."

„Erzähl du mir nichts vom Schlafen", grummelte der Ältere, „und mein Geburtstag ist morgen."

Keith schnalzte mit der Zunge. Mal wieder. Typisch.

„Tschüss, Shiro", verabschiedete er sich und konnte seinen Bruder lachen hören, doch auch er verabschiedete sich und sie legten beide auf.

Mit einem tiefen Seufzen ließ Keith das Handy auf das Kissen neben sich fallen und starrte an die Decke. So leid es ihm sich selber gegenüber tat, Shiro sagte ihm gegenüber so gut wie nie etwas, ohne zu wissen, dass es richtig war. Bestimmt hatte er einen Richtigkeitsfilter in seinem alternden Kopf.

Über diesen Gedanken schmunzelnd setzte Keith sich wieder auf und schwang die Beine aus dem Bett, bevor er aus seinem Zimmer tappte, um sich etwas zu trinken aus der Küche zu holen.
Seine Oma stand vor der Spülmaschine, und inspizierte kritisch die Art und Weise, wie sein Opa das Geschirr eingeräumt hatte. Auch, wenn die beiden nun schon mehrere Jahrzehnte miteinander verheiratet waren, wenn es um die Spülmaschine ging, hatten die zwei immer noch genügend Gesprächsstoff für Diskussionen.

„Ah, Keith!", begrüßte sie ihn und ihre Miene erhellte sich bei seinem Anblick, „Ich habe dich reden hören. Hast du telefoniert?"

Er nickte und holte sich ein Glas aus dem Schrank über der Küchenzeile.

„Ich habe Shiro zum 26. gratuliert."

Nachdenklich zog sie ihre hellen Augenbrauen zusammen.

„Aber ist in Amerika nicht erst morgen der 29.?"

Am liebsten hätte er sich einfach aus dem Küchenfenster geschmissen.

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