#1 - der Wolfsclub

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Der Gestank von Blut und verwesendem Fleisch hing schwer in der Luft. Ace presste seinen Ärmel gegen seine Nase, um ihn abzuwehren, doch der muffige Geruch der durchnässten Wolle war nicht wirklich eine Verbesserung.
Es war schlimm genug, dass er die Drecksarbeit für den Boss übernehmen musste, doch dass er dabei durch die dunklen, verdreckten Gassen von Brugg musste, war wirklich das aller Letzte.

Brugg lag im untersten Teil von Prisma, tief unten am Boden des Grabens, wo selbst tagsüber kein Tageslicht hinunter drang, wo es stehts feucht und modrig war und wo die Leute wie Fliegen verreckten und sich keiner darum scherrte, wenn ihre toten Überreste auf den Straßen von Ratten und Krähen in Stücke gerissen wurden.
Es war ein grausamer Ort, selbst in Ace Augen, und das, obwohl er an Grausamkeit und Verderben gewöhnt war. Immerhin war auch er in den unteren Bezirken aufgewachsen.

Die Gassen Bruggs waren wie immer verdächtig still, die wenigen Lichter flackerten in der Dunkelheit und Nebel kroch durch die Straßen, als würde er den Tod persönlich ankündigen. Ace war weit von der Sicherheit, die ihm der Wolfsclub bot, entfernt und er wusste, dass Bruggs Einwohner, ihm, ohne zu zögern ein Messer in die Brust jagen und ihn ausrauben würden, wenn er auch nur einen Moment unaufmerksam wäre. Trotzdem verspürte Ace nicht den kleinsten Hauch von Angst.
Das musste er auch nicht, denn die Leute hier wussten ganz genau, was das Zeichen auf dem Knopf seines Umhangs bedeutete und was ihnen bevorstand, sollten sie ihm auch nur zu nahekommen.
Es war das Zeichen derjenigen, die als das Wolfsrudel bekannt waren und Ace war einer von ihnen.

Es verwunderte Ace daher auch keineswegs, dass die wenigen Leute, welche sich zu dieser Uhrzeit noch auf den Straßen befanden, sich in den Schatten versteckten oder das Weite suchten, sobald sie ihn erblickten. In gewisser Weise amüsierte es ihn sogar. Doch sein Lächeln lag verborgen hinter seiner Maske.

Selbst als Ace das unscheinbare kleine Gebäude betrat, welches scheinbar lediglich aus dem Müll der oberen Bezirke bestand, legte er diese nicht ab, denn er wollte lieber unerkannt bleiben.
Im Inneren war es eng und die kleine Lampe, welche auf dem winzigen Tresen stand, gab nur trübes Licht von sich. Der Charme von Brugg.

„Was kann ich für dich tun, mein Liebster?", krächzte eine alte Frau auf einem zerfetzten Sessel in der Ecke, als er eintrat. „Ich hätte gerne ein Dinkelbrot.", antwortete Ace. Augenblicklich sprang die Frau auf und öffnete mit einem kleinen Schlüssel die Tür hinter dem Tresen.

Ace schob sich an ihr vorbei, hinein in das System an dunklen Tunneln und Kellern, welche sich unter ganz Brugg schlängelten und in wessen Sicherheit sich der Schwarzmarkt der Stadt befand. Andere hatten ihm mal gesagt, dass sie wie ein Labyrinth seien, doch Ace hatte nie Schwierigkeiten damit gehabt, sich hier zurecht zu finden.

Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss, doch er konnte von weiter unten in den Tunneln bereits Stimmen hören. Gelassen lief er durch die modrigen Gänge. Die ersten Stände, an welchen er vorbeikam, führten eine Auswahl an Waffen, darunter auch einige Dolche mit wunderschön verzierten Griffen und glänzenden Klingen. Ace musste sich zusammenreißen, nicht wenigstens einen Augenblick stehenzubleiben und ihnen Bewunderung zu schenken.
Doch kurz darauf folgten schon einige Stände mit exotischeren Waren. Hunde, welche laut kläffend gegen die Gitter ihrer Käfige sprangen, allerlei Drogen, Hehlerware und sogar Stände, welche Knochen und Häute verkauften, welche angeblich von den Jyn stammten.

Auch wenn Ace durchaus gerne gesehen hätte, was passiert wäre, wenn er einen der Hundekäfige geöffnet hätte, lief er stur an ihnen vorbei. Er war schließlich heute nicht für sein eigenes Vergnügen da. Sein Ziel war etwas anderes.

Der Stand nahm einen ganzen Kellerraum für sich ein und Ace wusste, wie beliebt die Waren von Travers waren. Travers war ein Mann mittleren Alters, der definitiv seine besten Tage bereits hinter sich hatte. Sein fettiges Haar wurde scheinbar jedes Mal lichter und die dunklen Ringe unter seinen Augen immer kräftiger, wenn Ace ihn sah.

„Wie kommt es, dass der Geist persönlich für einen einfachen Laufburschen-Job geschickt wird?", bellte er Ace entgegen, während er die kleinen Ampullen und Fläschchen begutachtete. Ace zuckte unbeteiligt mit den Schultern: „Wer weiß schon, was im Kopf vom Boss vor sich geht."
Travers gab ein schnaubendes Lachen von sich, während er zwischen den Kistenstapeln verschwand, welche hinter seinem Stand aufgebaut waren.

„Du musst vorsichtig damit sein, Junge.", sagte Travers und ließ eine riesige Holzkiste auf den Tresen seines Standes fallen, „Einige hochexplosive Substanzen. Damit könnte man ganz Celka in die Luft jagen, wenn man denn wollte." Ace ließ ein kleines Säckchen voller Münzen auf den Tresen plumpsen und seufzte.
So eine große Kiste würde es ihm unmöglich machen, eine Abkürzung über die Dächer zu nehmen. Hätte er doch nur Ralph oder Miriel bestochen, diesen Auftrag für ihn zu übernehmen.
Dann könnte er jetzt entspannt in seiner Hängematte liegen und seine Messer schärfen.
Travers zählte die Münzen durch und verabschiedete ihn dann mit einem kurzen Kopfnicken.

Ace schleppte sich mühselig die Gänge wieder hinauf. Er war nicht gerade der Stärkste, daher wunderte er sich von Minute zu Minute mehr, weshalb der Boss ausgerechnet ihn ausgesucht hatte. Wollte er ihn für irgendetwas bestrafen? Hatte er denn irgendetwas angestellt, um ihn wütend zu machen?
Die Antwort darauf war wahrscheinlich ja, dennoch fiel Ace ausnahmsweise nichts Konkretes in den Sinn, was er in letzter Zeit falschgemacht hatte.
Immerhin hatte Ace ihnen erst letzte Woche einen riesigen Auftrag verschafft und den Boss damit wieder ein kleines Stück reicher gemacht.

Bevor Ace die Tunnel verließ, blieb er dennoch kurz am Waffenstand stehen. Feinster Stahl blitzte von den Regalen und Tischen auf. „Gefällt dir irgendwas bestimmtes, Kleiner?", krächzte der Verkäufer, „Einiges davon ist Fabrikatoren Arbeit."
Kleiner... Ace hasste es, so genannt zu werden. Aber es hatte auch seinen Vorteil; Die Leute tendierten dazu, ihn zu unterschätzen.
„Nein, nein. Ich schaue nur.", gab Ace zurück, doch sobald sich der Verkäufer von ihm abwendete, ließ er einen der Dolche in seine Tasche gleiten. „Schönen Tag noch.", rief er dem Verkäufer zu, schulterte die Kiste erneut und verließ die Tunnel, als wäre nie etwas gewesen.

Es war ein mühseliger Weg hinauf nach Celka. Über 600 Stufen windeten sich an den Häuserfronten und zwischen Gassen empor. Normalerweise waren sie ein Klacks für Ace; Wendig und geschickt, wie er war, brauchte er noch nicht mal Stufen und konnte einfach an den Regenrinnen und Vorsprüngen hinaufklettern, doch dies würde definitiv nicht mit solch schwerer und zerbrechlicher Last funktionieren.

Es war nicht schwer, zu erkennen, wann man in Celka angekommen war, denn obwohl es mitten in der Nacht war, herrschte hier wie immer wildes Treiben. Die Neonlichter der Spielhallen blendeten in seinen Augen und hier und da schallte das gespielte Gelächter der Mädchen der Freudenhäuser über die Menge.
Die Hauptstraße war mal wieder vollkommen überlaufen, doch Ace glitt mit Leichtigkeit an den Leuten vorbei ohne sie auch nur zu berühren, und trotz der sperrigen Ladung schenkte ihm zu seiner Erleichterung niemand Beachtung.

Er schlüpfte in eine Seitengasse, hier war es deutlich ruhiger als auf der Hauptstraße. Es war die Gasse, in welcher er zuhause war. Oder zumindest war dies der Ort, den Ace am ehesten als ein Zuhause bezeichnen konnte, denn hier stand der Wolfsclub.

Vor dem Eingang saß der bullige Türsteher des Clubs. Ralph war von gewaltiger Gestalt, er war sicherlich zwei Meter groß und fast genauso breit. Er war auch nur deshalb als Türsteher eingestellt worden, weil er so einschüchternd wirkte, doch eigentlich hatte er ein sanftes Gemüt.
Heute Nacht war er mal wieder auf den Treppen vor dem Eingang zusammengesunken und schlummerte friedlich vor sich hin.

Ace blieb einige Meter vor ihm stehen und ließ die Kiste neben sich auf den Boden sinken. „Ralph!", zischte Ace, doch er bewegte sich nicht. Ace seufzte, bückte sich und hob einen winzigen Kieselstein vom Boden auf. Ohne lange zu zögern, schnipste er den Stein genau gegen Ralphs Stirn.
Der Riese schreckte hoch und rieb sich die Stirn, doch Ace kicherte bloß.

„Was soll das, Ace?", brummte Ralph und verschränkte die Arme. Ace legte eine Unschuldsmiene auf: „Ich wollte doch nur helfen. Wenn der Boss dich hier schlafend vorgefunden hätte, wäre ein kleiner Kratzer auf der Stirn dein kleinstes Problem." Er grinste schelmisch, während er an Ralph vorbei ins Innere huschte. Im letzten Moment drehte er sich noch um und fügte hinzu: „Und sei so gut und bring die Kiste rein. Danke!"

Der Wolfsclub war nicht gerade ein Luxusclub und doch war es in Ace Augen einer der wohl erträglichsten Orte dieser gottlosen Stadt. Es war zwar stehts etwas kühl und zugig, und der beißende Geruch von Zigarren und Whiskey war einfach nicht mehr aus den Polstern der Möbel zu vertreiben, doch es war der erste Ort gewesen, an dem Ace hatte er selbst sein können.

Ace steuerte den Tresen an, hinter welchem eine junge Frau mit schwarz-grünen Haaren gerade eines der Gläser polierte. „Hast du alles besorgt?", fragte sie, ohne ihm eines Blickes zu würdigen. Er zog seine Maske vom Gesicht und schenkte ihr sein freundlichstes Grinsen. „Wieso so interessiert daran, Quinn?", fragte Ace zurück und lehnte sich auf den Tresen.
Sie zog eine Augenbraue hoch, doch antwortete dann: „Du kannst doch normalerweise eins und eins zusammenzählen. In der Ladung befinden sich einige Chemikalien, die in der richtigen Mischung eine schöne Bombe ergeben." „Ich hörte davon.", warf Ace unbeteiligt ein und zog den gestohlenen Dolch aus seiner Tasche, „Du sollst also eine Bombe für den Boss bauen?" Er ließ den Dolch spielerisch zwischen seinen Fingern gleiten. Quinn nickte nur knapp: „Was ist also mit der Ladung?"
„Ralph bringts gleich rein. Hatte keine Lust mehr den Scheiß zu schleppen.", sagte Ace und griff nach einer Flasche Gin. Quinn versuchte zwar, ihn davon abzuhalten, doch er war zu schnell für sie.

„Vielleicht hättest du nicht so eine Drecksarbeit machen müssen, wenn du nicht immer die Getränke mitgehen lassen würdest.", sagte Quinn und warf ihm einen genervten Blick zu. „Vielleicht würdest du eine Gehaltserhöhung bekommen, wenn du mich nicht immer die Getränke stehlen lassen würdest.", entgegnete er und streckte ihr die Zunge raus.

Er konnte sehen, wie ihre Finger für eine Sekunde in Richtung ihrer Waffenholster zuckten, doch sie wusste genauso gut wie er, dass sie augenblicklich rausfliegen würden, sollten sie hier drinnen einen Streit anfangen.

Heiter pfeifend glitt Ace zwischen den Tischreihen hindurch und ließ sich an einem runden Tisch in der Ecke nieder. Er überkreuzte seine Stiefel auf dem Tisch und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Dann öffnete er seine Flasche mit einem lauten Plopp. Die beiden Gestalten, welche mit ihm am Tisch saßen, schauten auf. Ihre Namen waren Voice und Miriel.
Sie wahren beide ebenfalls geschätzte Mitglieder der Gang und so wusste Ace, dass er seine Identität vor ihnen nicht verschleiern musste.

„Ist es nicht normalerweise dein Job, so still wie möglich zu sein?", fragte Voice und sah wieder hinunter auf sein Buch. „Hab Feierabend.", entgegnete Ace und Voice zog eine Augenbraue hoch: „Ein Spion sollte..." „Immer wachsam bleiben...", äffte Ace ihn nach und Voice entgegnete nur mit einem selbstgefälligen Lächeln.
„Er würde mich gerade wohl am liebsten umbringen.", vermutete Ace und grinste ihn zurück an.

Für einige Augenblicke herrschte Stille am Tisch. Ace beobachtete die anderen beiden ganz genau, während er immer wieder Schlucke aus seiner Flasche nahm. Voice laß in seinem Buch. Unnatürlich schnell huschten seine Augen von Zeile zu Zeile.
Er war ein Tavali Junge, so wie Ace selbst auch, und etwa im selben Alter wie er. Seine braunen Haare waren wuschig, doch was Ace wirklich faszinierte, waren seine Augen, welche im Licht glänzten wie Amethysten.

Miriel saß bloß da. Sie war sogar noch kleiner als Ace und ihre mattgrünen Augen erinnerten ihn an das trübe Wasser der Ententeiche in den oberen Bezirken. Sie war eine Naroa mit gewaltigen Flügeln und Fingern, welche eher an die Krallen einer Harpyie erinnerten.
Die Eiswürfel in ihrem Getränk waren schon fast komplett geschmolzen, doch das Glas war noch beinah voll. Sie wirkte wie eingefroren. Ihr Blick war ausdruckslos und verlor sich im nichts.

Ace fand es immer wieder faszinierend, wie nichtssagend die Blicke der beiden sein konnten und sah es immer wieder aufs Neue als Herausforderung an, herauszufinden, worüber die beiden wohl nachdachten. Doch meist blieben seine Versuche erfolglos.

Während die Minuten verstrichen, stieg Ace der Alkohol immer mehr zu Kopf, so wie er es geplant hatte, doch ihm wurde auch immer langweiliger.
„Dumme Idee.", sagte Voice plötzlich aus dem Nichts und Ace legte verwirrt den Kopf schief. „Was denn?", fragte er. Voice klappte sein Buch zu, lehnte sich auf dem Tisch ab und sah Ace lächelnd an.
Tatsächlich war dieses Lächeln gar nicht so aufgesetzt und leer, wie es sonst immer war, oder war das nur der Alkohol, der Ace sonst so scharfe Sinne trübte?

„Du hast darüber nachgedacht, was zu stehlen.", sagte Voice. Das verneinte Ace nicht. Er wollte eigentlich immer etwas stehlen. Doch besonders gegen Langeweile half dies meistens am besten.
„Und?", entgegnete er daher nur. „Und du hast zu viel getrunken.", antwortete Voice.
Auf Ace Gesicht breitete sich nun ein breites Grinsen aus. Eine solch perfekte Vorlage bot sich ihm nur selten von Voice.
„Machst du dir etwa Sorgen um mich, Liebster?", sagte er kichernd. Voice sah ihn an, doch sein Lächeln war nichtssagend wie immer.
„Du kannst es gerne versuchen. Ich werd dich sicherlich nicht abhalten, aber ich schätze deine Erfolgschancen auf... sagen wir 40 Prozent.", sagte er und blickte zurück auf sein Buch. „Pff.", machte Ace bloß und nahm einen weiteren Schluck aus der Flasche.

„Kannst du neuerdings auch Gedanken lesen oder woher wusstest du das?" Ace blickte ihn neugierig an. „Gefühle und Gedanken sind gar nicht so weit auseinander.", erklärte Voice, „Du denkst an etwas, dass dir Spaß macht und das lässt deine Glücksgefühle gleich ansteigen."
„Und wieso bist du dir so sicher, dass ich ans Stehlen gedacht habe?", fragte Ace und Voice zuckte mit den Schultern: „Ich hab geraten."
Ace lachte auf und Voice grinste zurück.

„Na, dann muss ich halt was anderes finden, was meine Langeweile vertreibt.", sagte Ace und stand mit so viel Schwung auf, dass er beinah direkt wieder umgefallen wäre. Erst jetzt merkte er wirklich, wie viel er überhaupt getrunken hatte.

„Vielleicht solltest du lieber ins Bett gehen.", sagte nun eine Stimme hinter ihm. Quinn schob sich an ihm vorbei, klatschte ihren nassen Lappen auf den Tisch und begann ihn abzuwischen.
„Ich bin topfit.", entgegnete Ace und zückte seinen Dolch, „Guck!" Er warf den Dolch und obwohl ihm vom Alkohol wirklich ein wenig schwindelig war, traf er die Dartsscheibe am anderen Ende des Raumes genau in der Mitte.

„Das kannst du doch wahrscheinlich auch im Schlaf.", kam es nun von Miriel, „Betrunken sollte das also wohl auch kein Problem für dich darstellen." Sie hatte inzwischen die ersten Schlucke aus ihrem Glas genommen, hatte ihren Kopf abgestützt und sah Quinn bei der Arbeit zu.

„Könnt ihr bitte einfach aufhören, mich wie ein Kind zu behandeln? Immerhin bin ich schon am längsten ein Wolf. Eigentlich solltet ihr mir also unterstellt sein.", sagte Ace nun und verschränkte die Arme. „Und trotzdem ist Voice die Nummer zwei. Sollte dir vielleicht mal zu denken geben.", entgegnete Quinn.

Ace verengte seine Augen zu Schlitzen. Er konnte Quinn und ihre vorlaute Klappe manchmal wirklich nicht ausstehen. Immer musste sie das letzte Wort haben. Vielleicht sollte er ihr einfach mal ihr geliebtes Scharfschützengewehr klauen und schauen, wie nützlich sie dann noch für den Boss sein würde.

„Ace.", sagte Voice plötzlich und stand auf, „Lass uns nach oben gehen."
Hatte er etwa schon wieder seine Kräfte benutzt, um Ace Gefühle zu lesen? Hatte er seine Wut erkannt?
„Wieso?", zischte Ace nur. „Ich bin müde und bin wirklich nicht gerne allein.", antwortete Voice. Obwohl Ace sehr wohl bewusst war, dass Voice ihm geradeaus ins Gesicht gelogen hatte, musste er augenblicklich Grinsen.
„Pyjama-Party!", rief Ace, „Erst flechten wir uns die Haare und dann erzählst du mir, welche Jungs du süß findest!" Voice lachte auf: „Wenn du mir auch welche von deinen Geheimnissen erzählst."
Quinn sah ihnen kopfschüttelnd nach und ließ sich dann auf dem Stuhl gegenüber von Miriel nieder. Ace konnte noch sehen, wie sie in ein Gespräch verfielen, doch er hörte nicht mehr, worum es ging.

Sie schwiegen auf dem Rest des Weges. Vier Stockwerke und eine klapprige Leiter mussten sie hinauf, bis sie in Ace Zimmer angekommen waren. Es lag direkt unter dem Dach. Es war zugig und einige der Dielen knarzten. Doch Ace hatte über die Jahre auswendig gelernt, auf welche man treten konnte und welche nicht. Schließlich war dieses Zimmer sein Zuhause, seit er 14 Jahre alt war.
Es war wirklich nicht viel; Ein paar zerfetzte Polster auf dem Boden dienten ihm als eine Art Sofa, zwischen den Holzbalken des Daches hatte er seine Hängematte aufgespannt und ein kleiner Schrank hielt alle seine Besitztümer. Nur die wertvollen Dinge, seine Trophäen von Raubzügen und Einbrüchen, hatte er in einer kleinen Vitrine zur Schau gestellt.

„Hast du keine Lampe?", fragte Voice und kniff die Augen zusammen. Ace hatte sich wohl schon an die Dunkelheit gewöhnt. Schließlich war er meist nur in der  Nacht unterwegs und schlief vorzugsweise am Tag.

Dennoch zog er eine kleine Öllampe aus seinem Schrank hervor und entzündete diese.
„Du kannst es dir hier unten bequem machen.", sagte Ace und deutete auf das ‚Sofa', „Aber du solltest dir langsam wirklich mal ne eigene Bleibe suchen."
Voice legte den Kopf schief: „Wieso sollte ich? Hatte bisher noch nie ein Problem damit, einen Schlafplatz zu finden." Er ließ sich auf dem Sofa nieder. Einige kleine Staubwolken flogen empor und er hustete leicht.
„Na, wenn du jede Nacht bei irgendwem anderen schlafen willst, dann bitte.", entgegnete Ace und stellte die Öllampe auf einem Balken ab. „Ich könnte ja auch einfach jede Nacht bei dir schlafen.", erwiderte Voice und legte sein charmantestes Lächeln auf.
„Ja.", dachte Ace, doch alles, was er sagte war: „Wenn du Miete bezahlst."
Voice lachte kurz auf und Ace grinste zurück.

Mit einigen geschickten Bewegungen schwang sich Ace die Balken hinauf und in seine Hängematte hinein. Er stülpte seine Lederstiefel ab und ließ sie achtlos hinunterfallen. Er überkreuzte die Arme hinter dem Kopf und starrte an die Holzdecke. Er konnte Voice unter sich immer noch in seinem Buch blättern hören, die Geräusche der Straßen verstummten allmählich, jetzt wo die Sonne beinah aufging, und letztlich packte Ace der Schlaf und zog ihn in einen friedlichen Traum hinein. 

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