Kapitel 27

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Sie trauten ihren Augen kaum. Ein Berg aus Fleisch, der zuvor auf gespaltenen Hufen durch Wälder und Wiesen gesprungen war, lag in vollkommer Regungslosigkeit vor ihnen. Das braune Fell war rein und sauber nur schmale Bäche an Blut, die bereits zu trocknen begannen, flossen in Tropfen herab und färbten das Gras in dunkles Rot.

„Seht ihr! Das Vieh ist gemeingefährlich", stellte Juni ein für alle mal klar, als er sich zu dem toten Damwild herabbeugte. Das mächtige Geweih reichte liegend bis zu seinen Schultern. Im Hals klafften noch immer die Bissspuren des Welpen, die tief bis in die Halsschlagader reichten.

„Majestätische Tiere!", sagte Juni und begann sogleich mit einem Messer Fell und Muskeln zu trennen.

Die anderen standen herum, starrten noch immer voller Ungläubigkeit auf das Wesen herab. Zwar hatte Liam versucht, Fussel die Röte aus dem Gesicht zu wischen, dennoch gelang es ihm nur bedingt gut, denn das Blut färbte die Härchen im Gesicht nun in ein leichtes Rosa, während die Nase zusammen mit den braunen Augen ein kontrastreiches Bild ergab.

„Was ist? - Wenn ihr was haben wollt, nehmt euch. Es ist genug da, für mich, für euch, für das Biest in deinen Armen, Liam, und für den Plan. Es wäre schade, wenn das Ding hier vor sich hingammeln würde, ohne dass wir uns am Fleisch begnügen", forderte Juni die verdutzten Jungs auf. Ihre Zeit war begrenzt, denn sollte jemand sie im Wald der Gläubigen ausfindig machen, wie sie ein Hirsch erlegt hatten, so würde dies weitreichende Konsequenzen mit sich führen.

Lex konnte seinen Ohren nicht trauen. Fleisch war eine Mahlzeit, die er nur in den schönsten Träumen jemals probieren durfte; und selbst das waren Träume von trockenen Pökelfleischstreifen. Die Vorstellung, dass auch seine Mutter nach einer gefühlten Ewigkeit wieder eine vernünftiges Mahl zu sich nehmen konnte, brachte ihm ein breites Grinsen voller Vorfreude auf seine Lippen.

Wie als hätte Juni es schon tausende Male gemacht, löste er das Fell ab und übergab es dem Großen Don mit den Worte, es an die nächste Gerberei zu verschachern. Das Geld würde er anschließend gleichmäßig aufteilen.

„Ich habe selten so schönes Fleisch gesehen", murmelte er zufrieden vor sich her. Die Farbe verschlang das Licht und wandelten es in ein wunderschönes dunkles Lila und die Muskeln besaßen keinerlei Spuren von parasitärem Befall. Als er einen der Fleischbrocken anschnitt, erkannte er eine feine Marmorierung, die mit dünnen weißen Linien ein wundersames fast magischen Muster bildete.

„Juni", setzte Lex an.

„Was gibt's?"

„Wenn du all das wusstest, geplant hast und auch umgesetzt hast, warum sollten wir..."

„Du! Du solltest, mit der Hilfe vom Großen Don", unterbrach Juni ihn.

„Okay, - warum sollte ich mit der Hilfe vom Großen Don die Kutschen, die das Fünftel transportierten überfallen? Das ergibt doch keinen Sinn?", fragte Lex naiv.

Juni hielt in seiner Bewegung inne und schaute Lex an. Sein Blick war ehrlich und voller Aufrichtigkeit.

„Weil es passieren kann, dass du bald solche Entscheidungen selbst treffen musst, Lex! Und ich vertraue, dass du es kannst und schaffst, die richtigen Wege zu finden. Hier!", sagte er und reichte sowohl Lex, als auch Liam einen riesigen Batzen Fleisch. „Das habt ihr euch verdient."

„Und wenn ich noch mehr möchte?", fragte Liam gierig.

„Dann ist genug da", entgegnete Juni nur.

Diese Aussage ließ Liam strahlen.

„Ich und Don werden die zwei Zentner verlagern", sagte Juni, „Wir treffen uns morgen auf der Brache, außerhalb der Stadt. In der Nähe der Kastanienallee am Fluss. Ich brauche eine große Fläche. Bis dahin könnt ihr machen, was ihr wollt."

„Das heißt du brauchst uns nicht?"

„Macht, das ihr von dannen kommt, bevor er es sich das anders überlegt!", riet der Große Don. Zwar tuschelnd, allerdings so laut, dass selbst seine vorgehaltene Hand sein Gemurmel nicht dämpfen konnte. Flüstern war noch nie seine Stärke gewesen.

Schließlich nahmen sie so viel, wie sie tragen konnten und gingen zu ihrem gewöhnlichen Platz unter der dicken Eiche am Ufer des Flusses. Der Steinkreis, den sie verwendet hatten, um den Fisch zu braten, lag noch unverändert in der Postion, in der sie ihn verlassen hatten. Schnell entzündeten sie das Feuer und steckten das Fleisch auf geschnitzte Holzstöcke.

Immer dann, wenn ein Fetttropfen in der Glut zischend verbrannte, stieg ein Geruch in die Luft, der den beiden das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Wie gebannt schauten sie, wie die Flammen das Rosa des Fleisches streichelten und überall, wo sie es liebkosten, braune Schatten hinterließen. Wie ein fester Verschluss schloss die knusprige schwarze Schicht den Fleischsaft ein, sodass die Rehstücke ihre Saftigkeit beibehielten. Voller Motivation erlöste Lex den Stock vom Spiel des Feuers und schlug seine Zähne in das Gebratene herein. Die von den Flammen berührten Stellen knusperten, während das heiße Fleisch wie ein Springbrunnen das Fett links und Rechts seines Kinnes herabrannen ließ. Er konnte nicht anders als zusammenzuzucken und das Schmeicheln seines Gaumens in vollen Zügen zu genießen. Seine Geschmacksnerven spielten verrückt, doch das Beste war, dass es so viel Fleisch gab, dass er sich allemal satt essen durfte. Und auch Liam schien das Essen in sich hineinzustopfen. Ein wohltuendes Stöhnen drang hier und da aus seinen Mund, als er seinem schlingenden Selbst die Möglichkeit zum Atmen gab.

„Das ist so Lecker!", rief Lex.

„Ich könnte mich glatt daran gewöhnen", entgegnete Liam und fütterte Fussel, dessen Hunger ebenfalls unermesslich schien.

Erneut erwischte sich Lex, dass er Liam zu lange anstarrte. Doch anders als die Male zuvor genoss er den Moment. Die Worte seiner Mutter hielten ihn vom Denken ab, dass er besessen oder nicht normal sei. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Liam war glücklich und das machte ihn glücklich. Sein Herz hämmerte. Ein grinsender, freudiger und lebensfroher Liam war ihm der Liebste. Seine Sicht wurde unklar, verschwamm in verzerrenden Bildern. Wie gerne würde er diesem Moment für immer beibehalten. Für ewig an seiner Seite sein.

„Hey Lex, weinst du etwa? Ist das Essen so gut, dass du deshalb heulst?", stänkerte dieser.

„Ja, das Essen ist lecker, aber deswegen weine ich doch nicht", beschwerte sich Lex und wischte sich verlegen die Tränen aus dem Auge. Sein Problem lag darin, dass er sich nicht traute Liam anzusprechen. Ihm zu sagen, wie er wirklich fühlte, wie sein Herz dachte. Die Worte, die sich auf seiner Zunge so leicht formten, waren plötzlich so schwer auzusprechen.

„Lex, bist du dir sicher, dass alles in Ordnung ist?", fragte Liam. Er legte den sauber abgenagten weißen Knochen zur Seite. An welchem sich Fussel sogleich zu schaffen machte. Es dauerte nicht lange und das Gebein gab unter dem heftigen Biss des Welpen knackend nach.

„Was denkst du über Dämonen?", fragte Lex vorsichtig. Es war ihm unangenehm. So unangenehm, dass er seine Tränen als Vorwand nahm, Liam nicht in die Augen zu schauen und sich wegzudrehen. Seine Mutter hatte ihm geraten, dass er seine Gefühle offenbarte, doch jetzt, als er diese Dinge ansprach, fühlten sie sich so falsch und verkehrt an. Als würde etwas all die Flüssigkeit aus seinem Rachen saugen und nur eine heiße trockene Wüste voller Sand zurücklassen. Jedes weitere Wort würde in der Spannung, die in seinem Körper lag, zu einem verzogenen Krächzen werden.

Was tust du? Verdammt, Lex, du kannst ihn doch so etwas nicht fragen, ermahnte sich Lex selbst, als die Nervosität in ihm nun begann, seine Hände zittern zu lassen. Umso mehr scheute er die Stille, die diese Frage mit sich brachte und nur das Plätschern des Flusses sowie das Knacken des Feuers vernehmbar machte.

„Dämonen? Ich schätze, ich sammel die. Bisher scherten sich die Menschen einen Scheiß um mich, behandelten mich wie Dreck, wie ein ungewolltes Kind. Egal, was ich tat, ich traf auf Blicke, die nicht schrecklicher sein konnten. Sie behandeln mich bereits wie einen Dämonenbessenen", sagte Liam schließlich.

Die Antwort traf Lex wie ein Stein am Kopf. Er schwang herum und sah die freudigen Augen von Liam, die ebenso mit Tränen aus Ungewissheit und Furcht gefüllt waren. Beide wussten, wie schwerwiegend ihre Entscheidung war. Welches unermessliche Ausmaß auch nur der Gedanke bringen würde. Doch da war etwas in Lex, es war deutlich. Etwas in ihm wollte Liams Nähe spüren und sagte ihm, dass er seinen Gefühlen für diesen einen kleinen Moment freien Lauf lassen konnte. Es war das Vertrauen.

„Das heißt? Du könntest dir vorstellen, mit mir dein Leben zu verbringen? An meiner Seite zu bleiben? Meinen Schmerz zu teilen? Mich niemals alleine zu lassen und..."

Doch diese letzten Worte konnte Lex nicht mehr sagen, denn Liam war nach vorne gestürzt, griff seinen Kragen und drückte seine Lippen auf Lex' Mund. Sein Kopf setzte aus. Für ihn gab es nur diesem Moment. Diesen einen Kuss, den er voller Wärme und Güte erwiderte. Der ihm so viel bedeute, dass er alles vergaß. Plötzlich waren alle Sorgen, Schmerz und Leid wie weggewischt. All die triste Welt um ihn herum färbte sich bunt. Er wurde zurückgedrängt in das weiche nasse Gras. Liam lag auf ihm, stöhnte sein Elend genauso heraus, tropfte die Tränen der Erleichterung auf ihn herab. Diesen Moment wünschte sich Lex ewig und als sie sich voneinander lösten, sah er Liam auf ihm sitzend. Mit einem Grinsen, das er kaum zurückhalten konnte.

„Sie haben mich immer wie Luft behandelt! Warum sollte sich das ändern, nur weil ich einen Jungen küsse?", fragte er mit strahlenden, weit aufgerissen, geröteten Augen. Ein wenig Furcht schwang in seiner Stimme bei.

Doch plötzlich wurde Fussel neben ihnen aufgeschreckt. Er knurrte nervös in die Dunkelheit, die über ihnen bereits hereingebrochen war. Etwas raschelte und schien schon fast panisch von diesem Ort zu fliehen.

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