Kapitel 40

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Die kühle Luft schmeichelte Lex' Wangen. Unendliche Schuldgefühle durchflossen seinen Körper. Das Geschehene musste seinen Gedanken entsprungen sein. Im Inneren hoffte er, im Wald eingeschlafen zu sein und gleich auf dem weichen kühlen Streuboden aufzuwachen. Aber egal wie hart er auf seine Arme schlug, seine Wangen kniff und auf seine Füße trampelte, er erwachte aus diesem Alptraum nicht.

So kauerte er, von Furcht befallen, an einer kalten Steinwand eines Hauses. Die spitzen Steine versuchten unabdinglich einen Weg durch die dünne Schicht an Kleidung zu finden und bohrten sich in Lex' Rücken.

Fussel versuchte Lex zu beruhigen, indem er seinen Kopf wieder und wieder an Lex drückte Beine drückte, seine Nase unter seine Arme legte und ihm über die Hände leckte. All seine Bemühungen blieben erfolglos. Stattdessen begann der Himmel die Tränen herabzuschicken. In rhythmischem Platschen begann der Nieselregen an Stärke zuzunehmen und immer mehr die lumpige Kleidung von Lex zu durchweichen. Die Stadt war still.

Es hatte einfach nichts mehr Bedeutung. Der zuvor gefangene Hase war vollkommen irrelevant, irgendwann hatte Lex ihn im Sprint verloren – weg von dem, was er immer Zuhause genannt hatte.

„Nein, das darf nicht passieren. Das kann nicht sein!", rief er. Seine Stimme gebrochen. Fussels verzweifeltes Bellen verklang.

„Darf ich nicht einen verdammten Tag glücklich sein? Darf ich in dieser beschissenen Welt nicht einfach einmal froh sein?"

Lex entschied, er musste etwas tun. Etwas unternehmen. Seiner Mutter helfen! Aber alles was sein Kopf produzierte, waren Vorwürfe, Ängste und dem Leugnen dieser Situation. Kurzzeitig redete er sich ein, er habe sich verguckt und die Person war eine andere Frau. Doch schon bald fasste ihn die Realität, er konnte sich unmöglich geirrt haben. Er sah es deutlich vor sich. Ihre verbliebenen Haare, ihre weißes Nachtkleid, ihre Löcher in den Beinen, ihr Schreien.

Nach einer Weile kam er zum Entschluss, dass die einzige Person, die ihm helfen konnte, Juni war. Er drückte fest die Handschuhe, die Liam ihm schenkte in seinen Händen. Ein wenig Wasser quoll durch seine Finger. Es gab ihm etwas Wärme in dieser Kälte. In seinem Inneren hoffte er inständig, dass wenigsten er sicher sei.

So streifte er, begossen vom Regen, durch die Straßen. Seine Haare tropften das kalte Nass des Himmels in Strömen herab und bündelten sich in dichten Strähnen, die ihm vom Wind ins Gesicht gepeitscht wurden. Bei jedem Schritt versuchte er sich davon zu überzeugen, dass Juni eine Idee haben würde.

Ihm war kalt. Eiskalt. Die Feuchte der Kleidung brachte ihm zum Zittern. Sein Atem bildete kleine Wölkchen.

Schließlich erreichte er den trunkenen Winzern die Wärme aus dem Inneren umgarnte ihn, verführte ihn, ließen ihn fast eintreten, um die kalten Füße zu trockenen. Aber er ging an der offenen hellen Tür vorbei hinein in die dunkle Schwärze der Gasse, in der er Junis Anwesenheit vermutete.

„Juni!", rief Lex verzweifelt. Seine Stimmbänder bebten vor Hoffnungslosigkeit. Tränen rannen in seinen Mund hinterließen einen salzigen Geschmack. Die Stille Finsternis schwieg ihn an. Alleingelassen. So wartete er, da ihm keinerlei Optionen einfielen, dieser Schrecklichkeit aus eigener Kraft zu entrinnen.

Er zitterte. Die Kälte nahm weiter Besitz von ihm ein. Der Sommer neigte sich dem Ende zu der Herbst würde kommen ihn verdrängen und die ersten Blätter vom Baum verfärben und durch die Welt wehen. Gierig konnte diese unangenehme Jahreszeit kaum die Zeit abwarten und versuchte hier und da einige Tage dem sterbenden Sommer zu stibitzen. Und so kauerte er dort und weinte und betete und verfluchte die Gläubigen und fror, bis er endlich die Stimme hörte auf die er so innig gewartet hatte.

„Was willst du denn hier?", fragte Juni.

„Meine... Meine..", die Worte waren schwer wie Blei. Sie fielen sofort von der Zunge, auch als Lex nur versuchte sie zu formen. Unaussprechlich. Unmöglich, denn er musste sich die Wahrheit dieser Situation eingestehen. Ein Schmerz durchfuhr ihn. Doch er fasste seinen Mut zusammen.

„Sie klagen meine Mutter für Hexerei an!"

Lex' Atmung war schnell. Hyperventilierend fasste er seine Kleidung, dabei quoll noch mehr Wasser heraus. Ob es die salzigen Tränen oder die Regentropfen waren, die sein Gesicht herabliefen, konnte Lex nicht unterscheiden.

Für einen kurzen Moment glaubte Lex, dass er in den Gesichtszügen von Juni einen Schockmoment gesehen hätte. Doch genauso gut konnte es das Reflektieren des Lichts, der Straßenlaternen sein, die ihre wenigen Strahlen in die Gasse warfen und vom Wind zum Tanzen animiert wurden.

„Komm mit! Hier draußen ist es zu kalt. Nimm dein Tier mit. Aber mach, das es aufhört mich anzuknurren", sagte Juni.

Er verschwand in der Tür zum Trunkenen Winzer. Vergebliche Versuche Fussel unter den Arm zu nehmen, endeten jedoch damit, dass sich der viel zu schwere Hund lediglich schüttelte und Lex im Wasser duschte. So blieb ihm nicht anderes übrig, als ihn neben sich herlaufen zu lassen und so das Gasthaus zu betreten. Als Lex die Tür öffnete, blendete ihn das grelle Licht aus dem Inneren. Der Klang, den er zuvor nur von Außen gehört hatte, wurde deutlicher denn je, als er durch die Reihen an Bänken lief die eng mit Menschen besetzt waren. Schulter an Schulter saßen sie und stießen mit den Bierkrügen zusammen, dessen schaumiger Inhalt häufig überschwappte.

Es wunderte niemanden weshalb jeder schrie, denn man konnte kaum die eigenen Gedanken verstehen. Niemand beachtete Lex außer der Wirt, der ihn kritisch beäugte. Er war ein wenig dicklich, trug eine weiße Schürze. Sein gezwirbelter Schnauzbart gab ein wenig des Bierschaumes preis. Ab und an nippte er seiner eigenen Ware und war damit beschäftigt dem Andrang auf Getränke gerecht zu werden.

„Dein Hund muss draußen bleiben!", rief er Lex zu. Doch Lex war von all den Geräuschen und Gerüchen so überwältigt, dass er nicht reagieren konnte. Er schaffte es sich nicht auf die Worte des Wirtes zu konzentrieren.

„Hey!", brüllte der Wirt so lautstark, dass er alle Gespräche verstummen ließ. „Hast du Kartoffeln in den Ohren? Ich habe gesagt dein Hund muss draußen bleiben!"

Dieses Mal verstand Lex die Worte wunderbar, doch die Augen sämtlicher neugieriger Besucher lasteten nun auf ihm.

„Wenn du den Hund nicht raus bringst, dann..."

„Der gehört zu mir", unterbrach Juni den Wirt. „Hier sind deine Abrechnungen und deine Finanzübersicht. Außerdem die Antwort auf das Schreiben der Gläubigen." Er legte ein Stapel von Papieren auf die Tresen und ging in Richtung der hölzernen Treppe, die sich am Ende des Raumes in eine höhere Etage schlängelte.

Die Augen schauten auf den Wirt. Sie warteten auf seine Reaktion. Doch dieser lachte nur und nahm die Papiere.

„Juni du Idiot, lege diesen Mist doch nicht in das Bier!" Er hielt seien dicklichen Bauch und schaute zur holzverzierten Decke während er lachte. Als er die Blicke der Menschen bemerkte. „Was gibt's weitermachen!"

So nahmen die Menschen ihre Gespräche wieder auf. Einige waren Enttäuscht, sie erhofften sich eine spannende Schlägerei, doch diese sollte an dem heutigen Abend ausbleiben.

„Lex, kommt du?"

Die Gänge waren so anders, als er es kannte. Keine Spinnweben, keine Löcher, keine splitternden Holzdielen, nicht einmal die Tür knarrte, als Juni sie öffnete und Lex samt Fussel Einlass gebot. Es war alles so sauber. Erst jetzt erkannte Lex in welchem Drecksloch er sein Leben lang gehaust hatte. Es waren die Worte des Hausherren, die sich tief in sein inneres fraßen und begannen tiefe Schluchten in seine Brust zu schlagen. Die Vorwürfe, die er sich machte, diese Zeichen nicht gesehen zu haben. Seine Mutter hatte für ihn wirklich alles gegeben, was sie besaß.

„Binde, das Tier hier an!", sagte Juni und warf Lex ein dickes Seil zu. „Ich fürchte er springt mich an und beißt mich. So böse wie er mich anschaut!"

„Wird er nicht!" protestierte Lex. Sein Blick flog durch den Raum. Ein Bett, ein Schrank, ein Tisch, ein paar Bretter an der Wand, in der Mitte des Raumes ein Balken, der als Stütze wohl die Last des Daches trug. Nichts hier drinnen zeugte von großer Spektakulärität.

„Ich kann mich sonst nicht konzentrieren, Lex!", sagte Juni.

Widerwillig überzeugt, band Lex Fussel an den Balken an. Die Leine lag fest um seinen Hals.

„Ist er fest?", fragte Juni.

Plötzlich überkam Lex ein Schwall an Wut.

„Natürlich ist er fest! Glaubst du, ich habe nicht besseres zu tun, als ihn anzubinden? Sie haben meine Mutter festgenommen. Sie nennen sie eine Hexe. Sie werden sie verbrennen!", rief er.

„Beruhige dich Lex!"

Allerdings tat es ihm so gut den Schmerz herauszubrüllen. Die Wut nahm fahrt auf.

„Ich werde jeden einzelnen Gläubigen umbringen. Jeden einzelnen!"

„Und dann?"

„Dann werde ich sie verbrennen! Dann werde ich meine Mutter befreien!"

Lex wütete wie ein Wirbelsturm, der ein kleines Dorf plättete. Seine Stimme erbebte den Raum. Er war erfüllt von Zorn.

Juni wartete. Mit überschlagenen Beinen beobachtete er Lex' Wutanfall. Bis sich dieser beruhigte und dicke Tränen seine Wangen herunter rannen.

„Bitte, hilf mir", flehte er. Auf dem Boden gesunken.

Juni sagte nichts sein Stimme versiegt wie ein zu kleiner See im Sommer. Er schaute voller Mitleid auf Lex herab. Atmete tief ein.

„Komm Lex, wir müssen deiner Mutter helfen!", sagte er schließlich nach einer Weile.

Lex Augen leuchteten. Er wusste er konnte sich auf Juni verlassen. Er wandte sich ab wollte Fussel losbinden. Dann merkte er einen dumpfen Schmerz an seinem Hinterkopf. Als die Welt verschwamm sah er Juni mit einem der Bretter in der Hand.

„Es tut mir Leid ich habe gelogen. Es gibt keinen Weg wie wir sie retten, können. Aber ich kann dich vor größeren Dummheiten bewahren", flüsterte Juni traurig.

Dann wurde alles Schwarz.

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