Im Namen Gottes

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gewidmet 1stBlackRose, die mir diesen Prompt gab - und noch viele weitere. Mädchen, halt doch wenigstens mal solange die Klappe, bis ich das alles niedergeschrieben habe.

Meine Tochter beschäftigt sich gerne mit philosophischen Fragen. Und in der Regel legt sie mir die dann auch vor, in der Hoffnung, dass ich darauf eine Antwort weiß. So wollte sie neulich von mir wissen, was wohl Gott davon hält, dass so viele in Seinem Namen sprechen - und ob er wohl einverstanden ist mit dem, was als Sein Wille verkündet wird.

„Ihr seid schuld", urteilt der Rabbi milde. Er sagt es zu niemanden Besonderen. Aber seine Worte lösen den Streit aus.

„Wieso sollen immer wir schuld sein!", beschwert sich der Salafistenführer. „Wir haben immer im Namen Gottes gehandelt. Ihr habt alles falsch gemacht."

„Er hat wahrscheinlich die da gemeint", der Repräsentant der evangelischen Kirche weist auf den Papst. „Die Leute seiner Kirche glauben ja, alles besser wissen. Und vor allem, als einzige den Willen Gottes zu kennen."

„Natürlich! Immerhin bin ich der Stellvertreter Gottes!" Der Papst stampft mit dem Hirtenstab auf. „Ich spreche für ihn. Aber ihr habt nie auf mich hören wollen."

Der Zeuge Jehovas lacht auf. „Ach, und Gott hat sich persönlich mit dir beraten und dir mitgeteilt, was du sagen sollst?" Als der Papst schweigt, fährt er fort: „Wir haben uns auf das besonnen, was Gott ursprünglich zu uns sagte und nichts mehr hinzugefügt."

„Das haben wir auch", unterbricht der evanglische Repräsentant. „Wir haben die Bibel lediglich übersetzt und in die heutige Zeit übertragen."

„Aber das war euer Fehler", hält der Rabbi dagegen. „Euer sogenanntes Neues Testament ist ja bereits die Hinzufügung. Nur die Thora gilt als Wort Gottes und eben dieses haben wir verkündet."

„Ja", lacht der Imam. „Notfalls mit Gewalt. Glaubt ihr wirklich, dass Gott das gemeint hat?"

„Als ob ihr besser gewesen wärt", hält ihm der Dalai Lama vor. „Schon euer Religionsstifter hat ja vom heiligen Krieg gesprochen."

„Er sprach im Namen Gottes!", rechtfertigt sich der Imam. „Gott persönlich hat es ihm befohlen, den wahren Glauben überall zu verbreiten."

„Uns aber auch", entgegnet der Rabbi. „Und wir sind sein auserwähltes Volk!"

„Wie kommt ihr auf die Idee, dass gerade ihr auserwählt worden seid?", fragt Konfuzius. „Mit diesem Argument seid ihr damals von Afrika nach Palästina gekommen und habt die Einwohner vertrieben. Ihr habt behauptet, Gott selbst hätte euch das Land zugedacht."

„Das hat er auch", der Rabbi wendet sich an den Imam. „Aber dann seid ihr gekommen und habt uns davongejagt. Wir mussten in alle Länder der Welt flüchten und selbst da wurden wir noch verfolgt und unterdrückt."

„Stimmt. Das wart ihr dann", der Brahmane blickt den Papst und den evangelischen Repräsentanten streng an. „Ob auserwähltes Volk oder nicht, was ihr diesen Menschen angetan habt, sprengt alle Vorstellungen."

„Ihr habt doch selbst Jahrtausende lang einen Teil eures Volkes unterdrückt", wehrt sich der Papst. „Euer Kastensystem nimmt den Menschen die Möglichkeit, sich ihren Weg selbst zu wählen und vielen auch das Recht auf ein gutes Leben. Bei uns sind alle Menschen gleich vor Gott!"

„Ja, und nur du bist gleicher", spottet der Zeuge Jehovas. „Gott hat niemals einen Stellvertreter gebraucht, der seinen Willen verkündet, ohne sich mit ihm abzusprechen. Du und deine Vorgänger habt Gottes Wort maßlos verfälscht!"

„Und ihr auch", sagt der Salafistenführer zum Imam. „Eure Auslegungen des Korans deuten Gottes Worte ins Gegenteil um. Was ihr die Kinder gelehrt habt, war schon lange nicht mehr das, was Gott uns gesagt hat."

„Wir haben lange studiert, um zu lernen, wie man den Koran liest", erwidert der Imam von oben herab. „Denn das kann eben nicht jeder Dahergelaufene, der angeblich in Gottes Namen spricht."

„Ihr alle habt verlernt, euch auf die fünf Tugenden zu besinnen", tadelt Konfuzius sanft. „Das ist es, was der Kosmos von uns will, den ihr Gott nennt."

„Also meinst du, im Namen eines Gottes zu sprechen, den du nicht einmal anerkennst?" Der Repräsentant lacht auf. „Gerade du weißt doch gar nicht, wovon du sprichst und willst dir anmaßen, den Willen Gottes besser zu kennen als wir?"

„Wir haben jedenfalls keine Händel angezettelt." Konfuzius klingt nun etwas schärfer.

„Ihr habt eure kosmische Ordnung genutzt, um die Menschen zu gängeln und zu unterdrücken", merkt der Dalai Lama an. „Ihr habt nie die Weisheit des Mittleren Weges erkannt, den Siddharta uns wies. Er allein hat die Wahrheit gesehen und uns Mäßigung und Frieden gelehrt."

Der Salafistenführer hebt die Braue. „Deshalb herrscht jetzt auch Krieg in Tibet, nicht wahr? Weil ihr ja so friedliebend seid und du niemals zum bewaffneten Widerstand aufgerufen hast."

„Selbst dem Friedlichsten muss es vergönnt sein, sich zu verteidigen",  verwahrt sich der Dalai Lama gegen den Vorwurf.

„Was du Verteidigung nennst, nenne ich Krieg", erklärt der Papst. „Ich habe wieder und wieder um Frieden gebetet. Aber niemand wollte auf mich hören."

„Weil niemand deinen faulen Frieden wollte", meint der Repräsentant. „Du hast immer nur gebetet, aber nie etwas getan. Um etwas zu bewirken, muss man aber erst selbst in Bewegung kommen."

„Zum einen das", stimmt der Brahmane zu. „Und zum anderen muss man in die richtige Richtung gehen. Ihr alle habt den falschen Weg gewählt. Ihr glaubtet, es besser zu wissen."

„Du kannst es ja gar nicht besser wissen. Du betest doch Hunderte von Göttern an, die Worte des einen wahren Gottes hast du nie vernommen", mokiert sich der Rabbi.

Der Brahmane schüttelt den Kopf. „Alle diese Götter sind nur Aspekte des Einen. Wir wissen um die Vieldeutigkeit des einen Gottes, während ihr immer nur einen Teil von ihm sehen wolltet. Darum haben wir den Willen Gottes am besten deuten können."

„Darüber können wir noch lange streiten", seufzt die Kindergärtnerin. „Fakt ist, dass Gott die Geduld mit uns verloren hat und nun die Welt untergegangen ist. Wer von uns daran schuld ist, werden wir wohl nur von ihm erfahren. Im Zank werden wir nicht klären können, was Gottes Worte an uns wirklich waren. Ich habe mich das oft gefragt, wenn die Kinder wissen wollten, wer nun recht hat. Ich hatte Kinder aus allen Glaubensrichtungen im Kindergarten und jedem war von seinen Eltern gesagt worden, nur ihre Priester sprächen im Namen Gottes."

Sie blickt jedem der Versammelten nacheinander fest in die Augen. „Ich habe mich auch oft gefragt, was Gott davon hält, dass ihr alle meint, in seinem Namen zu sprechen."

„Ich fürchte, das können wir ihn gleich selbst fragen", stellt der Zeuge Jehovas fest, als am Horizont eine Gestalt auftaucht, die sich rasch nähert. Ein leuchtendes Wesen, weder Mann noch Frau, ohne irgendwelche persönlichen Merkmale, ohne Hinweise auf Ethnie oder Herkunft. Die Identität steht jedoch außer Frage.

„Gott?" Es ist keine eigentliche Frage. Aber nun kommen die Fragen:

„Wer von uns hatte recht?"

„Wer ist schuld am Weltuntergang?"

„Wer von uns sprach wirklich in deinem Namen?"

„Warum mussten wir selbst die Worte finden, die wir dann als deine verkündeten?"

Und schließlich:

„Warum hast du uns niemals selbst gesagt, was du von uns willst?"

Gott sieht die Versammelten lange an. Dann sagt er leise: „Ihr habt mich nie zu Wort kommen lassen."

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