Kapitel 11 - ✔️

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James

Als ich am nächsten Morgen in den Spiegel sehe und resigniert an meine Lippen fasse, packt mich ein Revue des vorherigen Abends und ihr Gesicht malt sich in meine Augen.

Sie ist die Erste, die mich nicht kennt. Sie ist die Erste, die mich gesehen und einen Fremden genannt hat. Dieses Wort hat mich für einen Augenblick aus der Bahn geworfen.
Zwischenzeitlich war ich versucht ihr mein Ansehen ins Gesicht zu rufen, aber eine Stimme in mir hat mich zurückgehalten und ich danke ihr dafür.
Dass sie nicht weiß, wer ich bin hat einen unbeschwerten Vorteil.
Nämlich, dass sie mit natürlichen Emotionen handelt und ehrlich spricht. Sie hat mit mir geredet, wie mit jedem anderen und so hat sich bei mir eine Seite gezeigt, die langsam zu blassen begonnen hatte.
Mir ist noch nie ein solcher Mensch begegnet. Eine Frau, die sich nicht an meinen Arm hängt und es wagt mich eine arrogante Prinzessin zu nennen.
Es gab noch keinen Menschen, der sich mir gegenüber unverschämt verhalten hat und Witze über mich gerissen hat.
Und so komisch und reizend ich das auch fand, es gefiel mir.
Es hat mir ihren Humor und Charakter näher gebracht und als ihre echte Person stand sie vor mir. Nicht wie jemand, der mir gefallen soll und deswegen aus Vorzügen handelt.
Sie war einfach ein Mädchen mit Meinungen über mich, die sie in sarkastischen Wegen ausgesprochen hat.
Ihre Beleidigungen hätten mich angreifen können, aber die Faszination ihrer ehrlichen Art, hatte die Oberhand und deswegen war ich tatsächlich amüsiert. Sie hat mich zum lachen gebracht mit
all ihren Wortspielen.
Von ihnen und ihrer schwankenden Stimmung werde ich wahrscheinlich noch Kopfschmerzen bekommen, aber ich bin mir sicher das sie es wert sind.

Auf Galen kommen Leute zu mir, die mich sachlich mit »Sie« ansprechen und dabei gegen mein Glas Champagner stoßen.
Sie lachen über Rechnungen und die Zeitung.
Frauen hängen sich an meine Seite und posen mit ihren schamhaften Kleidern, um mir zu gefallen.
Sie lachen, wenn ich lache und sind anders, wenn ich anders bin.
Ihre Züge richten sich nach mir und von den Gesprächen die ich führe verstehen sie nicht ein Wort.

Sie reden mit mir wie Bekannte, obwohl sie mich nur aus den Medien kennen, weil sie von meinem Geld wissen und glauben, sich so bei mir eintrichtern zu können.
Sie streiten hinter dem Rücken um mich und meine Aufmerksamkeit. Sie verehren mein Geld und verstellen sich für mich.
In einer solchen Welt ist es schrecklich schwer ehrliche Menschen zu finden und seine eigene Seele vor den Lügen zu bewahren. Es gibt kaum jemanden der mir bleibt und gewisse Dinge an mir bewahrt.
Ich merke selbst wie meine Fassaden an Oberhand gewinnen, aber ich kann mich nicht wehren.

Ein Mädchen wie sie zu finden, ist genauso einzigartig, wie einen Diamanten in einem Haufen von Steinen. Sie sind einmalig, es gibt kein ähnliches Duplikat und keinen Ersatz für das, was du gefunden hast.
Das Mädchen, welches mich nicht kennt, in weiten Klamotten, mit einem Verband um den Kopf herumläuft und in der Realität lebt, werde ich nicht ersetzen können.

Beinahe wehmütig erinnert sich mein Kopf an ihr Dasein.
Die blanken Details fallen mir erst heute auf.
Jetzt, wo ich beim Zähneputzen die Zeit vergesse.

Mir fällt auf, dass sie beim laufen ihren Fuß verschont hat und unauffällig kleine Sprünge gemacht hat. Ihre Hände haben sich an die Ärmel ihrer Jacke gekrallt und schienen nach einem Halt zu suchen, den sie nicht vorausgesetzt zur Verfügung hatte.
Ihr Kopf hatte sich in ihrer Jacke verborgen und ihr Gesicht sicher versteckt.
Wenn sie kicherte zog sie in kleinen Zügen Luft ein und ließ ihre lachenden Töne samten springen. Es waren klare, glockenhelle, ehrliche Töne, so wie jemand lachen sollte, der zu lachen hat.
Es war ungewohnt nach langer Zeit mal wieder jemanden wahrhaftig lachen zu hören, es hat mich durchrauscht.

In Kreisen in denen ich verkehre, benimmt man sich anders. Menschen lachen nicht, weil sie etwas lustig finden oder Sympathie ausstrahlen wollen. Menschen lachen, weil sie anderen schmeicheln und vorgeben wollen, sich auf einer Feier zu amüsieren. Dabei amüsiert sich niemand. Geschäftsessen sind fad und langweilig und einfach scheußlich.

In den letzten Jahren ist mir kaum jemand begegnet der nicht die Hand vor den Mund hielt, wenn er lachen musste. Mir sind Leute begegnet, die ihr echtes Gesicht für Geld verblassen ließen und sich auf die Finger schlugen, wenn ihre Lippen sich verziehen wollten.
Ihre Persönlichkeit ist verblasst, sie haben sich angepasst und ohne das ich es wollte, bin ich einer von ihnen geworden. Ich bin verblasst.

Und ich merke wie neidisch ich bin. Neidisch auf das Mädchen, mit der nicht verstellten Lache.
Neidisch, weil sie es so leicht schafft zu lachen und keine Angst davor hat, welche Folgen das haben könnte. Ich wünschte manchmal, mein Leben wäre so leicht.

Mein Neid ist irrsinnig. Alles worüber ich gerade nachdenke ist irrsinnig. Ich denke an Irrsinniges.
Was für ein Schwachsinn.
Man sollte nicht an Irrsinniges denken, aber was ich tuen sollte, scheint nicht zu sein, was ich will.

»Ja, Prinzessin, bleib mal auf deinem Thron sitzen...sonst bricht dein Absatz noch«

»Ach, so sehen Riesen wie du die Welt also. Riesiges Ego, fließende Arroganz und ein Mangel an Freundlichkeit. Damit kommst du noch weit !«

Ihr triefender Sarkasmus hat mich runter gemacht und beleidigt, aber das macht sie sympathisch und menschlich und vielleicht ein wenig zur Zicke.
Es wäre besser für sie die Klappe zu halten und ich sollte mir soetwas nicht gefallen lassen.
Aber für die gestrigen Worte ist es zu spät und ich schätze, dass sie sich nicht nachträglich entschuldigen wird.
Ich erwarte es auch nicht, das könnte ich nicht.
Meine Gedanken sind wirklich zum stutzig werden.

Der Duft von frischem Kaffee liegt in der Luft und als ich hinunter gehe, sitzt Mrs Malin bereits in der Küche und ließt friedlich die Zeitung.
»Guten Morgen, junger Herr«, grüßt sie und deutet mit einer Handbewegung auf den Teller vor sich.
Ich setze mich zu ihr an den Tisch und schnappe mir den Sportteil der New York Times, die zerfleddert auf der Platte liegt, der wie jeden Morgen von ihr aussortiert wurde.
Sie interessiert sich nicht für das letzte Footballmatch, stattdessen liest sie lieber die Börse, ebenso wie ich.

Kurz vor der Arbeit sitzen wir oft gemeinsam am Frühstückstisch und erst wenn ich aufbreche macht sie sich daran das Haus zu putzen und Geschirr zu spülen. Da Mrs Malin mehr eine Verwandte als Angestellte ist, haben sich feste Arbeitszeiten in meiner Sicht gelöst, aber sie selbst hält sich strikt an ihre Aufgaben.

Das System welches sie sich ausgedacht hat, hält sie seit Jahren. Niemand bringt daran etwas durcheinander, nicht einmal ich.

»Sir«
Entspannt drehe ich mich zu der tiefen Stimme um, die mir mittlerweile vertrauter als meine eigene ist.
»Guten Morgen, Lorenz !«, grüße ich meinen Chauffeur und zugleich Bodyguard.

Um meine Sicherheit auch im Alltag zu garantieren habe ich ihn und zwei weitere Männer engagiert. Sie kümmern sich darum lästige Reporter oder Passanten von mir fernzuhalten und auf Galen die Gäste zu kontrollieren.
Ich habe in meinem Umkreis nicht nur Freunde, so beliebt ist niemand, und es ist zu meinem eigenen Schutz und dem meiner Verwandten. Ich will nicht, dass irgendjemandem etwas passiert oder sie belästigt werden und da sich die Drei schwarz bekleideten Männer im weiten Hintergrund aufhalten, stören sie meinen Alltag nicht im geringsten. Sie fallen gar nicht auf, sind aber immer da.

»Ich werde persönlich zur Firma fahren. Es stehen heute keine außer häuslichen Treffen, bis auf ein Termin heute Nachmittag, an.«, erkläre ich und stehe auf um mir meinen Mantel aus der Garderobe zu holen. 

Er nickt kurz und wendet sich dann an sein Telefon um meine Tagesordnung mit den anderen abzusprechen. Sie sind perfekt organisiert und das müssen sie auch sein. An jedem Punkt meines Tagesplans kann es zu brenzligen Situationen kommen und diese haben sie zu umgehen.

Heute steht nicht viel an. Ich kann meinen Tag in völliger Entspannung beginnen und mir Zeit lassen, bevor ich zu Arbeit fahre. Meine Arbeitszeiten bestimme ich sowieso selbst.

Es ist ein sehr warmer Tag. Die Sonne scheint durch die Straßen New Yorks und spiegelt sich auf der Frontscheibe meines Mercedes, den ich auf meinem reservierten Parkplatz abstelle. Schon als ich über den Asphaltplatz zum Eingang laufe, malen sich grausige Kleider in mein Gedächtnis, die ich mir bei diesem heißen Wetter gut vorstellen kann.

Ich hätte nicht gedacht, dass es noch kürzere Kleidung gibt als das, was die Empfangsdamen täglich tragen. 
Kurze Röcke, ohne etwas darunter, und Tops, die keinen Träger haben.
Alle winken sie mit hinterher und klimpern mit den Augen auf und ab während ihnen der Schweiß bereits von der Stirn perlt.

Ich sollte über angemessene Firmenkleidung nachdenken, blitzt es mir durch den Kopf, als ich kurz vor meinem Büro auch noch auf Tanja stoße.

Sie sieht nicht besser aus.
Kurze Bluse, kurze Short und dazu schwarze Boots auf denen sie um ihren Schreibtisch torkelt und mir die Akten für heute überreicht.
Sie lächelt freundlich, zeigt dabei ihre Zähne und versperrt mir eine Weile den Weg.
»Auch einen guten Morgen«, grüße ich angespannt und schiebe sie ein wenig zur Seite.
In Trance lässt sie es zu und ich gehe schnell an ihr vorbei.
Mädchen sind echt - verrückt !

Rosalie

Ich muss unaufhörlich grinsen.
Wo auch immer ich wäre, ich müsste grinsen.
Das ist untypisch. Ich grinse normalerweise nicht, ich grinse nie. Und wenn ich grinse, dann nicht weil mich etwas belustigt oder gar beglückt.
Nun aber grinse ich untypischer Weise und das wegen einem schiefen Gespräch mit einer noch schieferen Person.
Ich kann nicht glauben mit welchen Worten ich ihn gestern konfrontiert habe und wie meine Laune sich von ihm hat beeinflussen lassen. Noch weniger zu glauben ist, dass mich seine Anwesenheit in keinster Weise erschreckt hat. Mein Misstrauen hat zwar wie gewohnt in mir rumort, aber es hat sich eingrenzen lassen und mich nicht auf völlige Distanz gestellt. Eher im Gegenteil.
Wir waren dicht beieinander und haben wie zwei Freunde miteinander gewitzelt. Zumindest glaube ich, dass Freunde so etwas tun würden.

In den Zusatz kommt der Fakt, dass ich bei Nacht in der Nähe eines Mannes war und dabei keine Angst hatte. Normalerweise ist das ein Punkt der aus einem Mann, bei mir, direkt ein Monster macht. Es ist egal wie er aussieht oder wie ehrlich er ist. Bei Nacht ist nichts so, wie ich immer dachte.
Es ist kaum zu glauben, dass ich ihm gestern tatsächlich einen Spitznamen gegeben habe. Wie auch immer ich auf diesen Mist gekommen bin, von nun an werde ich ihn »Prinzessin« nennen.
Der Name passt zu dem arroganten jungen Mann, der in meinen Augen ein paar Prozent zu
viel von sich hielt.

Aber was rede ich da überhaupt ?
Ein fremder Typ, namens Prinzessin, und ich erwarte das ich ihn wieder sehe. Das ist absurd, irreal und dämlich, aber Tatsachen lassen die Vakuole in meinem Körper auch nicht platzen. Das gute Gefühl und ein reinlicher Sinn, trotz meinen Kopfschmerzen, lassen sich heute von nichts beeinflussen.

Wieso auch ?
Ich komme pünktlich zur Arbeit, Mrs Wave hetzt mich wie eine Vogelscheuche durch den Laden und mittags verschwindet sie dann mit einem letzten Auftrag für mich.
Ich soll ihre Bestellung bei einem Stoffladen in der Stadt abholen.
Das Geschäft bekommt nötige Stoffe eigentlich geliefert aber sie scheint die Bestellungen wohl im privaten Sinne haben zu wollen.

Was sie damit vor hat kann mir auch egal sein. Ich mache nur was mir befohlen wurde, als ich um kurz nach drei das Büro verlasse und die Innenstadt belaufe.

James

Der Laden zu dem ich muss, ist nicht weit von meinem Firmengebäude entfernt, weshalb ich bloß eine Sonnenbrille aufsetze und mich dann durch die Menschenmengen über die Kreuzung zur Innenstadt quetsche. Der schwüle Geruch von Schweiß liegt in der Luft und in meinem langen Jackett komme ich mir unter all den T-Shirts selbst fremd vor. Niemand hat etwas langärmeliges an.
Aber ist den Leuten eigentlich klar, dass lange Klamotten die Hitze ein wenig hemmen würden ?
Es scheint egal zu sein.
Jeder Fußgänger, und es sind eine Menge, trägt eine kurze Hose, Sandalen und ein knappes, meist noch bauchfreies, T-Shirt.
Ich hingegen ein Jackett, eine schwarze Jeans und Stoffschuhe.
Dazu eine Sonnenbrille zum Schutz gegen Reporter, die wirklich an jeder Ecke lauern und mich fotografieren.
Es ist abartig.

Rosalie

Ich gehe verloren in der Menge, die den Bürgersteig blockiert.
Der Geruch von Schweiß liegt in der Luft. Er stört mich nicht.
Solange es kein Alkohol ist.

Fang nicht schon wieder damit an.

Bei dieser Hitze hat es niemand nötig auf ein T-Shirt zu verzichten, aber ich habe mich wie immer für einen Hoodie entschieden. Der Stoff liegt locker um meinen Oberkörper und verhindert damit, dass ich in der schwülen Luft kollabiere.

Den gesuchten Laden habe ich schnell gefunden und die junge Frau an der Kasse ist so freundlich und stellt Mrs Waves Bestellung auf Rechnung. Ich lächle zögerlich als ich mich ohne ein Wort verabschiede und den Laden schnellst möglich verlasse.

Geschäfte ohne Klimaanlage sind heute wirklich nicht meine Lieblingsorte.

James

Ich muss scharf bremsen, als eine schmale Gestalt plötzlich um die Ecke schießt und meinen Weg kreuzt.
Blonde Haare wirbeln um ihre Schultern und ohne aufzusehen läuft sie mit einem kurzen »'tschuldigung« einfach weiter.

Ihr Gesicht ist starr nach vorne gerichtet und es sieht aus, als würde sie schweben.
Flink bewegt sich ihr kleiner, zarter Körper vorwärts und geht in den Menschen unter.

Macht sie das extra ?
Wie kann sie es wagen ?

Sicher, mich nicht getäuscht zu haben, folge ich ihr und merke selbst, wie ich immer schneller werde um sie nicht zu verlieren.
Sie ist es. Das kleine Mädchen von gestern Nacht...

»Hey Kleines, hast du es so eilig ?«, frage ich sie als ich unmittelbar hinter ihr stehe.
Ruckartig stoppt sie und bleibt einige Sekunden angespannt stehen. Ich spüre wie sie zögert, als sie ihren Körper zu mir dreht.
Ihre Augen sind verklärt, das Gesicht blass und verzogen, sie scheint mich nicht auf Anhieb zu erkennen. Aber als sie es tut, fällt ihr ganz offensichtlich ein Stein vom Herzen. Er kracht mit einem dumpfen laut auf den Boden, aber niemand von uns scheint ihn überhaupt noch wahrzunehmen.
Das Blau ihrer Augen hat mich schon längst zu sich gezogen.

»Ach nein, ich hab dich ja gar nicht erkannt. Entschuldigen Ihre Majestät meine Ignoranz.«
Ihr erblasstes Gesicht bekommt wieder mehr Farbe und von ihrem Schock hört man in ihrer Stimme nichts mehr. Der Sarkasmus und ein schelmisches Grinsen erobern ihr Gesicht und heute werde ich mich rechtfertigen.
»Kein Problem, mir sind schon oft kleine Menschen begegnet, die an mein Niveau einfach nicht herankommen.«
Mein Grinsen ist breiter verzogen als ihres und heute bin ich mir meiner Worte sicherer. Ich weiß, dass wir beide nur in halbem Ernste miteinander reden.

Verspielt hält sie die Hand aufs Herz und macht ein empörtes Gesicht, welches sich binnen weniger Sekunden wieder in ein belustigtes verändert.
Ich merke wie auch die letzte Anspannung von ihr fällt und sie so vor mir steht, wie auch gestern.

Schnell finden Worte ihren Mund wieder und mir war klar, dass sie es nicht belassen würde.
»Stimmt, so tief sinken nicht einmal Leute, wie ich«, erzählt sie und kommt einen zuvor zurückgewichenen Schritt auf mich zu.
Sie umwirbelt mich, wie schon gestern, und benebelt vergesse ich etwas zu sagen.
Kleine Details fallen mir erst jetzt auf. Jetzt, wo sie nur wenige Meter von mir entfernt steht und sich dem Fluss der Menschen sträubt.

Ebenso wie gestern bedeckt ein Pullover ihren Körper. An keiner Stelle entblößt sich ihre blass weiße Haut dem Tageslicht.
Ihre Jeans muss an den Knöcheln umgekrempelt werden, weil sie einfach zu lang ist. Ich schmunzle bei ihrem wilden Anblick, der mir so fremd ist.

Sie macht einen Knicks vor mir.
Dann sieht sie frech auf und redet stachlig weiter.
Ich höre nur halb was sie sagt, zu sehr belustigt mich, wie sie ihren Kopf in den Nacken legen und ich meinen senken muss, damit wir uns ansehen können.

»Entschuldigt abermals Prinzessin, dass ich euch nicht sofort erkannt habe. Ihr müsst euch zwei Aufzüge vorstellen, während meiner auf oberster Ebene stehen bleibt, sinkt deiner noch Stockwerke tiefer.«

Jetzt klappt mir der Mund auf und als sie sich süßlich lächelnd umdreht und weiter geht, bleibe ich ein paar Sekunden sprachlos stehen bis ich beschließe ihr nach zu laufen.

»Und wie viele Stockwerke geht dein Fahrstuhl nach oben, bis er bei mir ankommt ?«, frage ich.
»Ich sagte doch schon, so tief kann ich nicht sinken. Aber keine Angst, Prinzessin, so kommt wenigstens niemand darauf deinen Thron zum Wakeln zu bringen. Du hast keine Konkurrenz, wie schön«, schwärmt sie verträumt und verdreht ihre Augen.

Das kann ich auch...

»Ja, was soll man machen, wenn die einzige Konkurrenz zu klein für die Welt ist«, murmle ich tragisch und grinse von der Seite auf sie herab.
Unsere Augen treffen sich für einen Moment und ich sehe sofort den sprühenden Funken der zu brennen beginnt.
Sie hat etwas zu erwidern, das sehe ich sofort.

»Du hast es also zugegeben. Ich bin sogar klein eine Konkkrenz für dich ! Keine Angst, Prinzessin, deine Krone will ich nicht.«
Ihre Stimme ist klärend ruhig und übertönt ihr sicheres Grinsen.
»Du meinst Diadem ?«
Diese Frage belachen wir beide.
»Gut, jetzt weiß ich auch das du mir gestern zugehört hast«, gluckst sie.
»Klar, die Prinzessin, aus Besserwissertown in Fremdlingen, hat alles notiert !«, meine ich und deute auf meinen Kopf. Die halbe Nacht spuckten mir ihre Worte durch den Kopf, wie hätte ich sie also vergessen können.
»Wie schön, beeindruckend das für meine Worte überhaupt Platz in deiner Birne ist.«
»Ich denke du meinst Gehirn.«
»Nein, Birne. Birnen sind kleiner als ein Gehirn.«, widerspricht sie ernst.
»Ach so, und mein Kopf ist genauso klein wie eine Birne ?«
»Wenn du es so sagst, klingt es gut !«, bringt sie unter sachtem Gekicher hervor.
»Auch kleine Köpfe sind gute Köpfe. Man nehme sich ein Beispiel an dir. Hättest du eine riesige Birne auf deinem kleinen Körper, würde das nicht gut passen«, erkläre ich und sie nickt.

»Da hast du recht. Respekt, heute bist du besser als ich«, meint sie beeindruckt und sieht zu mir auf.
»Definiere...«
»Deine Sprüche sind besser als gestern und deine Kontern überragen meine«, gesteht sie und mein Lächeln wird breiter.
»Wow und das von einer Person, mit so viel Niveau wie dir«, beschwichtige ich.
»Ja, aber so besonders wie eine Frau des Adels bin ich nicht.«
Wir wissen beide worauf die anspielt, ich bin die Frau des Adels.
»Richtig, von mir kannst du noch so manche Manier lernen.«
Ich spiele auf ihren Mittelfinger von gestern an und sie scheint zu verstehen. Trotzig schüttelt sie den Kopf.
»Oh, das glaube ich nicht. Erstens, war diese Handbewegung nötig und zweitens, bist du nicht besser !«
»Was meinst du ?«
»»Scheiße« sagt man nicht, Prinzessin, Scheiße macht man !«, erklärt sie und mir kommt meine Wortwahl von gestern Abend in den Sinn. Ich war frustriert und wütend wegen eines zuvor geführten Anrufs und beim Auflegen musste ich meinen stummen Flüchen Platz lassen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass auf den Stufen zu einem der Geschäfte Jemand sitzen würde, an den ich schließlich, unaufhörlich denken muss.
»Das war aus Versehen«, beharre ich und muss schon beachten wie gut sie zuhört.
Sie hat sich Details gemerkt, die Tanja nie mitbekommen hätte.
»Schon klar, aber ich muss gestehen, dass ich das Wort auch häufig in den Mund nehme«, gesteht sie und ihre Stimmlage wechselt von frech zu einem Plauderton.
»Und wieso ?«
»Weil der Spruch erstens, dumm ist und ich zweitens, so tollpatisch bin, dass das Wort »scheiße« meine Gefühle in den meisten Sekunden perfekt beschreibt.«

Ich beginne schamlos zu lachen und stelle mir vor wie sie eine Vase umschmeißt, sauer auf dem Parkett herumspringt, dabei fluchend »scheiße« ruft und rot anläuft.
In meinen Augen ist diese Vorstellung durchaus real.

»Tollpatschig bist du also auch noch«, stöhne ich.
»Verurteile mich ruhig, Prinzessin.« Abwehrend hebt sie die Hände und sieht ausdruckslos auf die Straße.
»Nein, Missgeschicke passieren, das ist menschlich«, sage ich nachdenklich und versuche aus den Augenwinkeln ihren Blick einzufangen.

»Hast du das gerade ehrlich gesagt ?«
Sie scheint es kaum zu glauben.
»Ja« Dieser Unglauben verunsichert mich. Ich kann sie nicht einschätzen.
»Wow, hast du dein Ego Zuhause gelassen ?« Ihre Stimme wirkt noch immer verwundert aber sie nimmt mir einen Teil meiner aufgestauten Anspannung als ihre Lippen lieblich zucken.
»Du hast ein komplett falsches Bild von mir, Kleines !« Tadelnd bleibe ich stehen und blicke zu ihr hinab.

»Das stimmt, durch meine Größe und deine Sonnenbrille, kann ich wirklich nicht viel von dir erkennen !«, meint sie und legt ihren Kopf ein wenig schief, während sie mich mustert. Ihre Augen sind fest auf mich gerichtet und starren, dass ich schlucken muss.

Ich hänge einen Moment in der Zeit fest. Ich sehe sie, beobachte jede ihrer Bewegungen aber mehr als denken kann ich nicht.
Mein Kopf hat Angst erkannt zu werden.
Wenn ich die Brille abnehme, sieht sie vielleicht, wer sich ihr offenbart. Und ich weiß, dass ich das nicht will.

Ihr Blick verändert sich. Kleine Finger spielen vor meinen Augen und heben sich langsam.

Sie wirken so zerbrechlich. So klein, so kurz und so dünn. Wie die Hand eines Kindes.
Aber ich habe es hier nicht mit einem Kind zu tun.
Und als sie meine Brille mit einer ungeheuren Sänfte umfasst, weiß ich auch das.
Ich weiß, dass ich nichts mehr tun kann und nichts mehr tun will.

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