11 - Eine Massage von Santa

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Normalerweise bin ich ein Mensch, der nachts nie etwas träumt, doch heute habe ich einen besonders merkwürdigen Traum.

Womit ich das verdient habe? Keine Ahnung.

Ich liege im Krankenhaus und bringe ein Baby zur Welt. Neben mir sitzt Sam. Er hält meine Hand und flüstert mir aufmunternde Dinge ins Ohr. Die Hebamme, die sich rechts von mir befindet, schreit, ich solle pressen, also tue ich das auch.

Wenige Sekunden später ist das Baby endlich auf der Welt, aber es ist kein Mensch. Eine Miniversion von Bernd grinst mich mit seiner Zahnlücke an. Ich sehe Sams schockierten Gesichtsausdruck und weiß, dass er mich jetzt verlassen wird, doch noch bevor er irgendwie reagieren kann, klopft es lautstark an der Tür.

Schweißgebadet schrecke ich aus meinem Traum hoch und öffne die Augen.

Heiliges Rentier Rudolph! Seit wann ist mein Hirn in der Lage, so einen Schwachsinn zu produzieren? Und dann auch noch ohne übermäßigen Glühwein-Einfluss. Oh Gott, ich werde echt verrückt!

Erleichtert darüber, dass ich kein Rentierbaby zur Welt gebracht habe, wische ich mir den Schweiß von der Stirn. Ob ich es nochmal wagen sollte, die Augen zu schließen und weiterzuschlafen? Lieber nicht.

Ein flüchtiger Blick auf meinen Wecker verrät mir, dass es 3:17 Uhr in der Nacht ist. Na toll. Was soll ich denn jetzt machen?

Die Entscheidung wird mir abgenommen, als es erneut an meiner Tür klopft.

Ah, dann war das also gar nicht in meinem Traum?!

Ich knipse die Nachttischlampe an und sage dann neugierig: „Herein?!" Wer von den sechs Chaoten mir wohl einen Besuch abstattet? Nach meinem bizarren Traum hoffe ich, dass es nicht Bernd ist. Von ihm und seiner Zahnlücke brauche ich erstmal Abstand.

Ganz langsam öffnet sich nun die Tür. Zum Glück werden meine Gebete erhört, denn nicht Bernd kommt zum Vorschein, sondern Sam.

Seine silbernen Locken sind verstrubbelt und er sieht müde aus. Da er lediglich eine enge rote Boxershorts trägt, muss ich schwer schlucken.

Puh, war es hier schon die ganze Zeit so heiß?

Es kostet mich meine ganze Kraft und Selbstbeherrschung, meinen Blick nicht über Sams trainierten Körper wandern zu lassen. Stattdessen bemühe ich mich, in seine braunen Teddyaugen zu schauen, die leicht angeschwollen sind.

„S-Sam?", frage ich ihn mit krächzender Stimme. „Ist alles okay?"

Er schließt die Tür hinter sich und tapst barfuß zu meinem Bett. Je näher er mir kommt, umso schneller und kräftiger schlägt mein Herz.

Hilfe, gleich brauche ich ein Sauerstoffzelt!

„Tut mir leid, Shay, ich wollte dich nicht wecken", murmelt Sam leise.

„Schon gut", winke ich nervös ab.

Kurz wirkt Sam verunsichert, ehe er von mir wissen möchte: „Darf ich heute eventuell bei dir schlafen?"

Wie bitte?

Vor lauter Überraschung klappt mir die Kinnlade bis zum Boden hinunter. Ich habe ja mit vielem gerechnet, aber nicht damit. Ob Sam wohl von meinem Traum weiß und es sich zur Aufgabe machen möchte, die Realität genauso verrückt zu gestalten?

‚Denk dir nicht so einen Unsinn aus, Shaileen!', ermahne ich mich gedanklich selbst. Sam ist zwar Santa, aber soweit ich weiß, kann er keine Gedanken lesen.

„Ich bleibe natürlich auch auf meiner Seite und komme dir nicht zu nahe!", schiebt Sam schnell hinterher, nachdem ich ihm nicht antworte. „Die Jungs schnarchen so laut, dass ich einfach kein Auge zubekomme."

Oh, mein Beileid. Auf lautes Schnarchen reagiere ich auch sehr allergisch.

„Äh, j-ja", stammele ich also überfordert und klopfe auf die freie Betthälfte neben mir. „Natürlich kannst du hier schlafen."

„Super! Danke, Shay! Du bist die Be-Allerbeste!" Mit einem erleichterten Grinsen auf den Lippen klettert Sam in mein Bett und kuschelt sich zu mir unter die Decke.

Es fühlt sich unbeschreiblich schön an, ihm so nahe zu sein. Ich werde nicht nur von seiner Wärme umhüllt, sondern rieche seinen himmlischen Eigengeruch. Und ja, dieser Duft befördert mich geradewegs in den Himmel auf Wolke Sieben.

Für ein paar Minuten ist es mucksmäuschenstill im Raum. Hoffentlich kann Sam nicht hören, wie mein Herz Achterbahn mit Loopings fährt und kurz davor ist, aus meinem Brustkorb zu hüpfen.

„Bist du gar nicht müde, Shay?", traut sich Sam als Erster, die Stille zwischen uns zu brechen. Er dreht seinen Kopf in meine Richtung und schenkt mir ein sanftes Lächeln.

Kurz bin ich überwältigt davon, wie nahe wir uns sind, doch irgendwie schaffe ich es, einen kühlen Kopf zu bewahren und zu antworten: „Nein. Ein blöder Traum hat mich aufgeweckt."

Sofort runzelt Sam seine Stirn. „Möchtest du mir von deinem Traum erzählen?"

Um Himmels Willen, auf keinen Fall! Ich bin nämlich nicht sonderlich scharf darauf, den Peinlichkeitspreis des Jahres 2023 abzustauben.

„Nein", murmele ich deshalb leise, „ich kann mich eh nicht mehr richtig daran erinnern."

„Okay." Sam sieht zwar misstrauisch aus, doch er nickt. Dann fragt er mich: „Wie wäre es mit einer Massage? Die hast du ja sowieso noch gut bei mir."

Ähm, wie bitte? Mein Herz schlägt Purzelbäume und mein Mund wird staubtrocken. Allein schon der Gedanke daran, wie Sams Finger über meinen Körper wandern, lässt ein Feuerwerk in meinem Magen explodieren.

„Am besten legst du dich auf den Bauch", überlegt Sam, obwohl ich ihm gar keine Antwort gegeben habe. „Sei aber bitte nicht zu streng mit mir, okay? Abgesehen von meinen Jungs habe ich nämlich noch nie jemanden massiert."

Vollgepumpt mit Nervosität drehe ich mich auf den Bauch. Ich verschränke meine Hände ineinander und bette meinen Kopf darauf. Jetzt kann es losgehen!

Es dauert höchstens eine halbe Minute, da spüre ich, wie sich Sam vorsichtig auf meine Oberschenkel setzt. „Ist das so okay für dich, Shay?", erkundigt er sich fürsorglich bei mir.

Da ich meiner Stimme nicht vertraue, nicke ich bloß.

„Okay. Dann wollen wir mal." Ich kann hören, wie Sam zittrig ein- und wieder ausatmet, weshalb ich erleichtert lächeln muss. Scheinbar bin ich nicht die Einzige, die nervös ist.

Mein Herz macht einen aufgeregten Satz, als Sam plötzlich ganz langsam seine Finger unter mein Schlafshirt schiebt. Wieder möchte er von mir wissen: „Ist das so okay für dich, Shay?" Und wieder kann ich nur nicken, weil das angenehme Kribbeln meine Sinne betäubt.

Ich merke, dass Sam verunsichert und vorsichtig ist. Er fährt mit seinen Fingerspitzen meinen Rücken hinauf und wieder runter. Das wiederholt er dreimal, bis er damit anfängt, kleine Kreise auf meine Haut zu zeichnen.

Herrlich!

Überall, wo mich Sam berührt, wird ein Feuer entfacht. Ich habe das Gefühl, unter Strom zu stehen und wie eine Brausetablette zu kribbeln.

Es ist wunderschön, so zärtlich und liebevoll von einer Person, die man mag, berührt zu werden. Damit zeigt mir Sam, dass ich etwas Besonderes für ihn bin. Kostbar.

Um mich noch intensiver auf seine Berührungen konzentrieren zu können, schließe ich die Augen. Sam verstärkt gerade den Druck seiner Finger und kämpft sich bis zu meinem Nacken hinauf, wo er kurz verharrt. Dann beginnt er damit, meine verspannten Schultern durchzukneten.

„Hm, ja", murmele ich leise, „das tut gut."

Sam lacht und schenkt meinen Schultern danach besonders viel Aufmerksamkeit. Von der Unsicherheit, die noch vor wenigen Minuten seine Berührungen dominiert hat, ist nichts mehr zu spüren. Stattdessen wirkt Sam selbstbewusst. Als wüsste er genau, was er tun muss, damit ich mich gut fühle.

Immer wieder lässt er seine Hände über meinen Rücken wandern und löst damit elektrische Stromstöße in meinem Inneren aus. Ich genieße es, wie er seine Finger bewegt und wie er meine Haut liebkost.

Zum dritten Mal in dieser Nacht fragt mich Sam: „Ist das so okay für dich, Shay?"

Ein zufriedenes Lächeln zupft an meinen Mundwinkeln. „Es ist perfekt, Sam", schwärme ich. „Bitte hör nicht auf!"

Und das tut er auch nicht. Sam massiert mich so lange, bis ich tiefenentspannt bin und irgendwann in das Land der Träume gleite. Zum Glück aber ohne Krankenhäuser und Babyrentiere, dafür mit einem fröhlich hüpfenden Herzen.

🦌 🦌 🦌

Am nächsten Morgen fühle ich mich fit, ausgeschlafen und erholt. Ich wache auf Sams Brust auf und muss unwillkürlich grinsen.

Die letzte Nacht war wunderschön.

Ich habe mich wie im Himmel gefühlt. Nicht nur seine Massage war atemberaubend, sondern auch die Erfahrung, neben ihm zu liegen und ihn ganz nah bei mir zu haben. Das hat Sam und mich noch mehr zusammengeschweißt.

„Oh, du bist ja wach", erklingt auf einmal seine raue Morgenstimme über mir. Er richtet sich vorsichtig auf, sodass ich von seiner Brust in Richtung Bauchnabel rutsche. „Wie hast du geschlafen, Shay?"

Erst jetzt wird mir so richtig bewusst, dass Sam kein T-Shirt trägt und ich auf seiner nackten Haut liege. Nur ein paar Zentimeter unter meinem Kinn sitzt seine rote Boxershorts, unter der sich eine Wölbung abzeichnet.

‚Bleib jetzt schön ruhig, Shay!'

Ich schlucke und befreie mich verlegen aus Sams Armen. „Gut", antworte ich knapp angebunden, ohne ihm in die Augen zu schauen. „Und du?"

„Ich auch", lächelt Sam. „Danke nochmal, dass ich bei dir schlafen durfte."

„Äh ja, kein Problem!"

Meine Wangen erhitzen sich und ein angenehmes Kribbeln breitet sich in meinem Körper aus. Sams Wärme färbt auf mich ab und benebelt meine Sinne. Ich kann nicht mehr klar denken und habe das Gefühl, als würde ich in lodernden Flammen aufgehen.

Die ganze Zeit bin ich hin- und hergerissen, auf seine Lippen oder seine Boxershorts zu schauen.

„Was hältst du von einer Guten-Morgen-Massage, Shay?"

Ich weiß, dass Sam es nur gut meint, doch das ist mir gerade too much.

Mein Herz ist dabei, sich in diesen Mann zu verlieben und das kann ich mir einfach nicht erlauben. Nicht, wenn er Santa ist und in ein paar Tagen wieder aus meinem Leben verschwindet.

„Ne-Nein", antworte ich also stammelnd, „ich, ähm, i-ich muss Klo." Innerlich schlage ich mir mit der Handfläche vor die Stirn, ehe ich mich korrigiere: „Ich muss auf die Toilette."

Noch bevor Sam etwas entgegnen kann, springe ich aus dem Bett, schlüpfe in meine Olaf-Hausschuhe und verlasse dann fluchtartig das Schlafzimmer. Meine Füße tragen mich geradewegs ins Bad, wo ich die Tür geräuschvoll ins Schloss fallen lasse und mir eiskaltes Wasser ins Gesicht spritze.

Mist! Warum habe ich mich gerade so peinlich verhalten? Bestimmt sind das noch die Nachwirkungen von der Tasse Glühwein, die ich gestern Mittag mit Sam getrunken habe.

Oder?

„Shay?", ertönt plötzlich mein Name. „Ist alles in Ordnung?"

Ich zucke zusammen und stoße einen leisen Schrei aus, weil ich nicht damit gerechnet habe, dass sich jemand von den Rentieren im Badezimmer aufhält. Mein Blick wandert durch den kleinen Raum, bis er an Alfred hängenbleibt.

Ach du heiliges Rentier Rudolph!

Ich reibe mir fassungslos über die Augen, doch das Szenario ändert sich nicht. Leider.

Völlig entspannt sitzt Alfred auf der Toilette und hält eine Zeitschrift in seinen Hufen. Sein gekringelter Schnauzbart hüpft währenddessen aufgeregt hoch und wieder runter.

„Äh ...", schaffe ich es nicht, einen sinnvollen Satz von mir zu geben.

Alfred scheint zu bemerken, dass ich überfordert bin, denn er erklärt mir: „Keine Sorge, ich muss nur ein kleines Geschäft verrichten. Ich bin auch eigentlich schon fertig, aber deine Mädels-Zeitschrift ist so spannend. Wusstest du, dass es Tampons mit Geruch gibt? Das stelle ich mir echt komisch vor, wenn bei der Periode-"

Ich räuspere mich laut, sodass Alfred verstummt. Er schaut mich erwartungsvoll an, doch ich kann nichts sagen, denn diese Situation ist einfach viel zu seltsam.

„Ach, jetzt guck doch nicht so entsetzt!" Alfred seufzt und verdreht seine Kulleraugen. „Dachtest du etwa, Rentiere müssen nie aufs Klo?"

„Äh, doch", stammele ich perplex, „aber ich bin davon ausgegangen, ihr würdet in den Garten oder auf das Feld gehen."

Alfreds Gesicht erhellt sich. „Ah", sagt er, „normalerweise machen wir das auch, aber ich wollte gerne mal die Menschentoilette ausprobieren." Er hält kurz inne, wackelt mit seinem Schnurbart und fügt dann grinsend hinzu: „Die Pospülung ist ein richtiger Luxus. Gefällt mir gut!"

Okay, das reicht! Ein Wort mehr und ich bin total verstört!

Ohne etwas auf Alfreds Aussage zu erwidern, verlasse ich das Badezimmer und stoße im Flur mit Cornelius zusammen. Beinahe spießt er mich mit seinem Geweih auf, doch er hebt gerade noch rechtzeitig den Kopf.

„Hui, nicht so stürmisch, Shay", begrüßt er mich lachend. „Wie war deine Nacht mit Sam? Ein Vögelchen hat mir gezwitschert, dass er bei dir übernachtet hat. Wie romantisch!"

Gott, wie schaffen es diese Rentiere bloß, mich immer wieder in Verlegenheit zu bringen? Eine ziemlich beschissene Superkraft, die sie da bekommen haben.

„Weißt du, wir haben nur geschlafen, Cornelius."

„Miteinander oder nebeneinander?"

Bei seiner Frage schießen mir Blitze in die Wangen, die sich so heiß wie kochende Lava anfühlen. Am besten fahre ich gleich in die Stadt und besorge fünf Maulkörbe, um den Rentieren ihr loses Mundwerk zu verbieten.

„Nebeneinander", zische ich dennoch gereizt, damit keine Gerüchte gestreut werden.

„Aber ihr hättet auch gerne miteinander geschlafen, oder?" Ein freches Funkeln leuchtet in Cornelius' Augen auf. „Sei ehrlich, Shay!"

Meine Güte, ich muss hier raus! Schnell!

„Tut mir leid, Cornelius, aber der Supermarkt wartet auf mich!", weiche ich seiner Frage aus, während ich mich an ihm vorbeidrängele.

„Was?!" Der stichelnde Unterton weicht aus seiner Stimme und wird durch einen Funken Panik ersetzt. „Supermarkt?", wiederholt er. „Vergiss meinen Brokkoli nicht!" Ich kann hören, wie er hektisch die Treppe hinunterpoltert, doch noch bevor er mich erreicht hat, werfe ich die Haustür ins Schloss und verschanze mich in meinem Schlafanzug und meinen Olaf-Hausschuhen in meinem Auto.

Oh man. Was für ein Morgen!

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