Daisy

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Noch immer spürte ich die Schmerzen in meinem Bein. Als wir über den Hof gehuscht und ins Auto eingestiegen waren, hatte ich jede Sekunde damit gerechnet, dass irgendjemand uns entdecken und einfangen würde.

Ich hatte mich mit Liam in den Fußraum der Rückbank gequetscht und mich so klein wie möglich gemacht. Keiner von uns hatte es gewagt sich auch nur zu bewegen und ich umklammerte Liam's Hand so fest, dass meine Knöchel weiß hervortraten.

Als jemand sich dem Auto näherte an, entfuhr mir ein entsetztes Keuchen und Liam presste mir eine Hand auf den Mund. Jemand steig ein und die Fahrertür schlug zu.

Als ich Ed's rotes Haar hinter dem Sitz hervorblitzen sah, fiel eine tonnenschwere Last von mir. Liam nahm mir die Hand vom Mund ich merkte erst jetzt wie ich die ganze Zeit den Atem angehalten hatte. Zittrig stieß ich die Luft aus und hörte wie Ed den Motor anließ.

Der Wagen setzte sich in Bewegung und dann spürte ich, wie wir losfuhren. Obwohl es mir bereits so viel leichter ums Herz wurde, wusste ich, dass die Gefahr erst vorbei war, wenn wir das Haupttor passiert hatten.

Noch immer umklammerte ich Liams Hand und spürte, wie er ebenfalls meine Hand fester drückte.

Als der Wagen nach ein paar Metern wieder anhielt, spannte ich mich wieder an.

Was wenn irgendjemand unser Fehlen jetzt schon bemerkt hatte? Was wenn der Wagen durchsucht wurde?

Ed ließ das Fenster runter und ich hörte wie er mit jemandem sprach.

„Sag Hempton, ich liefere ihm ein anderes Mal Stroh. Diesmal komme ich allerdings direkt zum Lager. Sonst verlier ich wahnsinnig viel Geld damit. Das kann ich mir nicht leisten, Mann", hörte ich ihn zu jemanden sagen.

Vermutlich der Wachmann.

„Sag ich ihm. Aber ich glaube, der wird jetzt schon ausflippen, wenn er von dem Feuer hört."

„Ist nicht meine Schuld. Sowohl das Pflegepersonal, als auch ich haben ihm jetzt schon hundertmal gesagt, dass er die Brandschutzmaßnahmen mal erneuern soll. Das hat er jetzt davon", brummte Ed.

„Kann schon sein. Aber mal ehrlich, wie kann es sein, dass es auf einmal gebrannt hat?", wunderte sich der Betreuer.

„Was weiß ich denn? Vielleicht ist irgendeine Flasche mit Betäubungsmittel in der Nähe kaputt gegangen. Da reicht ein Funke und das war's", meinte Ed.

„Wie auch immer. Kommst du heute nochmal wieder?"

„Wenn meine Freundin mich nicht rausschmeißt, eher nicht. Wir sehen uns dann morgen. Ich muss erstmal neues Stroh auftreiben", verabschiedete sich Ed.

„Geht klar, bis morgen."

Dann setzte sich der Wagen erneut in Bewegung und ich spürte, wie mir ein Stein vom Herzen fiel. Wir waren frei.

Selten in meinem Leben hatte sich etwas so gut in meinem Leben angefühlt. Ich blickte zu Liam, offenbar ging es ihm genauso.

Nach einer gefühlten Ewigkeit meldete sich Ed von dem Fahrersitz aus.

„Ihr könnt jetzt hochkommen", sagte er.

Liam und ich zogen uns vom Fußraum in auf die Rücksitze und schnallten uns an.

„Wie lange fahren wir jetzt?", fragte ich, während wir gemächlich durch das Dorf fuhren.

„Etwa 15 Minuten. Behaltet den Rückspiegel im Auge und wenn wir ankommen, bleibt ihr sitzen, bis ich sage, dass ihr aussteigen könnt."

Das klang vielleicht etwas übertrieben, aber keiner von uns erhob irgendwelche Einwände. Weder Liam noch ich wollten das Gefühl der Freiheit schon nach ein paar Minuten wieder abgeben müssen, nur weil wir nicht aufgepasst hatten und uns jemand gefolgt war.

Als ich einen Blick aus dem Fenster warf, hatte ich einen Moment lang das Gefühl, als hätte mir jemanden die Brust zugeschnürt, sodass ich kaum atmen konnte. Bis heute bin ich mir nicht zu hundert Prozent sicher, was genau in diesem Moment mit mir vorging, aber ich glaube, dass ganz einfach die Tatsache, dass ich nach über zwei Monaten erstmals wieder das Leben außerhalb des Camps sah, mich komplett überwältigte. Liam musste es ähnlich gehen, denn ich sah, wie er angespannt aus dem Fenster starrte und sein Brustkorb sich heftig hob und senkte. Ich berührte seine Schulter und er blickte mich an. Ein Lächeln entstand auf meinen Lippen und etwas Feuchtes lief meine Wange hinab.

Ich brauchte einen Moment um zu realisieren, dass ich weinte. Der Knoten in meiner Brust war geplatzt und die Gefühle überrollten mich wie eine Flutwelle. Trauer, Freude, Erleichterung. Alles überrollte mich gleichzeitig. Ich weinte und lachte gleichzeitig.

Als ich zu Liam sah, bemerkte ich, dass ich ebenfalls mit den Tränen kämpfte. Vermutlich war alles für ihn noch viel schlimmer. Mir fehlten nur zwei Monate und ein paar Wochen. Ihm fehlte über ein Jahr. Sowas steckte man nicht mal eben so weg. Deshalb ergriff ich einfach seine Hände mit meinen Händen und für den Rest der Fahrt ließen wir einander nicht los, während wir beide aus dem Fenster sahen und die Menschen auf der Straße oder in Geschäften beobachteten.

Dieses ganz normale alltägliche Leben, was wir alle seit geraumer Zeit vermissten und an dem wir nicht mehr teilnehmen durften. Und jetzt waren wir plötzlich wieder mittendrin.

Es fühlte sich einfach alles seltsam an. Ich wollte mir nicht die Freiheit nehmen und uns mit Soldaten vergleichen, die aus dem Krieg nach Hause kamen, aber irgendwie fühlte sich alles ganz genauso an. Als würde man von einem furchtbaren Ort entfliehen, zurück in die Zivilisation.

Und irgendwie konnte ich es nun kaum erwarten, bis wir wieder nach Hause kamen. Egal ob Dad da war oder nicht, ob es ihn interessierte oder nicht. Ich wollte einfach nur wieder mein Zimmer und in meiner Leseecke mit einer heißen Schokolade sitzen oder ein paar Runden in unserem Swimmingpool drehen, den wir zu dritt gebaut hatten. Gott, es wäre sogar schon genug, wenn ich einfach nur mit Mom im Wohnzimmer sitzen durfte und sie mir in ihrer gewohnt dramatischen Art erzählen würde, wie ihr Tag im Theater gelaufen war.

Die Fahrt schien mir wie ein paar Sekunden vorzukommen, als Ed schließlich auf einen Bauernhof einbog und dort im Innenhof parkte.

„Wartet noch. Ich hole euch gleich", sagte er zu uns, als er ausstieg und wir blieben auf der Rückbank sitzen, während Liam noch immer meine Hand hielt.

„Was tun wir jetzt, Liam?", fragte ich leise.

„Wir holen die anderen. Und dann fahren wir nach Hause."

„Nein, ich meine...danach. Wenn wir wieder zuhause sind?"

Liam schien keine Antwort darauf zu wissen. Ed kam zurück zum Wagen und öffnete die Tür.

„Ihr könnt jetzt rauskommen. Geht einfach durch die blaue Tür nach oben", sagte er.

Zögernd stieg ich aus und setzte meine Füße auf den gepflasterten Boden im Innenhof. Jetzt war es offiziell.

Wir waren entkommen. Wir waren frei.

********************************

Ed führte uns durch das Haus hinauf zur Dachschräge, wo bereits einige aufeinander gestapelte Matratzen, Decken und Kissen warteten.

„Handtücher liegen im Schrank vor dem Bad und duschen könnt ihr natürlich jederzeit. Und oben liegen auch ein paar alte Klamotten von mir und meiner Freundin. Die könnt ihr anziehen, bis eure Sachen dann hier sind."

„Danke", murmelte ich und schenkte Ed ein kurzes Lächeln.

„Okay, kommt erstmal an. Morgen hab ich dann hoffentlich alles was wir für das Floß brauchen, dann können wir mit dem Bau beginnen. Wir haben mindestens zwei Tage Zeit", erwiderte er.

„Hältst du uns auf dem Laufenden, was im Camp passiert?", fragte Liam und Ed nickte.

„Das werde ich. Wenn irgendwas schiefläuft, sag ich euch Bescheid. Aber ich soll euch unbedingt von Roxy nochmal einbläuen, bevor keine Beweise eintreffen, nehmt auf gar keinen Fall Kontakt zur Außenwelt auf. Sonst war nämlich alles für umsonst. Also keine SMS, keine Anrufe, keine Post auf irgendwelchen Social Media Seiten, verstanden?!", ermahnte Ed uns streng.

Wir murmelten beide eine Zustimmung und dann ließ Ed uns freundlicherweise alleine. Ich ließ mich auf einen der Matratzenhaufen sinken und atmete tief aus.

So langsam sickerte die Tatsache durch, dass wir zwar nun frei waren, aber auch noch einiges an Arbeit vor uns hatten, bevor wir wieder in unser altes Leben zurückkehren konnten. Wir mussten unerkannt auf diesem Hof bleiben, durften niemanden von außerhalb kontaktieren und mussten ein Floß für unsere Freunde bauen, damit sie fliehen konnten. Wir hatten viel zu tun.

Liam schien zu spüren, wie ich mich fühlte und setzte sich neben mich. Er legte den Arm um mich.

„Wenn wir wieder zuhause sind, komm ich dich besuchen, jedes Wochenende. Ich muss deine Eltern kennen lernen."

„Eigentlich musst du nur meine Mom kennen lernen. Mein Dad ist ein Arsch. Der ist einfach abgehauen, nachdem ich hierhergekommen bin. Und du weißt auch nicht, wo ich wohne. Auch wenn wir beide aus dem gleichen Land kommen, England ist groß."

„Wo lebst du?"

„In Bristol."

„Das sind doch nur etwa drei Stunden von Buxton. Außerdem muss ich zumindest deine Mom kennen lernen und deinem Dad in den Arsch treten", meinte Liam beinahe scherzhaft.

Ich schnaubte belustigt und rieb mir übers Gesicht.

„Viel Glück dabei. Ich hab keine Ahnung wo er hingezogen ist und er hat während des gesamten Camps nicht einmal angerufen. Offenbar hat er schon mit seinem alten Leben abgeschlossen", murmelte ich, ehe mir plötzlich ein Gedanke kam.

„Scheiße!", murmelte ich plötzlich.

„Was?"

„Mom! Was wenn sie anruft, während ich weg bin? Was wird Hempton ihr dann sagen? Und was wenn sie die Polizei ruft?! Die werden uns doch bestimmt suchen. Vermutlich wird sie sogar selber herkommen!", erklärte ich aufgebracht, als ich über die Sache nachdachte.

Liam versuchte mich zu beruhigen.

„Selbst wenn deine Mom herkommt, was soll Hempton ihr denn sagen? Er weiß nicht, wo wir sind und selbst wenn die Polizei eingeschaltet wird, muss er ja Antworten haben, wie wir fliehen konnten und warum."

„Und was wenn er Moms Anrufe nutzt, um aus den Anderen etwas rauszukriegen?", fragte ich noch immer sorgenvoll.

„Hey, die Anderen wissen alle, auf was sie sich eingelassen haben. Denen fällt bestimmt was ein und außerdem müssen wir jetzt dafür sorgen, dass die nächsten drei so schnell wie möglich nachrücken können, okay?", sagte Liam beruhigend zu mir.

Ich war nicht zu einhundert Prozent überzeugt, aber trotzdem beruhigte mich seine Aussage etwas.

„Okay", murmelte ich und er legte den Arm um mich und drückte mir einen Kuss auf die Schläfe.

„Das wird schon alles gut gehen, okay?"

„Ist gut", sagte ich leise, auch wenn mir bei dem Gedanken an meine Mom erneut die Tränen kamen.

Hoffentlich würde sie in dieser Zeit, wo die Anderen noch dort waren, meine Mutter nicht anrufen und hoffentlich würde sie nicht merken, dass ich verschwunden war. Mein Vater hatte gerade erst unsere Familie verlassen und ich war offiziell für acht Monate in einem Erziehungscamp gemeldet, wo sie mich nicht besuchen konnte. Wenn sie jetzt auch noch mitbekam, dass ich verschwunden war, würde sie vermutlich komplett zusammenbrechen.

Und bevor wir nicht wieder auf dem Nachhauseweg waren, durfte ich sie unter keinen Umständen kontaktieren. Unsere Sache war zu riskant, um sie wegen eines Anrufs zu riskieren.

Liam schien meinen inneren Konflikt zu spüren, nahm meine Hand und drückte sie fest.

„Es dauert nicht mehr lang, dann sind wir alle wieder zusammen. Dann können wir nach Hause zu unseren Familien fahren und all das hier hinter uns lassen. Halt noch ein wenig durch und ich verspreche, es wird all die Mühe und all den Schmerz wert sein."

Ich nickte und lehnte meinen Kopf an seine Schulter.

„Ich liebe dich", murmelte ich.

Erstaunt löste Liam sich von mir und sah mich überrascht an.

Erst jetzt fiel mir auf, dass keiner von uns beiden diesen Satz ausgesprochen hatte. Natürlich war für uns beide klar, dass wir starke Gefühle füreinander hatten, aber keine hatte bisher das L-Wort gesagt. Und jetzt hatte ich es gesagt. Und einen Moment befürchtete ich, ich hätte jetzt alles, was zwischen mir und Liam passiert war zunichte gemacht.

„Ich liebe dich auch."

Ein Kuss folgte, welcher leicht salzig durch meine Tränen schmeckte. Er war sanfter und liebevoller als alle Küsse bis hierher und plötzlich wusste ich, dass ich diesen Kerl niemals mehr verlieren wollte. Diesen Schmerz würde ich garantiert nicht überstehen.

Als wir den Kiss lösten, schlang ich erneut beide Arme um ihn und presste mein Gesicht an seine Schulter.

„Bleib bei mir...bitte", flüsterte ich in sein Ohr.

„Versprochen", murmelte er während er eine Hand in meinem Haar vergrub und die andere auf meinem Rücken lag.

Ich genoss seine Wärme, seine Nähe. Dieses Gefühl von Geborgenheit und Vertrauen half mir in diesem Moment über all meine Sorgen hinweg. Egal, was jetzt passieren würde. Wir waren frei und wir waren zusammen. Und mit diesem Gedanken im Kopf spürte ich, wie sich langsam die Müdigkeit bei mir einstellte.

„Ruh dich aus, Daisy", hörte ich Liam murmeln und kaum hatte er die Worte ausgesprochen kippte mein Kopf auf seine Schulter und ich schlief tief und fest ein.

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