Roxanne & Daisy

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Roxanne

Weder Niall noch ich waren in unserem Leben wir mit einem Reisebus unterwegs gewesen, aber ich war froh, als wir in Hamburg ausstiegen und dort am Flughafen unser Gepäck in Auftrag gaben. Ich war noch nie zuvor in Deutschland gewesen und kannte mich daher mit der Sprache überhaupt nicht aus, aber wenigstens war am Flughafen alles auch auf Englisch ausgeschildert. Avery hatte bestimmt kein Problem damit, war ihre Mutter doch aus Deutschland und sie hatte auch jahrelang in Deutschland gelebt. Niall schien ebenfalls etwas verunsichert. Er war vorher nur ein einziges Mal geflogen und das sein Flug nach Dänemark gewesen. Trotzdem schafften wir es ohne größere Schwierigkeiten einzuchecken und unser Gepäck abzugeben.

Da wir noch eine knappe Stunde Zeit hatten, bevor das Boarding begann, beschlossen wir vorher noch ein wenig uns beim Duty Free Shop herum zu treiben.

Während Niall natürlich sofort in Richtung der Süßigkeiten lief, schlenderte ich ein wenig planlos durch die Gänge, bis ich einen Ständer mit Zeitungen und Zeitschriften fand. Eine davon kaufte ich mir, um für den Flug etwas zu lesen zu haben.

Mein Handy vibrierte. Ich zog es aus der Hosentasche und sah erblickte auf dem Display eine neue Nachricht. Ein „Thumbs up". Emoji von Daisy.

Sie war zuhause angekommen. Linda hatte mir zehn Minuten vor dem einchecken ebenfalls einen geschickt. Liam war vermutlich erst da, wenn wir gerade losflogen. Louis und Zayn waren vermutlich gerade im Flieger. Und Avery und Harry...da sie kein Flug genommen hatten, waren sie vermutlich noch unterwegs.

Niall und ich waren die letzten gewesen, die sich auf den Weg gemacht hatten. Außerdem hatten wir vorher noch einen Schlenker bei der Polizeidienststelle gemacht. Den Umschlag mit sämtlichem Beweismaterial hatte Ed dort am Empfang abgegeben. Wir hatten außerdem den Namen des zuständigen Beamten darauf geschrieben, da meine Recherchen ergeben hatte, dass mit diesem Kommissar eine gute Chance gegen Hempton hatten. Dieser war noch nicht auf seine Charade reingefallen. Natürlich hatte jeder aus unserer Gruppe noch einen weiteren Umschlag mit Beweismaterial erhalten, um den Fall so schnell wie möglich zu verbreiten.

Wir waren in einem Abstand von etwa 2 bis vier Stunden gefahren. Nach Harry und Avery waren Daisy, Liam und Linda losgefahren und dann Zayn und Louis.

Ich dachte daran wie seltsam es sich anfühlte nach über einem Jahr all das hier hinter sich zu lassen. Wie würde Dad wohl reagieren, wenn ich nach so langer Funkstille plötzlich wieder vor ihm stand und sagen würde: „Hey, Dad, bin wieder da."

Wie ging es ihm wohl gerade? Würde er mich überhaupt sehen wollen? Seit Monaten hatte ich nichts mehr von ihm gehört. Er hatte mich angerufen und mir gesagt, wie leid es ihm tat, dass er mir nicht geglaubt hatte und dass er sich wünschte, alles wieder rückgängig zu machen. Aber ich war zu wütend auf ihn gewesen, um mit ihm sprechen zu wollen und sagte ihm schließlich, dass er mich nicht mehr kontaktieren sollte. Er respektierte meinen Wunsch und ließ mich in Ruhe. Aber jetzt würde ich ihm wieder gegenüberstehen.

Nialls Worte kamen mir wieder in den Sinn. Das ich ihm vergeben sollte und mich mit aussprechen sollte. Allerdings hatte ich keine Ahnung, was ich überhaupt sagen sollte.

Während Niall noch seine Sachen bezahlte, verließ ich das Geschäft und setzte mich auf eine Bank vor dem Laden. Noch immer war ich in Gedanken, was ich Dad sagen sollte. Ob es ich mir lieber aufschreiben sollte, damit ich nichts Falsches sagen würde? Es kam mir lächerlich vor, anderseits war ich nicht gerade für meine Kontaktfreudigkeit bekannt und stieß Leuten oftmals vor den Kopf, obwohl ich es gar nicht wollte. Einen Versuch war es wert.

Also zog ich meinen Notizblock und einen Kugelschreiber aus meinem Rucksack und begann die ersten Worte darauf zu kritzeln.

Niall erschien neben mir, als ich gerade den dritten Satz formulierte.

„Was machst du da?", fragte er.

„Ich überlege, was ich Dad sage, wenn ich wieder zuhause bin", antwortete ich und klaute ungefragt etwas von seiner offenen Gummibärchentüte.

„Hey, die sind für den Flug!", schimpfte er und zog die Tüte weg.

„Wieso brauchst du die für den Flug? Iss doch was anderes", argumentierte ich.

„Nein, für den Druckausgleich, wenn wir losfliegen. Da ist es immer gut, wenn man etwas zu kauen hat. Und ich mag keine Kaugummis", erklärte er mir.

„Verstehe", murmelte ich und konzentrierte mich wieder auf meinen Text.

Niall blickte mir über die Schulter.

„Was ist, Horan?"

„Willst du wirklich das alles jetzt aufschreiben und dann vor ihm runterleiern Dann nimmt er dir nämlich garantiert nichts davon abkaufen. Du solltest am besten einfach aus dem Bauch heraus sagen, was du ihm mitteilen willst", riet Niall mir.

Ich seufzte und verdrehte die Augen.

„Ja, aber jedes Mal, wenn ich das tue, sage ich es falsch und die Leute denken, ich meine was ganz anderes und fühlen sich von mir vor den Kopf gestoßen. Deshalb will ich vorher zumindest eine ungefähre Vorstellung davon haben, was ich sage bevor ich meinem Dad wieder gegenüber stehe."

Niall nickte.

„Du könntest aber auch einfach mit mir sprechen und ich kann dir sagen, was du besser machen könntest. Dann brauchst du dir das nicht aufzuschreiben", schlug Niall mir vor.

„Ich weiß nicht. Das ist doch dämlich."

„Ist es nicht, komm lass uns üben", meinte Niall und nahm mir den Block.

„Nicht jetzt. Das können wir im Flieger machen, okay?"

„Na schön", brummte Niall und blickte dann auf die Zeitung auf meinem Schoß.

„Kann ich die haben?", fragte er.

„Klar doch, aber im Flieger will ich sie wiederhaben. Ich brauch was zu lesen."

„Okay", Niall nahm sich die Zeitschrift, blätterte durch ein paar Seiten und seufzte.

„Du weißt aber schon, dass die Zeitschrift auf Deutsch ist, oder?", fragte er mich.

Verdammt, das hatte ich komplett vergessen.

„Sorry, dann musst du wohl dein Handy als Übersetzer nehmen. Oder du schaust dir nur die Bilder an."

Niall schnaubte enttäuscht. Trotzdem blätterte er weiter, während ich auf meinen Block starrte und weiterhin nach Sätzen suchte, die gut klangen, um mit meinem Vater reden.

Gerade als ich vier weitere Sätze notiert hatte, rüttelte Niall plötzlich an meiner Schulter.

„Roxy? Roxy!"

„Was denn jetzt?", genervt hob ich den Kopf.

„Also korrigier mich, wenn ich falsch liege, aber ist das hier nicht Avery?", fragte er und hielt mir die Zeitung unter die Nase. Tatsächlich war auf Seite 17 ein Foto von Avery mit einem kurzen Artikel eingefügt. Die Überschrift lautete: VERMISST. Obwohl ich kaum ein Wort Deutsch verstand, hatte ich eine Ahnung, was es zu bedeuten hatte, weshalb ich die den Artikel auf meinem Handy suchte, kopierte und dann in den Übersetzer eingab. Und leider hatte ich mit meiner Vermutung recht gehabt.

„Roxy? Was steht dort über Avery?", fragte Niall besorgt, der meinen angespannten Gesichtsausdruck bemerkt hatte.

Stockend las ich vor: „Nach über drei Wochen Suche bleibt die 16-jährige Deutsch-Amerikanerin Avery Collins nach wie vor verschwunden. Das Mädchen wurde zuletzt am 25.06.2010 von ihren Mitschülern und Lehrern gesehen und gilt seit dem 29.06.2010 als vermisst. Während die Eltern auf Urlaub in Deutschland waren, war das Mädchen bei ihrer Tante Lucy Gilbertson untergebracht. Die Tante des Mädchen selbst keinerlei Erinnerungen an das Verschwinden des Mädchens, weshalb nicht auszuschließen ist, dass es sich hierbei um ein Verbrechen handelt. Da noch fast einem Monat der Suche sich noch immer keine weiteren Hinweis auf den Verbleib des Mädchens ergeben haben, werden die Chancen das sie lebend aufgefunden als sehr gering eingestuft. Die Eltern „D. Collins und M. Collins) haben bereits um Mithilfe durch die Presse gebeten und hoffen immer noch, das ihr Kind zu ihnen zurück kommt."

Niall und ich starrten uns fassungslos an. Zwar hatte Avery uns von ihrem Verdacht erzählt, dass sie nicht glaubte, dass ihre Eltern wissentlich zugestimmt hatten, dass sie in dieses Camp geschickt wurde. Aber dass sie bereits sie bereits seit Wochen als vermisst galt, damit hatte keiner von uns gerechnet.

„Ich ruf sie an", murmelte ich nur und suchte in meinen Kontakten sofort nach Averys Nummer.

Ich wählte die Nummer und wartete. Das Freizeichen erklang. Einmal, zweimal...

„Komm schon Avery, geh an dein verdammtes Handy!", murmelte ich angespannt.

Endlich hob jemand ab und ich hörte Avery's Stimme.

„Roxy, wir sind gerade erst in Amsterdam angekommen. Ich wollte dich gleich anrufen."

„Avery, hör mir jetzt genau zu. Du wurdest als vermisst gemeldet!", unterbrach ich sie, bevor sie weitersprechen konnte.

„Was?"

„Niall und ich haben es gerade in der Zeitung gelesen. Deine Eltern suchen dich seit fast einem Monat. Man hat sogar Entführung ins Betracht gezogen."

„Ich...fuck. Das hab ich nicht gewusst."

„Da sind wir schon drei. Sieh zu, dass du und Harry euren Arsch so schnell wie möglich zur Polizei bewegt!"

„Haben die über meine Tante was geschrieben?"

„Ja, man geht davon aus, dass es ein Gedächtnisverlust war."

„Also war es tatsächlich jemand anderes? Es war nicht Lucy?", harkte sie nach.

„Ich gehe zumindest stark davon aus."

„Okay, danke Roxy. Was ist mit dir und Niall? Wo seid ihr jetzt?"

„Wir sind jetzt in Deutschland am Flughafen. Bei uns beginnt gleich das Boarding", erzählte ich.

„Alles klar, bis dann Roxy. Und danke für die Vorwarnung".

„Alles Gute für euch beide. Wir sehen uns dann hoffentlich bald", damit legte ich auf.

Niall und ich tauschten einen unruhigen Blick aus.

„Na auf diese Familienzusammenkunft bin ich ja gespannt", murmelte er und ich konnte nicht anders, als zustimmend nicken.

„Sehr geehrte Passagiere, das Boarding für den Flug 704 hat soeben begonnen. Bitte melden sie sich am Schalter an", kam es aus dem Lautsprecher.

„Das sind dann wohl wir."


Daisy

Der Abschied zu Liam war mir ziemlich schwergefallen. Während er nun weitere drei 1/2 Stunden in Richtung Buxton fahren würde, brauchte ich nur etwa eine Stunde bis nach Bristol. Linda würde ebenfalls noch zwei weitere Stunden unterwegs sein, bis sie zuhause sein würde. Sowohl Liam als auch ich hatten angeboten, sie zu ihrer Schwester zu begleiten, aber sie hatte ablehnt.

„Ich bin zwar im sechsten Monat schwanger, aber zwei Stunden Bahn fahren, werde ich auch alleine schaffen. Außerdem würde ich gerne erstmal mit meiner Schwester gerne alleine reden, wir haben einiges nachzuholen", hatte sie gesagt.

Das verstand ich und Liam natürlich auch.

„Wirst du deiner Mom sagen, was passiert ist?", fragte Liam.

„Keine Ahnung. Sie hat meiner Schwester und mir so häufig nicht geglaubt, dass ich mir irgendwann angewöhnt hatte, einfach immer mit Sissy zu sprechen, wenn ich Probleme hatte. Außerdem bin ich nach ihrer eigenen Aussage nicht mehr ihre Tochter."

„Aber Sissy wird dir doch glauben, oder?", fragte ich mit gerunzelter Stirn.

Linda nickte zuversichtlich und strich sich über ihren Bauch.

„Klar, sie hat mir sogar geglaubt, dass die Delle die in unseren Tisch kam von unserem Hund stammte und nicht, weil ich betrunken, drauf gefallen bin und mir eine Riesen Beule geholt habe. Wobei im Nachhinein könnte sie doch was geahnt haben."

Wir mussten alle lachen.

„Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, ob ich jemals wieder mit meiner Mutter sprechen will. Sie will ja nicht mal ihr eigenes Enkelkind kennenlernen."

Ich biss mir auf die Unterlippe. Das musste ziemlich traurig sein.

„Immerhin hast du uns und deine Schwester. Dein Baby wird also sehr viel Familie haben."

Linda lächelte und strich sich erneut über den Babybauch.

„Das stimmt. Und ich bi wirklich sehr froh darüber. Allerdings werde ich Niall allerdings niemals alleine babysitten lassen."

„Niall liebt Kinder", wandte Liam ein.

„Natürlich, er ist ja quasi selber eins. Deshalb werde ich ihn auch nicht meins babysitten lassen."

Diesem Argument konnten selbst wir nicht wiedersprechen.

Dann war es soweit. Als wir unser Gepäck geholt hatten und uns der Bahnstation näherten, mussten wir uns verabschieden. Linda umarmte zuerst mich und dann Liam und wünschte uns alles Gute. Dann zog sie winkend mit ihrem Koffer von dannen.

Jetzt waren wir nur noch zu zweit und jetzt war der Moment des Abschieds gekommen. Ich sah Liam an und musste unwillkürlich lächeln. War es wirklich erst zwei Wochen her, dass wir uns das erste Mal geküsst hatten? Es kam mir vor, als wären es schon Monate. Ich dachte daran, wann ich Liam das erste Mal getroffen hatte. Gott, seit dem ersten Tag war ich in ihn verliebt gewesen, aber erst kurz bevor wir uns trennen mussten, waren wir wirklich zusammengekommen. Irgendwie ironisch, oder?

„Wir sehen uns dann bald, okay?", sagte ich und musste an mich halten, um nicht los zu weinen.

Scheiße, ich war so eine Heulsuse! Er war noch nicht mal weg und ich vermisste ihn schon. Roxanne hätte mich vermutlich jetzt ausgelacht.

„Ja", antwortete Liam knapp und ich hörte seiner Stimme ebenfalls an, dass er sich mühsam zurückhielt.

„Wenn all das hier vorbei ist, dann stell ich dich meiner Mom vor, okay? Sie...sie wird dich lieben", mein Lächeln war mehr als gequält und ich musste mich sehr stark zusammenreißen um nicht loszuheulen.

Liam nickte. Ich sah wie er sich auf die Lippen biss, als müsste er ebenfalls die Tränen zurückhalten.

„Meine Eltern werden dich auch mögen", sagte er dann.

Erneut zwang ich mich zu lächeln.

„Also dann...ich muss dann los", sagte ich, da mir nichts mehr einfiel um die gedrückte Stimmung zu vertreiben.

Ich strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr und schulterte meinem Rucksack. Dann sah ich Liam an.

„Kannst du nachts schlafen?", fragte ich dann plötzlich.

Liam musterte mich besorgt und verwirrt. Als er den ersten Blick in meinen Augen sah, verstand er.

„Nein, zumindest nicht besonders gut."

„Ich auch nicht. Ich sehe Hempton immer wieder. Was er mir antut und den Anderen und...dir."

Liam schwieg einen Moment ehe er nickte.

„Ich sehe es auch, aber Daisy, es ist vorbei. Es liegt hinter uns. Er kann uns nichts mehr tun."

„Und wenn sie uns am Ende wieder zurückschicken? Immerhin haben wir unsere Strafe noch nicht vollständig abgesessen."

„Selbst wenn man uns wieder wegschickt, dann bestimmt nicht dort hin und nicht ohne engere Kontrolle. Wir haben gewonnen, Daisy, okay? Uns kann nichts mehr passieren."

„Nein, Liam, gewonnen haben wir erst wenn das Urteil gefallen ist. Wir werden das alles nochmal durchleben müssen, wenn man uns befragt. Und ich weiß nicht, ob ich das kann. Diese Bilder mir ins Gedächtnis zu rufen, wieder und wieder!", äußerte ich ehrlich meine Angst.

Liam umfasste beruhigend mein Gesicht mit seinen Händen.

„Daisy, hör mir zu. Ich weiß, wie es schwer ist, wirklich. Ich habe auch Angst davor, aber wir schaffen das. Wir haben es bis hierhergeschafft, wir dürfen jetzt nicht aufhören, sonst war alles umsonst. Wenn wir jetzt nicht sprechen, dann hat Hempton wirklich gewonnen. Dann kann er das wieder machen", erklärte er mir sanft, aber eindringlich.

Bei diesem Gedanken wurde mir ganz schlecht. Wie oft hatte Hempton diese furchtbaren Sachen schon an unschuldigen Kindern verübt und wie oft würde er es noch tun, wenn wir ihm nicht Einhalt geboten.

„Wir müssen da durch. Nur so können wir ihn aufhalten. Überleg mal, Daisy. Wie viele andere Kinder wie dadurch retten könnten. Und wir würden den früheren Opfern eine Stimme geben. Wir würden aussprechen, womit sie vielleicht schon jahrelang herumlaufen, ohne darüber reden zu können. Wenn wir ganz großes Glück haben, melden sich vielleicht auch weitere Opfer uns sprechen ebenfalls vor Gericht."

Liams Worte machten mich nachdenklich. Er hatte Recht. Wir sprachen aus, womit Hempton schon so lange davonkam und beschützten dadurch andere. Der Gedanke gab mir ein Stückweit Kraft.

„Okay...okay. Ich krieg das hin", murmelte ich dann etwas zuversichtlicher.

„Das ist meine Daisy. Und jetzt geh los, bevor du den Zug verpasst", lächelte er.

Ich stellte mich ein Stück auf die Zehenspitzen und küsste ihn zärtlich.

„Ich liebe dich, Liam Payne", sagte ich zärtlich als ich mich wieder von ihm löste.

„Ich liebe dich auch, Daisy Abernathy. Wir sehen uns bald."

Liam umarmte mich ein letztes Mal, dann lösten wir uns voneinander und ich drehte mich um und ging, ohne nochmal zurück zu schauen.

Ich hatte Angst, das wenn ich mich umdrehte, dass ich zurücklaufen würde und Liam anbetteln würde, mit ihm zu fahren. Aber das war nicht der Plan. Und der Plan war wichtiger, als meine Herzensangelegenheiten.

Also ging ich zu meinem Gleis und wartete dort, bis mein Zug einfuhr. Als der Zug mit quietschenden Reifen hielt, sah ich ein letztes Mal in die Richtung zurück, aus der ich gekommen war, dann stieg ich ein.

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Ich suchte mir einen freien Platz am Fenster und verstaute mein Gepäck, ehe ich mich setzte. Die Fahrt würde eine knappe ¾ Stunde dauern. Die letzten 15 Minuten würde ich dann zu Fuß zurück legen. Während der Fahrt kreisten meine Gedanken abwechselnd um Liam und dem Wiedersehen mit meiner Mutter.

Innerlich sehnte ich mich nach Liam und seiner Nähe, in der ich mich so geborgen und sicher fühlte. Aber ich wusste, dass er seine Eltern und seine Schwestern sicherlich auch vermisste. Immerhin war Liam der größte Familienmensch in unserer Gruppe. Unser „Daddy Direction". In Gedanken stellte ich mir vor, wie es wohl wäre seine Familie kennen zu lernen. Würden sie mich mögen?

Meine Gedanken drifteten erneut zu meiner Mom. Wie sie reagieren würde, wenn ich gleich bei ihr vor der Tür stand? Würde sie schimpfen, weil sie sich so Sorgen um mich gemacht hatte? Immerhin hatte Ed mir erzählt, dass meine Mutter wohl am Telefon vollkommen aufgelöst war, als sie erfahren hatte, dass ich weg war. Vermutlich hatte Avery ihm das erzählt.

Ob sie es auch Dad erzählt hatte?

Immerhin waren sie nicht gerade im Guten auseinander gegangen. Allerdings glaubte ich nicht, dass Mom meinem Dad so etwas verschwiegen hätte einfach aus Gehässigkeit. Die Frage war eher, ob es meinen Dad auch interessierte. Und ob sie seine neue Telefonnummer wusste.

Sollte er es nicht gewusst haben, würde es definitiv ein interessantes Gespräch auf der Polizeistation geben.

Als der Zug an meiner Station hielt und ich ausstieg, bekam ich kurz weiche Knie. Zum ersten Mal seit Monaten stand ich wieder auf vertrautem Boden. Aber die Umstände waren anders. Es ist nicht, als ob man von einer Klassenfahrt oder einem Urlaub nach Hause kommt. Sondern als ob man aus dem Krieg nach Hause kommt. Gut, vielleicht war das übertrieben, aber dieser vertraute Ort fühlte sich irgendwie nicht mehr echt an.

Dieses „normale" Leben, was man selbst kannte und was man um sich herum wahrnahm, fühlte sie falsch und heuchlerisch an.

Hempton hatte uns das genommen. Vielleicht nicht für immer, aber es würde dauern, bis wir diese Art von Leben wieder ganz normal weiterführen konnten. Ich amtete tief durch und ging los. Das einzig gute war, dass mir der Weg so vertraut war, dass ich ihn auch mit verbundenen Augen hätte gehen können. Also hatte ich genug Zeit mir Gedanken zu machen, was ich Mom gleich sagen würde, wenn ich vor der Tür stehen würde.

Was sollte ich sagen?

Hi Mom, ich bin wieder zuhause. Mir geht's mittlerweile wieder gut, ich hab einen neuen Freund und wir müssen möglichst schnell zur Polizei und vor Gericht, weil wir die Strafanstalt in der ich war, auf Kindesmisshandlung verklagen müssen."

Mal ehrlich, das klang selbst in meinen Ohren dämlich. Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, war ich auch schon in der Straße angekommen, wo mein Haus stand. Das Auto meiner Mutter parkte am Straßenrand. Sie war also zuhause.

Ohne Probleme fand ich den Zweitschlüssel unter dem Blumenkasten an unserem Fenster. Auch wenn ich monatelang nicht da gewesen war, hatte sich daran nichts geändert. Es zauberte mir ein kleines Lächeln auf die Lippen.

Mit dem Schlüssel in der Hand stand ich vor der Tür und zögerte. In der Sekunde, wo ich durch die Tür ging, würde sich alles verändern. Einen Moment lang bekam ich so große Angst, dass ich am liebsten meine Sachen abgeworfen hätte und weggerannt wäre. Aber dann atmete ich tief durch, steckte den Schlüssel in das Schloss und öffnete damit die Haustür.

In der Wohnung war es still, als ich den Hausflur betrat. Vielleicht war Mom ja oben.

„Mom?", rief ich in die Stille hinein.

Niemand antwortete mir. War sie doch nicht zuhause?

„Mom? Ich bin's Daisy", meinte Stimme klang seltsam verloren in dem großen Haus.

Noch immer keine Antwort. Ich schleppte meine Sachen nach oben in mein Zimmer, damit sie nicht im Flur herumstanden und begann das Schlafzimmer meiner Mutter und das Bad zu durchsuchen. Sie war nicht da. Auch unten im Wohnzimmer und in der Küche hatte ich keinen Erfolg. Sollte ich sie anrufen? Das kam mir falsch vor. Am Ende würde sie wegen mir noch am Telefon einen Herzinfarkt erleiden.

Also beschloss ich zu warten. Ich nahm frische Klamotten aus meinem Koffer und duschte mich. Dann ging ich in die Küche und machte mir Tee. Als hätte das Universum es so gewollt, wurde die Haustür geöffnet, nachdem ich mich mit der dampfenden Tasse an den Küchentisch gesetzt hatte.

Ich stand auf und wollte zur Tür gehen, blieb aber dann doch stehen. Was sollte ich ihr jetzt sagen? Wie sollte ich mich ihr zeigen?

Zögerlich ging ich zur Küchentür und trat dann auf den Flur. Mom stand im Flur und zog sich gerade ihre Jacke aus und hängte sie an die Garderobe, weshalb sie mich gar nicht bemerkte. Ich wartete, bis sie ihre Jacke aufgehängt hatte, ehe ich sie ansprach.

„Mom..."

Meine Mutter zuckte zusammen und richtete den Blick dann auf mich, wie ich klein, verloren in der Tür stand und sie unsicher ansah.

„Daisy?", fing sie unsicher an, als könnte sie es nicht glauben.

Ich konnte nur nicken und spürte wie mir die Tränen kamen. Meine Mutter kam langsam auf mich zu, als würde ich verschwinden, wenn sie zu schnell lief und dann war sie bei mir und schloss mich in die Arme.

„Oh mein Gott, du...du bist wirklich hier", hörte ich sie gedämpft in mein Haar sagen, während sie mich an sich presste.

„Ja, ich bin wieder da, Mom", brachte ich unendlich erleichtert hervor, während ich sie ganz festdrückte.

„Oh mein Gott. Du bist hier. Gott sei Dank. Wo zum Teufel bist du gewesen?", sagte meine Mutter in einer Mischung aus Schimpfen und Erleichterung.

„Mom, ich..."

Meine Mutter löste sich kurz von mir, nur um mein Gesicht mit beiden Händen zu umfassen. So aufgelöst hatte ich sie schon lange nicht mehr gesehen.

„Gott, ich hab mir solche Sorgen gemacht. Geht's dir gut? Wo warst du denn? Warum hast du nicht angerufen?", überschüttete sie mich mit Fragen.

„Mom!", sagte ich nun schärfer und hielt sie davon ab, noch mehr Fragen zu stellen.

Sanft löste ich ihre Hände von ihrem Gesicht und führte sie zum Küchentisch, wo wir uns beide setzten. Ich umfasste ihre Hände mit meinen eigenen.

„Mom, es ist jetzt ganz wichtig, dass du mir ganz genau zuhörst, okay?"

„Natürlich werde ich dir zuhören. Sag mir, was passiert ist und wo du warst!"

„Das werde ich, aber versprich mir, dass wir anschließend sofort zur Polizei gehen."

Meine Mutter legte die Stirn in Falten.

„Daisy, was genau ist passiert?"


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Ich entschuldige mich für die lange Pause, aber wie es so ist, manchmal kommt eben alles auf einmal und plötzlich hat man weder Zeit noch Laune dafür zu schreiben. Trotzdem hoffe ich, dass euch dieses Kapitel gefällt und wir und auch allmählich dem Ende zuneigen.
Lg eure Liz ;)


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