19. Die Liebe der Mutter

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Faszinierend, wie Bastien Stojan den Kopf so sehr verdreht hatte, dass er einen Großteil der gestohlenen Waffen zurückgab und ab heute sogar wieder mervaillsche Soldaten als Stadtwache zum ›äußeren Schein‹ zuließ, wie der Moragi selbst verkündete - obwohl Bastien ihm im Gegenzug nur Straffreiheit aller am Putsch Beteiligten, Freiheit der Druiden und Freiheit der eigenen Kultur versprach.

Der Stadtgraf hatte seine Stadt fest im Griff.

Von der Freilassung der Kriegsgefangenen im Arbeitslager stand im Friedensvertrag kein Wort mehr. Allerdings hatte Bastien wohl auch kein Interesse daran, Nolanns Befreiung ebenfalls auf die Liste seiner Forderungen zu setzen. Offenbar sollte Stojan sich mit dem Kommandanten und seinem Stellvertreter im Steinbruch allein auseinandersetzen.

Also hockte Nolann jetzt am Pranger, während seine Männer nur zusehen konnten, für den ›äußeren Schein‹ die Moragi sehr wohl von jedweder Unruhe abhielten und die Ernte der Felder überwachten.

So auch an diesem Morgen.

»Und? Bereit, mit deinem Jungspund zu reden?« Stojans barsche Frage wurde sicher noch zur Morgenroutine.

»Vergiss es!« Nolanns Fauchen bestimmt auch.

»Schön.«

Sera schüttelte seufzend den Kopf. Würde nicht zu jeder Zeit eine Wache neben dem Kommandanten stehen, hätte Stojan vermutlich längst nachgetreten, bevor er am nächsten Tag mit derselben Frage wiederkam.

Ihnen gegenüber vor dem inzwischen fast vollständig reparierten Hospital hielt ein Druide seinen Morgenunterricht für alle interessierten Soldaten und Armeeärzte. Sie kritzelten Notizen nieder, als die kindliche Gestalt die wurmartigen Mutterkörner herumreichte und anschließend das Gegenmittel präsentierte.

Seraphina hätte Anthelias Vorliebe für druidische Professoren vielleicht eher begriffen, wenn sie selbst Unterricht bei einem belegt hätte: Sie redeten nicht von oben herab, betrachteten sich nie als etwas Besseres und beantworteten jede Frage mit übermenschlicher Geduld. Ob das ein Resultat ihres langen Lebens war, auch den Menschen Zeit für ihre Entwicklung zu gewähren?

Ihre Finger spielten mit den Metallringen ihres Zeichenblockes unterm Arm. Wenn sie so alt war wie der jüngste Druide in Sale, sah sie mit Glück noch vom Palast in Cor Sole aufs Perlenmeer und genoss ihren Ruhestand. Vielleicht war sie dann aber auch schon lange Asche, die unter den Sternen weiterwehte.

Hinter Luciens Haus setzte sie sich auf die Steinbank und schätzte die Proportionen der Landzunge - dem Felsen wie der Burg darauf und der Savage davor - ab, ehe sie erste Striche zog. Die druidische Vorstellung, alles Leben und jede Seele wäre Teil eines Kreislaufs, war eigentlich eine beruhigende.

Aber wenn alles ein Kreislauf war, wiederholte sich die Geschichte dann nicht endlos?

Die höherliegenden Gebäudeteile der Burg erhielten ihre wuchtigen Fenster. Der Abhang vor dem unteren Tor, die Serpentinen zur Anlegestelle. Im Hintergrund erhoben sich die schroffen Felsen des Schuppengebirges.

Nach Alistairs Vorstellung waren ihre Mutter, Johanna, Marika und Lewian jetzt an diesem Ort, den keiner kannte. Konnten die Toten dort überhaupt glücklich werden?

»Féileacán?«

Saoirse? »Ich bin hier!«, rief Sera zurück und spähte ums Haus.

»Ah, na endlich! Ich brauch' dich! Pack deine Sachen ins Haus, dann schnell in den Wald!« Doch die Druidin hatte ihr Block und Stifte bereits aus den Händen gerissen und warf sie drinnen auf den Tisch.

»Was ist denn los? Ich dachte, außer der Ernte steht gerade nichts an?« Sie rannte der Druidin nach. Ihre Zeichnung war noch nicht fertig! Die Savage toste noch nicht in die Flussmündung wie in diesem Moment.

»Hatte ich auch gehofft, aber wir haben ein riesiges Problem und brauchen dich. Oder besser: Alistair und Ctirad brauchen dich und Sale könnte ein riesiges Problem bekommen.« Saoirse musste ihr ganzes Leben schon gesprintet sein, wie sie einem Eilbotenpferd gleich durch die Stadt und anschließend die mervaillschen Felder preschte.

»Warte doch! Ich bin nicht so schnell und überhaupt: Wozu die Eile?«

Vor ihr schrie die Druidin auf und stoppte mitten auf dem leeren Acker; sah zu ihr herum. »Halt. Warst du das?«

»Ja.« Ein Glück, dass Gedanken keine Atemluft brauchten. »Was ist los?«

»Die Panthera. Ctirad und Alistair suchen die ganze Zeit nach ihnen und finden sie nicht. Das war erst nicht so schlimm, weil die Moragi eigentlich nicht in den Wald gehen, aber jetzt jagen sie da nach Wild.«

Sera erstarrte. Bei allen Krallen des Herrn der Welt! »Und da fällt euch nach sechs Tagen auf, dass sie weg sind und ihr Hilfe braucht? Von wie vielen reden wir bitteschön?«

Saoirse zog den Kopf ein. »Eigentlich sollte Alistair die Panthera gut erzogen haben. Uneigentlich scheint das nicht so zu sein. Jetzt suchen wir zwei Elternteile mit sandfarbenem und rotbraunem Fell und drei Jungen. Du weißt bestimmt: Katzen, die mir bis zur Schulter reichen, mit Pinseln an den Ohren und einem sehr langen Schwanz? Wahrscheinlich sind sie alle zusammen.«

Fünf Panthera. Von allen exotischen und wilden Tieren hatte Alistair auch wirklich Panthera aus dem Duthchal-Wald herbringen und hier halten müssen!

Irgendwo im Wald kamen sie zum Stehen und Sera stolperte mit hämmerndem Herzschlag auf den Laubhaufen vor ihr. Alistair brachte sie alle um! Mordsbestien unbeaufsichtigt im Wald leben zu lassen, war grob fahrlässig.

»Hier ist eine der Spuren, die wir gefunden haben. Alistair und Ctirad suchen in einem anderen Teil nach ihnen und wir starten von hier.« Saoirse kniete vor dem Haufen trockener bis modriger Blätter, aus dem Sera sich befreite.

Dachte die Druidin tatsächlich, sie könnte fährtenlesen? Sie war Seherin aus sakralem Kreise - nicht die Tochter eines Jägers!

»Das war ihr Lagerplatz. Von hier aus sind sie in diese Richtung weiter.« Saoirse schob die Blätter beiseite und legte verwaschene Eindrücke im Moos frei, denen weitere in den Wald folgten.

Nach einigen Metern sah selbst Sera die Spuren: Tiefe Furchen spalteten Unterholz, Moos und Erde. »Sag mir nicht, die Krallen sind tatsächlich zentimeterlang und reißen Metall wie Papier.«

Saoirse starrte wie sie darauf. »Eines der Elternteile ist gesprintet. Sie sind vor etwas geflohen oder diesem Etwas nachgejagt.«

»Denkst du, es waren Menschen?« Sera schluckte. Das gab ein Blutbad. Ein nachtverdammtes Blutbad!

»Wenn, dann haben die Menschen sie bedroht. Panthera greifen nicht grundlos an.« Selbst in Halbschuhen sprang Saoirse leiser als ein Rascheln im Wind den Spuren über Äste, Steine, Stämme nach. Niemals geriet sie ins Straucheln.

Sera hingegen begnügte sich mit Bodenständigkeit. Saoirses Bewegungen konnte sie ohnehin nicht nachahmen, doch auch sie lief und kletterte ungehinderter als bei ihrem letzten Waldausflug. Nie verfing sich ihre neue Kleidung in Zweigen, Dornen oder Büschen. Strich daran vorbei wie Wasser.

Dann entdeckten sie den ersten Armbrustbolzen.

Von vorn auf Kniehöhe ragte er aus einem Baumstamm. Auf den Wurzeln direkt darunter tiefe, lange Krallenspuren in Schussrichtung.

»Die Panthera jagen also die Menschen. Und ich hatte gehofft, das hier oben nicht sehen zu müssen«, murmelte Saoirse und riss den Bolzen aus dem Holz. »Kannst du nach Spuren eines Kampfes suchen?«

Können ja. Wollen?

Sie nickte. Was blieb ihr anderes?

Weiter vor ihnen ragten Bolzen aus dem Boden wie Spieße. Ein Baum hatte auf Kopfhöhe schiefe Striemen von vier gewaltigen Pfoten. Danach beschrieb die Fährte einen abrupten Knick nach rechts, wo sandfarbene Fellbüschel an einem Ast hingen und Blutstropfen einen Felsen herunterliefen.

»Dort entlang. Wir sind schneller, wenn wir gleich Richtung Fluss gehen.«

Noch ehe Seraphina ausgesprochen hatte, lief Saoirse los und ihr blieb nichts, als ihr nachzuhetzen. »Was machen wir, wenn wir die Panthera finden? Ich möchte ungern enden wie der Baum.«

»Du am besten gar nichts. Stillhalten und bloß nicht weglaufen! Ich halte sie schon fest«, rief Saoirse durch den Wald.

Eine kleine Druidin, die fünf wütende Wildkatzen gleichzeitig festhielt, ohne selbst zerfetzt zu werden? Das würde nie funktionieren!

Die Einzelteile eines zerbrochenen Schwertes blinkten zwischen Moos und welken Blättern. Eine entzweigebissene Armbrust mitsamt Bolzen lag verstreut über den Wurzeln. Wenige Meter weiter ein Soldat mit aufgerissenem Brustkorb.

Blut befleckte den einst braunen Stoff.

Blut befleckte die einst goldene Sonne.

Ein abgetrennter Arm lag wie ein unbefriedigendes Spielzeug neben dem Körper. Die Schulter fehlte gänzlich. Krallen hatten die linke Wange gespalten, den Kieferknochen aus der Haut gebrochen und zum Schluss das Herz gefunden.

Atmen! Sera musste atmen!

Alistair brachte sie alle um! Er hatte Monster großgezüchtet, um Sale auf die gleiche Weise zu schützen wie den Duthchal-Wald.

Saoirses Worte waren ein Witz. Was wollte ein Kind gegen fünf dieser Biester ausrichten?

Was tat Seraphina überhaupt hier? In einem einzigen Satz von stahlharten Zähnen und Krallen entzweigerissen werden?

Atmen! Denken! Sie musste hier weg! In irgendeine Richtung, in der die Viecher nicht schon auf sie lauern konnten.

Stillhalten! Bloß nicht weglaufen!

Hier sitzenbleiben und auf den Tod warten? Schlechte Idee.

War der Weg zurück noch sicher? Beobachteten die Mordskatzen sie schon?

Atmen! Stillhalten!

Umgebung untersuchen. Übersicht verschaffen.

Finde deinen Feind, bevor er dich findet.

Sera suchte mit Auge und Ohr.

Ein Schrei zerriss ihr Trommelfell und klingelte ihr durch den Schädel.

Ihre Sinne waren wieder bei ihr. Das war menschlich. Zu tief für Saoirse. Passend für einen Mann mittleren Alters.

Verflucht.

Und wieder presste sie sich in irgendwelche Büsche oder an Bäume und wartete, bis andere für sie starben!

Wenn sie sich unsichtbar und lautlos anschlich, könnte sie die Panthera blenden und ertauben lassen. Oder konnten sie sich auch allein durch ihren Geruchssinn orientieren?

In jedem Fall gab es Saoirse die Möglichkeit, einzugreifen.

Konzentration! Davon hing ihr Leben jetzt ab!

Einfach an dem Soldaten vorbeistehlen und gar nicht auf ihn achten. Solange sie nichts sah, war schließlich alles in Ordnung.

Immer weiter gehen und die Zähne fest zusammenbeißen, damit sie sich nicht übergab.

Noch hatten die Panthera Köder, die sie ablenkten.

Das hier war Wahnsinn! Sie hatte eindeutig das Bestreben, ihrer Mutter zu folgen.

»Nimm das Messer runter und gib ihr die Jungen zurück!«, kreischte Saoirse.

»Ich denk' nicht dran! Ohne das Knäuel sind wir tot!«

Eine Katze schrie vor Schmerzen auf und brüllte sogleich wie ein Löwe, nur um noch einmal aufzuschreien.

»Genau! Lern deinen Platz in dieser Welt kennen, du Dämon!«

Sera könnte helfen - wenn sie den Blick wagte. Den Panthera mit einem Blitzlichtgewitter überfallen und ihm die Ohren zudröhnen.

Wenn sie die Katze sah.

Tonlos stolperte sie näher ans Geschehen.

Fauchen. Knurren. Kräftige Krallen, die im Unterholz scharrten.

Und wenn die Katze sie zuerst wahrnahm, war sie Frischfutter.

Feuchte, kalte Finger klammerten sich an die grobe Baumrinde neben ihr.

Waren ein, zwei Fußsoldaten ihr eigenes Leben wert?

»Was denkt ihr eigentlich, wie dumm Panthera sind? Gib mir ihre Jungen und ich beruhige die Mutter!«

Eigentlich nicht, aber -

Junges Jaulen ertönte abseits des Tumultes und erstickte sofort im Surren vieler Blätter.

»Damit sie uns genauso ausweidet? Du steckst doch mit dem Dämon unter einer Decke!«

Sera fuhr herum. Noch ein Junges?

»Spinnst du? Es gibt tausend bessere Wege, euch umzubringen!«

Sera lief zum verebbten Jaulen. Hoffentlich wusste Saoirse wirklich, was sie tat.

»Euch Heiden sollte man ausbluten lassen!«

Ein hauskatzengroßes Junges!

Baumelnd in einer Schlinge von einem zitternden Schössling und zuckend und krampfend mit den Pfoten und der Schwanzspitze. Nachtverdammter Dunkelmond, das Tier erstickte!

»Wie viel Leid sollen wir für euch eigentlich noch ertragen?«

Sie rannte.

Sie musste dieses Leben retten! Sie konnte dieses Leben retten!

Die kleine Kreatur mit dem kastanienfarbenen Fell und sandfarbenen Tupfern setzte Sera sich auf die Schulter. Der Draht, der es mit dem hochgeschnellten Schössling verband, lockerte sich. Ihre Finger griffen in die Schlinge und öffneten sie.

Das Pantherajunge röchelte, doch entspannte sich - ließ Sera ihm die Schlinge über den Kopf ziehen.

Ihre Schulter stach unter den Krallen.

Langsam schob sie dem Jungen beide Daumen unter den Brustkorb, um es von ihrer Schulter zu heben. Es krallte sich fest. »Komm schon: Du lebst und kannst mich jetzt wieder loslassen. Deine Mutter wartet auf dich.« Außerdem war es schwer und verbog ihr das Rückgrat.

Nichts. Keine Bewegung. Nur ein leises Meckern.

Damit brachte ihre Tarnung auch nichts mehr, wenn sie zu Saoirse und der Mutter ging. Sie würde sie auseinandernehmen wie den ersten Soldaten.

Sie stabilisierte das Fellknäuel, damit es ihr wenigstens nicht mit ausgefahrenen Krallen die Schulter aufschlitzte. Dann stapfte sie sichtbar zum Lärm, wo Saoirse und die Soldaten noch immer um die anderen Jungen stritten.

Einer der beiden lud gerade seine Armbrust nach - eine lange Wunde auf seinem Oberarm klaffend. Der Zweite hielt ein Junges im Nacken, in der anderen Hand ein Messer an seiner Kehle.

Das dritte Junge hing leblos an seinem Gürtel.

»Bist du irre? Was tust du da?« Der Jäger mit seiner tierischen Geisel sah sie an, als wäre sie ein weiterer Panthera.

»Euer müdes Lebenslicht retten! Lass das Junge runter und leg das Tote auf den Boden!«, knurrte Sera.

Die Pantheramutter jaulte auf und sprang hinter der Druidin hervor.

»Vergiss -«

Ein Lichtblitz krachte in den Kiefer des Soldaten und eine smaragdgrüne Perle an einer goldenen Schnur folgte den Bewegungen der Flöte. In einem fließenden Schritt wie eine professionelle Akrobatin riss Saoirse das Bein hoch und schmetterte dem Soldaten die Armbrust aus den Händen, dass sie auf einen Stein schellte. »Na bitte: Geht doch.«

Schmale Bernsteine in einem erdbraunen Gesicht anvisierten den zweiten Soldaten - die gläserne Querflöte mit der Perle wie ein Langmesser erhoben. »Und jetzt zu dir, mein Freund.«

Der hinkte einen Schritt zurück und die Klinge seines Messers zuckte um Millimeter vom Hals des Jungtiers weg.

Was Saoirse sofort ausnutzte; die Flöte mit beiden Händen packte und in einem Hieb von unten in sein Handgelenk schlug, dass das Messer davonflog. Eine Sekunde später knackte die Flöte einhändig ins zweite Gelenk und mit der freien Hand fing Saoirse das Fellbündel auf. »Immer denkt ihr Menschen nur ans Jetzt!«

Ein lautes Kratzen von der anderen Seite und Sera wurden die Knie weich.

Der ausgewachsene Panthera sprintete auf sie zu, dass Laub, Moos und Erde flogen. Krallen - tiefschwarze Onyxe - gebogen wie Sicheln. Reißzähne dicker als ihre dicksten Pinsel.

Sie sprang Sera an.

Bei allen -!

Eine samtig warme Pfote stützte sich auf ihre linke Hand. Die andere fand Halt in ihrer freien Schulter. Die Mutter beschnupperte ihr Kind. Sie nahm ihren Kopf zurück und sah Sera mit gelben, orange gesprenkelten Augen an; senkte wie zum Dank ihr Haupt.

Und fiel zu Boden.

Da lag sie: Mit Bolzen bespickt wie ein Nadelkissen - ihr sandiges Fell rot vor Blut.

»Endlich!« Saoirse riss das leblose Junge vom Gürtel des Zweiten und ließ die vor Schmerzen stöhnenden Soldaten im Laub zurück.

Seraphina setzte sich zur wimmernden Mutter und nahm das Junge von der Schulter auf ihren Schoß, dass sie es sehen konnte. Die dunkel bepinselten Ohren richteten sich zu ihnen und sie stemmte sich so weit zu Sera, dass sie Kopf an Köpfchen mit ihrem Jungen lag. Wenigstens das konnte sie fürs Muttertier noch tun.

Der kleine Nachwuchs hob die Lider und antwortete seiner Mutter mit einem sterbenden Seufzen.

Saoirse sprang zu ihnen; legte die beiden anderen Jungen vor Sera und die Wildkatzen. »Wir sind alle bei dir, Niëv!« Die Hände der Druidin zuckten von einer Schusswunde zur nächsten. »Oshiin, Rory und Quiva sind hier!«

Die Mutter putzte jedem ihrer drei Jungen - auch dem toten - zweimal über die Köpfe, bevor sie ihren eigenen wieder auf Seras Bein legte und zu Saoirse sah.

Der rannen die Tränen über die Wangen. »Nein! Nein, das ... bitte nicht ... du musst -!«

Ein gehauchtes Keckern. Der Pantherakopf kuschelte sich an Seras Bauch, die ihre Tränen versuchte, fortzublinzeln.

Am ganzen Körper bebend strich Saoirse dem sterbenden Jungen über den Kopf. »Niëv, bitte ...«

Gelbe Augen sahen zum kastanienfarbenen Bündel.

Das Junge in Seraphinas Armen atmete tief durch, als wäre ihm ein Druck von der Lunge genommen worden und sah schnatternd zu seiner Mutter. Deren Flanke hob sich zu einem letzten, langen Seufzen, ehe sie ihre auf die Jungen fixierten Augen schloss.

Saoirse presste ihr Gesicht ins blutverklebte Fell der Mutter und weinte.

Wie Borsten fühlte sich das Fell der Mutter unter Seras Fingern an. Je weiter in Richtung Kopf sie die Hand über den Panthera führte, desto weicher und kürzer wurde es. Die Pinsel an den Ohren hingegen waren flauschig wie gekämmte Wolle.

Die Mutter regte sich nicht, doch ihre Wärme verharrte noch in ihrem Fell.

Die Wärme, die ihre Jungen niemals wieder spüren würden.

Sera krümmte sich über dem lebenden Kind und der toten Mutter. Jetzt rannen auch ihr stille Tränen die Wangen zur Nasenspitze herunter und sie biss die Zähne so fest zusammen, dass es schmerzte.

Wieder eine Mutter, die zu früh ging und ihre Kinder in der großen Welt allein zurückließ.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro