32. Ungebetener Besuch

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»General Wyatt de Côte d'Ambre, Herzog der Bernsteinküste, xandrischer Doctor des Wirtschaftswesens, Magister der Politik und zukünftiger Herzog Neu-Mervailles.« In voller Plattenrüstung mit Schild, Schwert, Mordaxt und hochgeklapptem Visier verneigte sich der Mann Anfang vierzig und seine Stimme vibrierte Seraphina durch die Knochen. »Wir haben uns lange nicht mehr gesehen, Professor Galdur. Ich dachte, Ihr hättet den Außendienst aufgegeben?«

»Von Zeit zu Zeit übernehme ich einige der heikleren Missionen und sehe mir an, was die Menschheit dieses Mal verbockt hat. Ist Euch aufgefallen, dass kaum ein Problem von den Druiden initiiert wird, Duc? Das neben mir ist Jeanne, Lizenziatin der Politik und des Wirtschaftswesens. Meine Begleitung bei dieser Mission.« Als spräche er mit einem alten Freund, wies er gelassen auf Sera und sie versuchte sich an einer unbefangenen Verbeugung.

Noch jemanden, den Tjelvar kannte?

Der General nahm den mit Bernsteinen verzierten Helm ab und reichte ihn einem seiner Soldaten, um die Hände zu falten und das Haupt zu senken. Anschließend schmunzelte er Seraphina mit meergrünen Augen und zarten Lachfalten an. »Es ist mir eine Ehre, eine weitere Schülerin Xandrias begrüßen zu dürfen, Jeanne. Aber seit wann werden Schüler auf Missionen geschickt – noch dazu ohne Fuchsbroschen?«

»Seit Meister Xanthos entschieden hat, mich in der Praxis lernen zu lassen. Und er lag richtig in seiner Einschätzung.« Sie lächelte ehrlich. Allein schon ihres Bruders wegen würde sie ihm ewig dankbar sein.

Der Generalherzog legte die mit Sonnenflecken besprenkelte Stirn in Falten.

»Organisatorische Gründe, Wyatt. Was zählt, ist die Gesandtenbrosche«, sprach Tjelvar mit einer Hand auf Seras Schulter. »Sagt an, was führt einen Duc, einen General der Hauptstreitmacht und den engsten Vertrauten von Prinz Émile nach Sale? Noch dazu unangekündigt.«

»Verzeiht, Professor.« Wyatt strich sich den gefrierenden Schweiß aus seinem Haar in der Farbe des Stammes einer alten Eiche. »In Elk ist viel passiert, seit ich Euch habe herbeten lassen. Ich bin hier, um mit Stadtgraf Bastien Boucher und Kommandant Nolann zu reden. Es gibt Nachrichten, die jeder hören sollte.«

»Nun, denn?« Tjelvar hob die Brauen.

Der General gluckste, schüttelte aber den Kopf. »Ich bin jetzt einer der Herzöge von Mervaille und habe anderen Regeln zu gehorchen als früher – vor allen, Professor. Liege ich richtig, dass der Stadtgraf in der Burg lebt?«

»Leben ja, im Augenblick weilt er jedoch in der Stadt. Vorweg eine Frage.« Mit verschränkten Armen versperrte er dem Herzog den Weg in die Stadt. »Seid Ihr hier, um Blut zu vergießen?«

Wyatts Augen funkelten wahrlich wie das seichte Meer vor Arta an einem wolkenlosen Sommertag. Für einen Moment kniff er sie zusammen. Im nächsten strahlte wieder dieses helle Lächeln in seinen Zügen. »Nicht, wenn es sich vermeiden lässt.«

Sera blickte vom Schüler zum Professor und zurück. Warum war ein General so weit von der Front entfernt mit gerade einmal einem Dutzend Soldaten im Gefolge?

Langsam atmete Tjelvar aus. »Gut. Dann folgt uns.«

Sie führten die Neuankömmlinge das kurze Stück zum Steinschlag. Wie würde der General auf die Druiden und das Miteinander von Mervaillern und Moragi reagieren? Wie Stojan, Olga und Alistair?

Der Name Wyatt de Côte d'Ambre war den Studenten von Xandria natürlich ein Begriff: Vor Sera war er der letzte Adelige, der den Eignungstest vor gut fünfundzwanzig Jahren bestanden hatte. Wenn die Tests zuverlässig waren, sollte der Herzog ein besonnener Mann sein.

Doch galt das auch für die Druiden?

Tjelvar öffnete die Tür und winkte erst Sera, dann ihre Gäste in die Schenke.

Drinnen atmete sie tief durch, ehe sie den General und Herzog vorstellte.

Bastien und Nolann froren in der Zeit fest und das Blut sickerte ihnen aus den Gesichtern. Die Druiden hingegen wirkten erstaunlich ruhig – Saoirse von allen am skeptischsten. Stojan stellte sich vor seine Gemeinschaft und musterte die Rüstungen und Waffen der Mervailler. Die restlichen Moragi schienen nicht zu wissen, wie sie sich verhalten sollten.

Außer Janek: Er stolperte rücklings über einen Stuhl, krachte mit ihm zu Boden und schrie. Weinend, zitternd und würgend lag er auf den Fliesen. Kroch weiter, immer weiter vom General weg.

Alistair und Ctirad sprangen zu ihm und zogen ihn zu den Schankfässer neben dem Hinterausgang. Der Druide bat seinen alten Schüler, mit Janek zu verschwinden und keine Minute später trug dieser den Jungen nach draußen.

War das ... eine Panikattacke? Warum bei Wyatt?

Sera starrte zum Herzog, der ebenso irritiert drein blickte.

»Ich nehme an, der Anwesenheit eines hochrangigen Militärs liegt ein triftiger Grund nahe?« Alistair bahnte sich den Weg durch die reglose Menschenmasse. Er trat vor den General und faltete die Hände in mervaillscher Manier. »Mein Name ist Alistair, Doctor der Politik und Sozialkunde. Ich bin sozusagen der Stadtälteste hier.«

Sera klappte ihren Kiefer wieder hoch. Alistair war Doctor? Was bei allen Sternen machte er dann an einem sonnenverlassenen Ort wie diesem hier?

Herzog de Côte d'Ambre begrüßte Alistair hingegen ohne ein Wimpernzucken. Sein Blick galt Alistairs Brust, wo auch sein Fuchskopf fehlte. »Xandrias Segen reicht weiter, als man zunächst erahnen möchte. Die Wurzeln der Lilie übrigens auch. Seid Ihr ein zur Ruhe gesetzter Doctor?«

»Ja. Die Ferne hat mich stärker inspiriert als die Füchsin einst.« Der kleine Druide lächelte nichtssagend höflich.

»Jedem das Seine.« Wyatt hob seine Stimme und sein Haupt; prüfte einmal den gesamten Raum, ehe er klangvoll weitersprach. »Ich bin heute hierhergekommen, um euch etwas mitzuteilen: Philippe der Erste de Cadeaux – unser König von Mondes Gnaden – ist vor etwas über zwei Monaten einem Attentat des Moragi-Widerstandes zum Opfer gefallen. Möge der Silbermond ihn selig haben.«

Nun fror Sera am Boden fest. Der König war tot?

»Da uns bis heute jeder Hinweis auf den Verbleib des Ersten Prinzen Louis fehlt, ist sein Bruder – der Zweite Prinz Émile – ihm in der Erbschaft nachgefolgt. Longue vie au roi.« Wyatt machte eine Atempause und fixierte Bastien. »Graf Thibault Boucher erlag seinen Verletzungen noch am Ort des Anschlags. Mein Beileid gebührt Euch.«

Bastien schluckte.

Sera bohrte die Fingernägel in ihre Handflächen. Bloß die Gesichtszüge unter Kontrolle halten! Irgendetwas an diesen Worten stimmte ganz und gar nicht.

»Und jetzt?« Sie biss sich auf die Zunge. Zu scharf gefragt. Also noch einmal und freundlicher: »Was darf Sale vom Wechsel der Krone und Eurer Anwesenheit erwarten, Herzog?«

»Frieden, so hoffe ich, Füchsin.«

Die Antwort kam aber schnell. Sie löste ihre Fäuste und schlich auf Wyatt zu. »Meinerseits präzisiert die Frage: Was dürfen die Druiden vom Wechsel der Krone erwarten?«

Was Bastien und Nolann?

Wyatt richtete sich auf, dass er auf Seraphina hinabblickte. Doch er schwieg.

Wusste sie es doch! Sie reckte das Kinn und sah ihm direkt ins Meer. »Ihr sagtet, Ihr wäret nicht gekommen, um Blut zu vergießen. Mit welcher Order hat König Émile Euch geschickt?«

Würde er es laut sagen?

»Wenn Ihr wüsstet, Füchsin.« Der Herzog hielt ihrem Blick stand. Selbst seine eigenen Gedanken kontrollierte dieser Mann perfekt. Stille Wasser waren wahrlich tief. »König Émile hat mich damit betraut, im Lehen der Füchse nach dem Rechten zu sehen und Euch nötigenfalls nachzuhelfen – jetzt, wo der König eine Reihe neuer Gesetze erlassen hat.«

Seraphina machte eine ausladende Geste und lächelte. Hielt ihre Stimme so ruhig wie möglich. »Sicher besteht bei jedem von König Émiles treuen Untertanen ein Interesse an diesen Gesetzen.«

Er blickte sie an.

Sie blickte zurück.

Er nickte mit hochgezogenen Mundwinkeln. Nahm einen dicken Brief von einem der Soldaten, entfaltete ihn und las vor. »Mit Bekanntwerden der angeführten Gesetzesänderungen gilt nun überall im Land des Mondes: Ersteres, dass kein Druide mehr auf dem Scheiterhaufen oder durch sonst eine Art feindseligen Aktes zu Tode kommen darf.«

Die Moragi atmeten auf und auch Bastien und Nolann sackten in ihre Stühle. Sogar Alistair schien die Botschaft überrascht zu haben. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete er nun Wyatt.

»Zweiteres, dass nur noch jene heidnischen Bräuche, Artefakte und Redensarten als verboten gelten, welche entweder den Mondgott beleidigen, in direktem Widerspruch zur mervaillschen Tradition stehen oder einen mervaillschen Bürger, sein Eigentum oder seine Ehre verletzen.«

Saoirse runzelte die Stirn und wandte sich zu Lucien, der falsch herum auf seinem Stuhl saß und die Fingernägel in die Holzlehne bohrte. Blanker Hass verdunkelte seine himmelblauen Augen.

»Drittens, dass seit mindestens sechs Monaten durchgängig friedliche Kriegsgefangene freizulassen sind – «

Ein Donnern schlug auf eine Tischplatte und der ganze Schankraum fuhr zusammen.

»Ja!«, brüllte Stojan und hob seine Faust in einem Siegesschrei. Er umarmte seine Schwester, die sich die Augen rieb.

Der Herzog der Bernsteinküste nahm seine Hände mit der Liste hinter den Rücken. 

Dann wartete er.

Die jauchzenden Moragi wurden still.

Wyatt bewegte sich kein bisschen.

Dafür fielen Stojan und seine Freunde wieder auf die Stühle.

Indes hob der Herzog die Brauen. »– sofern sie unter Silbermondes Eid schwören, ab sofort jegliche kriegerischen Handlungen oder Gedanken gegenüber der mervaillschen Ordnung zu unterlassen.«

Ein weiteres Mal herrschte Stille und Sera sah seine hochzuckenden Mundwinkel ob Stojans empörten Gesichtsausdrucks.

Schließlich las Wyatt sein Papier wieder ab. »Viertes, dass die mervaillschen Truppen in seit mindestens sechs Monaten durchgängig befriedeten Lehen entweder an die Front oder in die Heimat abgezogen werden, sollten auch die unmittelbaren Nachbarlehen befriedet sein. In diesen Fällen ist vorher eine Nachricht nach Elk oder Cadeau zu senden. Kein stationiertes Bataillon verlässt sein Lehen, bevor nicht eine örtliche Exekutive, eine Legislative und eine Judikative unter Anleitung eines Mervaillers aufgestellt und abgesichert ist. Ein Stadtrat nach mervaillschem Vorbild in geeigneten Gebieten ist wünschenswert.«

Keiner sagte etwas.

Bastien und Nolann fehlte immer noch jede Farbe. Stojan und Olga blickten einander irritiert an. Saoirse hatte sich in Luciens Hemd gekrallt, der aussah, als spränge er Wyatt jeden Moment mit gezückter Waffe an. Alistair stand mit verschränkten Armen da und musterte den Generalherzog wie eine Maus den Panthera im Schafsfell, die ahnte, dass ihr kein Schaf gegenüberstand.

Sera pirschte aus der Mitte des Raums zu Tjelvar. Er lehnte zwar scheinbar entspannt an der Wand hinter Wyatts Soldaten, aber auch seine Gesichtszüge waren verkrampft. In seinen Augen glühte dieselbe Erkenntnis wie Alistairs und ihre.

Blutrot.

Wyatt faltete den Brief wieder zusammen und gab ihn zurück. »Im Lehen Sale gibt es Steine, Holz und eine wichtige Flussmündung. In den nächsten Jahren wird diese Stadt eine befestigte Brücke, einen zweiten Stadtteil am anderen Ufer, einen vernünftigen Hafen und eine brauchbare Infrastruktur errichten. Keine zehn Jahre und ihr werdet auf dem besten Wege sein, zu einer Stadt wie Aiglon heranzuwachsen. Den Rest – Stadtgraf, Kommandant, Füchse – klären wir ab morgen und ungestört.«

Damit stolzierte der General aus dem Steinschlag. Seine Präsenz aber hing noch lange in der Luft.

In der Stille.

Marika hatte, was sie wollte: Émile war König. Jetzt würde sich zeigen, ob er die Druiden besser behandelte.

~✧~

Duc Wyatt entnahm seiner Brieftasche ein Papier nach dem nächsten und sortierte sie auf dem Tisch in Bastiens Arbeitszimmer. Die Todesbestätigung des alten Königs, die Krönungsbestätigung von Émile, eine Liste in und um Sale befindlicher Ressourcen, die zeitnah an die Heimat angebunden werden sollten und zwei Briefe mit dem Wachssiegel des mondgekrönten Heiligen Michel – Schwert und Zepter in der Hand.

Briefe des Königs. Einer an die Füchse, der zweite an Bastien und Nolann.

In ihrem bedankte König Émile sich für Xandrias Zusammenarbeit, obwohl das Verhältnis der Druidenunterdrückung wegen angespannt war. Im Namen des Königs und der Herzöge bat Émile Tjelvar und sie darum, für die zukünftige Innenpolitik ein Pilotprojekt in Sale für die Kooperation zwischen Mervaillern, Druiden und Moragi zu beginnen.

In dem für Bastien und Nolann standen weniger erfreuliche Nachrichten, Nolanns Blässe und Bastiens schmalen Lippen nach. Mithilfe ihrer Gabe las Seraphina mit.

Der König und seine Herzöge hatten Nolann aus dem Dienst entlassen: Der Kommandant war seiner Aufgabe, den Wasserteufel festzuhalten, nicht gerecht geworden. Sollte sich die gescheiterte Kriegswaffe trotz ausbleibender Meldungen aus Cadeau doch noch zur Rache entscheiden, verlor Nolann seinen Kopf ohne Umschweife.

Bastien drückte der neue König sein Beileid zum Verlust seines Vaters aus. Doch bereits im nächsten Absatz listete er die Namen all derer auf, die wie Graf Thibault Boucher auf Philippes Seite standen und wodurch sie zu Tode kamen. Sogar einer der fünf Herzöge von Mervaille war den ›Unfällen‹ zum Opfer gefallen.

Wohingegen Herzog Wyatt de Côte d'Ambre die Arme auf die Tischplatte legte und mit undurchsichtiger Neutralität jedem von ihnen ins Gesicht blickte. Nur bei Lucien zuckte eine Braue kurz in die Höhe. »Warum genau, sagtest du, solltest du unseren Gesprächen beiwohnen?« Er griff nach seinem Glas und trank zurückgelehnt einen Schluck.

»Bedürfen die endgültigen Verhandlungen nicht auch einen Vertreter der Moragi und Druiden?« Ihr Bruder zuckte mit den Achseln.

Der Herzog kniff die Augen zusammen und tat schwer irritiert. »Was bist du doch gleich?«

Lucien wurde bleich und zuckte zu Sera. »Meinerseits versteht – «

»Ein Landstreicher«, knurrte Wyatt. »Ein Gauner, ein Tagedieb. Bestenfalls noch ein Kleinkrimineller.«

Seraphina spannte sich an. Ihrem Bruder so etwas vorzuwerfen!

»Duc –«, begann Tjelvar, doch der Herzog hob die Hand und funkelte ihn an.

»Siehst du die hier, Druidenjunge?« Er zeigte auf seine Brust, wo zwei Fuchsköpfe prangten. In einem lauerten die roten Edelsteinaugen für seinen Doctor aus dem Jahr eintausend siebenundfünfzig, im anderen grüne für seinen Magister von eintausend vierundfünfzig. »Xandrias Füchse sind neutral und Vertretung genug für jeden von euch. Du bist es nicht. Folglich tätest du gut daran, diesen Raum zu verlassen und andere nicht von ihrer Arbeit abzuhalten.«

Ihrem Bruder zitterten die Kiefermuskeln, so sehr mahlte er mit den Zähnen. »Sagt der, der dem neuen König das Morden beigebracht hat.«

Diese Stille entstand nicht durch den Herzog.

Sera hörte Wyatts klopfendes Herz, als er Lucien bleich und entgeistert anstarrte.

So, wie alle anderen am Tisch.

Hatte ihr Bruder Wyatt und Émile gerade des Putsches und Königsmords bezichtigt?

Der Generalherzog de Côte d'Ambre brummte. Seine Miene hätte den Mond zerreißen können. »Raus.«

Die Stuhlbeine scharrten über den rotbraunen Teppich, als Lucien aufstand. Er nutzte einen ewig langen Moment, um grinsend auf Wyatt herabzusehen. »Ich erinnere mich an Cadeau. Émile sicher auch.«

Dann verbeugte er sich in bester Manier und ging.

Sera wagte nicht zu atmen. Sie zuckte zusammen, als die Tür hinter dem Mann, den sie immer für ihren Bruder gehalten hatte, zuschlug.

»Schön. Jetzt können wir uns wenigstens Eurer bodenlosen Inkompetenz widmen, Boucher.«

»M ...« Bastien presste sich in seinen Stuhl.

»Wie kann es sein, dass ich hierherkomme und das Erste, was mir über den Weg läuft, sind Druiden? Wer von Euch beiden ist eigentlich der unfähigere im Befolgen seiner nachtverdammten Befehle?«, donnerte Wyatt und sein Echo hallte von den mit roten Wandteppichen behangenen Wänden wider. 

Nolann und Bastien hätten ebenso gut Leichen sein können, so weiß wie sie wurden.

»I – Meinerseits ... Wir ... Die –«

»Halt den Mund, Boucher! Sale war Eure Möglichkeit, Euch zu beweisen – und Ihr habt sie mit Bravour verspielt. Nennt mir auch nur einen einzigen Grund, warum Ihr nicht heute Abend schon brennen solltet!«

»Den, dass der Silbermond es so wollte.« Seraphina stützte die Ellenbogen auf den Tisch und verschränkte die Finger vor dem Mund. Nun hieß es nur noch, standhaft zu bleiben.

Wyatts ganze Wut konzentrierte sich auf sie. »Eine Füchsin ohne Fuchskopf erzählt mir etwas vom Silbermond?«

Atmen.

»Tut sie. Der Stadtgraf kann Euch gerne die Depesche von Mondpriester Michel vorlegen. Oder zählt das Wort des Silbermondes jetzt auch nicht mehr?«

»Äh, j-ja. Natürlich. Die ... die ist gleich hier. Hier ...« Mit Tremor in den Händen fummelte Bastien in seinen Innentaschen und reichte Michels Brief dem Herzog.

Einer von Wyatts Mundwinkeln zuckte empor, als er die wenigen, glücklicherweise undatierten, aber abgestempelten Zeilen las. »Na, dann ist ja alles geklärt.« Er ließ den Zettel fallen und starrte Sera an. »Die mondweise Füchsin scheint offensichtlich einen vollumfänglichen Überblick zu haben. Kümmert Euch darum, dass Sale einen ordentlichen Stadtrat bekommt. Unser mervaillsches Personal ist schließlich zu unfähig für derartige Aufgaben.«

»Pardon?« Sie zog den Kopf ein. »Xandrias Füchse machen keine Politik. Wir können Euch beraten, doch wenn Ihr –«

»Ich habe Euch nicht darum gebeten, Füchsin.«

»Nein, aber das solltet Ihr«, erklang Tjelvars tiefe Stimme wie ein Fels in der Brandung von Wyatts tosendem Meer und Sera seufzte auf. »Jeanne hat recht, Wyatt. Wir beraten. Dann und wann nehmen wir Bitten an. Aber niemand befiehlt uns etwas.«

Ein Zischen ertönte, als der Generalherzog die Augen schloss und durchatmete.

Einmal.

Zweimal.

»Verzeiht bitte meine Attitüde, Füchsin, Professor, Stadtgraf, Nolann. Das war unschicklich.« Wyatts Blick lag auf Tjelvar. »Der allseits weise und ruhige Professor. Wie ich Eure Art am Hof so manches Mal vermisst habe ...«

Der nickte.

»Erlaubt mir, Füchsin Jeanne, meine Bitte erneut zu formulieren: Vermögt Ihr mir zu helfen, diesem zukünftig bedeutenden Lehen einen geeigneten Stadtrat zu schenken? Ich kenne die Menschen – und Druiden – hier leider zu wenig und muss dementsprechend darauf vertrauen, dass Ihr mich anleiten könnt.«

Seraphina verkrampfte die Hände auf ihren überschlagenen Knien, lächelte und sah direkt in die geglätteten Wogen im Meer. »Natürlich, Duc de Côte d'Ambre.«

Ablehnen stünde schließlich nicht zur Debatte.

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