13 - Aus demselben Blut

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Quincy hielt ihr Wort und gab Dale den Freiraum, den er benötigte. Auch wenn es in ihren Fingerspitzen kribbelte und sie Dale am liebsten keine einzige Sekunde von der Seite weichen würde, musste Quincy seine Entscheidung, allein zu sein, akzeptieren.

Am Samstagmorgen schlenderte Quincy gemeinsam mit Ana und Miles durch die Einkaufsstraßen von New Heaven. Es war nett von ihren Freunden, dass sie versuchten, sie auf andere Gedanken zu bringen, doch ehrlich gesagt klappte das nur so semi-gut.

Dale und Isla waren dauerhaft in Quincys Kopf präsent. Sie wollte sich gar nicht erst vorstellen, von welch gigantischem Schmerz Familie Edwards derzeit heimgesucht wurde.

„Leute? Ich glaube, ich brauche mal eine kurze Shopping-Pause", seufzte Ana erschöpft, womit sie Quincy aus ihrem Gedankenstrudel befreite. „Was haltet ihr von einem Kaffee im Bellissimo?"

Während Miles sofort zustimmend nickte, zuckte Quincy bloß mit den Schultern. Es war ihr egal, wie sie ihren Vormittag verbrachte, Hauptsache sie war nicht allein.

„Na dann mal los!", trällerte Ana übertrieben fröhlich. „Kaffee am Morgen vertreibt ja bekanntlich Kummer und Sorgen." Im Einklang mit ihren Worten hakte sich Ana bei Quincy ein und steuerte dann ihr Lieblingscafé, das etwas außerhalb des Stadtzentrums an einem kleinen See lag, an.

Auf dem Weg zu dem Café sagte Quincy kein einziges Wort. Nicht einmal dem Gespräch von Ana und Miles, das von irgendeiner neuen Serie auf Netflix handelte, konnte sie folgen.

Quincys Gedanken überschlugen sich wie auf einer Achterbahnfahrt. Je länger sie an Islas leuchtendgrüne Augen und an Dales sorgloses Lächeln dachte, umso größer wurde der Schmerz in ihrer Brust.

Quincy spürte, wie ihre Sicht verschwamm und sich brennende Tränen unter ihren Lidern sammelten.

Sie hatte Isla und Dale in den vergangenen Wochen so liebgewonnen, dass sie sich ein Leben ohne die beiden Geschwister schon gar nicht mehr vorstellen konnte.

Als Quincy gemeinsam mit Ana und Miles die Kreuzung erreichte, die zu dem Café Bellissimo führte, blieb Quincy auf einmal mitten auf der Straße stehen. Ihr Herzschlag beschleunigte sich und eine Welle des Schwindels brach über ihrem Kopf zusammen.

„Nein", murmelte Quincy so leise, dass sich ihre Stimme in der Luft verlor.

Wie hypnotisiert starrte sie auf den Parkplatz vor einem Friseursalon, auf dem das magische Taxi stand.

Quincy fühlte sich beim besten Willen nicht bereit dazu, sich mit dem Taxi und ihrem Schicksal auseinanderzusetzen. Aktuell hatte sie viel größere Sorgen: Zum Beispiel, wie sie Isla das Leben retten konnte.

„Quinny!", schnitt sich Miles' besorgte Stimme durch den Gedankennebel in Quincys Hirn. „Was machst du denn da? Komm endlich!" Quincy spürte, wie sich warme Finger um ihr Handgelenk schlossen und sie auf die andere Straßenseite gezerrt wurde. Ihr Blick haftete allerdings weiterhin auf dem leuchtenden Taxi.

„Quinny? Hallo? Erde an Quinny? Ist jemand zuhause?" Eine Hand wedelte vor Quincys Gesicht herum, allerdings regte sie sich nicht.

„Du siehst das Taxi, oder?"

Es waren nur fünf Wörter, doch sie reichten aus, um Quincy aus den Fängen ihrer manipulativen Trance zu stoßen. Sie schüttelte einmal benommen den Kopf, ehe sie ihren Blick zwischen Ana und Miles hin und herwandern ließ.

„Was?" Quincy war verwirrt. „Woher weißt du von dem Taxi?"

Ana hatte schon oft deutlichgemacht, dass sie der Legende des magischen Taxis keinen Glauben schenkte. Woher kam also der plötzliche Sinneswandel?

Quincy runzelte misstrauisch ihre Stirn, als sie beobachtete, wie Anas Wangen von einem sanften Rotschimmer überzogen wurden. „Na ja", stammelte ihre Freundin verlegen. „Eventuell hat mir Miles davon erzählt."

„Wann?", wollte Quincy sofort wissen.

„Nachdem wir Sex hatten."

„Wie bitte?!" Im ersten Moment dachte Quincy, ihre Ohren würden ihr bloß einen Streich spielen, doch die peinlich berührten Gesichtsausdrücke ihrer Freunde sprachen für sich.

Quincy war nicht wütend, dass Miles Ana die Sache mit dem Taxi anvertraut hatte. Viel eher war sie neugierig, seit wann die beiden miteinander schliefen.

Was zum Teufel hatte Quincy alles verpasst?

„Ich wollte es dir erzählen, Quinny. Echt!", stammelte Miles überfordert. „Aber irgendwie war der richtige Moment noch nicht da."

„Schon gut, Miles", lächelte Quincy ihren besten Freund beschwichtigend an. „Ich freue mich für euch zwei! Hoffentlich klappt es dieses Mal länger als zwei Wochen."

Daraufhin mussten Quincy, Ana und Miles lachen.

„Lasst uns später darüber reden, okay?" Quincys Blick wanderte zu dem Taxi zurück, das unverändert auf dem Parkplatz vor dem Friseursalon stand. „Wie es scheint, muss ich mich erst um etwas anderes kümmern."

„Natürlich", sagte Ana sofort.

„Pass auf dich auf, Quinny!", fügte Miles hinzu.

Quincy sah nur noch aus dem Augenwinkel, wie Ana und Miles ihre Finger miteinander verwebten, dann konzentrierte sie sich einzig und allein auf das magische Taxi.

Quincys Herz hämmerte viel zu schnell gegen ihren Brustkorb, als sie nach einigen Minuten vor dem Fahrzeug zum Stehen kam. Sie holte noch einmal tief Luft, bevor sie ihre Hand auf den grün blinkenden Bildschirm legte.

„Herzlich Willkommen zurück, Quincy Morgan. Das Schicksal hat mich zu dir geführt. Jetzt liegt es an dir, dein eigenes Schicksal zu erfüllen", wurde sie von der mechanischen Computerstimme begrüßt.

Kaum waren die Worte vom Wind verschluckt worden, öffnete sich die Tür des Taxis. Quincy krabbelte auf die Rückbank, schnallte sich an und wartete nervös auf die Frage nach ihrem Zielort.

Lange musste sie sich nicht gedulden, da ertönte auch schon wieder die Computerstimme. „Was ist dein Ziel, Quincy Morgan?"

Quincy seufzte. Auch wenn sie Dale versprochen hatte, ihm seinen Freiraum zu geben, war sein zuhause der einzige Ort, der ihr sofort in den Sinn kam.

Quincy musste ja auch nicht zwingend mit Dale sprechen. Vielleicht wollte das Taxi einfach nur, dass sie sich bei Isla für ihren überstürzten Abgang entschuldigte.

„Das Haus von Familie Edwards!"

„Falsch! Das Schicksal führt dich dorthin, wo du wirklich hinmusst!", belehrte sie die Computerstimme eines Besseren.

Quincy konnte nicht verhindern, dass sich Angst wie ein Lauffeuer in ihrem Körper ausbreitete. Die Ungewissheit nagte an ihrem Verstand und ließ sie in ihren eigenen Sorgen und Zweifeln ertrinken.

Wo brachte sie das Taxi hin? Musste Quincy etwa ein neues Schicksal erfüllen?

Die ganze Fahrt über kaute Quincy ungeduldig an ihren Fingernägeln. Eigentlich hatte sie das schon lange nicht mehr gemacht, doch in jenem Moment beruhigte sie die Tätigkeit ein bisschen.

Fast schon hätte Quincy einen erleichterten Schrei ausgestoßen, als das Taxi irgendwann anhielt und die Computerstimme sie mit den Worten „Wir haben das Ziel erreicht. Du kannst jetzt dein Schicksal erfüllen, Quincy Morgan" entließ.

Als wäre Quincy tagelang in einem dunklen Bunker eingesperrt gewesen, stürzte sie gierig an die frische Luft. Warme Sonnenstrahlen tanzten über ihre Haut und regulierten ihren rasenden Herzschlag.

Es dauerte ein paar Minuten, bis sich Quincys Augen an die hellen Lichtverhältnisse gewöhnt hatten und sie ein großes Gebäude, das vor ihr bis in die Wolken hinaufragte, entdeckte. Vor dem riesigen Komplex befanden sich rote Fahnen, die sich im Takt des Windes hin und herbewegten.

Mit Beinen, die so weich wie Wackelpudding waren, näherte sich Quincy den Fahnenmasten. British Red Cross stand auf ihnen geschrieben.

Wie schon so oft in den vergangenen Wochen runzelte Quincy verwirrt ihre Stirn. Sie hatte keine Ahnung, welches Schicksal sie an diesem Ort erfüllen sollte. Ihr Gehirn arbeitete nicht mehr richtig, sondern dachte pausenlos an Isla und Dale.

In ihrer Verzweiflung zog Quincy ihr Handy aus der Hosentasche und wählte Miles' Nummer. Zum Glück nahm er den Anruf schon nach dem fünften Tuten entgegen.

„Quinny?", meldete sich Miles besorgt zu Wort. „Ist alles okay? Wo bist du?"

„Beim British Red Cross", antwortete Quincy. „Ich ... Ich bin total verwirrt, Miles." Ein lauter Schluchzer, auf den ein paar Tränen folgten, entfloh Quincys Lippen. „Wa-Was soll ich denn jetzt ma-machen?"

„Erstmal tief ein und ausatmen", versuchte Miles, seine beste Freundin zu beruhigen. „Und dann gehst du dort rein und lässt dir einen Blutspendeausweis machen. Wenn du möchtest, können Ana und ich auch zu dir kommen."

Quincys Augen weiteten sich. „Einen Blutspendeausweis?", fragte sie Miles entsetzt. „Du weißt doch ganz genau, dass ich jedes Mal umkippe, wenn mir Blut abgenommen wird. Ich kann das ni-"

„Hör mir zu, Quinny", unterbrach Miles seine Freundin mit einem strengen Unterton in der Stimme. „Bei Isla wurde Blutkrebs diagnostiziert. Ich denke, das Taxi hat euch zusammengeführt, weil du Isla mit deinen Stammzellen helfen kannst."

Miles' Worte schlugen wie eine Bombe in Quincys Herzen ein. Sie spürte, wie die Luft aus ihren Lungenflügeln entwich und ihr schwindelig wurde.

War es wirklich möglich, dass sie Isla das Leben retten konnte?

Obwohl sich die Gedanken und Gefühle in Quincys Kopf überschlugen, ergab plötzlich alles einen Sinn.

„Danke, Miles! Du bist der Beste! Ach nein, was rede ich da? Der Allerbeste! Sag Ana, sie soll dich ganz fest abknutschen!" Mit diesen Worten beendete Quincy das Telefonat.

Sie wischte sich die getrockneten Tränen von den Wangen, straffte ihre Schultern und ging dann mit selbstbewussten Schritten auf den Eingang des riesigen Gebäudes zu.

Jetzt würde sich nicht nur entscheiden, ob Isla und Quincy aus demselben Blut waren, sondern auch, ob Isla überhaupt eine Zukunft hatte.

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