3 - Dale Edwards

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Als Quincy am nächsten Morgen aufwachte, lagen dunkle Schatten unter ihren Augen. Sie hatte kaum geschlafen und wenn doch, dann wurde sie von bösen Albträumen geplagt.

„Guten Morgen, Sonnenschein", trällerte Ana fröhlich, als Quincy die Küche betrat. „Kaffee und Rührei mit Bacon? Kein Problem, kommt sofort!" Daraufhin wirbelte Ana so lange durch den Raum, bis sie ein perfektes Frühstück für Quincy angerichtet hatte.

„Kannst du mich nicht auch mal so verwöhnen?", seufzte Miles, der bereits am Küchentisch hockte und lustlos in seiner Müslischale herumrührte, deprimiert. Auch er konnte nicht viel geschlafen haben, stellte Quincy fest. Seine leicht angeschwollenen Augen verrieten ihn.

„Würde ich ja, Miles, aber leider bist du komisch und magst keine Eier ..."

„Richtig. Ich stehe eher auf Vaginen. Das müsstest du aber eigentlich wissen."

Quincy genoss den kurzen Schlagabtausch zwischen ihren Freunden. So fühlte es sich wenigstens wie ein normaler Samstagmorgen an und nicht wie ein Tag, an dem etwas Großes auf sie wartete.

Nachdem sie alle gemeinsam gefrühstückt und den Abwasch gemacht hatten, verabschiedete sich Ana zum Lernen in die Universitätsbibliothek. Quincy und Miles nutzten ihre Abwesenheit, um nochmal über ihren Plan, den sie am Vorabend entworfen hatten, zu sprechen.

„Meinst du wirklich, dass es eine gute Idee ist, zu den Edwards zu fahren?", hakte Quincy misstrauisch nach. „Vielleicht hat sich das Taxi ja gestern bloß vertan ..." Kaum waren ihre Worte laut ausgesprochen, strafte Miles sie mit einem strengen Blick.

„Schon gut, schon gut", kapitulierte Quincy, indem sie ihre Hände in die Höhe hielt. „Wir werden zu ihnen fahren und nachschauen, ob alles okay ist."

Um ehrlich zu sein war Quincy erleichtert, dass sie sich ihrem besten Freund am vergangenen Abend anvertraut hatte, denn so musste sie diese schwierige Situation nicht allein meistern.

Hoffentlich war Familie Edwards noch nichts zugestoßen!

Quincy und Miles schlüpften in ihre Schuhe, schnappten sich den Haustürschlüssel und fuhren dann mit dem Aufzug, der jedes Mal fürchterlich nach Geschlechtsverkehr und Alkohol roch, ins Erdgeschoss hinab.

Draußen war es angenehm warm. Die Sonne schien, die Vögel zwitscherten miteinander um die Wette und die Blumen entfalteten sich in ihrer ganzen Farbpracht. Von dem gestrigen Unwetter gab es keine Spur mehr.

„Dann mal los zur Bushaltestelle", klatschte Miles motiviert in die Hände. Trotz seiner vermeintlich guten Laune wusste Quincy ganz genau, dass er ebenso nervös war, wie sie selbst. Miles versuchte bloß, Quincy auf andere Gedanken zu bringen, wofür sie ihm auch sehr dankbar war.

„Ja, lass uns gehen." Quincy wollte sich gerade in Bewegung setzen, da wanderte ihr Blick wie von selbst zu der alten Eiche, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand.

Überrascht schnappte sie nach Luft.

Spielten ihr ihre Augen etwa einen bösen Streich oder stand dort tatsächlich das mysteriöse Taxi vom Vortag?

Begleitet von ihrem rasenden Herzschlag zupfte Quincy an dem Saum von Miles T-Shirt. Sofort blieb er stehen und wollte wissen: „Was ist los? Hast du etwas vergessen, Quinny?"

Ganz langsam schüttelte Quincy ihren Kopf. Ihr Blick ruhte permanent auf dem Taxi, aus Angst, dass es sich einfach in Luft auflösen würde, sobald sie wegschaute.

„Da-Das Taxi ...", stammelte Quincy überfordert. „Siehst du es?"

Miles folgte ihrem Zeigefinger, doch schon nach drei Sekunden musste er seine beste Freundin enttäuschen. „Du weißt doch, Quinny, nur der auserwählte Passagier kann das Taxi sehen", erklärte er ihr. „Wie sieht es denn aus?"

„Komisch." Das war alles, was Quincy sagte.

Ein ungutes Gefühl braute sich in ihrer Magengrube zusammen. War es ein positives oder ein negatives Zeichen, dass das Taxi erneut aufgetaucht war? Quincy wusste es nicht.

„W-Was soll ich denn jetzt machen?", fragte sie Miles verzweifelt.

Eigentlich wollte sie gemeinsam mit ihrem besten Freund zu dem Haus der Edwards fahren, aber was, wenn das Taxi dieses Mal einen anderen Ort als Ziel gewählt hatte? Quincy wollte nicht schon wieder denselben Fehler machen und wie ein Feigling vor ihrem Schicksal davonlaufen.

„Das ist ja wohl logisch, oder?" Obwohl Miles das Taxi nicht sehen konnte, nickte er in die Richtung der alten Eiche. „Du fährst mit dem Taxi und schaust, wo es dich hinbringt. Dann schreibst du mir eine Nachricht, damit ich zu dir kommen kann, okay?"

Quincy war heilfroh, dass Miles klare Gedanken fassen konnte, denn ihr eigenes Hirn war so matschig wie Kartoffelbrei.

„O-Okay", stimmte sie seinem Plan zu. „Bi-Bis gleich."

„Bis gleich", erwiderte Miles sofort. „Pass bitte auf dich auf, Quinny, ja?"

Quincy nickte. Dann überquerte sie die Straße und kam mit vor Angst bebendem Herzen vor dem Taxi zum Stehen. Wie auch schon am Vortag wurde es von einem gleißend hellen Lichtschimmer umgeben, der Quincy an das Funkeln der Sterne erinnerte.

Sie atmete noch einmal tief durch, ehe sie ihre Hand auf den grün leuchtenden Bildschirm legte.

„Herzlich Willkommen zurück, Quincy Morgan. Das Schicksal hat mich zu dir geführt. Jetzt liegt es an dir, dein eigenes Schicksal zu erfüllen", wurde Quincy von der mechanischen Computerstimme begrüßt.

Ob wohl ein Mensch in dem Taxi saß, der gerade mit ihr sprach? Leider konnte Quincy keinen Blick auf den Fahrersitz erhaschen, da die Frontscheibe des Fahrzeugs so schwarz wie die Nacht war.

Quincy seufzte einmal. Sie betete, dass ihr ungutes Bauchgefühl unbegründet war und sie Dales Großmutter vielleicht nur beim Tragen ihrer Einkäufe helfen sollte.

Am liebsten wäre Quincy zurück zu Miles gelaufen, doch sie schluckte ihre Angst hinunter und öffnete die Tür des Taxis. Dieses Mal strömte kein türkisfarbener Nebel aus dem Innenraum, der Quincy in eine Art Trance versetzte.

Sie ließ sich auf die Rückbank plumpsen und wartete dann nervös auf die Computerstimme.

„Was ist dein Ziel, Quincy Morgan?"

„Das Haus der Edwards?" Quincy klang verunsichert. Mit jeder Sekunde, die verstrich, nahm ihre Angst immer mehr an Größe zu.

„Korrekt! Das Schicksal führt dich dorthin, wo du wirklich hinmusst!" Kaum waren die Worte der Computerstimme verebbt, setzte sich das Taxi langsam in Bewegung. Wieder fühlte es sich so an, als würde Quincy auf einem Schiff über den tobenden Ozean schippern.

Sie war erleichtert, als das Taxi wenig später stehenblieb und sie aussteigen konnte. Eigentlich wollte Quincy noch etwas Zeit schinden und das Taxi genauer unter die Lupe nehmen, allerdings verpuffte es direkt vor ihren Augen zu türkisfarbenem Staub.

Das war definitiv eine Aufforderung, den Edwards einen Besuch abzustatten.

Auf wackeligen Beinen näherte sich Quincy dem riesigen weißen Haus. Ihr Herz schlug kräftig gegen ihren Brustkorb, sie zitterte vor Nervosität und ihre Gedanken überschlugen sich im Sekundentakt.

Noch bevor sie großartig darüber nachdenken konnte, wie sie ihre Anwesenheit erklären sollte, betätigte sie die Klingel.

Endlos lange Sekunden strichen an Quincy vorbei und tränkten ihren Verstand in Unsicherheit.

War es wirklich die richtige Entscheidung, sich in das Leben der Edwards einzumischen? Eigentlich nicht, doch die Geschichte von Miles' Großvater hatte Quincy Angst eingejagt. Sie wollte auf keinen Fall die Schuld an einer Tragödie tragen.

Ihr Herz rutschte ihr bis in die Hose hinab, als sich plötzlich die Haustür öffnete. Zum Vorschein kam ein junger Mann, der höchstens ein paar Jahre älter als Quincy selbst sein konnte.

‚Dale!', schoss es Quincy sofort durch den Kopf. Das musste er sein.

Ihr Gegenüber war für einen Mann recht klein und schmächtig. Außerdem hatte er sehr weiche und zarte Gesichtszüge. Quincy konnte sich gut vorstellen, dass er mal ein hübsches Mädchen war.

Dale hatte braune Locken, die sich wirr auf seinem Kopf kräuselten, und ebenso dunkle Augen, die von einem dichten Wimpernkranz umrahmt wurden. Die Brauen waren buschig, die Nase lang und krumm und die Lippen herzförmig. Seine Wangen waren leicht gerötet und mit Sommersprossen besprenkelt.

Die Jogginghose und das Basketballtrikot schmeichelten Dales Figur überhaupt nicht. Er wirkte irgendwie verloren in den viel zu großen Anziehsachen.

Quincy hätte sich am liebsten für ihre Oberflächlichkeit geohrfeigt, schließlich war es sehr mutig, eine Geschlechtsumwandlung zu machen, doch sie konnte ihre Gedanken leider nicht abschalten. Die ganze Zeit überlegte sie, wie Dale wohl als Mädchen ausgesehen hatte.

„Äh, kann ich dir helfen?" Dales Stimme klang weder rau noch tief. Viel eher war sie so sanft wie das Kitzeln der Sonnenstrahlen.

Quincy musste sich anstrengen, nicht allzu offensichtlich auf Dales Körpermitte zu starren, sondern wie ein normaler Mensch in seine Augen zu schauen.

Da Quincy noch nie zuvor einem transsexuellen Mann begegnet war, brannten ihr unzählig viele - und vielleicht auch unverschämte - Fragen auf der Zunge. Gerade noch rechtzeitig schluckte sie ihre Neugierde hinunter und erinnerte sich an den wesentlichen Grund ihres Auftauchens.

„Na ja, das klingt jetzt vielleicht komisch, aber ist alles okay bei euch?", wollte Quincy verunsichert wissen.

Sofort hob Dale skeptisch seine Augenbrauen. Er verschränkte die Arme vor der Brust, bevor er abschätzig seinen Blick über Quincys Körper wandern ließ. „Hat dich mein Vater geschickt, damit du uns ausspionierst?"

Im ersten Moment war Quincy verwirrt, doch dann kam ihr wieder in den Sinn, dass sich Dales Eltern vor mehreren Jahren getrennt hatten.

„Nein, natürlich nicht!", antwortete Quincy schnell. „Ich möchte nur wissen, ob es dir, deiner Schwester, deiner Mutter und deiner Oma gutgeht."

Mit jedem Wort, das Quincys Lippen verließ, wurden die Furchen auf Dales Stirn tiefer. „Was soll das?", fragte er Quincy verärgert. „Ich habe echt keinen Bock auf diesen Psycho-Terror! Wenn du ein Problem damit hast, dass ich mich zu einem Mann umoperieren lassen habe, dann sag mir das einfach ins Gesicht, statt so dämlich herumzudrucksen."

Bei dem Klang von Dales emotionsloser Stimme zuckte Quincy zusammen.

Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass Dale kein einfaches Leben führte und auf Schritt und Tritt von den Dämonen seiner Vergangenheit verfolgt wurde. Er hatte bestimmt täglich mit Mobbing und Diskriminierung zu kämpfen.

War das vielleicht der Grund, weshalb das Taxi Quincy zu den Edwards geführt hatte? Damit sie Dale Mut zusprach?

Einen Versuch war es wert, oder?

Quincy holte noch einmal tief Luft, ehe sie Dales misstrauischen Blick auffing und lächelnd zu ihm sagte: „Ich finde es toll, dass du dich nicht versteckst und der Welt zeigst, wer du wirklich bist. Du bist sehr stark und mutig, Dale! Die Menschen sollten sich ein Beispiel an dir nehmen. Bleib so, wie du bist und verändere dich niemals für andere!"

Quincy war stolz auf sich, dass sie so aufmunternde Worte gefunden hatte. Leider schien Dale ihre Ansicht aber nicht zu teilen, denn er zog verärgert die Augenbrauen zusammen.

„Ich habe echt keine Ahnung, was für ein Spiel du hier spielst, aber lass mich einfach in Ruhe!" Ohne Quincy die Chance zu geben, noch etwas auf seinen indirekten Vorwurf zu erwidern, knallte Dale die Haustür direkt vor ihrer Nase zu.

Quincy sprang erschrocken einen Schritt zurück.

Sie verstand beim besten Willen nicht, warum Dale so aufbrausend reagiert und ihre Worte als Angriff aufgefasst hatte.

Na ja, zumindest hatte Quincy jetzt endlich ihr Schicksal erfüllt. Oder?

Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengrube entfernte sie sich von dem weißen Haus. Kaum hatte sie das Grundstück der Edwards verlassen, klingelte ihr Handy. Sofort fischte sie es aus ihrer Hosentasche und erkannte Miles' Namen auf dem Display.

„Oh, verdammt!", fluchte Quincy. Sie hatte total vergessen, sich bei ihrem besten Freund zu melden und ihm die Adresse zu nennen, an der sie das Taxi abgesetzt hatte.

Begleitet von ihren Gewissensbissen nahm Quincy den Anruf entgegen, drückte sich das Handy ans Ohr und sagte dann ohne zu zögern: „Tut mir leid, dass ich dir nicht geschrieben habe, Miles. Die ganze Sache mit den Edwards hat sich aber sowieso schon erledigt."

„Was? Wie meinst du das?", wollte Miles wissen. Das Misstrauen, das in seiner Stimme mitschwang, war nicht zu überhören.

„Das erzähle ich dir bei einem großen Spaghettieis, okay?"

Miles lachte. „Aber nur, wenn du zahlst!"

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