18. Der Wichtel, der mich zu meiner heimlichen Verwandten bringt

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„Was hast du dir dabei gedacht?“ Wow, sie beeindruckt mich. Hätte nicht gedacht, dass sie schreien wird. So laut und so impulsiv und so ehrlich. Wusste gar nicht, dass sie das kann. Wütend hämmert sie auf die Amatur ein. Das tut dem Auto bestimmt gut, ist wie eine Massage.

„Ich hab' keinen eigenen Schlüssel. Was hätte ich denn machen sollen?“ Sie stöhnt genervt auf und konzentriert sich wieder auf die Straße. Ich klappe den Spiegel runter, damit die Sonne nicht so ins Gesicht scheint.

„Du hättest mich fragen können. Wir hätten gemeinsam einkaufen gehen können.“

„Achso, so ein Mamiding.“

„Ganz genau, Zoe.“

Wir schweigen uns an und ich beobachte den Weg zur Schule, wie er kleiner wird. Unheimlich ist das. Es dauert vielleicht zwanzig Minuten, dann sind wir da. Einige Schüler kommen uns schon entgegen und meine Mutter parkt schon am Straßenrand, neben einer riesigen Grünfläche. Was für ein Campus. Ein kleiner heller Kiesweg führt zum Schulgebäude und ganz entfernt sieht man rechts gelegen die Turnhalle und den Sportplatz. Auf dem Rasen sitzen nur wenige Leute. Sie lesen, brabbeln oder tun so als würden sie schlafen. Anstatt einfach nach Hause zu gehen. Ist ja wie in der Bibliothek rumzuhängen. Wir laufen an einem riesigen Schild mit dem Namen der Schule vorbei. „Shakespeare School of Art“. Aha, gut zu wissen. Am Ende muss ich noch irgendwas malen oder meinen Namen tanzen. Herzlichen Glückwunsch, Zoe. Die Fläche vor dem Gebäude ist verglichen mit dem Gras sogar ziemlich klein und wir sind schnell da. Mehrere Treppen führen hinein und ich hasse das Steigen jetzt schon. Oben öffnet sich die Tür, als irgendein Typ mit Brille und Spiderman-Shirt raus kommt. Ich bedanke mich nicht, meine Mutter schon. Drinnen ist es wie in diesen grässlichen Klischeefilmen. Lange Gänge, Schließfächer an den Seiten und immer mal wieder so etwas wie eine kleine Lichtung mit Getränkeautomaten, noch mehr Treppen, Toiletten und weiteren Abzweigungen. Ziemlich verwirrend. Aber seien wir mal ehrlich, meine Eltern mussten wegen Toby hier oft genug antanzen, die wissen schon wo es lang geht. So schnell, wie wir da sind, kann ich mir das gar nicht merken. Das Sekretariat ist in der zweiten Etage und ziemlich groß. Eine komische Tante, die die ganze Zeit Bonbons im Mund hat bittet uns kurz zu warten. Sie steht auf, schwingt ihr korpulentes Hinterteil an uns vorbei zu einer weiteren Tür und tritt nach einem kurzen Klopfen halb ein. Ihr Kopf ist im Spalt und sie sieht aus wie ein fetter Wichtel. Für so einen Vergleich hat sie eine angenehm ruhige Stimme. Sie dreht das Gesicht wieder zu uns und winkt uns in den Raum. Auch hier lacht uns das Klischee mal wieder aus. Dunkle Holzschränke mit Akten, Büchern und Sachen, die man in tausend Jahren nicht braucht. Ein Schreibtisch mit einer ziemlich gestressten Direktorin. Ihr Haar ist blond und hinten hochgesteckt. Einige Strähnen lösen sich allerdings und fallen ihr vorne zum Teil auf die Brillengläser. Sie atmet tief ein und lächelt uns dann übertrieben freundlich an.

„Miss Morell, schön, dass Sie es einrichten konnten. Ich bin Mrs Williams “, begrüßt sie uns, steht auf und reicht uns die Hand. Sie nickt Richtung zweier Stühle ihr gegenüber und wir setzen uns. Dann beginnt sie in ihrem geöffneten Ordner auf dem Tisch zu kramen und zieht schließlich einen Zettel raus.

„Sie möchten also an unserer Schule unterrichtet werden, Zoe.“ Erwartet sie jetzt eine Antwort?

„Jap.“

„Was hast du denn bisher für eine Ausbildung genossen?“

„Genossen zwar weniger, aber ich bin bis zur sechsten Klasse gezwungen worden mir unnötige Vorträge anzuhören“, antworte ich trocken.

„Zoe hat in ihrer Zeit im Krankenhaus eine Online-Schule besucht“, versucht meine Mutter mich gerade zu biegen und die immer noch unbeeindruckte Williams nicht nur, während sie sich Notizen macht.

„Darfst du irgendwelche Fächer aus gesundheitlichen Gründen nicht belegen?“, fragt sie.

„Mathe. Sport. Physik. Achja, Englisch. Und Fremdsprachen sind auch nicht so mein Ding. Kriege ich immer Nasenbluten und Durchfall von.“ Ihr konstantes Grinsen ist eine Herausforderung. Sie denkt ich knicke dann ein.

„Mit Sport kann ich noch mitgehen, wenn du ein Attest vorweisen kannst“, redet sie unbeirrt weiter.

„Zählt ein möglicher Rückfall auch zu sowas? Wer weiß, vielleicht sterbe ich ja nächste Woche.“

„Zoe!“, fauchte meine Mutter fast.

„Sie fühlt sich heute nicht so gut. Die Hitze macht ihr zu schaffen“, versucht sie mich zu erklären.

„Das tut sie bei uns allen“, nickt die Rektorin verständnisvoll. Jaja, als ob.

„Also Zoe, der Unterricht beginnt um acht, in einer Kantine können Sie zu Mittag essen, die Bibliothek“, ich muss lachen, „steht Ihnen offen“, beendet sie ihren Satz.

„Zu den wichtigsten Hausregeln, die unten am Schwarzen Brett auch verzeichnet sind, zählen vor allem das Verbot von Alkohol- und Drogenkonsum auf dem Schulgelände, Unterlassung von Gewaltdelikten und natürlich das Besuchen der festgelegten Kurse.“

„Ach schade, dann muss ich mir ja vor dem Unterricht die Birne zukiffen.“

„Das obliegt Ihnen ganz allein“, reagiert sie verdammt cool. Diese Frau ist faszinierend. Wenn auch sehr anstrengend. Sie ist mir ähnlich. Wie eine geheime Verwandte. Mutter oder so.

„Haben Sie sonst noch irgendwelche Fragen?“ Ihr Blick schweift nun auch zur Erzeugerin.

„Wie sieht es mit versäumten Prüfungen aus, die letztes Jahr geschrieben wurden? Mein Sohn hat davon eine ganze Menge absolvieren müssen.“

„Oh ja, das musste er“, kichere ich. Toby hat damals eine „Prüfung-verkackt-aber-Scheiß-drauf“-Party im Krankenhaus geschmissen. Gut, eine richtige Party war es nicht. Mehr ein sinnloses Gefresse mit Schwestern nerven. Aber hey, wir hatten Spaß.

„Zoe' s Tests, die Sie bisher über das Online-Programm geschrieben hat reichen für eine vorzeitige Benotung und Einschätzung für das Kollegium. Sie muss sich jetzt nur reinhängen, um den eventuell“, sie schenkt mir einen verschmitzten Blick „noch nicht aufgeholten Stoff nachzuholen.“

War es das jetzt? Kann ich jetzt gehen?

„Gut, dann sehe ich Sie, Zoe, nächsten Montag um dreiviertel Acht hier, um den Stundenplan abzuholen“, sagt sie und schüttelt uns wieder die Hände. Ich stehe auf und in der Tür ruft sie noch einmal meinen Namen. Ich drehe mich zu ihr und sie pustet sich eine Strähne aus der Stirn. Wie alt sie wohl ist?

„Wenn Sie die anstehenden Examina nicht sofort ablegen wollen, sollten Sie in Betracht ziehen eine Sommerschule zu besuchen.“

Lachend verlasse ich das Büro und ignoriere die hochgezogenen Augenbrauen meiner Mutter. Wird ja immer besser. Habe also noch bis Montag Zeit die Sau raus zu lassen. Danach muss ich mich zusammenreißen. Natürlich.

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